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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
besass und vor den geschworenen Älterleuten drei Arten von Messer-
klingen schmieden und schleifen könne. Nach der Rolle der Jung-
stadt (einer der drei Stadtteile Danzigs) sollte jeder Schmied, der
Meister werden wollte, nachdem er vier Mark in die Büchse und
vier Pfund Wachs zum Seelengerät geliefert hatte, gleichfalls drei
Meisterstücke machen: der Grobschmied ein Beil, eine Axt und ein
Hufeisen; der Kleinschmied ein Kistenschloss, ein Klinkschloss und
ein drittes beliebiges; der Messerschmied ein Kastenmesser, ein
Frauenmesser und einen Wittink; der Plattner ein Paar Handschuhe,
ein Paar Vorstollen und eine Brust u. s. w.

Für ihre religiösen Bedürfnisse kauften die Schmiede 1454 die
Erasmuskapelle in St. Johannis.

Diese Schilderung Danziger Verhältnisse entrollt uns ein Bild
des bewegten kaufmännischen und gewerblichen Lebens in einer
grossen Hansestadt des Mittelalters.

Zum Schluss noch einiges über Löhne und Preise. Im Ver-
gleich zu dem Werte der Nahrungsmittel waren die Schmiede und
Eisenarbeiter im 15. und 16. Jahrhundert gut bezahlt. Ihr Lohn
wurde teils nach Zeit, teils nach Stück berechnet. 1460 verdiente
ein Hufschmied im Holsteinischen in 135 Tagen 17 Mark 21/2 Schil-
linge1).

1422 kaufte der Probst zu Peertz zwei Fässer Osemund zum
Preise von 2 Mark 8 Schillinge das Fass und liess dieselben zu Nägel
verschmieden. Der Schmied erhielt dafür 6 Mark, mithin war die
Arbeit um ein Sechstel teurer als das Material. In Holstein rechnete
man damals, wie in Schweden, nach Schiffspfund (170 kg), Lispfund
(8,50 kg) und Marktpfund (0,425 kg). Eine Rechnung des Schmieds
Hinrik Schulze zu Kiel lautete:

Zum ersten für sechs Anker zu den Balken, die
wogen 2 Schiffspfunde und 11/2 Lispfund. Das
Schiffspfund 10 Mk., das Lispfund 8 Sch., Summa     20 Mk. 12 Sch.
Item: für Krampen zu den Ankern     -- " 8 "
Item: den Knechten zu Bier     -- " 2 "
Item: von demselben acht Anker zu dem Giebel,
die wogen 12 Lispfund und 5 Marktpfund, Summa     8 " 7 "
Item: Sechs Dockeneisen in dem Giebel zu dem
grossen Fenster, die wogen 111/2 Lispfund     4 " 12 "

1) Siehe G. v. Buchwald, Zur deutschen Wirtschaftsgeschichte im endenden
Mittelalter 1887, S. 77.
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Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
besaſs und vor den geschworenen Älterleuten drei Arten von Messer-
klingen schmieden und schleifen könne. Nach der Rolle der Jung-
stadt (einer der drei Stadtteile Danzigs) sollte jeder Schmied, der
Meister werden wollte, nachdem er vier Mark in die Büchse und
vier Pfund Wachs zum Seelengerät geliefert hatte, gleichfalls drei
Meisterstücke machen: der Grobschmied ein Beil, eine Axt und ein
Hufeisen; der Kleinschmied ein Kistenschloſs, ein Klinkschloſs und
ein drittes beliebiges; der Messerschmied ein Kastenmesser, ein
Frauenmesser und einen Wittink; der Plattner ein Paar Handschuhe,
ein Paar Vorstollen und eine Brust u. s. w.

Für ihre religiösen Bedürfnisse kauften die Schmiede 1454 die
Erasmuskapelle in St. Johannis.

Diese Schilderung Danziger Verhältnisse entrollt uns ein Bild
des bewegten kaufmännischen und gewerblichen Lebens in einer
groſsen Hansestadt des Mittelalters.

Zum Schluſs noch einiges über Löhne und Preise. Im Ver-
gleich zu dem Werte der Nahrungsmittel waren die Schmiede und
Eisenarbeiter im 15. und 16. Jahrhundert gut bezahlt. Ihr Lohn
wurde teils nach Zeit, teils nach Stück berechnet. 1460 verdiente
ein Hufschmied im Holsteinischen in 135 Tagen 17 Mark 2½ Schil-
linge1).

