1578 behielt sich Graf Christoph zu Stolberg das Eisenwerk zu Hirtzenhain, "wozu der Eisenstein jetzt im Ober-Niedern gelangt wird", vor.
Im nördlichen Hessen blühte die Eisenindustrie in diesem Jahrhundert. Landgraf Philipp der Grossmütige, welcher infolge seiner kriegerischen Unternehmungen und seiner Bemühungen für die Verbesserungen des Heerwesens des Eisengewerbes notwendig bedurfte, unterstützte dieses energisch. Dass sich in dem Schlosse, dem Kloster und dem Rathause zu Kassel schon vor seiner Zeit eiserne Öfen befanden, haben wir bereits erwähnt, doch wissen wir nichts über den Ursprung derselben. Der alte Ofen zu Fritzlar mit der Jahreszahl 1537 ist mit Bestimmtheit als ein hessischer anzu- sprechen, und von den vierziger Jahren an war der vorzügliche Form- schneider Philipp Soldan von Frankenberg auf hessischen Eisen- hütten thätig. Er war lange Zeit in den Diensten der Hospital- verwaltung des Klosters Haina. Dieses reichbegüterte Kloster hatte sich schon früher mit der Eisengewinnung beschäftigt.
Anfangs wurde vielleicht nur der Zehentstein auf eigenen Renn- hütten verschmolzen, im 16. Jahrhundert legte aber das in ein Landes- hospital umgewandelte Kloster jedenfalls auf Veranlassung von Land- graf Philipp an deren Stelle Hochöfen an und betrieb in der Mitte des 16. Jahrhunderts bereits mehrere Hochöfenhütten mit Giesserei.
Über diese geben Hüttenrechnungen aus den Jahren 1555, 1556, 1573, 1576, 1591 und 1606 im Archiv des Landeshospitals zu Haina näheren Aufschluss 1). In den ältesten Rechnungen von 1555 werden das Hütten- und Hammerwerk zu Dodenhausen und das mit dem Grafen von Waldeck zu 1/4 besessene Giess- und Hammerwerk zu Armsfeld aufgeführt. Die Rechnung über das erstere beginnt: anno etc. 54 ist ussgeben vnd verrechnet 9 fl. 181/2 alb. worden so zur erbawung vnd anfahrns des gissoffens. Dieser Ofen wurde mit seinen Gebäuden, Gebläse und Zubehör 1555 vollendet und in Betrieb gesetzt. Da jedoch in der "Innam Eyserne Offenn" ein Rezess des Vorjahres von 67 Centner Öfen vorkommt, so muss die Hütte schon vorher als Hochofenhütte bestanden haben, und der Ofen wurde in diesem Jahre nur umgebaut. Die Hütte von Dodenhausen lässt sich bis zum Jahre 1591 in den Hüttenrechnungen nachweisen, danach scheint sie eingegangen zu sein. Die Hütte von Armsfeld erscheint nur in den Rechnungen von 1555 und 1556. Die Hütte zu Fisch-
1) Siehe L. Bickell, Die Eisenhütten des Klosters Haina.
Hessen.
1578 behielt sich Graf Christoph zu Stolberg das Eisenwerk zu Hirtzenhain, „wozu der Eisenstein jetzt im Ober-Niedern gelangt wird“, vor.
Im nördlichen Hessen blühte die Eisenindustrie in diesem Jahrhundert. Landgraf Philipp der Groſsmütige, welcher infolge seiner kriegerischen Unternehmungen und seiner Bemühungen für die Verbesserungen des Heerwesens des Eisengewerbes notwendig bedurfte, unterstützte dieses energisch. Daſs sich in dem Schlosse, dem Kloster und dem Rathause zu Kassel schon vor seiner Zeit eiserne Öfen befanden, haben wir bereits erwähnt, doch wissen wir nichts über den Ursprung derselben. Der alte Ofen zu Fritzlar mit der Jahreszahl 1537 ist mit Bestimmtheit als ein hessischer anzu- sprechen, und von den vierziger Jahren an war der vorzügliche Form- schneider Philipp Soldan von Frankenberg auf hessischen Eisen- hütten thätig. Er war lange Zeit in den Diensten der Hospital- verwaltung des Klosters Haina. Dieses reichbegüterte Kloster hatte sich schon früher mit der Eisengewinnung beschäftigt.
Anfangs wurde vielleicht nur der Zehentstein auf eigenen Renn- hütten verschmolzen, im 16. Jahrhundert legte aber das in ein Landes- hospital umgewandelte Kloster jedenfalls auf Veranlassung von Land- graf Philipp an deren Stelle Hochöfen an und betrieb in der Mitte des 16. Jahrhunderts bereits mehrere Hochöfenhütten mit Gieſserei.
