laboris." Und an einer andern Stelle: "Metallicus sic oportet mul- tarum artium et disciplinarum non ignarus."
Dies schrieb er hauptsächlich gegenüber dem hochmütigen Dünkel derjenigen, die ihre schwindelhafte Mystik für etwas Höheres hielten, als die praktische Naturwissenschaft, und deren unwahrhaftige Hohl- heit Agricola mit scharfen Worten geisselte. Er stand klar und fest auf dem Boden der Beobachtung; die Spekulation ohne diese Grundlage verwarf er, nur was er selbst gesehen und erkannt hat, will er beschreiben: "Sic sane a me id praetermissum, quod nec ipse vidi, neque legi, nec ex hominibus fide dignio cognovi; id profecto, quod non vel vidi, vel lectum aut auditum suspendi, non est scriptum."
Von diesem Geist des wahren Naturforschers erfüllt, schrieb er seine Werke 1), schrieb er besonders seine zwölf Bücher De re metal- lica. Dieses Werk ist für uns das wichtigste. Wir haben bereits er- wähnt, dass es erst nach seinem Tode im Jahre 1556 im Druck erschien, obgleich die Widmung desselben an Kurfürst Moritz und Herzog August von Sachsen schon von 1550 datiert ist. Jedenfalls feilte der ge- wissenhafte Mann noch immer an diesem seinem Lieblingswerk, denn das Horazische decem prematur in annis war auch sein Grundsatz. Ja, so vollendet das Werk vor uns liegt, so scheinen doch noch Ab- schnitte darin zu fehlen, wie dies aus einer Stelle hervorgeht, in der er sagt, die Beschreibung der Formerkunst werde er in seinem Werke "De re metallica" geben; -- diese ist er aber schuldig geblieben.
In der Widmung führt er zunächst die Bedeutung des Bergbaus besonders mit Hinweis auf die Landwirtschaft aus. Freilich, fährt er fort, sei es weit schwerer für ihn, über den Bergbau zu handeln als dem Columella -- dessen Werk De re rustica, Libri XII ihm als Vorbild gedient zu haben scheint und dem er Titel und Einteilung nachbildete -- über die Landwirtschaft. Denn Columella habe noch mehr als 50 griechische Schriften und 10 lateinische Werke als Quellen benutzen können, während ihm von klassischen Schriften nur die Bücher des Plinius zum Studium hätten dienen können.
"In unserer Sprache sind aber nur zwei Schriften verfasst, die eine ""über die Aufsuchung der Metalle und metallischen Stoffe"", sehr verworren und von unbekanntem Autor, die andere handelt über die Erzgänge, über welche auch der Engländer Pandulphus gehandelt
1) Ausser den bereits angeführten noch eine medizinische Schrift "De peste". Basel 1552.
Georg Agricola.
laboris.“ Und an einer andern Stelle: „Metallicus sic oportet mul- tarum artium et disciplinarum non ignarus.“
Dies schrieb er hauptsächlich gegenüber dem hochmütigen Dünkel derjenigen, die ihre schwindelhafte Mystik für etwas Höheres hielten, als die praktische Naturwissenschaft, und deren unwahrhaftige Hohl- heit Agricola mit scharfen Worten geiſselte. Er stand klar und fest auf dem Boden der Beobachtung; die Spekulation ohne diese Grundlage verwarf er, nur was er selbst gesehen und erkannt hat, will er beschreiben: „Sic sane a me id praetermissum, quod nec ipse vidi, neque legi, nec ex hominibus fide dignio cognovi; id profecto, quod non vel vidi, vel lectum aut auditum suspendi, non est scriptum.“
Von diesem Geist des wahren Naturforschers erfüllt, schrieb er seine Werke 1), schrieb er besonders seine zwölf Bücher De re metal- lica. Dieses Werk ist für uns das wichtigste. Wir haben bereits er- wähnt, daſs es erst nach seinem Tode im Jahre 1556 im Druck erschien, obgleich die Widmung desselben an Kurfürst Moritz und Herzog August von Sachsen schon von 1550 datiert ist. Jedenfalls feilte der ge- wissenhafte Mann noch immer an diesem seinem Lieblingswerk, denn das Horazische decem prematur in annis war auch sein Grundsatz. Ja, so vollendet das Werk vor uns liegt, so scheinen doch noch Ab- schnitte darin zu fehlen, wie dies aus einer Stelle hervorgeht, in der er sagt, die Beschreibung der Formerkunst werde er in seinem Werke „De re metallica“ geben; — diese ist er aber schuldig geblieben.
