Arbeit zum Wiederverkauf einhandeln, ausgenommen Säbel- und Schwertklingen, welche nicht in der Stadt gefertigt wurden, und jeder musste seine Arbeit mit einem besonderen Zeichen versehen. Im all- gemeinen galten im 17. Jahrhundert folgende Meisterstücke: 1. Ein paar Mannsmesser (so nannte man die Tischmesser) mit Schalen von Hirschgeweihen und mit eisernen sogenannten bayrischen Hauben be- schlagen. 2. Ein paar geblümelte Frauenmesser mit gebogenen Ringeln oder gezogenen hohlen Stollen und einem Stiel aufgenietet und befestigt. 3. Noch ein paar Frauenmesser mit hohlen Häublein oder Stollen, auch ebenfalls gebogenen Ringeln und einem Stiel 1).
Von dem kleinlichen Geist der Eifersucht, welcher die Zünfte be- herrschte, erzählt folgendes Beispiel: In dem Dorfe Steinbach im Thüringerwald blühte das Messerschmiedegewerbe. Hans Hartmann war in der fünf Stunden von Steinbach entfernten Stadt Wasungen auf dem Büchsen- und Messermacherhandwerk Meister geworden und wollte um 1677 nach Steinbach übersiedeln. Da verlangten die Steinbacher, dass er abermals aufs Neue Meister bei ihnen werden und Probe bestehen sollte und sie trieben die Sache soweit, dass der Herzog zweimal schriftlich die Aufnahme befehlen musste, indem sie nur die Aufnahmegebühren zu beanspruchen hätten.
Über die weitere Entwickelung des Klingen- und Messerschmiede- handwerks in Solingen werden wir später berichten. Wir erwähnen hier nur, dass ein Peter Simmelpus oder Semmelmuss in Solingen im 17. Jahrhundert die unechte Damaszierung der Klingen erfunden haben soll.
Die Messerer in Nürnberg hielten im 17. Jahrhundert noch häufig Schönbartspiele, Aufzüge und Tänze, namentlich auch den Schwerttanz. Der am 3. Februar 1600 gehaltene Tanz und das Fechten auf erhobenen Schildern ist in Kupfer abgebildet in der Börnerschen Sammlung.
Neben dem Schwerttanz pflegten sie auch einen andern hochzeit- lichen Tanz zu halten, bei welchem Manns- und Weibspersonen in Seiden- und andern stattlichen Kleidungen geziert erschienen. Sie kleideten eine Meisterstochter als Kronbraut und zwei als krausse Tischjungfern gleich den Geschlechtern. Dabei ging es hoch her und die Zunft stürzte sich oft in Schulden 2).
1)Weigel, Abbildung der gemeinnützlichen Hauptstände etc. 1698, S. 367.
2) Näheres darüber siehe Siebenkäs, Materialien zur Nürnb. Geschichte. III, S. 197.
Die Zünfte im 17. Jahrhundert.
Arbeit zum Wiederverkauf einhandeln, ausgenommen Säbel- und Schwertklingen, welche nicht in der Stadt gefertigt wurden, und jeder muſste seine Arbeit mit einem besonderen Zeichen versehen. Im all- gemeinen galten im 17. Jahrhundert folgende Meisterstücke: 1. Ein paar Mannsmesser (so nannte man die Tischmesser) mit Schalen von Hirschgeweihen und mit eisernen sogenannten bayrischen Hauben be- schlagen. 2. Ein paar geblümelte Frauenmesser mit gebogenen Ringeln oder gezogenen hohlen Stollen und einem Stiel aufgenietet und befestigt. 3. Noch ein paar Frauenmesser mit hohlen Häublein oder Stollen, auch ebenfalls gebogenen Ringeln und einem Stiel 1).
Von dem kleinlichen Geist der Eifersucht, welcher die Zünfte be- herrschte, erzählt folgendes Beispiel: In dem Dorfe Steinbach im Thüringerwald blühte das Messerschmiedegewerbe. Hans Hartmann war in der fünf Stunden von Steinbach entfernten Stadt Wasungen auf dem Büchsen- und Messermacherhandwerk Meister geworden und wollte um 1677 nach Steinbach übersiedeln. Da verlangten die Steinbacher, daſs er abermals aufs Neue Meister bei ihnen werden und Probe bestehen sollte und sie trieben die Sache soweit, daſs der Herzog zweimal schriftlich die Aufnahme befehlen muſste, indem sie nur die Aufnahmegebühren zu beanspruchen hätten.
