striellen Unternehmungen zu. Er betrieb ein Eisenwerk zu Ashley bei Bewdley in Worcestershire, dann Leinenindustrie, beschäftigte sich mit Verbesserung der Wege zu Land und Wasser und mit der Fluss- schiffahrt. Nach der Restauration 1660 wurde er als verdächtig ins Gefängnis gesetzt. 1662 gelang es ihm, zu entfliehen; er wurde wieder ergriffen, dann aber freigelassen. Er entwarf nun verschiedene Kanalprojekte. Für seine grossartigen Entwürfe war aber die Zeit noch nicht gekommen, dieselben scheiterten deshalb. Mehr Erfolg hatte er mit seinen Plänen zur Hebung des Ackerbaues durch Wechselwirtschaft. Er gab die Anregung zur Erbauung der Docks in London. In Bezug auf die Eisenindustrie erstrebte er als besonders vorteilhaft die Einführung der Weissblechfabrikation in England. Diese Fabrikation hatte Sachsen damals förmlich monopolisiert. Eng- land war aber durch seinen Zinnreichtum für diesen Betriebszweig bevorzugt, kaufte doch Sachsen englisches Zinn, welches dann in Form von Weissblech wieder nach England eingeführt wurde. Frühere Versuche, es nachzumachen, waren fehlgeschlagen.
Da nahm Yarranton 1665 die Sache selbst in die Hand, bewog zwei reiche Leute, die grosses Interesse an dem Unternehmen hatten, ihn nach dem Kontinent an die Plätze, wo Weissblech gemacht wurde, reisen zu lassen. Er nahm einen erfahrenen Feuerarbeiter und einen Dolmetscher mit, denn Yarranton verstand kein Wort Deutsch. Die Reise ging über Hamburg, Leipzig, Dresden nach den sächsischen Weissblechwerken zu Aue im Erzgebirge. Die religiösen Unruhen in Folge der Reformation hatten viele geschickte Arbeiter vom Kontinent nach England geführt, aber auch umgekehrt. So war es ein eng- lischer Arbeiter von Cornwall, der die Zinnbergwerke bei Aue ent- deckt hatte, und ein vertriebener böhmischer Priester, der die Weiss- blechfabrikation daselbst einführte. Diese Fabrikation stand damals in so hoher Blüte, dass sie 80000 Mann beschäftigt haben soll.
Yarranton wurde sehr freundlich aufgenommen. Man hielt nichts vor ihm geheim, sondern unterstützte ihn in seinem Bestreben in jeder Weise, zeigte ihm die Zinnwerke, die Methode, wie die Bleche gewalzt wurden (die in England bis dahin nur gehämmert wurden) und das Verzinnen. Es wurde ihm sogar gestattet, eine Anzahl ge- schickter Arbeiter zu engagieren, die er mit nach England brachte, um daselbst Fabriken anzulegen.
Ein Versuch wurde gemacht, und die von Yarranton herge- stellten verzinnten Platten wurden noch besser befunden als die sächsischen. "Viele tausend Platten", sagt Yarranton, "wurden ge-
England im 17. Jahrhundert.
striellen Unternehmungen zu. Er betrieb ein Eisenwerk zu Ashley bei Bewdley in Worcestershire, dann Leinenindustrie, beschäftigte sich mit Verbesserung der Wege zu Land und Wasser und mit der Fluſs- schiffahrt. Nach der Restauration 1660 wurde er als verdächtig ins Gefängnis gesetzt. 1662 gelang es ihm, zu entfliehen; er wurde wieder ergriffen, dann aber freigelassen. Er entwarf nun verschiedene Kanalprojekte. Für seine groſsartigen Entwürfe war aber die Zeit noch nicht gekommen, dieselben scheiterten deshalb. Mehr Erfolg hatte er mit seinen Plänen zur Hebung des Ackerbaues durch Wechselwirtschaft. Er gab die Anregung zur Erbauung der Docks in London. In Bezug auf die Eisenindustrie erstrebte er als besonders vorteilhaft die Einführung der Weiſsblechfabrikation in England. Diese Fabrikation hatte Sachsen damals förmlich monopolisiert. Eng- land war aber durch seinen Zinnreichtum für diesen Betriebszweig bevorzugt, kaufte doch Sachsen englisches Zinn, welches dann in Form von Weiſsblech wieder nach England eingeführt wurde. Frühere Versuche, es nachzumachen, waren fehlgeschlagen.
