hunderts bekannt und in Anwendung waren, geht aus folgenden Stellen hervor. Der berühmte Jesuit Athanasius Kircher schreibt 1641 in seinem Buch de Magnete lib. I, p. I, cap. 3: Stahl wird auf zwei Arten erzeugt, durch die Natur oder durch Kunst; durch die Natur aus vollkommenen Magneterzen und je besser die Erze desto besser der Stahl, indem Stahl ja nichts anderes ist als höchst reines Eisen. Durch Kunst wird Stahl aus mancherlei Erzen und auf ver- schiedene Weise erzeugt: durch Schmelzung und Reinigung . . . . Andere machen das Eisen ganz hart und verwandeln es in Stahl in der Weise: Rinderhufe oder Hirschgeweihe werden gepulvert und verkohlt. In diese Substanz wird das Eisen eingelegt und stundenlang in der stärksten Hitze geglüht, alsdann in kaltem Wasser gelöscht, so ist es Stahl.
Christoph Glasers chemischer Wegweiser (S. 166) lehrt: "Man reinigt das Eisen, damit es zu Stahl werde, mit Hörnern und Klauen der Tiere, welche man klein schneidet oder zu grobem Pulver machet und vermischet es mit Kohlen von leichtem Holze, als von Weiden oder Linden, die zu Pulver gestossen werden: damit cementirt man eiserne Stangen in einem mit Fleiss dazu gebauten Ofen. Weil nun die Hörner und Klauen der Tiere viel flüchtig Salz in sich haben, also durchdringet dasselbe mit Hülfe des Feuers das Wesen des Eisens und machet es zu Stahl 1)."
Dass hierauf aber schon viel früher in Piemont eine bedeutende Industrie mit grossem Ausfuhrhandel sich gründete, erfahren wir aus Jousse, Schlosserkunst von 1627. Er führt die verschiedenen Stahl- sorten auf, welche in Frankreich eingeführt werden, nämlich deutschen, piemontesischen und spanischen und schreibt 2): Von Piemont kommen zwei Sorten Stahl: ein künstlicher und ein natürlicher aus guten Erzen. Den künstlichen macht man aus schmalen Stücken weichen Eisens, die man in Holzkohlenpulver einsetzt und Lage auf Lage in einem grossen Tiegel oder einem Topf schichtet, der imstande ist, das Feuer auszuhalten. Er muss einen gutschliessenden Deckel haben, dass kein Staub entweicht. Diesen Topf setzt man in einen Ofen,
1)Lemery schrieb in seinem Cours de Chymie 1675: Le fer est un metal fort poreux, compose de sel vitriolique, de soulfre et de terre mal liez et digerez ensemble. On le reduit en acier par le moyen des cornes et des ongles d'animaux avec lesquelles on le stratifie et ensuite on le calcine; ces matieres convenant beaucoup de sel volatile, qui est alcali, tuent les acides de fer, qui tenaient ses pores ouverts et le rendent plus compacte.
2) Mathurin Jousse de la Fleche, la fidelle ouverture de l'art de serrurier etc. La Fleche 1627 p. 142, und Felibien, Princ. de l'architect. p. 194.
Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert.
hunderts bekannt und in Anwendung waren, geht aus folgenden Stellen hervor. Der berühmte Jesuit Athanasius Kircher schreibt 1641 in seinem Buch de Magnete lib. I, p. I, cap. 3: Stahl wird auf zwei Arten erzeugt, durch die Natur oder durch Kunst; durch die Natur aus vollkommenen Magneterzen und je besser die Erze desto besser der Stahl, indem Stahl ja nichts anderes ist als höchst reines Eisen. Durch Kunst wird Stahl aus mancherlei Erzen und auf ver- schiedene Weise erzeugt: durch Schmelzung und Reinigung . . . . Andere machen das Eisen ganz hart und verwandeln es in Stahl in der Weise: Rinderhufe oder Hirschgeweihe werden gepulvert und verkohlt. In diese Substanz wird das Eisen eingelegt und stundenlang in der stärksten Hitze geglüht, alsdann in kaltem Wasser gelöscht, so ist es Stahl.
