Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. einen Holzstiel ersetzt, den man jetzt beim Feuern über die linkeSchulter legte. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts gab man der Büchse, deren Lauf nun auch länger gemacht wurde, einen Schaft, ähnlich wie er bereits bei den Armbrusten im Gebrauch war. Diesen fasste man jetzt unter den rechten Arm und stützte den langen, schweren Vorderteil der Waffe durch eine Gabel. Um den Rückstoss aufzufangen, versah man den Lauf nahe der Mündung mit einem an- geschweissten Haken und so entstanden die Hakenbüchsen (haakbuse -- arquebuse, Fig. 145), auch kurzweg Haken genannt, von der an das Rohr geschweissten hakenartigen Spitze a, welche zur festen Auf- lage und zur Vermeidung des Rückstosses diente. Schon zu Anfang des 15. Jahrhunderts verschwanden die Handfeuerwaffen mit getrennter Kammer; Kammer und Rohr wurden aus einem Stück geschmiedet und man lud von der Mündung aus. Vorderlader verdrängten die Hinterlader bei den Handfeuerwaffen gänzlich. -- Die Herstellung der langen Rohre war schon schwieriger. So plump sie uns er- scheinen, so verlangten sie doch eine grössere Kunstfertigkeit. Sie [Abbildung]
Fig. 145. sind aus verschiedenen Stäben zusammengeschweisst, über einen Dornmeist achteckig geschmiedet. Einen grossen Fortschritt erreichte man Ende des 15. Jahrhunderts dadurch, dass man am Boden ein Gewinde einschnitt und das Rohr durch eine Schraube, die soge- nannte Schwanzschraube, schloss. Eine weitere Verbesserung der Waffe bestand in der Verlegung des Zündlochs nach der äusseren Seite und der Anbringung einer Art Pfanne. Durch einen Deckel wurde dann später das aufgeschüttete Pulver vor Nässe und vor dem Herabfallen geschützt. Diese Fortschritte trugen viel zur Verbreitung der Handfeuerwaffen bei und führten zu neuen Entdeckungen. Ein grosser Missstand war das Losbrennen mit der Lunte aus freier Hand, bei gleichzeitigem Zielen. Ein richtiges Abkommen war hierbei kaum möglich und dies wurde wesentlich besser durch die Erfindung des Hahnes (Drache, serpentine, Fig. 146 und 147), ursprünglich nur ein am Schaft befestigtes Eisenstäbchen, dessen oberes Ende zur Aufnahme der Lunte gespalten war. Durch Schieben mit der Hand senkte sich die Lunte genau auf die Mitte der Pfanne, wobei der Schütze im richtigen Anschlag bleiben konnte. Weit vollkommener Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert. einen Holzstiel ersetzt, den man jetzt beim Feuern über die linkeSchulter legte. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts gab man der Büchse, deren Lauf nun auch länger gemacht wurde, einen Schaft, ähnlich wie er bereits bei den Armbrusten im Gebrauch war. Diesen faſste man jetzt unter den rechten Arm und stützte den langen, schweren Vorderteil der Waffe durch eine Gabel. Um den Rückstoſs aufzufangen, versah man den Lauf nahe der Mündung mit einem an- geschweiſsten Haken und so entstanden die Hakenbüchsen (haakbuse — arquebuse, Fig. 145), auch kurzweg Haken genannt, von der an das Rohr geschweiſsten hakenartigen Spitze a, welche zur festen Auf- lage und zur Vermeidung des Rückstoſses diente. Schon zu Anfang des 15. Jahrhunderts verschwanden die Handfeuerwaffen mit getrennter Kammer; Kammer und Rohr wurden aus einem Stück geschmiedet und man lud von der Mündung aus. Vorderlader verdrängten die Hinterlader bei den Handfeuerwaffen gänzlich. — Die Herstellung der langen Rohre war schon schwieriger. So plump sie uns er- scheinen, so verlangten sie doch eine gröſsere Kunstfertigkeit. Sie [Abbildung]
Fig. 145. sind aus verschiedenen Stäben zusammengeschweiſst, über einen Dornmeist achteckig geschmiedet. Einen groſsen Fortschritt erreichte man Ende des 15. Jahrhunderts dadurch, daſs man am Boden ein Gewinde einschnitt und das Rohr durch eine Schraube, die soge- nannte Schwanzschraube, schloſs. Eine weitere Verbesserung der Waffe bestand in der Verlegung des Zündlochs nach der äuſseren Seite und der Anbringung einer Art Pfanne. Durch einen Deckel wurde dann später das aufgeschüttete Pulver vor Nässe und vor dem Herabfallen geschützt. Diese Fortschritte trugen viel zur Verbreitung der Handfeuerwaffen bei und führten zu neuen Entdeckungen. Ein groſser Miſsstand war das Losbrennen mit der Lunte aus freier Hand, bei gleichzeitigem Zielen. Ein richtiges Abkommen war hierbei kaum möglich und dies wurde wesentlich besser durch die Erfindung des Hahnes (Drache, serpentine, Fig. 146 und 147), ursprünglich nur ein am Schaft befestigtes Eisenstäbchen, dessen oberes Ende zur Aufnahme der Lunte gespalten war. Durch Schieben mit der Hand senkte sich die Lunte genau auf die Mitte der Pfanne, wobei der Schütze im richtigen Anschlag bleiben konnte. Weit vollkommener <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0450" n="430"/><fw place="top" type="header">Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.