auf die Erde. Man holt ein neues heisses Eisen, schmiedet es zur Kante und Spitze, bricht es ab, schlägt wieder in dem Nageleisen den Kopf auf u. s. f.
Die Nägel sind von sehr verschiedener Grösse. Die grossen Schleusennägel sind bis 18 Zoll lang, die Schiffsnägel 8 bis 10 Zoll, während die kleinen Zwecken (broquettes), welche Tapezierer, Sattler und Stellmacher zum Beschlagen feiner Arbeiten gebrauchen, so klein sind, dass 1000 Stück nur 1/4 Pfund wiegen. Die Nägel werden aber nicht nur nach Grösse und Gewicht, sondern auch nach der Form der Köpfe und nach der Verwendung eingeteilt. Es giebt kantige und runde Nägel, Nägel mit kleineren und grösseren, ganzen und halben, mit glatten, mit pyramidalen, mit konischen, halbkugeligen, soge- nannten Champignonköpfen, mit dreieckigen, viereckigen (Hufnägel); ferner Schiffsnägel, Botnägel, Thornägel, Brettnägel, Lattennägel, Schindelnägel, Schiefernägel, Schloss-, Reif- und Bandnägel, Hufnägel, Blasbalgnägel, Schlossernägel, Maurernägel, Schuhnägel (Pinnen), Tapezierernägel u. s. w.
Die Einteilung der Nägel im Handel ist ferner verschieden nach den Gegenden ihrer Erzeugung 1). In früheren Zeiten, als die Nagel- schmiederei noch wesentlich Handarbeit war, hatte sie an den Stätten der Eisenerzeugung selbst ihre Hauptsitze, so besonders in Steiermark, Kärnten und Krain, in Thüringen, im Nassauischen, in Westfalen, in Lüttich, in der Champagne, in Brescia u. s. w. Später, als die Zainhämmer das Nageleisen überall hin vertrieben, verzog sich die Nagelfabrikation mehr nach den Plätzen, wo der Hauptbedarf war, namentlich nach den gewerbreichen Städten. Die Güte des Eisens war ebenfalls von Einfluss; so entwickelte sich die gross- artige englische Nagelindustrie erst durch die Einfuhr besseren Eisens. Krain vertrieb seine vortrefflichen Nägel nach Italien, Kroatien u. s. w. Kärnten setzte ungeheure Massen von Nägeln ab. Die Hauptnieder- lage war zu St. Veith, von wo sie nach Italien und von da weiter versandt wurden. Für den österreichischen Handel war der Haupt- stapelplatz Wien.
Die grössten Nägel wurden damals gleichfalls noch von Hand geschmiedet, und zwar von zwei Personen, von denen die eine den Schmiede- und die andere den Vorhammer führte, während alle
1) Vergl. Nemnichs Warenlexikon, Bd. I, S. 651; Bd. II, S. 919 u. s. w. Schedels neues Warenlexikon, 4. Aufl. von Poppe, Bd. II, S. 80. Rinmans Anleitung zur Kenntnis der gröberen Eisen- und Stahlveredlung, S. 160. Blum- hof, a. a. O., Bd. III, S. 361.
Nagelschmiede.
auf die Erde. Man holt ein neues heiſses Eisen, schmiedet es zur Kante und Spitze, bricht es ab, schlägt wieder in dem Nageleisen den Kopf auf u. s. f.
Die Nägel sind von sehr verschiedener Gröſse. Die groſsen Schleusennägel sind bis 18 Zoll lang, die Schiffsnägel 8 bis 10 Zoll, während die kleinen Zwecken (broquettes), welche Tapezierer, Sattler und Stellmacher zum Beschlagen feiner Arbeiten gebrauchen, so klein sind, daſs 1000 Stück nur ¼ Pfund wiegen. Die Nägel werden aber nicht nur nach Gröſse und Gewicht, sondern auch nach der Form der Köpfe und nach der Verwendung eingeteilt. Es giebt kantige und runde Nägel, Nägel mit kleineren und gröſseren, ganzen und halben, mit glatten, mit pyramidalen, mit konischen, halbkugeligen, soge- nannten Champignonköpfen, mit dreieckigen, viereckigen (Hufnägel); ferner Schiffsnägel, Botnägel, Thornägel, Brettnägel, Lattennägel, Schindelnägel, Schiefernägel, Schloſs-, Reif- und Bandnägel, Hufnägel, Blasbalgnägel, Schlossernägel, Maurernägel, Schuhnägel (Pinnen), Tapezierernägel u. s. w.
