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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Maschinenwesen im 16. Jahrhundert.
den königlichen Münzen verbot und sie nur noch für Denkmünzen
und Rechenpfennige gestattete. Erst nachdem Warin in dem Jahre
1639/40 das Walzwerk verbessert hatte und infolge davon die Auf-
sicht über sämtliche Münzstätten Frankreichs erhielt, wurde das Aus-
walzen der Zaine wieder eingeführt, sogar jede Streckung mit dem
Hammer untersagt 1). Die Konstruktion des ersten Walzwerkes von
Brulier hat sich aber in seinen Hauptbestandteilen bei den Münz-
streckwerken erhalten. Dieselben waren anfänglich sehr schwach
gebaut, auf einer Bank aufgeschraubt und wurden mittels Kurbeln
durch Arbeiter betrieben. An der Welle sass ein Zahnrad, welches
ein Triebwerk in Bewegung setzte, durch welches zwei stählerne
Walzen, deren Abstand voneinander mit dem Schraubenschlüssel
nach Bedürfnis verändert werden konnte, in Umdrehung versetzt
wurden. Zwischen diesen wurden die Zaine durch einen vor den
Walzen angeschraubten Durchlass durchgezogen.

In Hall in Tirol befand sich 1575 in der dortigen Münze nicht nur
ein Streckwerk, sondern auch bereits ein Taschenwerk, auf welchem
gleich das Gepräge der Münze mittels geschnittener Walzen her-
gestellt wurde. Pighius hat dieselben auf einer Reise in genanntem
Jahre daselbst gesehen und in seinem Hercules Procidius, Antwerpen
1587 genau beschrieben. Bei Beckmann (Technologie, S. 232) findet
sich der lateinische Originaltext ganz abgedruckt. Der Inhalt ist
folgender: "Wasserräder treiben eine eiserne Maschine, einem Uhr-
werk nicht unähnlich, mit grosser Gewalt um. Sie besteht aus Zahn-
rädern, die ineinander greifen und die in ihrer Mitte zwei Stahl-
walzen von grösster Härte herumdrehen. Diese bewegen sich wie die
Zahnräder gegeneinander. In diese sind von Künstlerhand die Münz-
bilder eingegraben und zwar so, dass die Vorder- und Rückseite genan
aufeinander stimmen. Man hat nichts zu thun als die präparierten
Zaine einzuschieben. Die Walzen fassen sie, verschlingen sie und
speien sie auf der andern Seite wieder aus. -- Dieses Walzwerk des
Erzherzogs von Österreich kam später nach Spanien, wo es noch
jetzt (1587) mit Wasser getrieben wird." Ein ähnliches befand sich
1581 in der päpstlichen Münze zu Rom und ein ebensolches 1599
in Florenz.

Dieses sind die Anfänge der Walzwerksindustrie, welche aller-
dings erst viel später für die Eisenfabrikation eine so ausserordent-
liche Bedeutung erlangt hat.


1) Siehe Beckmann, Technologie, S. 634.
Beck, Geschichte des Eisens. 34

Maschinenwesen im 16. Jahrhundert.
den königlichen Münzen verbot und sie nur noch für Denkmünzen
und Rechenpfennige gestattete. Erst nachdem Warin in dem Jahre
1639/40 das Walzwerk verbessert hatte und infolge davon die Auf-
sicht über sämtliche Münzstätten Frankreichs erhielt, wurde das Aus-
walzen der Zaine wieder eingeführt, sogar jede Streckung mit dem
Hammer untersagt 1). Die Konstruktion des ersten Walzwerkes von
Brulier hat sich aber in seinen Hauptbestandteilen bei den Münz-
streckwerken erhalten. Dieselben waren anfänglich sehr schwach
gebaut, auf einer Bank aufgeschraubt und wurden mittels Kurbeln
durch Arbeiter betrieben. An der Welle saſs ein Zahnrad, welches
ein Triebwerk in Bewegung setzte, durch welches zwei stählerne
Walzen, deren Abstand voneinander mit dem Schraubenschlüssel
nach Bedürfnis verändert werden konnte, in Umdrehung versetzt
wurden. Zwischen diesen wurden die Zaine durch einen vor den
Walzen angeschraubten Durchlaſs durchgezogen.