In der Widmung führt er zunächst die Bedeutung des Bergbaus besonders mit Hinweis auf die Landwirtschaft aus. Freilich, fährt er fort, sei es weit schwerer für ihn, über den Bergbau zu handeln als dem Columella — dessen Werk De re rustica, Libri XII ihm als Vorbild gedient zu haben scheint und dem er Titel und Einteilung nachbildete — über die Landwirtschaft. Denn Columella habe noch mehr als 50 griechische Schriften und 10 lateinische Werke als Quellen benutzen können, während ihm von klassischen Schriften nur die Bücher des Plinius zum Studium hätten dienen können.
„In unserer Sprache sind aber nur zwei Schriften verfaſst, die eine „„über die Aufsuchung der Metalle und metallischen Stoffe““, sehr verworren und von unbekanntem Autor, die andere handelt über die Erzgänge, über welche auch der Engländer Pandulphus gehandelt
1) Auſser den bereits angeführten noch eine medizinische Schrift „De peste“. Basel 1552.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0052"n="32"/><fwplace="top"type="header">Georg Agricola.</fw><lb/>
laboris.“ Und an einer andern Stelle: „Metallicus sic oportet mul-<lb/>
tarum artium et disciplinarum non ignarus.“</p><lb/><p>Dies schrieb er hauptsächlich gegenüber dem hochmütigen Dünkel<lb/>
derjenigen, die ihre schwindelhafte Mystik für etwas Höheres hielten,<lb/>
als die praktische Naturwissenschaft, und deren unwahrhaftige Hohl-<lb/>
heit <hirendition="#g">Agricola</hi> mit scharfen Worten geiſselte. Er stand klar und<lb/>
fest auf dem Boden der Beobachtung; die Spekulation ohne diese<lb/>
Grundlage verwarf er, nur was er selbst gesehen und erkannt hat,<lb/>
will er beschreiben: „Sic sane a me id praetermissum, quod nec ipse<lb/>
vidi, neque legi, nec ex hominibus fide dignio cognovi; id profecto,<lb/><hirendition="#g">quod non vel vidi, vel lectum aut auditum suspendi, non est<lb/>
scriptum</hi>.“</p><lb/><p>Von diesem Geist des wahren Naturforschers erfüllt, schrieb er<lb/>
seine Werke <noteplace="foot"n="1)">Auſser den bereits angeführten noch eine medizinische Schrift „De peste“.<lb/>
Basel 1552.</note>, schrieb er besonders seine zwölf Bücher De re metal-<lb/>
lica. Dieses Werk ist für uns das wichtigste. Wir haben bereits er-<lb/>
wähnt, daſs es erst nach seinem Tode im Jahre 1556 im Druck erschien,<lb/>
obgleich die Widmung desselben an Kurfürst Moritz und Herzog August<lb/>
von Sachsen schon von 1550 datiert ist. Jedenfalls feilte der ge-<lb/>
wissenhafte Mann noch immer an diesem seinem Lieblingswerk, denn<lb/>
das Horazische decem prematur in annis war auch sein Grundsatz.<lb/><hirendition="#g">Ja</hi>, so vollendet das Werk vor uns liegt, so scheinen doch noch Ab-<lb/>
schnitte darin zu fehlen, wie dies aus einer Stelle hervorgeht, in der<lb/>
er sagt, die Beschreibung der Formerkunst werde er in seinem Werke<lb/>„De re metallica“ geben; — diese ist er aber schuldig geblieben.</p><lb/><p>In der Widmung führt er zunächst die Bedeutung des Bergbaus<lb/>
besonders mit Hinweis auf die Landwirtschaft aus. Freilich, fährt er<lb/>
fort, sei es weit schwerer für ihn, über den Bergbau zu handeln als<lb/>
dem <hirendition="#g">Columella</hi>— dessen Werk De re rustica, Libri XII ihm als<lb/>
Vorbild gedient zu haben scheint und dem er Titel und Einteilung<lb/>
nachbildete — über die Landwirtschaft. Denn <hirendition="#g">Columella</hi> habe noch<lb/>
mehr als 50 griechische Schriften und 10 lateinische Werke als<lb/>
Quellen benutzen können, während ihm von klassischen Schriften nur<lb/>
die Bücher des <hirendition="#g">Plinius</hi> zum Studium hätten dienen können.</p><lb/><p>„In unserer Sprache sind aber nur zwei Schriften verfaſst, die<lb/>
eine „„über die Aufsuchung der Metalle und metallischen Stoffe““, sehr<lb/>
verworren und von unbekanntem Autor, die andere handelt über die<lb/>
Erzgänge, über welche auch der Engländer <hirendition="#g">Pandulphus</hi> gehandelt<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[32/0052]
Georg Agricola.
