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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert.
nicht nur durch den Stoss, sondern auch und zwar hauptsächlich
durch sein Gewicht wirkt. Infolgedessen durften diese Räder, denen
man einen möglichst grossen Durchmesser gab, sich nicht zu rasch
drehen, weil sonst das Wasser durch die Centrifugalkraft heraus-
geschleudert worden wäre. Die Umfangsgeschwindigkeit betrug je
nach der Höhe des Rades 5 bis 10 Fuss. Solche Zellenräder
waren dem Leonardo da Vinci schon wohl bekannt, ebenso mittel-
schlächtige und Löffelräder (Bd. I, S. 987 und 988). Was die Be-
festigung der Arme anbetrifft, so sind bei Agricola sowohl Stern-
als Sattelräder abgebildet. Bei ersteren sind die Arme, welche den
Radkranz mit der Welle verbinden, durch die durchlochte Welle
hindurchgesteckt, während bei den Sattel- oder Jochrädern vier
Doppelarme, "das Armgeviere", die Welle, auf welcher sie aufgekeilt
sind, umschliessen und so das "Schloss" bilden. Letztere Verbin-
dungsart ist am häufigsten dargestellt, nur bei leichten, schwachen
Rädern sehen wir die Arme durch die Welle gehen. Bei dem grossen,
interessanten Kehrrad Fig. 187 (a. f. S.), einem Doppelrad mit ent-
gegengesetzt beschaufelten und beaufschlagten Kränzen, ist auch
ein doppeltes Armgeviere angebracht, welches noch durch Hilfsarme
verstärkt ist. Dieses von Agricola genau beschriebene grosse Kehr-
rad, das er "machina, omnium quae aquas trahunt, maxima" nennt,
hatte 10,65 m Durchmesser, die Welle war 595 mm dick und 10,36 m
lang. Dass auch die kleinen Stossräder von 21/2 bis 3 m Durchmesser
schon damals in den Alpen und den Pyrenäen in Anwendung waren,
ist mit Sicherheit anzunehmen und dass Leonardo da Vinci mit
Kreiselrädern (Turbinen) vertraut war, wissen wir aus seinen
Skizzen. Von einer Anwendung derselben in der Eisenindustrie ist
uns dagegen nichts überliefert. Wenn die Kraft nicht unmittelbar
an der Radwelle wirkte, so wurde sie übersetzt durch Krumm-
zapfen, Hebedaumen, Gestänge oder Getriebe. Die Übersetzungen
durch Benutzung der Reibung mittels Ketten, Seilen oder Riemen
war dagegen noch nicht im Gebrauch, wohl aber kannte Leonardo
da Vinci
die Kraftübertragung durch Reibung mittels Kegel-
rädern
1). Die Übersetzungen mittels Kurbel, Kreuz- und Winkel-
hebel waren bei den "Künsten" in den Bergwerken schon in alter
Zeit in Anwendung. Eine komplizierte Transmission für den gleich-
zeitigen Betrieb von vier Essen durch vier Paare von Blasebälgen von
einem Wasserrade aus hat Biringuccio beschrieben und ist eine

1) Siehe Dr. H. Grothe, Leonardo da Vinci als Ingenieur und Philosoph.
Berlin 1874, S. 73.

Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert.
nicht nur durch den Stoſs, sondern auch und zwar hauptsächlich
durch sein Gewicht wirkt. Infolgedessen durften diese Räder, denen
man einen möglichst groſsen Durchmesser gab, sich nicht zu rasch
drehen, weil sonst das Wasser durch die Centrifugalkraft heraus-
geschleudert worden wäre. Die Umfangsgeschwindigkeit betrug je
nach der Höhe des Rades 5 bis 10 Fuſs. Solche Zellenräder
waren dem Leonardo da Vinci schon wohl bekannt, ebenso mittel-
schlächtige und Löffelräder (Bd. I, S. 987 und 988). Was die Be-
festigung der Arme anbetrifft, so sind bei Agricola sowohl Stern-
als Sattelräder abgebildet. Bei ersteren sind die Arme, welche den
Radkranz mit der Welle verbinden, durch die durchlochte Welle
hindurchgesteckt, während bei den Sattel- oder Jochrädern vier
Doppelarme, „das Armgeviere“, die Welle, auf welcher sie aufgekeilt
sind, umschlieſsen und so das „Schloſs“ bilden. Letztere Verbin-
dungsart ist am häufigsten dargestellt, nur bei leichten, schwachen
Rädern sehen wir die Arme durch die Welle gehen. Bei dem groſsen,
interessanten Kehrrad Fig. 187 (a. f. S.), einem Doppelrad mit ent-
gegengesetzt beschaufelten und beaufschlagten Kränzen, ist auch
ein doppeltes Armgeviere angebracht, welches noch durch Hilfsarme
verstärkt ist. Dieses von Agricola genau beschriebene groſse Kehr-
rad, das er „machina, omnium quae aquas trahunt, maxima“ nennt,
hatte 10,65 m Durchmesser, die Welle war 595 mm dick und 10,36 m
lang. Daſs auch die kleinen Stoſsräder von 2½ bis 3 m Durchmesser
schon damals in den Alpen und den Pyrenäen in Anwendung waren,
ist mit Sicherheit anzunehmen und daſs Leonardo da Vinci mit
Kreiselrädern (Turbinen) vertraut war, wissen wir aus seinen
Skizzen. Von einer Anwendung derselben in der Eisenindustrie ist
uns dagegen nichts überliefert. Wenn die Kraft nicht unmittelbar
an der Radwelle wirkte, so wurde sie übersetzt durch Krumm-
zapfen, Hebedaumen, Gestänge oder Getriebe. Die Übersetzungen
durch Benutzung der Reibung mittels Ketten, Seilen oder Riemen
war dagegen noch nicht im Gebrauch, wohl aber kannte Leonardo
da Vinci
die Kraftübertragung durch Reibung mittels Kegel-
rädern
1). Die Übersetzungen mittels Kurbel, Kreuz- und Winkel-
hebel waren bei den „Künsten“ in den Bergwerken schon in alter
Zeit in Anwendung. Eine komplizierte Transmission für den gleich-
zeitigen Betrieb von vier Essen durch vier Paare von Blasebälgen von
einem Wasserrade aus hat Biringuccio beschrieben und ist eine

