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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895.

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Die Weissblechfabrikation im 17. Jahrhundert.
gelegt. Nun begann das Blechschmieden damit, dass die gewärmten
Zaine am vorderen Ende etwas ausgebreitet und sodann mit dem
Setzeisen ein Kölbchen von bestimmter Länge abgehauen wurde.
Dieses wurde sofort wieder in dem Herde gewärmt und an dem schon
etwas ausgebreiteten Ende zu einer Breite von etwa 9 cm ausge-
schmiedet. Zwei Arbeiter wechselten beim Schmieden ununterbrochen
miteinander ab, während ein dritter das Wärmen der Zaine und
Kölbchen besorgte, bis das übliche Quantum von 360 oder 400 solcher
Urwellstürzen fertig war. Alsdann begann wieder das Einschmelzen
der Abschnitzel.

Die fertigen Urwellstürzen wurden von zwei andern Schmieden
und einem Gehilfen in der folgenden Schicht auch an dem andern
noch nicht gebreiteten Ende zu der gleichen Breite ausgereckt, auf
einem Handamboss zur Hälfte umgebogen, mit einem Handhammer
zusammengeschlagen und als fertige Stürze weggelegt. Diese Arbeit
hiess das Richtheissen. Waren alle Stürze gerichtheisst, so wurden
sie paarweise zusammengelegt und zuerst mit dem Saumende zum
Wärmen eingehalten. Ein Arbeiter fasste ein Paar der gewärmten
Stürze vorn mit der Zange und streckte sie unter dem Urwellhammer
beim Saumende zu einer Breite von 15 bis 18 cm aus, brachte sie
dann wieder ins Feuer, indem er sie mit dem noch nicht gebreiteten
Vorderende einhielt. Ein zweiter Arbeiter fasste nun ein Paar der
zur Hälfte gebreiteten Stürzen beim Saumende mit der Zange und
breitete auch das Vorderende, so dass die Stürzen eine Länge von
0,30 bis 0,33 m, und eine Breite von 0,15 bis 0,18 m erhielten. Diese
Arbeit hiess das Gleichen. Der Gehilfe hatte dafür zu sorgen, dass
immer eine gehörige Menge an gerichtheissten Stürzen am Herde be-
findlich waren, damit bei der Arbeit kein Verzug entstand, auch
musste er die schon gerichteten Stürzen sortieren, auseinanderlegen
und in Hahnebrei (mit Wasser dünn angerührter Thon, in den
Kreide oder Kohlenstaub gemischt ist) eintauchen, damit sie nicht
aneinander schweissten, und 50 solcher Stürze, welche eine Zange
genannt wurden, zusammenlegen. Vier Zangen machten gewöhnlich
eine Zeche. Während des Anwärmens der Zeche wurde der Urwell-
hammer aus dem Gerüst genommen, der Breithammer eingelegt und
nun zum Schmieden geschritten.

Das Wärmen einer Zeche geschah auf einem Paar horizontal über
den Herd gelegten Stangen, auf welche die Zeche so gestellt wurde,
dass die Stürze mit der langen Kante auf den Stangen ruhten, worauf
hinter der zu wärmenden Zeche eine eiserne Stange senkrecht auf-

Die Weiſsblechfabrikation im 17. Jahrhundert.
gelegt. Nun begann das Blechschmieden damit, daſs die gewärmten
Zaine am vorderen Ende etwas ausgebreitet und sodann mit dem
Setzeisen ein Kölbchen von bestimmter Länge abgehauen wurde.
Dieses wurde sofort wieder in dem Herde gewärmt und an dem schon
etwas ausgebreiteten Ende zu einer Breite von etwa 9 cm ausge-
schmiedet. Zwei Arbeiter wechselten beim Schmieden ununterbrochen
miteinander ab, während ein dritter das Wärmen der Zaine und
Kölbchen besorgte, bis das übliche Quantum von 360 oder 400 solcher
Urwellstürzen fertig war. Alsdann begann wieder das Einschmelzen
der Abschnitzel.

