Der Abbau war in alter Zeit ein sehr regelloser 1). Jeder Ge- werke holte seinen Anteil, wie er ihn brauchte, dabei gingen sie nur den besten Mitteln nach. Es war also ein Raubbau schlimmster Art.
Die trefflichen, manganhaltigen Erze eigneten sich besonders für die Stahlbereitung, sowie überhaupt für hartes, festes Eisen, für Giessereieisen waren sie dagegen ungeeignet. Von alters her war deshalb der schmalkaldische Stahl berühmt, und im Jahre 1400 wird dort bereits eine Zunft der Stahlschmiede erwähnt. Das Verschmelzen der Erze geschah in Rennfeuern, die wie bei Broterode hoch an den Berghängen lagen und mit Hand- oder Tretbälgen betrieben wurden. Später zogen sich die Rennhütten an die Wasserbäche. Genannt werden solche Rennhütten zu Altenrode im Thüringer Thal und am Kaltenbach bei Steinbach-Liebenstein. 1437 wird der erste Eisen- hammer "am Schuttgarten" genannt. Mitten in der Stadt Schmal- kalden muss eine solche Rennhütte gestanden haben, dies beweist die Bezeichnung des Platzes als "Hütte" und das Vorhandensein einer Masse von Schlacken. Vielleicht stand hier auch der eine Hochofen oder Blauofen, der im 16. Jahrhundert erwähnt wird, in dem man die manganreichen Erze auf ein weisses Roheisen zur Stahlfabrikation -- Stahleisen -- verschmolz. Dieses Rohstahleisen wurde dann in vielen kleinen Herden auf dem "Schmiedhof" zu Stahl verfrischt. Nach Geisshirts Schmalkaldischer Chronik wäre dieser Betrieb von Schweden eingeführt worden. Dies könnte aber kaum früher als im 17. Jahrhundert geschehen sein, während im 16. Jahrhundert schon ein Hochofen in Schmalkalden betrieben wurde. Der Stahl wurde zu Klingen, namentlich zu Messern, sowie zu Sicheln verschmiedet. Zum Schleifen derselben standen Schleifkotten unter dem Siechhause und über dem Steingraben 2). In einem Achtsbrief des Kaisers Ruprecht werden im 15. Jahrhundert unter den Handwerken in Schmalkalden die Stahlschmiede, Klingenschmiede, Messerschmiede und Sichelschmiede aufgeführt. Am Stahlberg kam erst gegen Ende des Mittelalters der Bergbau in Gang. Zuerst sollen die Dachslöcher und im Erdschwinder Revier das Grumbacher und Neuendorfer Bergwerk gebaut worden sein und den Gewerken reiche Ausbeute gegeben haben. Ebenso wurden im Hallenberger Revier viele Gruben betrieben und Eisen gewonnen und verschmiedet. Es wurde 1474 eine besondere Berg-
1) Siehe Quantz, Praktische Abhandlung über die Eisen- und Stahlmani- pulation in der Herrschaft Schmalkalden, S. 9.
2) Siehe J. R. Häfner, Die sechs Kantone der vormaligen Herrschaft Schmal- kalden 1808, Bd. II, S. 34 und Beilage 10 und 11.
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Thüringen.
Der Abbau war in alter Zeit ein sehr regelloser 1). Jeder Ge- werke holte seinen Anteil, wie er ihn brauchte, dabei gingen sie nur den besten Mitteln nach. Es war also ein Raubbau schlimmster Art.
Die trefflichen, manganhaltigen Erze eigneten sich besonders für die Stahlbereitung, sowie überhaupt für hartes, festes Eisen, für Gieſsereieisen waren sie dagegen ungeeignet. Von alters her war deshalb der schmalkaldische Stahl berühmt, und im Jahre 1400 wird dort bereits eine Zunft der Stahlschmiede erwähnt. Das Verschmelzen der Erze geschah in Rennfeuern, die wie bei Broterode hoch an den Berghängen lagen und mit Hand- oder Tretbälgen betrieben wurden. Später zogen sich die Rennhütten an die Wasserbäche. Genannt werden solche Rennhütten zu Altenrode im Thüringer Thal und am Kaltenbach bei Steinbach-Liebenstein. 1437 wird der erste Eisen- hammer „am Schuttgarten“ genannt. Mitten in der Stadt Schmal- kalden muſs eine solche Rennhütte gestanden haben, dies beweist die Bezeichnung des Platzes als „Hütte“ und das Vorhandensein einer Masse von Schlacken. Vielleicht stand hier auch der eine Hochofen oder Blauofen, der im 16. Jahrhundert erwähnt wird, in dem man die manganreichen Erze auf ein weiſses Roheisen zur Stahlfabrikation — Stahleisen — verschmolz. Dieses Rohstahleisen wurde dann in vielen kleinen Herden auf dem „Schmiedhof“ zu Stahl verfrischt. Nach Geiſshirts Schmalkaldischer Chronik wäre dieser Betrieb von Schweden eingeführt worden. Dies könnte aber kaum früher als im 17. Jahrhundert geschehen sein, während im 16. Jahrhundert schon ein Hochofen in Schmalkalden betrieben wurde. Der Stahl wurde zu Klingen, namentlich zu Messern, sowie zu Sicheln verschmiedet. Zum Schleifen derselben standen Schleifkotten unter dem Siechhause und über dem Steingraben 2). In einem Achtsbrief des Kaisers Ruprecht werden im 15. Jahrhundert unter den Handwerken in Schmalkalden die Stahlschmiede, Klingenschmiede, Messerschmiede und Sichelschmiede aufgeführt. Am Stahlberg kam erst gegen Ende des Mittelalters der Bergbau in Gang. Zuerst sollen die Dachslöcher und im Erdschwinder Revier das Grumbacher und Neuendorfer Bergwerk gebaut worden sein und den Gewerken reiche Ausbeute gegeben haben. Ebenso wurden im Hallenberger Revier viele Gruben betrieben und Eisen gewonnen und verschmiedet. Es wurde 1474 eine besondere Berg-
1) Siehe Quantz, Praktische Abhandlung über die Eisen- und Stahlmani- pulation in der Herrschaft Schmalkalden, S. 9.
