Gefahr ausgesetzt waren, für ihr Halbfabrikat keinen angemessenen Preis zu erhalten, so lag es ihnen nah, dieselben als "schwarze Klingen" zu verkaufen; dadurch hätten aber die folgenden Arbeiter ihr Ver- dienst eingebüsst und es wurde ihnen verboten, ein Schwert unbereitet ausser Landes gehen zu lassen. Um eine Gleichmässigkeit in dem Einkommen der Schmiede herzustellen, wurde das Maximum der täg- lichen Produktion festgesetzt: ein Schwertschmied durfte nicht mehr als vier Schwerter, ein Messerschmied zehn Stechmesser, ein Baseler- schmied acht und ein Kordinschmied zehn Stück und zwar richtig und gut schmieden.
Der Hauptvertriebsplatz für die Solinger Klingen war Köln. Diese wichtigste Hansestadt am Rhein hatte den Eisenexporthandel nach dem Westen, besonders nach den Niederlanden und England in der Hand.
Die gesteigerte Nachfrage nach Schwertern und der Aufschwung der Fabrikation entwickelten auch den Handel. Die wichtigsten Reisen waren im 16. Jahrhundert die zu den vier Hauptmärkten nach Ant- werpen. Nun kamen aber auch in der Zwischenzeit Boten dortiger Kaufleute mit unsoliden Aufträgen. Die Annahme derselben wurde durch den Sechsmannsbrief vom 26. April 1570 verboten; bei 14 Gold- gulden Strafe durften ferner ausser zu jenen Märkten keine Schwerter mehr nach Antwerpen geschickt werden, nur wenn die Kaufleute selbst kämen, sollte ihnen verkauft werden dürfen, aber auch dann musste es vorher den Sechsmännern angezeigt werden. Wenn die Solinger Kaufleute von den Brabanter Märkten heimkehrten, so beriefen die Sechsmänner jedesmal eine Versammlung, auf welcher jedes Handwerk durch seinen Voigt seine Notdurft vortragen lassen durfte. Um die äussere Ord- nung aufrecht zu erhalten, sollte niemand ohne Erlaubnis reden, anderseits durfte kein Handwerksvoigt irgend einen Bruder übersehen oder verschweigen, er sei wer er wolle. Um den Brüdern einen ent- sprechenden Preis für ihre Fabrikate zu sichern, wurde weitergehend bestimmt, dass wenn der Voigt ihres Handwerkes nicht im stande wäre, ihnen einen solchen zu vermitteln, dieser die Schwerter dem Voigt der anderen bezw. der dritten Zunft präsentieren sollte; gelänge es auch diesen nicht, so durften die Brüder verkaufen wohin sie wollten. Bisher waren die Kaufleute zugleich auch Handwerksmeister gewesen, die, wenn sie von den Märkten heimkehrten, die gewohnte Arbeit des Reidens und Schwertfegens wieder aufnahmen; sie waren Mitglieder der Zünfte, wie alle übrigen, wenn auch wohlhabendere und ange- sehenere und unterlagen den gleichen Bestimmungen. In dem Masse
Schwertschmiede.
Gefahr ausgesetzt waren, für ihr Halbfabrikat keinen angemessenen Preis zu erhalten, so lag es ihnen nah, dieselben als „schwarze Klingen“ zu verkaufen; dadurch hätten aber die folgenden Arbeiter ihr Ver- dienst eingebüſst und es wurde ihnen verboten, ein Schwert unbereitet auſser Landes gehen zu lassen. Um eine Gleichmäſsigkeit in dem Einkommen der Schmiede herzustellen, wurde das Maximum der täg- lichen Produktion festgesetzt: ein Schwertschmied durfte nicht mehr als vier Schwerter, ein Messerschmied zehn Stechmesser, ein Baseler- schmied acht und ein Kordinschmied zehn Stück und zwar richtig und gut schmieden.
Der Hauptvertriebsplatz für die Solinger Klingen war Köln. Diese wichtigste Hansestadt am Rhein hatte den Eisenexporthandel nach dem Westen, besonders nach den Niederlanden und England in der Hand.
