Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.Schwertschmiede. sich schmieden würde, die Klinge durch die ungleiche Streckung sichnach der entgegengesetzten Seite krümmen würde. Bei krummen Säbelklingen hat dies weniger auf sich. Das Fertigmachen der Klinge geschieht nunmehr auf dem Schleifstein. Dann folgt das Härten und Anlassen, wozu grosse Sorgfalt und Erfahrung gehört, um der Klinge den gewünschten Grad von Härte und Elastizität zu geben. Dies wird seit langer Zeit durch einen besonderen Schmied, den Härteschmied, ausgeführt und zwar erhält sie die erste Härtung in der Weise, dass er die rotwarme Klinge erst durch angefeuchteten Hammerschlag zieht und danach in kaltes Wasser eintaucht. Hierauf wird sie nochmals behutsam auf dem Hohlstein abgeschliffen, kommt dann, weil sie bei dem Schleifen einiges von ihrer Härte eingebüsst hat, nochmals an den Härter, der sie jetzt auf den richtigen Härtegrad anlässt, ihr die "blau Härtung" giebt. Nun folgt das Blankmachen und Polieren. Ersteres geschieht auf einer Holzscheibe mittels Smirgel und Öl. Somit wäre die Klinge fertig, wenn nicht Figuren eingraviert, eingeätzt und tauschiert werden sollen (damasquiner) oder ein Teil der Klinge ver- goldet werden soll. Alle diese Arbeiten werden jetzt und bereits seit 300 Jahren von besonderen Arbeitern ausgeführt. Ebenso bildeten die Griffmacher, die Kreuz- oder Knaufschmiede, die Gefässarbeiter, welche die Gefässe und Körbe herstellen und die Schwertfeger, welche die Scheiden fertig machen, besondere Zünfte. Dann wird alles zusammen- gesetzt, fertig gemacht (gereidet) von den Reidern. Diese ausser- ordentliche Arbeitsteilung war im Mittelalter, vor Benutzung der Wasserkraft in diesem Masse noch nicht durchgeführt, doch finden wir fabrikationsmässigen Betrieb mit planmässiger Arbeitsteilung sehr früh in Solingen. Dagegen sind aus dem 15. Jahrhundert eine Anzahl Solinger Privilegien erhalten, aus denen sich ein Bild des damaligen Betriebes machen lässt. Der Betrieb war ein handwerksmässiger, die Kleinmeister waren in drei Bruderschaften vereinigt, in die der Schwert- schmiede 1), der Härter und Schleifer 2) und der der Schwertfeger und Reider 3). "An der Spitze jeder Zunft standen vier Ratsleute und ein Voigt. 1) Privileg. vom 24. Nov. 1472. 2) Privileg. von 1401, Pauli Bekehrung. 3) Privileg. vom 9. März 1412.
Schwertschmiede. sich schmieden würde, die Klinge durch die ungleiche Streckung sichnach der entgegengesetzten Seite krümmen würde. Bei krummen Säbelklingen hat dies weniger auf sich. Das Fertigmachen der Klinge geschieht nunmehr auf dem Schleifstein. Dann folgt das Härten und Anlassen, wozu groſse Sorgfalt und Erfahrung gehört, um der Klinge den gewünschten Grad von Härte und Elastizität zu geben. Dies wird seit langer Zeit durch einen besonderen Schmied, den Härteschmied, ausgeführt und zwar erhält sie die erste Härtung in der Weise, daſs er die rotwarme Klinge erst durch angefeuchteten Hammerschlag zieht und danach in kaltes Wasser eintaucht. Hierauf wird sie nochmals behutsam auf dem Hohlstein abgeschliffen, kommt dann, weil sie bei dem Schleifen einiges von ihrer Härte eingebüſst hat, nochmals an den Härter, der sie jetzt auf den richtigen Härtegrad anläſst, ihr die „blau Härtung“ giebt. Nun folgt das Blankmachen und Polieren. Ersteres geschieht auf einer Holzscheibe mittels Smirgel und Öl. Somit wäre die Klinge fertig, wenn nicht Figuren eingraviert, eingeätzt und tauschiert werden sollen (damasquiner) oder ein Teil der Klinge ver- goldet werden soll. Alle diese Arbeiten werden jetzt und bereits seit 300 Jahren von besonderen Arbeitern ausgeführt. Ebenso bildeten die Griffmacher, die Kreuz- oder Knaufschmiede, die Gefäſsarbeiter, welche die Gefäſse und Körbe herstellen und die Schwertfeger, welche die Scheiden fertig machen, besondere Zünfte. Dann wird alles zusammen- gesetzt, fertig gemacht (gereidet) von den Reidern. Diese auſser- ordentliche Arbeitsteilung war im Mittelalter, vor Benutzung der Wasserkraft in diesem Maſse noch nicht durchgeführt, doch finden wir fabrikationsmäſsigen Betrieb mit planmäſsiger Arbeitsteilung sehr früh in Solingen. Dagegen sind aus dem 15. Jahrhundert eine Anzahl Solinger Privilegien erhalten, aus denen sich ein Bild des damaligen Betriebes machen läſst. Der Betrieb war ein handwerksmäſsiger, die Kleinmeister waren in drei Bruderschaften vereinigt, in die der Schwert- schmiede 1), der Härter und Schleifer 2) und der der Schwertfeger und Reider 3). „An der Spitze jeder Zunft standen vier Ratsleute und ein Voigt. 1) Privileg. vom 24. Nov. 1472. 2) Privileg. von 1401, Pauli Bekehrung. 3) Privileg. vom 9. März 1412.