Über diese geben Hüttenrechnungen aus den Jahren 1555, 1556, 1573, 1576, 1591 und 1606 im Archiv des Landeshospitals zu Haina näheren Aufschluſs 1). In den ältesten Rechnungen von 1555 werden das Hütten- und Hammerwerk zu Dodenhausen und das mit dem Grafen von Waldeck zu ¼ besessene Gieſs- und Hammerwerk zu Armsfeld aufgeführt. Die Rechnung über das erstere beginnt: anno etc. 54 ist ussgeben vnd verrechnet 9 fl. 18½ alb. worden so zur erbawung vnd anfahrns des giſsoffens. Dieser Ofen wurde mit seinen Gebäuden, Gebläse und Zubehör 1555 vollendet und in Betrieb gesetzt. Da jedoch in der „Innam Eyserne Offenn“ ein Rezeſs des Vorjahres von 67 Centner Öfen vorkommt, so muſs die Hütte schon vorher als Hochofenhütte bestanden haben, und der Ofen wurde in diesem Jahre nur umgebaut. Die Hütte von Dodenhausen läſst sich bis zum Jahre 1591 in den Hüttenrechnungen nachweisen, danach scheint sie eingegangen zu sein. Die Hütte von Armsfeld erscheint nur in den Rechnungen von 1555 und 1556. Die Hütte zu Fisch-
1) Siehe L. Bickell, Die Eisenhütten des Klosters Haina.
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Hessen.
1578 behielt sich Graf Christoph zu Stolberg das Eisenwerk zu
Hirtzenhain, „wozu der Eisenstein jetzt im Ober-Niedern gelangt
wird“, vor.
Im nördlichen Hessen blühte die Eisenindustrie in diesem
Jahrhundert. Landgraf Philipp der Groſsmütige, welcher infolge
seiner kriegerischen Unternehmungen und seiner Bemühungen für
die Verbesserungen des Heerwesens des Eisengewerbes notwendig
bedurfte, unterstützte dieses energisch. Daſs sich in dem Schlosse,
dem Kloster und dem Rathause zu Kassel schon vor seiner Zeit
eiserne Öfen befanden, haben wir bereits erwähnt, doch wissen wir
nichts über den Ursprung derselben. Der alte Ofen zu Fritzlar mit
der Jahreszahl 1537 ist mit Bestimmtheit als ein hessischer anzu-
sprechen, und von den vierziger Jahren an war der vorzügliche Form-
schneider Philipp Soldan von Frankenberg auf hessischen Eisen-
hütten thätig. Er war lange Zeit in den Diensten der Hospital-
verwaltung des Klosters Haina. Dieses reichbegüterte Kloster hatte
sich schon früher mit der Eisengewinnung beschäftigt.
Anfangs wurde vielleicht nur der Zehentstein auf eigenen Renn-
hütten verschmolzen, im 16. Jahrhundert legte aber das in ein Landes-
hospital umgewandelte Kloster jedenfalls auf Veranlassung von Land-
graf Philipp an deren Stelle Hochöfen an und betrieb in der Mitte
des 16. Jahrhunderts bereits mehrere Hochöfenhütten mit Gieſserei.
Über diese geben Hüttenrechnungen aus den Jahren 1555, 1556,
1573, 1576, 1591 und 1606 im Archiv des Landeshospitals zu Haina
näheren Aufschluſs 1). In den ältesten Rechnungen von 1555 werden
das Hütten- und Hammerwerk zu Dodenhausen und das mit dem
Grafen von Waldeck zu ¼ besessene Gieſs- und Hammerwerk zu
Armsfeld aufgeführt. Die Rechnung über das erstere beginnt:
anno etc. 54 ist ussgeben vnd verrechnet 9 fl. 18½ alb. worden so
zur erbawung vnd anfahrns des giſsoffens. Dieser Ofen wurde mit
seinen Gebäuden, Gebläse und Zubehör 1555 vollendet und in Betrieb
gesetzt. Da jedoch in der „Innam Eyserne Offenn“ ein Rezeſs des
Vorjahres von 67 Centner Öfen vorkommt, so muſs die Hütte schon
vorher als Hochofenhütte bestanden haben, und der Ofen wurde in
diesem Jahre nur umgebaut. Die Hütte von Dodenhausen läſst sich
bis zum Jahre 1591 in den Hüttenrechnungen nachweisen, danach
scheint sie eingegangen zu sein. Die Hütte von Armsfeld erscheint
nur in den Rechnungen von 1555 und 1556. Die Hütte zu Fisch-
1) Siehe L. Bickell, Die Eisenhütten des Klosters Haina.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 744. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/764>, abgerufen am 22.11.2024.
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