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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
satze der Waren zugewiesen waren, sondern auch für ihre gewesenen
Mieter Waren in Empfang nahmen, aufspeicherten und verkauften.
Dem Gesetze nach konnten nur Inländer solche Häuser erwerben;
dasselbe wurde aber vielfach umgangen, namentlich durch hypothe-
karische Darlehn, worauf alsdann der Hypothekargläubiger die
Rechte des Hausherrn selbst ausübte, während dieser nur seinen
Namen dazu hergab.

Die Einkäufe wurden teils bei den "fremden Nationen", teils bei
den Eingeborenen gemacht. Unter den Nationen nahmen die Lom-
barden und Genuesen die wichtigste Rolle als Wechsler und Bankiers
ein. Den südländischen Handel hatten besonders die Spanier inne.
Laken (Tücher), ein Hauptartikel des flandrischen Marktes, lieferten
die Belgier, Engländer, Schotten und Holländer, und waren dieselben
in der "Halle" -- dem Kaufhause -- ausgestellt.

Die Holländer nahmen gegen die Danziger, wie gegen die
Hanseaten überhaupt, eine feindliche Stellung ein und legten dem
Handel grosse Hindernisse in den Weg, und zwar die Fürsten ebenso
wie die Städte. Die Herrscher aus dem Hause Wittelsbach zeigten
wenig Verständnis für den Handel. Eine Ausnahme machte nur
Johann der Unbarmherzige, der Gegner der Jacobaea, welcher die
Hanseaten begünstigte. Er gestattete allen Kaufleuten freien Ver-
kehr an der Maasmündung und gab am 1. Mai 1412 der gesamten
Hansa einen Freibrief bezüglich des Strandrechtes. Trotzdem ver-
mindert dies nur wenig die Belästigungen, welche die Deutschen an
der holländischen Küste erfuhren. Seitdem 1432 Holland mit Bur-
gund vereinigt worden war, hörten diese Belästigungen offiziell zwar
auf, aber das Streben der wendischen Städte, die holländischen
Schiffer gänzlich von der Ostsee auszuschliessen, führte zu neuen
Zerwürfnissen und 1435 zu einer heftigen Seefehde. In Danzig wurde
den Holländern der Sitz im Artushofe öfter entzogen.

Die Einfuhrartikel der Holländer nach Danzig waren namentlich
Laken aus Leyden und Amsterdam, Häringe und Baiensalz; die Aus-
fuhrartikel: Roggen, Wagenschoss, Asche, Holz, Pech, Störe, Seehunds-
fett, Talg und Osemund. Besonders wichtig für die Holländer war
es aber, dass sie ganze Schiffe in Danzig kaufen durften.

Das Verhältnis der hanseatischen Ostseehäfen zu Skandinavien
war von besonderer Wichtigkeit durch dessen geographische Lage, da
es den Zugang zur Ostsee von Westen verschloss.

Die wendischen und preussischen Ostseehäfen blühten, so lange
Skandinavien von ihnen in Abhängigkeit verblieb, und der Sund für

Der Eisenhandel und die deutsche Hansa.
satze der Waren zugewiesen waren, sondern auch für ihre gewesenen
Mieter Waren in Empfang nahmen, aufspeicherten und verkauften.
Dem Gesetze nach konnten nur Inländer solche Häuser erwerben;
dasſelbe wurde aber vielfach umgangen, namentlich durch hypothe-
karische Darlehn, worauf alsdann der Hypothekargläubiger die
Rechte des Hausherrn selbst ausübte, während dieser nur seinen
Namen dazu hergab.

Die Einkäufe wurden teils bei den „fremden Nationen“, teils bei
den Eingeborenen gemacht. Unter den Nationen nahmen die Lom-
barden und Genuesen die wichtigste Rolle als Wechsler und Bankiers
ein. Den südländischen Handel hatten besonders die Spanier inne.
Laken (Tücher), ein Hauptartikel des flandrischen Marktes, lieferten
die Belgier, Engländer, Schotten und Holländer, und waren dieselben
in der „Halle“ — dem Kaufhause — ausgestellt.