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Schwertschmiede.
sich schmieden würde, die Klinge durch die ungleiche Streckung sich
nach der entgegengesetzten Seite krümmen würde. Bei krummen
Säbelklingen hat dies weniger auf sich. Das Fertigmachen der Klinge
geschieht nunmehr auf dem Schleifstein. Dann folgt das Härten und
Anlassen, wozu groſse Sorgfalt und Erfahrung gehört, um der Klinge
den gewünschten Grad von Härte und Elastizität zu geben. Dies wird
seit langer Zeit durch einen besonderen Schmied, den Härteschmied,
ausgeführt und zwar erhält sie die erste Härtung in der Weise, daſs
er die rotwarme Klinge erst durch angefeuchteten Hammerschlag zieht
und danach in kaltes Wasser eintaucht. Hierauf wird sie nochmals
behutsam auf dem Hohlstein abgeschliffen, kommt dann, weil sie bei
dem Schleifen einiges von ihrer Härte eingebüſst hat, nochmals an den
Härter, der sie jetzt auf den richtigen Härtegrad anläſst, ihr die „blau
Härtung“ giebt. Nun folgt das Blankmachen und Polieren. Ersteres
geschieht auf einer Holzscheibe mittels Smirgel und Öl. Somit wäre
die Klinge fertig, wenn nicht Figuren eingraviert, eingeätzt und
tauschiert werden sollen (damasquiner) oder ein Teil der Klinge ver-
goldet werden soll. Alle diese Arbeiten werden jetzt und bereits seit
300 Jahren von besonderen Arbeitern ausgeführt. Ebenso bildeten die
Griffmacher, die Kreuz- oder Knaufschmiede, die Gefäſsarbeiter, welche
die Gefäſse und Körbe herstellen und die Schwertfeger, welche die
Scheiden fertig machen, besondere Zünfte. Dann wird alles zusammen-
gesetzt, fertig gemacht (gereidet) von den Reidern. Diese auſser-
ordentliche Arbeitsteilung war im Mittelalter, vor Benutzung der
Wasserkraft in diesem Maſse noch nicht durchgeführt, doch finden
wir fabrikationsmäſsigen Betrieb mit planmäſsiger Arbeitsteilung sehr
früh in Solingen. Dagegen sind aus dem 15. Jahrhundert eine Anzahl
Solinger Privilegien erhalten, aus denen sich ein Bild des damaligen
Betriebes machen läſst. Der Betrieb war ein handwerksmäſsiger, die
Kleinmeister waren in drei Bruderschaften vereinigt, in die der Schwert-
schmiede 1), der Härter und Schleifer 2) und der der Schwertfeger und
Reider 3).
„An der Spitze jeder Zunft standen vier Ratsleute und ein Voigt.
Für die gemeinsamen Angelegenheiten der Industrie war 1487 ein
Ausschuſs der Sechsmänner gebildet worden; diesen lag die Verwaltung
und Rechtspflege ob, von ihnen ging die Berufung an den herzoglichen
Obervoigt.“
1) Privileg. vom 24. Nov. 1472.
2) Privileg. von 1401, Pauli Bekehrung.
3) Privileg. vom 9. März 1412.
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