In Hall in Tirol befand sich 1575 in der dortigen Münze nicht nur
ein Streckwerk, sondern auch bereits ein Taschenwerk, auf welchem
gleich das Gepräge der Münze mittels geschnittener Walzen her-
gestellt wurde. Pighius hat dieselben auf einer Reise in genanntem
Jahre daselbst gesehen und in seinem Hercules Procidius, Antwerpen
1587 genau beschrieben. Bei Beckmann (Technologie, S. 232) findet
sich der lateinische Originaltext ganz abgedruckt. Der Inhalt ist
folgender: „Wasserräder treiben eine eiserne Maschine, einem Uhr-
werk nicht unähnlich, mit groſser Gewalt um. Sie besteht aus Zahn-
rädern, die ineinander greifen und die in ihrer Mitte zwei Stahl-
walzen von gröſster Härte herumdrehen. Diese bewegen sich wie die
Zahnräder gegeneinander. In diese sind von Künstlerhand die Münz-
bilder eingegraben und zwar so, daſs die Vorder- und Rückseite genan
aufeinander stimmen. Man hat nichts zu thun als die präparierten
Zaine einzuschieben. Die Walzen fassen sie, verschlingen sie und
speien sie auf der andern Seite wieder aus. — Dieses Walzwerk des
Erzherzogs von Österreich kam später nach Spanien, wo es noch
jetzt (1587) mit Wasser getrieben wird.“ Ein ähnliches befand sich
1581 in der päpstlichen Münze zu Rom und ein ebensolches 1599
in Florenz.

Dieses sind die Anfänge der Walzwerksindustrie, welche aller-
dings erst viel später für die Eisenfabrikation eine so auſserordent-
liche Bedeutung erlangt hat.


1) Siehe Beckmann, Technologie, S. 634.
Beck, Geschichte des Eisens. 34
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[529/0549] Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. den königlichen Münzen verbot und sie nur noch für Denkmünzen und Rechenpfennige gestattete. Erst nachdem Warin in dem Jahre 1639/40 das Walzwerk verbessert hatte und infolge davon die Auf- sicht über sämtliche Münzstätten Frankreichs erhielt, wurde das Aus- walzen der Zaine wieder eingeführt, sogar jede Streckung mit dem Hammer untersagt 1). Die Konstruktion des ersten Walzwerkes von Brulier hat sich aber in seinen Hauptbestandteilen bei den Münz- streckwerken erhalten. Dieselben waren anfänglich sehr schwach gebaut, auf einer Bank aufgeschraubt und wurden mittels Kurbeln durch Arbeiter betrieben. An der Welle saſs ein Zahnrad, welches ein Triebwerk in Bewegung setzte, durch welches zwei stählerne Walzen, deren Abstand voneinander mit dem Schraubenschlüssel nach Bedürfnis verändert werden konnte, in Umdrehung versetzt wurden. Zwischen diesen wurden die Zaine durch einen vor den Walzen angeschraubten Durchlaſs durchgezogen. In Hall in Tirol befand sich 1575 in der dortigen Münze nicht nur ein Streckwerk, sondern auch bereits ein Taschenwerk, auf welchem gleich das Gepräge der Münze mittels geschnittener Walzen her- gestellt wurde. Pighius hat dieselben auf einer Reise in genanntem Jahre daselbst gesehen und in seinem Hercules Procidius, Antwerpen 1587 genau beschrieben. Bei Beckmann (Technologie, S. 232) findet sich der lateinische Originaltext ganz abgedruckt. Der Inhalt ist folgender: „Wasserräder treiben eine eiserne Maschine, einem Uhr- werk nicht unähnlich, mit groſser Gewalt um. Sie besteht aus Zahn- rädern, die ineinander greifen und die in ihrer Mitte zwei Stahl- walzen von gröſster Härte herumdrehen. Diese bewegen sich wie die Zahnräder gegeneinander. In diese sind von Künstlerhand die Münz- bilder eingegraben und zwar so, daſs die Vorder- und Rückseite genan aufeinander stimmen. Man hat nichts zu thun als die präparierten Zaine einzuschieben. Die Walzen fassen sie, verschlingen sie und speien sie auf der andern Seite wieder aus. — Dieses Walzwerk des Erzherzogs von Österreich kam später nach Spanien, wo es noch jetzt (1587) mit Wasser getrieben wird.“ Ein ähnliches befand sich 1581 in der päpstlichen Münze zu Rom und ein ebensolches 1599 in Florenz. Dieses sind die Anfänge der Walzwerksindustrie, welche aller- dings erst viel später für die Eisenfabrikation eine so auſserordent- liche Bedeutung erlangt hat. 1) Siehe Beckmann, Technologie, S. 634. Beck, Geschichte des Eisens. 34

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/549>, abgerufen am 22.11.2024.