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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert.
brennen. Die Unreinigkeiten, welche in die Höhe stiegen, wurden
mit einem Schaumlöffel abgenommen und der Abschaum, welcher
noch Zinnkörner enthielt, in ein besonderes Gefäss gebracht. Dies
hiess das Aufziehen oder Abschäumen. Wenn alles zu verzinnende
Dünneisen eingebrannt war, wurde das Einhaltblech in die Pfanne
gesetzt und in den dadurch abgesonderten Raum ein ganzer Satz von
den eingebrannten Blechen, ebenfalls auf der hohen Kante, gebracht,
welche, nachdem sie gehörig aufgezogen und abgeschäumt waren, eins
nach dem andern herausgezogen wurden. Diese Arbeit nannte man
das Abbrennen oder Einschlagen. Die herausgenommenen Bleche
wurden auf einen rostförmigen Rahmen -- Schragen -- gesetzt, damit
das Zinn ablief, doch durften sie sich nicht berühren. Alsdann wur-
den diese Bleche einzeln nochmals in die kleine Abteilung getaucht
und rasch wieder herausgenommen "durchgeführt" und auf einen
zweiten Schragen gestellt; nun wurden dieselben untersucht, ob sie
keine schwarzen, unverzinnten Stellen mehr hatten. Diese Stellen
wurden abgekratzt und die fehlerhaften Bleche nochmals durchgeführt.
Die verzinnten Bleche kamen in den Schwarzwischkasten, worin sie
mit Sägespänen und alten Lumpen abgewischt wurden, um den Talg
von der Oberfläche wegzuschaffen.

Da die Bleche beim Ablaufen des Zinnes an dem unteren Ende
eine Tropfkante erhielten, so musste diese weggeschafft werden. Dies
geschah zuweilen auf einer erhitzten Platte, meist aber in einer be-
sondern Abwaschpfanne, welche die Gestalt einer abgestumpften
Pyramide hatte. In derselben befand sich etwas flüssiges Zinn, in
welches das Blech mit der Tropfkante eingetaucht und sogleich wieder
herausgenommen und mit Moos abgewischt wurde, wodurch der Rand
oder Abwerfsaum der Bleche entstand. Nach dem Abwerfen kamen
die Bleche in einen Trockenofen und von da zum Weisswischkasten,
worin sie mit einem Gemenge von sehr feiner Kreide und Kleie mit
Werg abgewischt wurden, damit sie eine reine und glänzende Ober-
fläche erhielten. Dann wurden die Bleche noch einmal "überfahren",
d. h. mit Lumpen der Staub abgewischt und bundweise auf dem
Klopfstock mit einem Holzschlägel abgeklopft, wobei alle Beulen aus-
geglichen wurden. Die Bleche wurden nun sortiert und verpackt.
In Deutschland pflegte man sie zusammengebogen in Fässer zu ver-
packen, und zwar von den Mittelblechen 450, von den dünnsten, so-
genannten Senklerblechen 600 in ein Fass. Die Dimensionen der
Bleche waren in verschiedenen Ländern verschieden, in Sachsen etwa
38 x 22 cm. Nach der Stärke unterschied man Doppelt- und Einfach-

Die Weiſsblechfabrikation im 17. Jahrhundert.
brennen. Die Unreinigkeiten, welche in die Höhe stiegen, wurden
mit einem Schaumlöffel abgenommen und der Abschaum, welcher
noch Zinnkörner enthielt, in ein besonderes Gefäſs gebracht. Dies
hieſs das Aufziehen oder Abschäumen. Wenn alles zu verzinnende
Dünneisen eingebrannt war, wurde das Einhaltblech in die Pfanne
gesetzt und in den dadurch abgesonderten Raum ein ganzer Satz von
den eingebrannten Blechen, ebenfalls auf der hohen Kante, gebracht,
welche, nachdem sie gehörig aufgezogen und abgeschäumt waren, eins
nach dem andern herausgezogen wurden. Diese Arbeit nannte man
das Abbrennen oder Einschlagen. Die herausgenommenen Bleche
wurden auf einen rostförmigen Rahmen — Schragen — gesetzt, damit
das Zinn ablief, doch durften sie sich nicht berühren. Alsdann wur-
den diese Bleche einzeln nochmals in die kleine Abteilung getaucht
und rasch wieder herausgenommen „durchgeführt“ und auf einen
zweiten Schragen gestellt; nun wurden dieselben untersucht, ob sie
keine schwarzen, unverzinnten Stellen mehr hatten. Diese Stellen
wurden abgekratzt und die fehlerhaften Bleche nochmals durchgeführt.
Die verzinnten Bleche kamen in den Schwarzwischkasten, worin sie
mit Sägespänen und alten Lumpen abgewischt wurden, um den Talg
von der Oberfläche wegzuschaffen.