1) Siehe Dr. H. Grothe, Leonardo da Vinci als Ingenieur und Philosoph.
Berlin 1874, S. 73.
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[521/0541] Das Maschinenwesen im 16. Jahrhundert. nicht nur durch den Stoſs, sondern auch und zwar hauptsächlich durch sein Gewicht wirkt. Infolgedessen durften diese Räder, denen man einen möglichst groſsen Durchmesser gab, sich nicht zu rasch drehen, weil sonst das Wasser durch die Centrifugalkraft heraus- geschleudert worden wäre. Die Umfangsgeschwindigkeit betrug je nach der Höhe des Rades 5 bis 10 Fuſs. Solche Zellenräder waren dem Leonardo da Vinci schon wohl bekannt, ebenso mittel- schlächtige und Löffelräder (Bd. I, S. 987 und 988). Was die Be- festigung der Arme anbetrifft, so sind bei Agricola sowohl Stern- als Sattelräder abgebildet. Bei ersteren sind die Arme, welche den Radkranz mit der Welle verbinden, durch die durchlochte Welle hindurchgesteckt, während bei den Sattel- oder Jochrädern vier Doppelarme, „das Armgeviere“, die Welle, auf welcher sie aufgekeilt sind, umschlieſsen und so das „Schloſs“ bilden. Letztere Verbin- dungsart ist am häufigsten dargestellt, nur bei leichten, schwachen Rädern sehen wir die Arme durch die Welle gehen. Bei dem groſsen, interessanten Kehrrad Fig. 187 (a. f. S.), einem Doppelrad mit ent- gegengesetzt beschaufelten und beaufschlagten Kränzen, ist auch ein doppeltes Armgeviere angebracht, welches noch durch Hilfsarme verstärkt ist. Dieses von Agricola genau beschriebene groſse Kehr- rad, das er „machina, omnium quae aquas trahunt, maxima“ nennt, hatte 10,65 m Durchmesser, die Welle war 595 mm dick und 10,36 m lang. Daſs auch die kleinen Stoſsräder von 2½ bis 3 m Durchmesser schon damals in den Alpen und den Pyrenäen in Anwendung waren, ist mit Sicherheit anzunehmen und daſs Leonardo da Vinci mit Kreiselrädern (Turbinen) vertraut war, wissen wir aus seinen Skizzen. Von einer Anwendung derselben in der Eisenindustrie ist uns dagegen nichts überliefert. Wenn die Kraft nicht unmittelbar an der Radwelle wirkte, so wurde sie übersetzt durch Krumm- zapfen, Hebedaumen, Gestänge oder Getriebe. Die Übersetzungen durch Benutzung der Reibung mittels Ketten, Seilen oder Riemen war dagegen noch nicht im Gebrauch, wohl aber kannte Leonardo da Vinci die Kraftübertragung durch Reibung mittels Kegel- rädern 1). Die Übersetzungen mittels Kurbel, Kreuz- und Winkel- hebel waren bei den „Künsten“ in den Bergwerken schon in alter Zeit in Anwendung. Eine komplizierte Transmission für den gleich- zeitigen Betrieb von vier Essen durch vier Paare von Blasebälgen von einem Wasserrade aus hat Biringuccio beschrieben und ist eine 1) Siehe Dr. H. Grothe, Leonardo da Vinci als Ingenieur und Philosoph. Berlin 1874, S. 73.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/541>, abgerufen am 22.11.2024.