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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Sachsen im 17. Jahrhundert.
durch Überproduktion und Preisschleuderung der ganze Blechhandel
in Rückgang gekommen war.

Um dem abzuhelfen, wurden genaue Vorschriften über den Um-
fang der Produktion gegeben. Ausserdem wurde in beiden Ordnungen
bestimmt, dass innerhalb von 12 Jahren keine neuen Blechhämmer
und Zinnhäuser errichtet werden dürften. Durch Befehl vom 3. März
1687 wurde noch festgesetzt, dass die hohen Öfen bei den Blech-
und Stabhammerwerken jährlich nur 24 Wochen gehen sollten. Als
Blechhammergewerke werden in der Ordnung von 1660 aufgeführt:

Michael Gottschalk, die Uttenhofische Wittwe mit dem Zinnhaus,
Heinrich Siegel zu Schönheyda, Matthes Gnasje, Abraham Siegel, Heinrich
Siegel zu Unter-Plauenthal, Rosina Schnorr, Kaspar Wittich, Hiero-
nimus Müller, Hans Rüdiger, August Roths Erben, Gottfried Rübner
und Konsorten zu Rittersgrün. Unter diesen war Kaspar Wittich ein
besonders grosser Hammerherr, der ausserdem Hammerwerke in Böhmen
und im Herzogtum Sachsen besass; dennoch unterwirft er sich aus-
drücklich dieser kurfürstlichen Ordnung. Gottfried Rübner soll seinen
neu privilegierten Blechhammer nicht eher in Gang setzen, bis die
Blechwaren wieder in bessere Aufnahme gekommen seien und Michael
Gottschalk soll nach wie vor sein Holz aus Böhmen holen dürfen.

Die niedrigen Preise bei dem sächsischen Blechhandel waren
aber wohl nicht allein Folge der Überproduktion, sondern auch der
ausländischen Konkurrenz. Dass sowohl in Böhmen als im Herzog-
tum Sachsen 1660 Weissblechhämmer bestanden, sehen wir aus dem,
was eben über Kaspar Wittich bemerkt wurde, als auch aus der
"Gleits-Ordnung" von 1660, in welcher auf ausländische verzinnte
Bleche 4 Gr. pro Centner Zoll erhoben wurde. Diese Ordnung war
ausdrücklich für die böhmische Grenze erlassen.

In dem Kurfürstentum Sachsen war das Eisen und der Eisen-
handel Regal. Die zwei fürstlichen Eisenkammern waren zu Pirna
und Dresden. In diese mussten die Eisenhämmer ihre Waren ab-
liefern. Dass die Gieshübeler Eisenwerke noch immer von Bedeutung
waren, geht daraus hervor, dass 1614 und 1660 die Eisen- und Hammer-
ordnung von Gieshübel erneuert wurde. In der von Kurfürst Johann
Georg I. am 1. August 1614 erlassenen Ordnung wurde auch festgesetzt,
welche Städte ihr Eisen von der Pirnaischen und welche von der
Dresdener Eisenkammer zu beziehen hatten. Allen anderen Eisen-
händlern wurde das Geschäft verboten und die Einfuhr fremden
Eisens untersagt. Alle Händler, Schmiede und Fuhrleute mussten
ihren Eisenbedarf von den inländischen Hütten beziehen. Das Eisen

Sachsen im 17. Jahrhundert.
durch Überproduktion und Preisschleuderung der ganze Blechhandel
in Rückgang gekommen war.

Um dem abzuhelfen, wurden genaue Vorschriften über den Um-
fang der Produktion gegeben. Auſserdem wurde in beiden Ordnungen
bestimmt, daſs innerhalb von 12 Jahren keine neuen Blechhämmer
und Zinnhäuser errichtet werden dürften. Durch Befehl vom 3. März
1687 wurde noch festgesetzt, daſs die hohen Öfen bei den Blech-
und Stabhammerwerken jährlich nur 24 Wochen gehen sollten. Als
Blechhammergewerke werden in der Ordnung von 1660 aufgeführt:

Michael Gottschalk, die Uttenhofische Wittwe mit dem Zinnhaus,
Heinrich Siegel zu Schönheyda, Matthes Gnasje, Abraham Siegel, Heinrich
Siegel zu Unter-Plauenthal, Rosina Schnorr, Kaspar Wittich, Hiero-
nimus Müller, Hans Rüdiger, August Roths Erben, Gottfried Rübner
und Konsorten zu Rittersgrün. Unter diesen war Kaspar Wittich ein
besonders groſser Hammerherr, der auſserdem Hammerwerke in Böhmen
und im Herzogtum Sachsen besaſs; dennoch unterwirft er sich aus-
drücklich dieser kurfürstlichen Ordnung. Gottfried Rübner soll seinen
neu privilegierten Blechhammer nicht eher in Gang setzen, bis die
Blechwaren wieder in bessere Aufnahme gekommen seien und Michael
Gottschalk soll nach wie vor sein Holz aus Böhmen holen dürfen.