</fw><lb/> einen Holzstiel ersetzt, den man jetzt beim Feuern über die linke<lb/> Schulter legte. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts gab man der<lb/> Büchse, deren Lauf nun auch länger gemacht wurde, einen Schaft,<lb/> ähnlich wie er bereits bei den Armbrusten im Gebrauch war. Diesen<lb/> faſste man jetzt unter den rechten Arm und stützte den langen,<lb/> schweren Vorderteil der Waffe durch eine Gabel. Um den Rückstoſs<lb/> aufzufangen, versah man den Lauf nahe der Mündung mit einem an-<lb/> geschweiſsten Haken und so entstanden die Hakenbüchsen (haakbuse<lb/> — arquebuse, Fig. 145), auch kurzweg Haken genannt, von der an<lb/> das Rohr geschweiſsten hakenartigen Spitze <hi rendition="#i">a</hi>, welche zur festen Auf-<lb/> lage und zur Vermeidung des Rückstoſses diente. Schon zu Anfang<lb/> des 15. Jahrhunderts verschwanden die Handfeuerwaffen mit getrennter<lb/> Kammer; Kammer und Rohr wurden aus einem Stück geschmiedet<lb/> und man lud von der Mündung aus. Vorderlader verdrängten die<lb/> Hinterlader bei den Handfeuerwaffen gänzlich. — Die Herstellung<lb/> der langen Rohre war schon schwieriger. So plump sie uns er-<lb/> scheinen, so verlangten sie doch eine gröſsere Kunstfertigkeit. Sie<lb/><figure><head>Fig. 145.</head></figure><lb/> sind aus verschiedenen Stäben zusammengeschweiſst, über einen Dorn<lb/> meist achteckig geschmiedet. Einen groſsen Fortschritt erreichte<lb/> man Ende des 15. Jahrhunderts dadurch, daſs man am Boden ein<lb/> Gewinde einschnitt und das Rohr durch eine Schraube, die soge-<lb/> nannte <hi rendition="#g">Schwanzschraube</hi>, schloſs. Eine weitere Verbesserung der<lb/> Waffe bestand in der Verlegung des Zündlochs nach der äuſseren<lb/> Seite und der Anbringung einer Art Pfanne. Durch einen Deckel<lb/> wurde dann später das aufgeschüttete Pulver vor Nässe und vor dem<lb/> Herabfallen geschützt. Diese Fortschritte trugen viel zur Verbreitung<lb/> der Handfeuerwaffen bei und führten zu neuen Entdeckungen. Ein<lb/> groſser Miſsstand war das Losbrennen mit der Lunte aus freier Hand,<lb/> bei gleichzeitigem Zielen. Ein richtiges Abkommen war hierbei<lb/> kaum möglich und dies wurde wesentlich besser durch die Erfindung<lb/> des Hahnes (Drache, serpentine, Fig. 146 und 147), ursprünglich nur<lb/> ein am Schaft befestigtes Eisenstäbchen, dessen oberes Ende zur<lb/> Aufnahme der Lunte gespalten war. Durch Schieben mit der Hand<lb/> senkte sich die Lunte genau auf die Mitte der Pfanne, wobei der<lb/> Schütze im richtigen Anschlag bleiben konnte. Weit vollkommener<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [430/0450]
Die Waffenschmiedekunst im 16. Jahrhundert.
einen Holzstiel ersetzt, den man jetzt beim Feuern über die linke
Schulter legte. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts gab man der
Büchse, deren Lauf nun auch länger gemacht wurde, einen Schaft,
ähnlich wie er bereits bei den Armbrusten im Gebrauch war. Diesen
faſste man jetzt unter den rechten Arm und stützte den langen,
schweren Vorderteil der Waffe durch eine Gabel. Um den Rückstoſs
aufzufangen, versah man den Lauf nahe der Mündung mit einem an-
geschweiſsten Haken und so entstanden die Hakenbüchsen (haakbuse
— arquebuse, Fig. 145), auch kurzweg Haken genannt, von der an
das Rohr geschweiſsten hakenartigen Spitze a, welche zur festen Auf-
lage und zur Vermeidung des Rückstoſses diente. Schon zu Anfang
des 15. Jahrhunderts verschwanden die Handfeuerwaffen mit getrennter
Kammer; Kammer und Rohr wurden aus einem Stück geschmiedet
und man lud von der Mündung aus. Vorderlader verdrängten die
Hinterlader bei den Handfeuerwaffen gänzlich. — Die Herstellung
der langen Rohre war schon schwieriger. So plump sie uns er-
scheinen, so verlangten sie doch eine gröſsere Kunstfertigkeit. Sie
[Abbildung Fig. 145.]
sind aus verschiedenen Stäben zusammengeschweiſst, über einen Dorn
meist achteckig geschmiedet. Einen groſsen Fortschritt erreichte
man Ende des 15. Jahrhunderts dadurch, daſs man am Boden ein
Gewinde einschnitt und das Rohr durch eine Schraube, die soge-
nannte Schwanzschraube, schloſs. Eine weitere Verbesserung der
Waffe bestand in der Verlegung des Zündlochs nach der äuſseren
Seite und der Anbringung einer Art Pfanne. Durch einen Deckel
wurde dann später das aufgeschüttete Pulver vor Nässe und vor dem
Herabfallen geschützt. Diese Fortschritte trugen viel zur Verbreitung
der Handfeuerwaffen bei und führten zu neuen Entdeckungen. Ein
groſser Miſsstand war das Losbrennen mit der Lunte aus freier Hand,
bei gleichzeitigem Zielen. Ein richtiges Abkommen war hierbei
kaum möglich und dies wurde wesentlich besser durch die Erfindung
des Hahnes (Drache, serpentine, Fig. 146 und 147), ursprünglich nur
ein am Schaft befestigtes Eisenstäbchen, dessen oberes Ende zur
Aufnahme der Lunte gespalten war. Durch Schieben mit der Hand
senkte sich die Lunte genau auf die Mitte der Pfanne, wobei der
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