1422 kaufte der Probst zu Peertz zwei Fässer Osemund zum
Preise von 2 Mark 8 Schillinge das Faſs und lieſs dieselben zu Nägel
verschmieden. Der Schmied erhielt dafür 6 Mark, mithin war die
Arbeit um ein Sechstel teurer als das Material. In Holstein rechnete
man damals, wie in Schweden, nach Schiffspfund (170 kg), Lispfund
(8,50 kg) und Marktpfund (0,425 kg). Eine Rechnung des Schmieds
Hinrik Schulze zu Kiel lautete:

Zum ersten für sechs Anker zu den Balken, die
wogen 2 Schiffspfunde und 1½ Lispfund. Das
Schiffspfund 10 Mk., das Lispfund 8 Sch., Summa     20 Mk. 12 Sch.
Item: für Krampen zu den Ankern     — „ 8 „
Item: den Knechten zu Bier     — „ 2 „
Item: von demselben acht Anker zu dem Giebel,
die wogen 12 Lispfund und 5 Marktpfund, Summa     8 „ 7 „
Item: Sechs Dockeneisen in dem Giebel zu dem
groſsen Fenster, die wogen 11½ Lispfund     4 „ 12 „

1) Siehe G. v. Buchwald, Zur deutschen Wirtschaftsgeschichte im endenden
Mittelalter 1887, S. 77.
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[595/0615] Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. besaſs und vor den geschworenen Älterleuten drei Arten von Messer- klingen schmieden und schleifen könne. Nach der Rolle der Jung- stadt (einer der drei Stadtteile Danzigs) sollte jeder Schmied, der Meister werden wollte, nachdem er vier Mark in die Büchse und vier Pfund Wachs zum Seelengerät geliefert hatte, gleichfalls drei Meisterstücke machen: der Grobschmied ein Beil, eine Axt und ein Hufeisen; der Kleinschmied ein Kistenschloſs, ein Klinkschloſs und ein drittes beliebiges; der Messerschmied ein Kastenmesser, ein Frauenmesser und einen Wittink; der Plattner ein Paar Handschuhe, ein Paar Vorstollen und eine Brust u. s. w. Für ihre religiösen Bedürfnisse kauften die Schmiede 1454 die Erasmuskapelle in St. Johannis. Diese Schilderung Danziger Verhältnisse entrollt uns ein Bild des bewegten kaufmännischen und gewerblichen Lebens in einer groſsen Hansestadt des Mittelalters. Zum Schluſs noch einiges über Löhne und Preise. Im Ver- gleich zu dem Werte der Nahrungsmittel waren die Schmiede und Eisenarbeiter im 15. und 16. Jahrhundert gut bezahlt. Ihr Lohn wurde teils nach Zeit, teils nach Stück berechnet. 1460 verdiente ein Hufschmied im Holsteinischen in 135 Tagen 17 Mark 2½ Schil- linge 1). 1422 kaufte der Probst zu Peertz zwei Fässer Osemund zum Preise von 2 Mark 8 Schillinge das Faſs und lieſs dieselben zu Nägel verschmieden. Der Schmied erhielt dafür 6 Mark, mithin war die Arbeit um ein Sechstel teurer als das Material. In Holstein rechnete man damals, wie in Schweden, nach Schiffspfund (170 kg), Lispfund (8,50 kg) und Marktpfund (0,425 kg). Eine Rechnung des Schmieds Hinrik Schulze zu Kiel lautete: Zum ersten für sechs Anker zu den Balken, die wogen 2 Schiffspfunde und 1½ Lispfund. Das Schiffspfund 10 Mk., das Lispfund 8 Sch., Summa 20 Mk. 12 Sch. Item: für Krampen zu den Ankern — „ 8 „ Item: den Knechten zu Bier — „ 2 „ Item: von demselben acht Anker zu dem Giebel, die wogen 12 Lispfund und 5 Marktpfund, Summa 8 „ 7 „ Item: Sechs Dockeneisen in dem Giebel zu dem groſsen Fenster, die wogen 11½ Lispfund 4 „ 12 „ 1) Siehe G. v. Buchwald, Zur deutschen Wirtschaftsgeschichte im endenden Mittelalter 1887, S. 77. 38*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/615>, abgerufen am 17.05.2024.