Die Holländer nahmen gegen die Danziger, wie gegen die
Hanseaten überhaupt, eine feindliche Stellung ein und legten dem
Handel groſse Hindernisse in den Weg, und zwar die Fürsten ebenso
wie die Städte. Die Herrscher aus dem Hause Wittelsbach zeigten
wenig Verständnis für den Handel. Eine Ausnahme machte nur
Johann der Unbarmherzige, der Gegner der Jacobaea, welcher die
Hanseaten begünstigte. Er gestattete allen Kaufleuten freien Ver-
kehr an der Maasmündung und gab am 1. Mai 1412 der gesamten
Hansa einen Freibrief bezüglich des Strandrechtes. Trotzdem ver-
mindert dies nur wenig die Belästigungen, welche die Deutschen an
der holländischen Küste erfuhren. Seitdem 1432 Holland mit Bur-
gund vereinigt worden war, hörten diese Belästigungen offiziell zwar
auf, aber das Streben der wendischen Städte, die holländischen
Schiffer gänzlich von der Ostsee auszuschlieſsen, führte zu neuen
Zerwürfnissen und 1435 zu einer heftigen Seefehde. In Danzig wurde
den Holländern der Sitz im Artushofe öfter entzogen.

Die Einfuhrartikel der Holländer nach Danzig waren namentlich
Laken aus Leyden und Amsterdam, Häringe und Baiensalz; die Aus-
fuhrartikel: Roggen, Wagenschoſs, Asche, Holz, Pech, Störe, Seehunds-
fett, Talg und Osemund. Besonders wichtig für die Holländer war
es aber, daſs sie ganze Schiffe in Danzig kaufen durften.

Das Verhältnis der hanseatischen Ostseehäfen zu Skandinavien
war von besonderer Wichtigkeit durch dessen geographische Lage, da
es den Zugang zur Ostsee von Westen verschloſs.

Die wendischen und preuſsischen Ostseehäfen blühten, so lange
Skandinavien von ihnen in Abhängigkeit verblieb, und der Sund für

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[589/0609] Der Eisenhandel und die deutsche Hansa. satze der Waren zugewiesen waren, sondern auch für ihre gewesenen Mieter Waren in Empfang nahmen, aufspeicherten und verkauften. Dem Gesetze nach konnten nur Inländer solche Häuser erwerben; dasſelbe wurde aber vielfach umgangen, namentlich durch hypothe- karische Darlehn, worauf alsdann der Hypothekargläubiger die Rechte des Hausherrn selbst ausübte, während dieser nur seinen Namen dazu hergab. Die Einkäufe wurden teils bei den „fremden Nationen“, teils bei den Eingeborenen gemacht. Unter den Nationen nahmen die Lom- barden und Genuesen die wichtigste Rolle als Wechsler und Bankiers ein. Den südländischen Handel hatten besonders die Spanier inne. Laken (Tücher), ein Hauptartikel des flandrischen Marktes, lieferten die Belgier, Engländer, Schotten und Holländer, und waren dieselben in der „Halle“ — dem Kaufhause — ausgestellt. Die Holländer nahmen gegen die Danziger, wie gegen die Hanseaten überhaupt, eine feindliche Stellung ein und legten dem Handel groſse Hindernisse in den Weg, und zwar die Fürsten ebenso wie die Städte. Die Herrscher aus dem Hause Wittelsbach zeigten wenig Verständnis für den Handel. Eine Ausnahme machte nur Johann der Unbarmherzige, der Gegner der Jacobaea, welcher die Hanseaten begünstigte. Er gestattete allen Kaufleuten freien Ver- kehr an der Maasmündung und gab am 1. Mai 1412 der gesamten Hansa einen Freibrief bezüglich des Strandrechtes. Trotzdem ver- mindert dies nur wenig die Belästigungen, welche die Deutschen an der holländischen Küste erfuhren. Seitdem 1432 Holland mit Bur- gund vereinigt worden war, hörten diese Belästigungen offiziell zwar auf, aber das Streben der wendischen Städte, die holländischen Schiffer gänzlich von der Ostsee auszuschlieſsen, führte zu neuen Zerwürfnissen und 1435 zu einer heftigen Seefehde. In Danzig wurde den Holländern der Sitz im Artushofe öfter entzogen. Die Einfuhrartikel der Holländer nach Danzig waren namentlich Laken aus Leyden und Amsterdam, Häringe und Baiensalz; die Aus- fuhrartikel: Roggen, Wagenschoſs, Asche, Holz, Pech, Störe, Seehunds- fett, Talg und Osemund. Besonders wichtig für die Holländer war es aber, daſs sie ganze Schiffe in Danzig kaufen durften. Das Verhältnis der hanseatischen Ostseehäfen zu Skandinavien war von besonderer Wichtigkeit durch dessen geographische Lage, da es den Zugang zur Ostsee von Westen verschloſs. Die wendischen und preuſsischen Ostseehäfen blühten, so lange Skandinavien von ihnen in Abhängigkeit verblieb, und der Sund für

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/609>, abgerufen am 19.05.2024.