Über die weitere Entwickelung des Klingen- und Messerschmiede- handwerks in Solingen werden wir später berichten. Wir erwähnen hier nur, daſs ein Peter Simmelpus oder Semmelmuſs in Solingen im 17. Jahrhundert die unechte Damaszierung der Klingen erfunden haben soll.
Die Messerer in Nürnberg hielten im 17. Jahrhundert noch häufig Schönbartspiele, Aufzüge und Tänze, namentlich auch den Schwerttanz. Der am 3. Februar 1600 gehaltene Tanz und das Fechten auf erhobenen Schildern ist in Kupfer abgebildet in der Börnerschen Sammlung.
Neben dem Schwerttanz pflegten sie auch einen andern hochzeit- lichen Tanz zu halten, bei welchem Manns- und Weibspersonen in Seiden- und andern stattlichen Kleidungen geziert erschienen. Sie kleideten eine Meisterstochter als Kronbraut und zwei als krauſse Tischjungfern gleich den Geschlechtern. Dabei ging es hoch her und die Zunft stürzte sich oft in Schulden 2).
1)Weigel, Abbildung der gemeinnützlichen Hauptstände etc. 1698, S. 367.
2) Näheres darüber siehe Siebenkäs, Materialien zur Nürnb. Geschichte. III, S. 197.
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Die Zünfte im 17. Jahrhundert.
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Schwertklingen, welche nicht in der Stadt gefertigt wurden, und jeder
muſste seine Arbeit mit einem besonderen Zeichen versehen. Im all-
gemeinen galten im 17. Jahrhundert folgende Meisterstücke: 1. Ein
paar Mannsmesser (so nannte man die Tischmesser) mit Schalen von
Hirschgeweihen und mit eisernen sogenannten bayrischen Hauben be-
schlagen. 2. Ein paar geblümelte Frauenmesser mit gebogenen
Ringeln oder gezogenen hohlen Stollen und einem Stiel aufgenietet
und befestigt. 3. Noch ein paar Frauenmesser mit hohlen Häublein
oder Stollen, auch ebenfalls gebogenen Ringeln und einem Stiel 1).
Von dem kleinlichen Geist der Eifersucht, welcher die Zünfte be-
herrschte, erzählt folgendes Beispiel: In dem Dorfe Steinbach im
Thüringerwald blühte das Messerschmiedegewerbe. Hans Hartmann
war in der fünf Stunden von Steinbach entfernten Stadt Wasungen
auf dem Büchsen- und Messermacherhandwerk Meister geworden und
wollte um 1677 nach Steinbach übersiedeln. Da verlangten die
Steinbacher, daſs er abermals aufs Neue Meister bei ihnen werden
und Probe bestehen sollte und sie trieben die Sache soweit, daſs der
Herzog zweimal schriftlich die Aufnahme befehlen muſste, indem sie
nur die Aufnahmegebühren zu beanspruchen hätten.
Über die weitere Entwickelung des Klingen- und Messerschmiede-
handwerks in Solingen werden wir später berichten. Wir erwähnen
hier nur, daſs ein Peter Simmelpus oder Semmelmuſs in Solingen im
17. Jahrhundert die unechte Damaszierung der Klingen erfunden
haben soll.
Die Messerer in Nürnberg hielten im 17. Jahrhundert noch
häufig Schönbartspiele, Aufzüge und Tänze, namentlich auch den
Schwerttanz. Der am 3. Februar 1600 gehaltene Tanz und das
Fechten auf erhobenen Schildern ist in Kupfer abgebildet in der
Börnerschen Sammlung.
Neben dem Schwerttanz pflegten sie auch einen andern hochzeit-
lichen Tanz zu halten, bei welchem Manns- und Weibspersonen in
Seiden- und andern stattlichen Kleidungen geziert erschienen. Sie
kleideten eine Meisterstochter als Kronbraut und zwei als krauſse
Tischjungfern gleich den Geschlechtern. Dabei ging es hoch her und
die Zunft stürzte sich oft in Schulden 2).
1) Weigel, Abbildung der gemeinnützlichen Hauptstände etc. 1698, S. 367.
2) Näheres darüber siehe Siebenkäs, Materialien zur Nürnb. Geschichte.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1028. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1050>, abgerufen am 22.11.2024.
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