Masse dies bei dem Waffenschmied der Fall war, haben wir an den Prachtrüstungen kennen gelernt; aber auch im bürgerlichen Leben verhielt es sich so und das kunstsinnige Zeitalter erfreute sich auch an der künstlerischen Behandlung des "rauhen" Eisens.
Am meisten kam dies bei dem Teil der Kunstschmiederei zum Ausdruck, welcher im Dienste der Architektur arbeitete. Hier wurde die Bildsamkeit des Stoffes benutzt, um seine Festigkeit künst- lerisch zu verkleiden und so entstanden jene prächtigen Schmiede- werke, in denen die Festigkeit und Schwere des Eisens in Anmut
[Abbildung]
Fig. 155.
und Zierlichkeit aufgelöst erscheinen, wobei aber doch der Charakter des Werkes in harmonischer Verbin- dung mit Stoff und Technik zum Ausdruck kam. Es war der Stolz der Schmiede, mit dem Hammer allein ihre schönen getriebenen und geschmiedeten Werke zu schaffen. Die Feile als Werkzeug zur Formgebung existierte für sie noch nicht.
Die Mannigfaltigkeit die- ser Schmiedearbeiten war eine ausserordentliche. Man verfertigte aus Eisen Beschläge, Gitter, Balkone, Wirtshausschilder, Turm- spitzen, Glockenhäuschen, Standleuchter, Grabkreuze, Brunnenhäuser, Wetterfahnen, Hausgeräte aller Art, als Thürklopfer, Thürringe, Feuerböcke, Kaminständer, Fackelhalter, Lichterständer, Kronleuchter, eiserne reich verzierte Tische, Stühle, Kästchen, Koffer, Truhen, Schlösser, Uhrwerke u. s. w. Wir können nur einige dieser Schmiedewerke einer kurzen Betrachtung unterziehen, indem wir an unsere Darstellung der früheren Zeit (Bd. I, S. 837 bis 844) an- knüpfen.
In dem letzten Jahrhundert der Blütezeit der Gotik, im 15. Jahr- hundert, wurde es zu einem Bedürfnis, alle Gegenstände des Gebrauchs
Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert.
Maſse dies bei dem Waffenschmied der Fall war, haben wir an den Prachtrüstungen kennen gelernt; aber auch im bürgerlichen Leben verhielt es sich so und das kunstsinnige Zeitalter erfreute sich auch an der künstlerischen Behandlung des „rauhen“ Eisens.
Am meisten kam dies bei dem Teil der Kunstschmiederei zum Ausdruck, welcher im Dienste der Architektur arbeitete. Hier wurde die Bildsamkeit des Stoffes benutzt, um seine Festigkeit künst- lerisch zu verkleiden und so entstanden jene prächtigen Schmiede- werke, in denen die Festigkeit und Schwere des Eisens in Anmut
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Fig. 155.
und Zierlichkeit aufgelöst erscheinen, wobei aber doch der Charakter des Werkes in harmonischer Verbin- dung mit Stoff und Technik zum Ausdruck kam. Es war der Stolz der Schmiede, mit dem Hammer allein ihre schönen getriebenen und geschmiedeten Werke zu schaffen. Die Feile als Werkzeug zur Formgebung existierte für sie noch nicht.
Die Mannigfaltigkeit die- ser Schmiedearbeiten war eine auſserordentliche. Man verfertigte aus Eisen Beschläge, Gitter, Balkone, Wirtshausschilder, Turm- spitzen, Glockenhäuschen, Standleuchter, Grabkreuze, Brunnenhäuser, Wetterfahnen, Hausgeräte aller Art, als Thürklopfer, Thürringe, Feuerböcke, Kaminständer, Fackelhalter, Lichterständer, Kronleuchter, eiserne reich verzierte Tische, Stühle, Kästchen, Koffer, Truhen, Schlösser, Uhrwerke u. s. w. Wir können nur einige dieser Schmiedewerke einer kurzen Betrachtung unterziehen, indem wir an unsere Darstellung der früheren Zeit (Bd. I, S. 837 bis 844) an- knüpfen.
In dem letzten Jahrhundert der Blütezeit der Gotik, im 15. Jahr- hundert, wurde es zu einem Bedürfnis, alle Gegenstände des Gebrauchs
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Die Kunstschmiederei im 16. Jahrhundert.
Maſse dies bei dem Waffenschmied der Fall war, haben wir an den
Prachtrüstungen kennen gelernt; aber auch im bürgerlichen Leben
verhielt es sich so und das kunstsinnige Zeitalter erfreute sich auch
an der künstlerischen Behandlung des „rauhen“ Eisens.
Am meisten kam dies bei dem Teil der Kunstschmiederei
zum Ausdruck, welcher im Dienste der Architektur arbeitete. Hier
wurde die Bildsamkeit des Stoffes benutzt, um seine Festigkeit künst-
lerisch zu verkleiden und so entstanden jene prächtigen Schmiede-
werke, in denen die Festigkeit und Schwere des Eisens in Anmut
[Abbildung Fig. 155.]
und Zierlichkeit aufgelöst
erscheinen, wobei aber doch
der Charakter des Werkes
in harmonischer Verbin-
dung mit Stoff und Technik
zum Ausdruck kam. Es
war der Stolz der Schmiede,
mit dem Hammer allein
ihre schönen getriebenen
und geschmiedeten Werke
zu schaffen. Die Feile als
Werkzeug zur Formgebung
existierte für sie noch
nicht.
Die Mannigfaltigkeit die-
ser Schmiedearbeiten war
eine auſserordentliche.
Man verfertigte aus Eisen
Beschläge, Gitter, Balkone,
Wirtshausschilder, Turm-
spitzen, Glockenhäuschen,
Standleuchter, Grabkreuze,
Brunnenhäuser, Wetterfahnen, Hausgeräte aller Art, als Thürklopfer,
Thürringe, Feuerböcke, Kaminständer, Fackelhalter, Lichterständer,
Kronleuchter, eiserne reich verzierte Tische, Stühle, Kästchen, Koffer,
Truhen, Schlösser, Uhrwerke u. s. w. Wir können nur einige dieser
Schmiedewerke einer kurzen Betrachtung unterziehen, indem wir an
unsere Darstellung der früheren Zeit (Bd. I, S. 837 bis 844) an-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 456. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/476>, abgerufen am 22.11.2024.
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