Da nahm Yarranton 1665 die Sache selbst in die Hand, bewog zwei reiche Leute, die groſses Interesse an dem Unternehmen hatten, ihn nach dem Kontinent an die Plätze, wo Weiſsblech gemacht wurde, reisen zu lassen. Er nahm einen erfahrenen Feuerarbeiter und einen Dolmetscher mit, denn Yarranton verstand kein Wort Deutsch. Die Reise ging über Hamburg, Leipzig, Dresden nach den sächsischen Weiſsblechwerken zu Aue im Erzgebirge. Die religiösen Unruhen in Folge der Reformation hatten viele geschickte Arbeiter vom Kontinent nach England geführt, aber auch umgekehrt. So war es ein eng- lischer Arbeiter von Cornwall, der die Zinnbergwerke bei Aue ent- deckt hatte, und ein vertriebener böhmischer Priester, der die Weiſs- blechfabrikation daselbst einführte. Diese Fabrikation stand damals in so hoher Blüte, daſs sie 80000 Mann beschäftigt haben soll.
Yarranton wurde sehr freundlich aufgenommen. Man hielt nichts vor ihm geheim, sondern unterstützte ihn in seinem Bestreben in jeder Weise, zeigte ihm die Zinnwerke, die Methode, wie die Bleche gewalzt wurden (die in England bis dahin nur gehämmert wurden) und das Verzinnen. Es wurde ihm sogar gestattet, eine Anzahl ge- schickter Arbeiter zu engagieren, die er mit nach England brachte, um daselbst Fabriken anzulegen.
Ein Versuch wurde gemacht, und die von Yarranton herge- stellten verzinnten Platten wurden noch besser befunden als die sächsischen. „Viele tausend Platten“, sagt Yarranton, „wurden ge-
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England im 17. Jahrhundert.
striellen Unternehmungen zu. Er betrieb ein Eisenwerk zu Ashley bei
Bewdley in Worcestershire, dann Leinenindustrie, beschäftigte sich
mit Verbesserung der Wege zu Land und Wasser und mit der Fluſs-
schiffahrt. Nach der Restauration 1660 wurde er als verdächtig
ins Gefängnis gesetzt. 1662 gelang es ihm, zu entfliehen; er wurde
wieder ergriffen, dann aber freigelassen. Er entwarf nun verschiedene
Kanalprojekte. Für seine groſsartigen Entwürfe war aber die Zeit
noch nicht gekommen, dieselben scheiterten deshalb. Mehr Erfolg
hatte er mit seinen Plänen zur Hebung des Ackerbaues durch
Wechselwirtschaft. Er gab die Anregung zur Erbauung der Docks
in London. In Bezug auf die Eisenindustrie erstrebte er als besonders
vorteilhaft die Einführung der Weiſsblechfabrikation in England.
Diese Fabrikation hatte Sachsen damals förmlich monopolisiert. Eng-
land war aber durch seinen Zinnreichtum für diesen Betriebszweig
bevorzugt, kaufte doch Sachsen englisches Zinn, welches dann in
Form von Weiſsblech wieder nach England eingeführt wurde. Frühere
Versuche, es nachzumachen, waren fehlgeschlagen.
Da nahm Yarranton 1665 die Sache selbst in die Hand, bewog
zwei reiche Leute, die groſses Interesse an dem Unternehmen hatten,
ihn nach dem Kontinent an die Plätze, wo Weiſsblech gemacht wurde,
reisen zu lassen. Er nahm einen erfahrenen Feuerarbeiter und einen
Dolmetscher mit, denn Yarranton verstand kein Wort Deutsch.
Die Reise ging über Hamburg, Leipzig, Dresden nach den sächsischen
Weiſsblechwerken zu Aue im Erzgebirge. Die religiösen Unruhen in
Folge der Reformation hatten viele geschickte Arbeiter vom Kontinent
nach England geführt, aber auch umgekehrt. So war es ein eng-
lischer Arbeiter von Cornwall, der die Zinnbergwerke bei Aue ent-
deckt hatte, und ein vertriebener böhmischer Priester, der die Weiſs-
blechfabrikation daselbst einführte. Diese Fabrikation stand damals
in so hoher Blüte, daſs sie 80000 Mann beschäftigt haben soll.
Yarranton wurde sehr freundlich aufgenommen. Man hielt
nichts vor ihm geheim, sondern unterstützte ihn in seinem Bestreben
in jeder Weise, zeigte ihm die Zinnwerke, die Methode, wie die Bleche
gewalzt wurden (die in England bis dahin nur gehämmert wurden)
und das Verzinnen. Es wurde ihm sogar gestattet, eine Anzahl ge-
schickter Arbeiter zu engagieren, die er mit nach England brachte,
um daselbst Fabriken anzulegen.
Ein Versuch wurde gemacht, und die von Yarranton herge-
stellten verzinnten Platten wurden noch besser befunden als die
sächsischen. „Viele tausend Platten“, sagt Yarranton, „wurden ge-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1298>, abgerufen am 22.11.2024.
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