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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Hessen im 17. Jahrhundert.
daselbst Gusswaren hergestellt, denn im Jahre 1634 wird der Ofen-
former Daniel aus Knickhagen nach Fischbach geholt, um 40 Öfen
zu formen. Ebenso wurde 1660 auch der Former Otto Brocken
von Schwalefeld aus Knickhagen abgeholt. Im Jahre 1666 wurde
aber die Knickhagener Hütte nach Veckerhagen verlegt, woselbst
nun das bedeutendste hessische Eisenwerk aus der Zeit nach dem
30jährigen Krieg entstand.

Der Eisenguss von Veckerhagen erlangte bald einen grossen Ruf
und fand ausgedehnten Absatz nach Bremen und Holland. Diesen
Ruf verdankte die Hütte grossenteils ihrem Reichtum an originellen
Modellen. So besass sie eine ganze Reihe von Modellen, welche nur
für Holland bestimmt waren, namentlich für Kamine und Kaminein-
fassungen. Auch Glocken von Eisen wurden daselbst gegossen. Eine
solche von 1674, welche 1825 zersprang und 1 m hoch und 1,15 m
breit ist, befindet sich jetzt in der von Dr. Bickell gegründeten Samm-
lung zu Marburg.

Betreffs der Hainaer Eisenhütten ist noch folgendes technisch
Bemerkenswerte nachzutragen. Das beste Erz, welches sich zum
Giessen besonders eignete, bezogen sie aus der Grube am Kaldenbaum,
wo 1625 Schächte, Stollen und "Wasserziehen" erwähnt werden. Die
Hütten lagen an tief eingeschnittenen Waldthälern: Dodenhausen und
Rommershausen an der Gilsa, Fischbach und Armsfeld an der Urfa.
Das Wasser der Bäche wurde in Sammelteichen, wovon oft mehrere
bei einer Hütte lagen, z. B. bei Fischbach vier, gespannt und fielen
auf oberschlächtige Wasserräder von 10--12 Fuss Durchmesser. Die
Hochöfen hatten vierekige Schächte. In einer Rechnung von 1663
heisst es: "13 fl. 4 alb. seindt Wilhelm Lohn, Maurer zu Brielon von
dem hohen Ofen Jn Wandigk den schacht von newen biss auf das
Gestell die Vier Wende abgenommen vndt wieder gemacht zahltt."
Die Hinterseite des Ofens lehnte an eine Bergwand, entlang der ein mit
Holz verzimmerter Stollen lief. An diesen lehnte sich eine "Abseite",
aus Holz gezimmert, unter der die zwei "Hüttenbälge" lagen, durch
eisenbeschlagene "Streichspäne" und Ketten mit der Blaswelle ver-
bunden. In Fischbach hatte man 1691 Holzbälge: "38 fl. 2 alb. Vor
Ein Pahr höltzerne Hammer Belge mit alle ihre Zugehörigen Beschlagk
Röhren Fuhrlohn und frey Von Ssmahll-kalten anhero Geliefert vnd
vorgericht Sebastian Eberhart dem Balchenmacher Vohn Ssmahll-kalten
laud uhr-kund den 21. Augusty an 31. rthlr. geldt." -- Die alten
ledernen wurden nach Haina in die "schusterey" geliefert. Anno
1696 erhält auch die Schmelzhütte Holzbälge durch denselben Balgen-

Hessen im 17. Jahrhundert.
daselbst Guſswaren hergestellt, denn im Jahre 1634 wird der Ofen-
former Daniel aus Knickhagen nach Fischbach geholt, um 40 Öfen
zu formen. Ebenso wurde 1660 auch der Former Otto Brocken
von Schwalefeld aus Knickhagen abgeholt. Im Jahre 1666 wurde
aber die Knickhagener Hütte nach Veckerhagen verlegt, woselbst
nun das bedeutendste hessische Eisenwerk aus der Zeit nach dem
30jährigen Krieg entstand.

Der Eisenguſs von Veckerhagen erlangte bald einen groſsen Ruf
und fand ausgedehnten Absatz nach Bremen und Holland. Diesen
Ruf verdankte die Hütte groſsenteils ihrem Reichtum an originellen
Modellen. So besaſs sie eine ganze Reihe von Modellen, welche nur
für Holland bestimmt waren, namentlich für Kamine und Kaminein-
fassungen. Auch Glocken von Eisen wurden daselbst gegossen. Eine
solche von 1674, welche 1825 zersprang und 1 m hoch und 1,15 m
breit ist, befindet sich jetzt in der von Dr. Bickell gegründeten Samm-
lung zu Marburg.