2) Siehe J. R. Häfner, Die sechs Kantone der vormaligen Herrschaft Schmal- kalden 1808, Bd. II, S. 34 und Beilage 10 und 11.
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Thüringen.
Der Abbau war in alter Zeit ein sehr regelloser 1). Jeder Ge-
werke holte seinen Anteil, wie er ihn brauchte, dabei gingen sie nur
den besten Mitteln nach. Es war also ein Raubbau schlimmster Art.
Die trefflichen, manganhaltigen Erze eigneten sich besonders für
die Stahlbereitung, sowie überhaupt für hartes, festes Eisen, für
Gieſsereieisen waren sie dagegen ungeeignet. Von alters her war
deshalb der schmalkaldische Stahl berühmt, und im Jahre 1400 wird
dort bereits eine Zunft der Stahlschmiede erwähnt. Das Verschmelzen
der Erze geschah in Rennfeuern, die wie bei Broterode hoch an den
Berghängen lagen und mit Hand- oder Tretbälgen betrieben wurden.
Später zogen sich die Rennhütten an die Wasserbäche. Genannt
werden solche Rennhütten zu Altenrode im Thüringer Thal und am
Kaltenbach bei Steinbach-Liebenstein. 1437 wird der erste Eisen-
hammer „am Schuttgarten“ genannt. Mitten in der Stadt Schmal-
kalden muſs eine solche Rennhütte gestanden haben, dies beweist die
Bezeichnung des Platzes als „Hütte“ und das Vorhandensein einer
Masse von Schlacken. Vielleicht stand hier auch der eine Hochofen
oder Blauofen, der im 16. Jahrhundert erwähnt wird, in dem man
die manganreichen Erze auf ein weiſses Roheisen zur Stahlfabrikation
— Stahleisen — verschmolz. Dieses Rohstahleisen wurde dann in
vielen kleinen Herden auf dem „Schmiedhof“ zu Stahl verfrischt.
Nach Geiſshirts Schmalkaldischer Chronik wäre dieser Betrieb von
Schweden eingeführt worden. Dies könnte aber kaum früher als im
17. Jahrhundert geschehen sein, während im 16. Jahrhundert schon
ein Hochofen in Schmalkalden betrieben wurde. Der Stahl wurde zu
Klingen, namentlich zu Messern, sowie zu Sicheln verschmiedet. Zum
Schleifen derselben standen Schleifkotten unter dem Siechhause und
über dem Steingraben 2). In einem Achtsbrief des Kaisers Ruprecht
werden im 15. Jahrhundert unter den Handwerken in Schmalkalden die
Stahlschmiede, Klingenschmiede, Messerschmiede und Sichelschmiede
aufgeführt. Am Stahlberg kam erst gegen Ende des Mittelalters der
Bergbau in Gang. Zuerst sollen die Dachslöcher und im Erdschwinder
Revier das Grumbacher und Neuendorfer Bergwerk gebaut worden
sein und den Gewerken reiche Ausbeute gegeben haben. Ebenso
wurden im Hallenberger Revier viele Gruben betrieben und Eisen
gewonnen und verschmiedet. Es wurde 1474 eine besondere Berg-
1) Siehe Quantz, Praktische Abhandlung über die Eisen- und Stahlmani-
pulation in der Herrschaft Schmalkalden, S. 9.
2) Siehe J. R. Häfner, Die sechs Kantone der vormaligen Herrschaft Schmal-
kalden 1808, Bd. II, S. 34 und Beilage 10 und 11.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 755. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/775>, abgerufen am 22.11.2024.
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