Christoph Glasers chemischer Wegweiser (S. 166) lehrt: „Man reinigt das Eisen, damit es zu Stahl werde, mit Hörnern und Klauen der Tiere, welche man klein schneidet oder zu grobem Pulver machet und vermischet es mit Kohlen von leichtem Holze, als von Weiden oder Linden, die zu Pulver gestoſsen werden: damit cementirt man eiserne Stangen in einem mit Fleiſs dazu gebauten Ofen. Weil nun die Hörner und Klauen der Tiere viel flüchtig Salz in sich haben, also durchdringet dasselbe mit Hülfe des Feuers das Wesen des Eisens und machet es zu Stahl 1).“
Daſs hierauf aber schon viel früher in Piemont eine bedeutende Industrie mit groſsem Ausfuhrhandel sich gründete, erfahren wir aus Jousse, Schlosserkunst von 1627. Er führt die verschiedenen Stahl- sorten auf, welche in Frankreich eingeführt werden, nämlich deutschen, piemontesischen und spanischen und schreibt 2): Von Piemont kommen zwei Sorten Stahl: ein künstlicher und ein natürlicher aus guten Erzen. Den künstlichen macht man aus schmalen Stücken weichen Eisens, die man in Holzkohlenpulver einsetzt und Lage auf Lage in einem groſsen Tiegel oder einem Topf schichtet, der imstande ist, das Feuer auszuhalten. Er muſs einen gutschlieſsenden Deckel haben, daſs kein Staub entweicht. Diesen Topf setzt man in einen Ofen,
1)Lemery schrieb in seinem Cours de Chymie 1675: Le fer est un métal fort poreux, composé de sel vitriolique, de soulfre et de terre mal liez et digerez ensemble. On le reduit en acier par le moyen des cornes et des ongles d’animaux avec lesquelles on le stratifie et ensuite on le calcine; ces matières convenant beaucoup de sel volatile, qui est alcali, tuent les acides de fer, qui tenaient ses pores ouverts et le rendent plus compacte.
2) Mathurin Jousse de la Flêche, la fidelle ouverture de l’art de serrurier etc. La Flêche 1627 p. 142, und Felibien, Princ. de l’architect. p. 194.
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Die Stahlfabrikation im 17. Jahrhundert.
hunderts bekannt und in Anwendung waren, geht aus folgenden
Stellen hervor. Der berühmte Jesuit Athanasius Kircher schreibt
1641 in seinem Buch de Magnete lib. I, p. I, cap. 3: Stahl wird auf
zwei Arten erzeugt, durch die Natur oder durch Kunst; durch die
Natur aus vollkommenen Magneterzen und je besser die Erze desto
besser der Stahl, indem Stahl ja nichts anderes ist als höchst reines
Eisen. Durch Kunst wird Stahl aus mancherlei Erzen und auf ver-
schiedene Weise erzeugt: durch Schmelzung und Reinigung . . . .
Andere machen das Eisen ganz hart und verwandeln es in Stahl
in der Weise: Rinderhufe oder Hirschgeweihe werden gepulvert und
verkohlt. In diese Substanz wird das Eisen eingelegt und stundenlang
in der stärksten Hitze geglüht, alsdann in kaltem Wasser gelöscht,
so ist es Stahl.
Christoph Glasers chemischer Wegweiser (S. 166) lehrt: „Man
reinigt das Eisen, damit es zu Stahl werde, mit Hörnern und Klauen
der Tiere, welche man klein schneidet oder zu grobem Pulver machet
und vermischet es mit Kohlen von leichtem Holze, als von Weiden
oder Linden, die zu Pulver gestoſsen werden: damit cementirt
man eiserne Stangen in einem mit Fleiſs dazu gebauten
Ofen. Weil nun die Hörner und Klauen der Tiere viel flüchtig Salz
in sich haben, also durchdringet dasselbe mit Hülfe des Feuers das
Wesen des Eisens und machet es zu Stahl 1).“
Daſs hierauf aber schon viel früher in Piemont eine bedeutende
Industrie mit groſsem Ausfuhrhandel sich gründete, erfahren wir aus
Jousse, Schlosserkunst von 1627. Er führt die verschiedenen Stahl-
sorten auf, welche in Frankreich eingeführt werden, nämlich deutschen,
piemontesischen und spanischen und schreibt 2): Von Piemont kommen
zwei Sorten Stahl: ein künstlicher und ein natürlicher aus guten
Erzen. Den künstlichen macht man aus schmalen Stücken weichen
Eisens, die man in Holzkohlenpulver einsetzt und Lage auf Lage in
einem groſsen Tiegel oder einem Topf schichtet, der imstande ist, das
Feuer auszuhalten. Er muſs einen gutschlieſsenden Deckel haben,
daſs kein Staub entweicht. Diesen Topf setzt man in einen Ofen,
1) Lemery schrieb in seinem Cours de Chymie 1675: Le fer est un métal
fort poreux, composé de sel vitriolique, de soulfre et de terre mal liez et digerez
ensemble. On le reduit en acier par le moyen des cornes et des ongles d’animaux
avec lesquelles on le stratifie et ensuite on le calcine; ces matières convenant
beaucoup de sel volatile, qui est alcali, tuent les acides de fer, qui tenaient ses
pores ouverts et le rendent plus compacte.
2) Mathurin Jousse de la Flêche, la fidelle ouverture de l’art de serrurier etc.
La Flêche 1627 p. 142, und Felibien, Princ. de l’architect. p. 194.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1012. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1034>, abgerufen am 22.11.2024.
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