Die gesteigerte Nachfrage nach Schwertern und der Aufschwung der Fabrikation entwickelten auch den Handel. Die wichtigsten Reisen waren im 16. Jahrhundert die zu den vier Hauptmärkten nach Ant- werpen. Nun kamen aber auch in der Zwischenzeit Boten dortiger Kaufleute mit unsoliden Aufträgen. Die Annahme derselben wurde durch den Sechsmannsbrief vom 26. April 1570 verboten; bei 14 Gold- gulden Strafe durften ferner auſser zu jenen Märkten keine Schwerter mehr nach Antwerpen geschickt werden, nur wenn die Kaufleute selbst kämen, sollte ihnen verkauft werden dürfen, aber auch dann muſste es vorher den Sechsmännern angezeigt werden. Wenn die Solinger Kaufleute von den Brabanter Märkten heimkehrten, so beriefen die Sechsmänner jedesmal eine Versammlung, auf welcher jedes Handwerk durch seinen Voigt seine Notdurft vortragen lassen durfte. Um die äuſsere Ord- nung aufrecht zu erhalten, sollte niemand ohne Erlaubnis reden, anderseits durfte kein Handwerksvoigt irgend einen Bruder übersehen oder verschweigen, er sei wer er wolle. Um den Brüdern einen ent- sprechenden Preis für ihre Fabrikate zu sichern, wurde weitergehend bestimmt, daſs wenn der Voigt ihres Handwerkes nicht im stande wäre, ihnen einen solchen zu vermitteln, dieser die Schwerter dem Voigt der anderen bezw. der dritten Zunft präsentieren sollte; gelänge es auch diesen nicht, so durften die Brüder verkaufen wohin sie wollten. Bisher waren die Kaufleute zugleich auch Handwerksmeister gewesen, die, wenn sie von den Märkten heimkehrten, die gewohnte Arbeit des Reidens und Schwertfegens wieder aufnahmen; sie waren Mitglieder der Zünfte, wie alle übrigen, wenn auch wohlhabendere und ange- sehenere und unterlagen den gleichen Bestimmungen. In dem Maſse
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[852/0874]
Schwertschmiede.
Gefahr ausgesetzt waren, für ihr Halbfabrikat keinen angemessenen
Preis zu erhalten, so lag es ihnen nah, dieselben als „schwarze Klingen“
zu verkaufen; dadurch hätten aber die folgenden Arbeiter ihr Ver-
dienst eingebüſst und es wurde ihnen verboten, ein Schwert unbereitet
auſser Landes gehen zu lassen. Um eine Gleichmäſsigkeit in dem
Einkommen der Schmiede herzustellen, wurde das Maximum der täg-
lichen Produktion festgesetzt: ein Schwertschmied durfte nicht mehr
als vier Schwerter, ein Messerschmied zehn Stechmesser, ein Baseler-
schmied acht und ein Kordinschmied zehn Stück und zwar richtig und
gut schmieden.
Der Hauptvertriebsplatz für die Solinger Klingen war Köln. Diese
wichtigste Hansestadt am Rhein hatte den Eisenexporthandel nach
dem Westen, besonders nach den Niederlanden und England in der
Hand.
Die gesteigerte Nachfrage nach Schwertern und der Aufschwung
der Fabrikation entwickelten auch den Handel. Die wichtigsten Reisen
waren im 16. Jahrhundert die zu den vier Hauptmärkten nach Ant-
werpen. Nun kamen aber auch in der Zwischenzeit Boten dortiger
Kaufleute mit unsoliden Aufträgen. Die Annahme derselben wurde
durch den Sechsmannsbrief vom 26. April 1570 verboten; bei 14 Gold-
gulden Strafe durften ferner auſser zu jenen Märkten keine Schwerter
mehr nach Antwerpen geschickt werden, nur wenn die Kaufleute selbst
kämen, sollte ihnen verkauft werden dürfen, aber auch dann muſste es
vorher den Sechsmännern angezeigt werden. Wenn die Solinger Kaufleute
von den Brabanter Märkten heimkehrten, so beriefen die Sechsmänner
jedesmal eine Versammlung, auf welcher jedes Handwerk durch seinen
Voigt seine Notdurft vortragen lassen durfte. Um die äuſsere Ord-
nung aufrecht zu erhalten, sollte niemand ohne Erlaubnis reden,
anderseits durfte kein Handwerksvoigt irgend einen Bruder übersehen
oder verschweigen, er sei wer er wolle. Um den Brüdern einen ent-
sprechenden Preis für ihre Fabrikate zu sichern, wurde weitergehend
bestimmt, daſs wenn der Voigt ihres Handwerkes nicht im stande wäre,
ihnen einen solchen zu vermitteln, dieser die Schwerter dem Voigt
der anderen bezw. der dritten Zunft präsentieren sollte; gelänge es
auch diesen nicht, so durften die Brüder verkaufen wohin sie wollten.
Bisher waren die Kaufleute zugleich auch Handwerksmeister gewesen,
die, wenn sie von den Märkten heimkehrten, die gewohnte Arbeit des
Reidens und Schwertfegens wieder aufnahmen; sie waren Mitglieder
der Zünfte, wie alle übrigen, wenn auch wohlhabendere und ange-
sehenere und unterlagen den gleichen Bestimmungen. In dem Maſse
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 852. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/874>, abgerufen am 22.11.2024.
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