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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Schmiedekunst im Mittelalter.
Hilfe der Dampfhämmer mit Leichtigkeit geschieht. Schmiedestücke
von mehr als 200 kg Gewicht sind bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
grosse Seltenheiten.

Schon vor dem 11. Jahrhundert wurde das Eisen konstruktiv zur
Verstärkung der Holzverbindungen benutzt, wie dies aus dem Beowulf-
lied hervorgeht. Vom 11. Jahrhundert an können wir eine Entwickelung
eines Stils in der Schmiedekunst verfolgen. Vom 13. Jahrhundert an
spielte das Eisen schon eine wichtige Rolle in der Baukunst, selbst
bei den kühnen Steinbauten zur Verklammerung und Verankerung.
Die Entwickelung des Stils lässt sich am besten bei den Thor-
beschlägen, auf welche oft grosse Kunst verwendet wurde, beobachten.
Im 11. Jahrhundert herrschte die Form des lateinischen C vor (Fig. 256 1).

[Abbildung] Fig. 258.
Bei diesem einfachen
Beschläg entwickelt
sich alles aus einem
Eisenstab. Mehr zur
Dekoration als zur
Verstärkung verband
man damit oft einen
zweiten Stab zu einem
"falschen Beschläg"
(fausse penture), wie
der Thorbeschlag der
Kathedrale von Puy
en Velay zu Ebreuil
(Allier), Fig. 257, zeigt.
Bei den ältesten und einfachsten Beschlägen ist es ein einziger Stab,
aus dem das ganze Band mit allen seinen Krümmungen, Verbreitungen
mittels des Hammers hergestellt wird. Alles ist einfach flach gehalten.
Durch Spalten des Stabes mittels des Setzeisens wird die Verzierung
durch spiralförmige Windungen bereichert (Fig. 258 Kirche von Blazin-
court, Gironde 12. Jahrhundert).

Eine grössere Mannigfaltigkeit der Zeichnung wird dadurch er-
reicht, dass man das Beschläg aus zwei Stäben entwickelt, die man
durch Zusammenschweissen verbindet und wieder trennt, wobei noch
an der Verbindungsstelle Dekorationsglieder zum Abschluss mit angefügt
werden können. Ein Beispiel hierfür giebt der Beschlag der Kirche zum
heiligen Grabe zu Neuvy aus dem 12. Jahrhundert (Fig. 259 a. f. S.).

1 Violet le duc, a. a. O. VIII, 293.

Schmiedekunst im Mittelalter.
Hilfe der Dampfhämmer mit Leichtigkeit geschieht. Schmiedestücke
von mehr als 200 kg Gewicht sind bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
groſse Seltenheiten.

Schon vor dem 11. Jahrhundert wurde das Eisen konstruktiv zur
Verstärkung der Holzverbindungen benutzt, wie dies aus dem Beowulf-
lied hervorgeht. Vom 11. Jahrhundert an können wir eine Entwickelung
eines Stils in der Schmiedekunst verfolgen. Vom 13. Jahrhundert an
spielte das Eisen schon eine wichtige Rolle in der Baukunst, selbst
bei den kühnen Steinbauten zur Verklammerung und Verankerung.
Die Entwickelung des Stils läſst sich am besten bei den Thor-
beschlägen, auf welche oft groſse Kunst verwendet wurde, beobachten.
Im 11. Jahrhundert herrschte die Form des lateinischen C vor (Fig. 256 1).

[Abbildung] Fig. 258.
Bei diesem einfachen
Beschläg entwickelt
sich alles aus einem
Eisenstab. Mehr zur
Dekoration als zur
Verstärkung verband
man damit oft einen
zweiten Stab zu einem
„falschen Beschläg“
(fausse penture), wie
der Thorbeschlag der
Kathedrale von Puy
en Velay zu Ebreuil
(Allier), Fig. 257, zeigt.
Bei den ältesten und einfachsten Beschlägen ist es ein einziger Stab,
aus dem das ganze Band mit allen seinen Krümmungen, Verbreitungen
mittels des Hammers hergestellt wird. Alles ist einfach flach gehalten.
Durch Spalten des Stabes mittels des Setzeisens wird die Verzierung
durch spiralförmige Windungen bereichert (Fig. 258 Kirche von Blazin-
court, Gironde 12. Jahrhundert).

Eine gröſsere Mannigfaltigkeit der Zeichnung wird dadurch er-
reicht, daſs man das Beschläg aus zwei Stäben entwickelt, die man
durch Zusammenschweiſsen verbindet und wieder trennt, wobei noch
an der Verbindungsstelle Dekorationsglieder zum Abschluſs mit angefügt
werden können. Ein Beispiel hierfür giebt der Beschlag der Kirche zum
heiligen Grabe zu Neuvy aus dem 12. Jahrhundert (Fig. 259 a. f. S.).

1 Violet le duc, a. a. O. VIII, 293.
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[839/0861] Schmiedekunst im Mittelalter. Hilfe der Dampfhämmer mit Leichtigkeit geschieht. Schmiedestücke von mehr als 200 kg Gewicht sind bis zum Ende des 18. Jahrhunderts groſse Seltenheiten. Schon vor dem 11. Jahrhundert wurde das Eisen konstruktiv zur Verstärkung der Holzverbindungen benutzt, wie dies aus dem Beowulf- lied hervorgeht. Vom 11. Jahrhundert an können wir eine Entwickelung eines Stils in der Schmiedekunst verfolgen. Vom 13. Jahrhundert an spielte das Eisen schon eine wichtige Rolle in der Baukunst, selbst bei den kühnen Steinbauten zur Verklammerung und Verankerung. Die Entwickelung des Stils läſst sich am besten bei den Thor- beschlägen, auf welche oft groſse Kunst verwendet wurde, beobachten. Im 11. Jahrhundert herrschte die Form des lateinischen C vor (Fig. 256 1). [Abbildung Fig. 258.] Bei diesem einfachen Beschläg entwickelt sich alles aus einem Eisenstab. Mehr zur Dekoration als zur Verstärkung verband man damit oft einen zweiten Stab zu einem „falschen Beschläg“ (fausse penture), wie der Thorbeschlag der Kathedrale von Puy en Velay zu Ebreuil (Allier), Fig. 257, zeigt. Bei den ältesten und einfachsten Beschlägen ist es ein einziger Stab, aus dem das ganze Band mit allen seinen Krümmungen, Verbreitungen mittels des Hammers hergestellt wird. Alles ist einfach flach gehalten. Durch Spalten des Stabes mittels des Setzeisens wird die Verzierung durch spiralförmige Windungen bereichert (Fig. 258 Kirche von Blazin- court, Gironde 12. Jahrhundert). Eine gröſsere Mannigfaltigkeit der Zeichnung wird dadurch er- reicht, daſs man das Beschläg aus zwei Stäben entwickelt, die man durch Zusammenschweiſsen verbindet und wieder trennt, wobei noch an der Verbindungsstelle Dekorationsglieder zum Abschluſs mit angefügt werden können. Ein Beispiel hierfür giebt der Beschlag der Kirche zum heiligen Grabe zu Neuvy aus dem 12. Jahrhundert (Fig. 259 a. f. S.). 1 Violet le duc, a. a. O. VIII, 293.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 839. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/861>, abgerufen am 22.11.2024.