Betreffs der Hainaer Eisenhütten ist noch folgendes technisch
Bemerkenswerte nachzutragen. Das beste Erz, welches sich zum
Gieſsen besonders eignete, bezogen sie aus der Grube am Kaldenbaum,
wo 1625 Schächte, Stollen und „Wasserziehen“ erwähnt werden. Die
Hütten lagen an tief eingeschnittenen Waldthälern: Dodenhausen und
Rommershausen an der Gilsa, Fischbach und Armsfeld an der Urfa.
Das Wasser der Bäche wurde in Sammelteichen, wovon oft mehrere
bei einer Hütte lagen, z. B. bei Fischbach vier, gespannt und fielen
auf oberschlächtige Wasserräder von 10—12 Fuſs Durchmesser. Die
Hochöfen hatten vierekige Schächte. In einer Rechnung von 1663
heiſst es: „13 fl. 4 alb. seindt Wilhelm Lohn, Maurer zu Brielon von
dem hohen Ofen Jn Wandigk den schacht von newen biſs auf das
Gestell die Vier Wende abgenommen vndt wieder gemacht zahltt.“
Die Hinterseite des Ofens lehnte an eine Bergwand, entlang der ein mit
Holz verzimmerter Stollen lief. An diesen lehnte sich eine „Abseite“,
aus Holz gezimmert, unter der die zwei „Hüttenbälge“ lagen, durch
eisenbeschlagene „Streichspäne“ und Ketten mit der Blaswelle ver-
bunden. In Fischbach hatte man 1691 Holzbälge: „38 fl. 2 alb. Vor
Ein Pahr höltzerne Hammer Belge mit alle ihre Zugehörigen Beschlagk
Röhren Fuhrlohn und frey Von Ssmahll-kalten anhero Geliefert vnd
vorgericht Sebastian Eberhart dem Balchenmacher Vohn Ssmahll-kalten
laud uhr-kund den 21. Augusty an 31. rthlr. geldt.“ — Die alten
ledernen wurden nach Haina in die „schusterey“ geliefert. Anno
1696 erhält auch die Schmelzhütte Holzbälge durch denselben Balgen-

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[1076/1098] Hessen im 17. Jahrhundert. daselbst Guſswaren hergestellt, denn im Jahre 1634 wird der Ofen- former Daniel aus Knickhagen nach Fischbach geholt, um 40 Öfen zu formen. Ebenso wurde 1660 auch der Former Otto Brocken von Schwalefeld aus Knickhagen abgeholt. Im Jahre 1666 wurde aber die Knickhagener Hütte nach Veckerhagen verlegt, woselbst nun das bedeutendste hessische Eisenwerk aus der Zeit nach dem 30jährigen Krieg entstand. Der Eisenguſs von Veckerhagen erlangte bald einen groſsen Ruf und fand ausgedehnten Absatz nach Bremen und Holland. Diesen Ruf verdankte die Hütte groſsenteils ihrem Reichtum an originellen Modellen. So besaſs sie eine ganze Reihe von Modellen, welche nur für Holland bestimmt waren, namentlich für Kamine und Kaminein- fassungen. Auch Glocken von Eisen wurden daselbst gegossen. Eine solche von 1674, welche 1825 zersprang und 1 m hoch und 1,15 m breit ist, befindet sich jetzt in der von Dr. Bickell gegründeten Samm- lung zu Marburg. Betreffs der Hainaer Eisenhütten ist noch folgendes technisch Bemerkenswerte nachzutragen. Das beste Erz, welches sich zum Gieſsen besonders eignete, bezogen sie aus der Grube am Kaldenbaum, wo 1625 Schächte, Stollen und „Wasserziehen“ erwähnt werden. Die Hütten lagen an tief eingeschnittenen Waldthälern: Dodenhausen und Rommershausen an der Gilsa, Fischbach und Armsfeld an der Urfa. Das Wasser der Bäche wurde in Sammelteichen, wovon oft mehrere bei einer Hütte lagen, z. B. bei Fischbach vier, gespannt und fielen auf oberschlächtige Wasserräder von 10—12 Fuſs Durchmesser. Die Hochöfen hatten vierekige Schächte. In einer Rechnung von 1663 heiſst es: „13 fl. 4 alb. seindt Wilhelm Lohn, Maurer zu Brielon von dem hohen Ofen Jn Wandigk den schacht von newen biſs auf das Gestell die Vier Wende abgenommen vndt wieder gemacht zahltt.“ Die Hinterseite des Ofens lehnte an eine Bergwand, entlang der ein mit Holz verzimmerter Stollen lief. An diesen lehnte sich eine „Abseite“, aus Holz gezimmert, unter der die zwei „Hüttenbälge“ lagen, durch eisenbeschlagene „Streichspäne“ und Ketten mit der Blaswelle ver- bunden. In Fischbach hatte man 1691 Holzbälge: „38 fl. 2 alb. Vor Ein Pahr höltzerne Hammer Belge mit alle ihre Zugehörigen Beschlagk Röhren Fuhrlohn und frey Von Ssmahll-kalten anhero Geliefert vnd vorgericht Sebastian Eberhart dem Balchenmacher Vohn Ssmahll-kalten laud uhr-kund den 21. Augusty an 31. rthlr. geldt.“ — Die alten ledernen wurden nach Haina in die „schusterey“ geliefert. Anno 1696 erhält auch die Schmelzhütte Holzbälge durch denselben Balgen-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1076. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1098>, abgerufen am 17.09.2024.