erfindungsreicher Mechanikus seine Hammer- und Stosswerke so vor- teilhaft ein, dass er ein Stück Eisen von 40 bis 50 Ztr. leicht heben. schmieden, abdrehen und bohren konnte. Kurz zu sagen: er machte aus Stahl und Eisen, was man von ihm verlangte, so gross es auch sein möchte, mit aller Schicklichkeit, und erlangte dadurch vielen Ruhm." Memmendörfer starb im Jahre 1724. Er war der erste, der Stahl zu schmelzen und in Formen zu giessen verstand und kann deshalb wohl als der Erfinder des Stahlgusses bezeichnet werden, doch ging damals die Kunst mit ihm verloren.
[Abbildung]
Fig. 223.
In Frankreich blühte die Schlosserkunst unter der glänzenden Herrschaft Lud- wigs XIV. Dass aber schon vor dieser Zeit das Schlosser- gewerbe in Frankreich auf einer hohen Stufe stand, beweist das Buch über Schlosserei von Mathurin Jousse de la Fleche, von dessen Inhalt wir schon oben (S. 918) Mitteilung gemacht haben. Jousse war selbst Schlosser, der, wie er schreibt, viele Jahre hindurch mit Eifer und Fleiss seine Kunst betrieben hatte, und sein Buch be- stätigt dies; er war aber nicht minder gewandt mit der Fe- der wie mit der Feile, und diesem seltenen und glücklichen Zusammentreffen verdanken wir das vortreffliche Werk. Dass er auch in der Treib- und Schneidekunst Vor- zügliches leistete, beweisen die zahlreichen Zeichnungen von kunstvoll verzierten Schlüsseln und Schlössern, die er seinen Beschreibungen als Musterblätter beigefügt hat. Er hat Abbildungen einer grossen Anzahl von Kunstschlössern geliefert und man nimmt wohl mit Recht an, dass er auch der Erfinder des französischen Schlosses, welches eine Ver- breitung ähnlich wie das französische Flintenschloss erlangte, ge- wesen ist. Sein mechanisches Geschick und seine Erfindungsgabe er- weist er auch an der Fensterbleiwalze, dem Fahrstuhl zum Lenken
Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert.
erfindungsreicher Mechanikus seine Hammer- und Stoſswerke so vor- teilhaft ein, daſs er ein Stück Eisen von 40 bis 50 Ztr. leicht heben. schmieden, abdrehen und bohren konnte. Kurz zu sagen: er machte aus Stahl und Eisen, was man von ihm verlangte, so groſs es auch sein möchte, mit aller Schicklichkeit, und erlangte dadurch vielen Ruhm.“ Memmendörfer starb im Jahre 1724. Er war der erste, der Stahl zu schmelzen und in Formen zu gieſsen verstand und kann deshalb wohl als der Erfinder des Stahlgusses bezeichnet werden, doch ging damals die Kunst mit ihm verloren.
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Fig. 223.
In Frankreich blühte die Schlosserkunst unter der glänzenden Herrschaft Lud- wigs XIV. Daſs aber schon vor dieser Zeit das Schlosser- gewerbe in Frankreich auf einer hohen Stufe stand, beweist das Buch über Schlosserei von Mathurin Jousse de la Flêche, von dessen Inhalt wir schon oben (S. 918) Mitteilung gemacht haben. Jousse war selbst Schlosser, der, wie er schreibt, viele Jahre hindurch mit Eifer und Fleiſs seine Kunst betrieben hatte, und sein Buch be- stätigt dies; er war aber nicht minder gewandt mit der Fe- der wie mit der Feile, und diesem seltenen und glücklichen Zusammentreffen verdanken wir das vortreffliche Werk. Daſs er auch in der Treib- und Schneidekunst Vor- zügliches leistete, beweisen die zahlreichen Zeichnungen von kunstvoll verzierten Schlüsseln und Schlössern, die er seinen Beschreibungen als Musterblätter beigefügt hat. Er hat Abbildungen einer groſsen Anzahl von Kunstschlössern geliefert und man nimmt wohl mit Recht an, daſs er auch der Erfinder des französischen Schlosses, welches eine Ver- breitung ähnlich wie das französische Flintenschloſs erlangte, ge- wesen ist. Sein mechanisches Geschick und seine Erfindungsgabe er- weist er auch an der Fensterbleiwalze, dem Fahrstuhl zum Lenken
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Die Kunstschmiederei im 17. Jahrhundert.
erfindungsreicher Mechanikus seine Hammer- und Stoſswerke so vor-
teilhaft ein, daſs er ein Stück Eisen von 40 bis 50 Ztr. leicht heben.
schmieden, abdrehen und bohren konnte. Kurz zu sagen: er machte
aus Stahl und Eisen, was man von ihm verlangte, so groſs es auch
sein möchte, mit aller Schicklichkeit, und erlangte dadurch vielen
Ruhm.“ Memmendörfer starb im Jahre 1724. Er war der erste,
der Stahl zu schmelzen und in Formen zu gieſsen verstand und kann
deshalb wohl als der Erfinder des Stahlgusses bezeichnet
werden, doch ging damals die Kunst mit ihm verloren.
[Abbildung Fig. 223.]
In Frankreich blühte die
Schlosserkunst unter der
glänzenden Herrschaft Lud-
wigs XIV. Daſs aber schon
vor dieser Zeit das Schlosser-
gewerbe in Frankreich auf
einer hohen Stufe stand,
beweist das Buch über
Schlosserei von Mathurin
Jousse de la Flêche,
von dessen Inhalt wir schon
oben (S. 918) Mitteilung
gemacht haben. Jousse
war selbst Schlosser, der,
wie er schreibt, viele Jahre
hindurch mit Eifer und
Fleiſs seine Kunst betrieben
hatte, und sein Buch be-
stätigt dies; er war aber nicht
minder gewandt mit der Fe-
der wie mit der Feile, und
diesem seltenen und glücklichen Zusammentreffen verdanken wir das
vortreffliche Werk. Daſs er auch in der Treib- und Schneidekunst Vor-
zügliches leistete, beweisen die zahlreichen Zeichnungen von kunstvoll
verzierten Schlüsseln und Schlössern, die er seinen Beschreibungen als
Musterblätter beigefügt hat. Er hat Abbildungen einer groſsen Anzahl
von Kunstschlössern geliefert und man nimmt wohl mit Recht an, daſs
er auch der Erfinder des französischen Schlosses, welches eine Ver-
breitung ähnlich wie das französische Flintenschloſs erlangte, ge-
wesen ist. Sein mechanisches Geschick und seine Erfindungsgabe er-
weist er auch an der Fensterbleiwalze, dem Fahrstuhl zum Lenken
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 1004. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1026>, abgerufen am 23.11.2024.
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