Die Einteilung der Nägel im Handel ist ferner verschieden nach den Gegenden ihrer Erzeugung 1). In früheren Zeiten, als die Nagel- schmiederei noch wesentlich Handarbeit war, hatte sie an den Stätten der Eisenerzeugung selbst ihre Hauptsitze, so besonders in Steiermark, Kärnten und Krain, in Thüringen, im Nassauischen, in Westfalen, in Lüttich, in der Champagne, in Brescia u. s. w. Später, als die Zainhämmer das Nageleisen überall hin vertrieben, verzog sich die Nagelfabrikation mehr nach den Plätzen, wo der Hauptbedarf war, namentlich nach den gewerbreichen Städten. Die Güte des Eisens war ebenfalls von Einfluſs; so entwickelte sich die groſs- artige englische Nagelindustrie erst durch die Einfuhr besseren Eisens. Krain vertrieb seine vortrefflichen Nägel nach Italien, Kroatien u. s. w. Kärnten setzte ungeheure Massen von Nägeln ab. Die Hauptnieder- lage war zu St. Veith, von wo sie nach Italien und von da weiter versandt wurden. Für den österreichischen Handel war der Haupt- stapelplatz Wien.
Die gröſsten Nägel wurden damals gleichfalls noch von Hand geschmiedet, und zwar von zwei Personen, von denen die eine den Schmiede- und die andere den Vorhammer führte, während alle
1) Vergl. Nemnichs Warenlexikon, Bd. I, S. 651; Bd. II, S. 919 u. s. w. Schedels neues Warenlexikon, 4. Aufl. von Poppe, Bd. II, S. 80. Rinmans Anleitung zur Kenntnis der gröberen Eisen- und Stahlveredlung, S. 160. Blum- hof, a. a. O., Bd. III, S. 361.
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Nagelschmiede.
auf die Erde. Man holt ein neues heiſses Eisen, schmiedet es zur
Kante und Spitze, bricht es ab, schlägt wieder in dem Nageleisen
den Kopf auf u. s. f.
Die Nägel sind von sehr verschiedener Gröſse. Die groſsen
Schleusennägel sind bis 18 Zoll lang, die Schiffsnägel 8 bis 10 Zoll,
während die kleinen Zwecken (broquettes), welche Tapezierer, Sattler
und Stellmacher zum Beschlagen feiner Arbeiten gebrauchen, so klein
sind, daſs 1000 Stück nur ¼ Pfund wiegen. Die Nägel werden aber
nicht nur nach Gröſse und Gewicht, sondern auch nach der Form der
Köpfe und nach der Verwendung eingeteilt. Es giebt kantige und
runde Nägel, Nägel mit kleineren und gröſseren, ganzen und halben,
mit glatten, mit pyramidalen, mit konischen, halbkugeligen, soge-
nannten Champignonköpfen, mit dreieckigen, viereckigen (Hufnägel);
ferner Schiffsnägel, Botnägel, Thornägel, Brettnägel, Lattennägel,
Schindelnägel, Schiefernägel, Schloſs-, Reif- und Bandnägel, Hufnägel,
Blasbalgnägel, Schlossernägel, Maurernägel, Schuhnägel (Pinnen),
Tapezierernägel u. s. w.
Die Einteilung der Nägel im Handel ist ferner verschieden nach
den Gegenden ihrer Erzeugung 1). In früheren Zeiten, als die Nagel-
schmiederei noch wesentlich Handarbeit war, hatte sie an den Stätten
der Eisenerzeugung selbst ihre Hauptsitze, so besonders in Steiermark,
Kärnten und Krain, in Thüringen, im Nassauischen, in Westfalen,
in Lüttich, in der Champagne, in Brescia u. s. w. Später, als
die Zainhämmer das Nageleisen überall hin vertrieben, verzog sich
die Nagelfabrikation mehr nach den Plätzen, wo der Hauptbedarf
war, namentlich nach den gewerbreichen Städten. Die Güte des
Eisens war ebenfalls von Einfluſs; so entwickelte sich die groſs-
artige englische Nagelindustrie erst durch die Einfuhr besseren Eisens.
Krain vertrieb seine vortrefflichen Nägel nach Italien, Kroatien u. s. w.
Kärnten setzte ungeheure Massen von Nägeln ab. Die Hauptnieder-
lage war zu St. Veith, von wo sie nach Italien und von da weiter
versandt wurden. Für den österreichischen Handel war der Haupt-
stapelplatz Wien.
Die gröſsten Nägel wurden damals gleichfalls noch von Hand
geschmiedet, und zwar von zwei Personen, von denen die eine den
Schmiede- und die andere den Vorhammer führte, während alle
1) Vergl. Nemnichs Warenlexikon, Bd. I, S. 651; Bd. II, S. 919 u. s. w.
Schedels neues Warenlexikon, 4. Aufl. von Poppe, Bd. II, S. 80. Rinmans
Anleitung zur Kenntnis der gröberen Eisen- und Stahlveredlung, S. 160. Blum-
hof, a. a. O., Bd. III, S. 361.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/515>, abgerufen am 22.11.2024.
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