Die fertigen Urwellstürzen wurden von zwei andern Schmieden
und einem Gehilfen in der folgenden Schicht auch an dem andern
noch nicht gebreiteten Ende zu der gleichen Breite ausgereckt, auf
einem Handamboſs zur Hälfte umgebogen, mit einem Handhammer
zusammengeschlagen und als fertige Stürze weggelegt. Diese Arbeit
hieſs das Richtheiſsen. Waren alle Stürze gerichtheiſst, so wurden
sie paarweise zusammengelegt und zuerst mit dem Saumende zum
Wärmen eingehalten. Ein Arbeiter faſste ein Paar der gewärmten
Stürze vorn mit der Zange und streckte sie unter dem Urwellhammer
beim Saumende zu einer Breite von 15 bis 18 cm aus, brachte sie
dann wieder ins Feuer, indem er sie mit dem noch nicht gebreiteten
Vorderende einhielt. Ein zweiter Arbeiter faſste nun ein Paar der
zur Hälfte gebreiteten Stürzen beim Saumende mit der Zange und
breitete auch das Vorderende, so daſs die Stürzen eine Länge von
0,30 bis 0,33 m, und eine Breite von 0,15 bis 0,18 m erhielten. Diese
Arbeit hieſs das Gleichen. Der Gehilfe hatte dafür zu sorgen, daſs
immer eine gehörige Menge an gerichtheissten Stürzen am Herde be-
findlich waren, damit bei der Arbeit kein Verzug entstand, auch
muſste er die schon gerichteten Stürzen sortieren, auseinanderlegen
und in Hahnebrei (mit Wasser dünn angerührter Thon, in den
Kreide oder Kohlenstaub gemischt ist) eintauchen, damit sie nicht
aneinander schweiſsten, und 50 solcher Stürze, welche eine Zange
genannt wurden, zusammenlegen. Vier Zangen machten gewöhnlich
eine Zeche. Während des Anwärmens der Zeche wurde der Urwell-
hammer aus dem Gerüst genommen, der Breithammer eingelegt und
nun zum Schmieden geschritten.

Das Wärmen einer Zeche geschah auf einem Paar horizontal über
den Herd gelegten Stangen, auf welche die Zeche so gestellt wurde,
daſs die Stürze mit der langen Kante auf den Stangen ruhten, worauf
hinter der zu wärmenden Zeche eine eiserne Stange senkrecht auf-

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[981/1003] Die Weiſsblechfabrikation im 17. Jahrhundert. gelegt. Nun begann das Blechschmieden damit, daſs die gewärmten Zaine am vorderen Ende etwas ausgebreitet und sodann mit dem Setzeisen ein Kölbchen von bestimmter Länge abgehauen wurde. Dieses wurde sofort wieder in dem Herde gewärmt und an dem schon etwas ausgebreiteten Ende zu einer Breite von etwa 9 cm ausge- schmiedet. Zwei Arbeiter wechselten beim Schmieden ununterbrochen miteinander ab, während ein dritter das Wärmen der Zaine und Kölbchen besorgte, bis das übliche Quantum von 360 oder 400 solcher Urwellstürzen fertig war. Alsdann begann wieder das Einschmelzen der Abschnitzel. Die fertigen Urwellstürzen wurden von zwei andern Schmieden und einem Gehilfen in der folgenden Schicht auch an dem andern noch nicht gebreiteten Ende zu der gleichen Breite ausgereckt, auf einem Handamboſs zur Hälfte umgebogen, mit einem Handhammer zusammengeschlagen und als fertige Stürze weggelegt. Diese Arbeit hieſs das Richtheiſsen. Waren alle Stürze gerichtheiſst, so wurden sie paarweise zusammengelegt und zuerst mit dem Saumende zum Wärmen eingehalten. Ein Arbeiter faſste ein Paar der gewärmten Stürze vorn mit der Zange und streckte sie unter dem Urwellhammer beim Saumende zu einer Breite von 15 bis 18 cm aus, brachte sie dann wieder ins Feuer, indem er sie mit dem noch nicht gebreiteten Vorderende einhielt. Ein zweiter Arbeiter faſste nun ein Paar der zur Hälfte gebreiteten Stürzen beim Saumende mit der Zange und breitete auch das Vorderende, so daſs die Stürzen eine Länge von 0,30 bis 0,33 m, und eine Breite von 0,15 bis 0,18 m erhielten. Diese Arbeit hieſs das Gleichen. Der Gehilfe hatte dafür zu sorgen, daſs immer eine gehörige Menge an gerichtheissten Stürzen am Herde be- findlich waren, damit bei der Arbeit kein Verzug entstand, auch muſste er die schon gerichteten Stürzen sortieren, auseinanderlegen und in Hahnebrei (mit Wasser dünn angerührter Thon, in den Kreide oder Kohlenstaub gemischt ist) eintauchen, damit sie nicht aneinander schweiſsten, und 50 solcher Stürze, welche eine Zange genannt wurden, zusammenlegen. Vier Zangen machten gewöhnlich eine Zeche. Während des Anwärmens der Zeche wurde der Urwell- hammer aus dem Gerüst genommen, der Breithammer eingelegt und nun zum Schmieden geschritten. Das Wärmen einer Zeche geschah auf einem Paar horizontal über den Herd gelegten Stangen, auf welche die Zeche so gestellt wurde, daſs die Stürze mit der langen Kante auf den Stangen ruhten, worauf hinter der zu wärmenden Zeche eine eiserne Stange senkrecht auf-

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 2: Das XVI. und XVII. Jahrhundert. Braunschweig, 1895, S. 981. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen02_1895/1003>, abgerufen am 22.11.2024.