Die niedrigen Preise bei dem sächsischen Blechhandel waren
aber wohl nicht allein Folge der Überproduktion, sondern auch der
ausländischen Konkurrenz. Daſs sowohl in Böhmen als im Herzog-
tum Sachsen 1660 Weiſsblechhämmer bestanden, sehen wir aus dem,
was eben über Kaspar Wittich bemerkt wurde, als auch aus der
„Gleits-Ordnung“ von 1660, in welcher auf ausländische verzinnte
Bleche 4 Gr. pro Centner Zoll erhoben wurde. Diese Ordnung war
ausdrücklich für die böhmische Grenze erlassen.

In dem Kurfürstentum Sachsen war das Eisen und der Eisen-
handel Regal. Die zwei fürstlichen Eisenkammern waren zu Pirna
und Dresden. In diese muſsten die Eisenhämmer ihre Waren ab-
liefern. Daſs die Gieshübeler Eisenwerke noch immer von Bedeutung
waren, geht daraus hervor, daſs 1614 und 1660 die Eisen- und Hammer-
ordnung von Gieshübel erneuert wurde. In der von Kurfürst Johann
Georg I. am 1. August 1614 erlassenen Ordnung wurde auch festgesetzt,
welche Städte ihr Eisen von der Pirnaischen und welche von der
Dresdener Eisenkammer zu beziehen hatten. Allen anderen Eisen-
händlern wurde das Geschäft verboten und die Einfuhr fremden
Eisens untersagt. Alle Händler, Schmiede und Fuhrleute muſsten
ihren Eisenbedarf von den inländischen Hütten beziehen. Das Eisen

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[1202/1224] Sachsen im 17. Jahrhundert. durch Überproduktion und Preisschleuderung der ganze Blechhandel in Rückgang gekommen war. Um dem abzuhelfen, wurden genaue Vorschriften über den Um- fang der Produktion gegeben. Auſserdem wurde in beiden Ordnungen bestimmt, daſs innerhalb von 12 Jahren keine neuen Blechhämmer und Zinnhäuser errichtet werden dürften. Durch Befehl vom 3. März 1687 wurde noch festgesetzt, daſs die hohen Öfen bei den Blech- und Stabhammerwerken jährlich nur 24 Wochen gehen sollten. Als Blechhammergewerke werden in der Ordnung von 1660 aufgeführt: Michael Gottschalk, die Uttenhofische Wittwe mit dem Zinnhaus, Heinrich Siegel zu Schönheyda, Matthes Gnasje, Abraham Siegel, Heinrich Siegel zu Unter-Plauenthal, Rosina Schnorr, Kaspar Wittich, Hiero- nimus Müller, Hans Rüdiger, August Roths Erben, Gottfried Rübner und Konsorten zu Rittersgrün. Unter diesen war Kaspar Wittich ein besonders groſser Hammerherr, der auſserdem Hammerwerke in Böhmen und im Herzogtum Sachsen besaſs; dennoch unterwirft er sich aus- drücklich dieser kurfürstlichen Ordnung. Gottfried Rübner soll seinen neu privilegierten Blechhammer nicht eher in Gang setzen, bis die Blechwaren wieder in bessere Aufnahme gekommen seien und Michael Gottschalk soll nach wie vor sein Holz aus Böhmen holen dürfen. Die niedrigen Preise bei dem sächsischen Blechhandel waren aber wohl nicht allein Folge der Überproduktion, sondern auch der ausländischen Konkurrenz. Daſs sowohl in Böhmen als im Herzog- tum Sachsen 1660 Weiſsblechhämmer bestanden, sehen wir aus dem, was eben über Kaspar Wittich bemerkt wurde, als auch aus der „Gleits-Ordnung“ von 1660, in welcher auf ausländische verzinnte Bleche 4 Gr. pro Centner Zoll erhoben wurde. Diese Ordnung war ausdrücklich für die böhmische Grenze erlassen. In dem Kurfürstentum Sachsen war das Eisen und der Eisen- handel Regal. Die zwei fürstlichen Eisenkammern waren zu Pirna und Dresden. In diese muſsten die Eisenhämmer ihre Waren ab- liefern. Daſs die Gieshübeler Eisenwerke noch immer von Bedeutung waren, geht daraus hervor, daſs 1614 und 1660 die Eisen- und Hammer- ordnung von Gieshübel erneuert wurde. In der von Kurfürst Johann Georg I. am 1. August 1614 erlassenen Ordnung wurde auch festgesetzt, welche Städte ihr Eisen von der Pirnaischen und welche von der Dresdener Eisenkammer zu beziehen hatten. Allen anderen Eisen- händlern wurde das Geschäft verboten und die Einfuhr fremden Eisens untersagt. Alle Händler, Schmiede und Fuhrleute muſsten ihren Eisenbedarf von den inländischen Hütten beziehen. Das Eisen

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1224>, abgerufen am 30.11.2024.