Da die Bleche beim Ablaufen des Zinnes an dem unteren Ende
eine Tropfkante erhielten, so muſste diese weggeschafft werden. Dies
geschah zuweilen auf einer erhitzten Platte, meist aber in einer be-
sondern Abwaschpfanne, welche die Gestalt einer abgestumpften
Pyramide hatte. In derselben befand sich etwas flüssiges Zinn, in
welches das Blech mit der Tropfkante eingetaucht und sogleich wieder
herausgenommen und mit Moos abgewischt wurde, wodurch der Rand
oder Abwerfsaum der Bleche entstand. Nach dem Abwerfen kamen
die Bleche in einen Trockenofen und von da zum Weiſswischkasten,
worin sie mit einem Gemenge von sehr feiner Kreide und Kleie mit
Werg abgewischt wurden, damit sie eine reine und glänzende Ober-
fläche erhielten. Dann wurden die Bleche noch einmal „überfahren“,
d. h. mit Lumpen der Staub abgewischt und bundweise auf dem
Klopfstock mit einem Holzschlägel abgeklopft, wobei alle Beulen aus-
geglichen wurden. Die Bleche wurden nun sortiert und verpackt.
In Deutschland pflegte man sie zusammengebogen in Fässer zu ver-
packen, und zwar von den Mittelblechen 450, von den dünnsten, so-
genannten Senklerblechen 600 in ein Faſs. Die Dimensionen der
Bleche waren in verschiedenen Ländern verschieden, in Sachsen etwa
38 × 22 cm. Nach der Stärke unterschied man Doppelt- und Einfach-

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[984/1006] Die Weiſsblechfabrikation im 17. Jahrhundert. brennen. Die Unreinigkeiten, welche in die Höhe stiegen, wurden mit einem Schaumlöffel abgenommen und der Abschaum, welcher noch Zinnkörner enthielt, in ein besonderes Gefäſs gebracht. Dies hieſs das Aufziehen oder Abschäumen. Wenn alles zu verzinnende Dünneisen eingebrannt war, wurde das Einhaltblech in die Pfanne gesetzt und in den dadurch abgesonderten Raum ein ganzer Satz von den eingebrannten Blechen, ebenfalls auf der hohen Kante, gebracht, welche, nachdem sie gehörig aufgezogen und abgeschäumt waren, eins nach dem andern herausgezogen wurden. Diese Arbeit nannte man das Abbrennen oder Einschlagen. Die herausgenommenen Bleche wurden auf einen rostförmigen Rahmen — Schragen — gesetzt, damit das Zinn ablief, doch durften sie sich nicht berühren. Alsdann wur- den diese Bleche einzeln nochmals in die kleine Abteilung getaucht und rasch wieder herausgenommen „durchgeführt“ und auf einen zweiten Schragen gestellt; nun wurden dieselben untersucht, ob sie keine schwarzen, unverzinnten Stellen mehr hatten. Diese Stellen wurden abgekratzt und die fehlerhaften Bleche nochmals durchgeführt. Die verzinnten Bleche kamen in den Schwarzwischkasten, worin sie mit Sägespänen und alten Lumpen abgewischt wurden, um den Talg von der Oberfläche wegzuschaffen. Da die Bleche beim Ablaufen des Zinnes an dem unteren Ende eine Tropfkante erhielten, so muſste diese weggeschafft werden. Dies geschah zuweilen auf einer erhitzten Platte, meist aber in einer be- sondern Abwaschpfanne, welche die Gestalt einer abgestumpften Pyramide hatte. In derselben befand sich etwas flüssiges Zinn, in welches das Blech mit der Tropfkante eingetaucht und sogleich wieder herausgenommen und mit Moos abgewischt wurde, wodurch der Rand oder Abwerfsaum der Bleche entstand. Nach dem Abwerfen kamen die Bleche in einen Trockenofen und von da zum Weiſswischkasten, worin sie mit einem Gemenge von sehr feiner Kreide und Kleie mit Werg abgewischt wurden, damit sie eine reine und glänzende Ober- fläche erhielten. Dann wurden die Bleche noch einmal „überfahren“, d. h. mit Lumpen der Staub abgewischt und bundweise auf dem Klopfstock mit einem Holzschlägel abgeklopft, wobei alle Beulen aus- geglichen wurden. Die Bleche wurden nun sortiert und verpackt. In Deutschland pflegte man sie zusammengebogen in Fässer zu ver- packen, und zwar von den Mittelblechen 450, von den dünnsten, so- genannten Senklerblechen 600 in ein Faſs. Die Dimensionen der Bleche waren in verschiedenen Ländern verschieden, in Sachsen etwa 38 × 22 cm. Nach der Stärke unterschied man Doppelt- und Einfach-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 984. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1006>, abgerufen am 03.07.2024.