laboris.“ Und an einer andern Stelle: „Metallicus sic oportet mul-
tarum artium et disciplinarum non ignarus.“
Dies schrieb er hauptsächlich gegenüber dem hochmütigen Dünkel
derjenigen, die ihre schwindelhafte Mystik für etwas Höheres hielten,
als die praktische Naturwissenschaft, und deren unwahrhaftige Hohl-
heit Agricola mit scharfen Worten geiſselte. Er stand klar und
fest auf dem Boden der Beobachtung; die Spekulation ohne diese
Grundlage verwarf er, nur was er selbst gesehen und erkannt hat,
will er beschreiben: „Sic sane a me id praetermissum, quod nec ipse
vidi, neque legi, nec ex hominibus fide dignio cognovi; id profecto,
quod non vel vidi, vel lectum aut auditum suspendi, non est
scriptum.“
Von diesem Geist des wahren Naturforschers erfüllt, schrieb er
seine Werke 1), schrieb er besonders seine zwölf Bücher De re metal-
lica. Dieses Werk ist für uns das wichtigste. Wir haben bereits er-
wähnt, daſs es erst nach seinem Tode im Jahre 1556 im Druck erschien,
obgleich die Widmung desselben an Kurfürst Moritz und Herzog August
von Sachsen schon von 1550 datiert ist. Jedenfalls feilte der ge-
wissenhafte Mann noch immer an diesem seinem Lieblingswerk, denn
das Horazische decem prematur in annis war auch sein Grundsatz.
Ja, so vollendet das Werk vor uns liegt, so scheinen doch noch Ab-
schnitte darin zu fehlen, wie dies aus einer Stelle hervorgeht, in der
er sagt, die Beschreibung der Formerkunst werde er in seinem Werke
„De re metallica“ geben; — diese ist er aber schuldig geblieben.
In der Widmung führt er zunächst die Bedeutung des Bergbaus
besonders mit Hinweis auf die Landwirtschaft aus. Freilich, fährt er
fort, sei es weit schwerer für ihn, über den Bergbau zu handeln als
dem Columella — dessen Werk De re rustica, Libri XII ihm als
Vorbild gedient zu haben scheint und dem er Titel und Einteilung
nachbildete — über die Landwirtschaft. Denn Columella habe noch
mehr als 50 griechische Schriften und 10 lateinische Werke als
Quellen benutzen können, während ihm von klassischen Schriften nur
die Bücher des Plinius zum Studium hätten dienen können.
„In unserer Sprache sind aber nur zwei Schriften verfaſst, die
eine „„über die Aufsuchung der Metalle und metallischen Stoffe““, sehr
verworren und von unbekanntem Autor, die andere handelt über die
Erzgänge, über welche auch der Engländer Pandulphus gehandelt
1) Auſser den bereits angeführten noch eine medizinische Schrift „De peste“.
Basel 1552.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/52>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.