eisenstein in Hochöfen erblasene Roheisen aus dem Sayn-Alten- kirchenschen Amte Freudenberg. Da aber der Name Osmund im Handel einen sehr guten Klang hatte, so behielten sie diesen Namen für ihr Eisen bei und so kam es, dass man von der Mitte des 15. Jahr- hunderts an unter Osmundeisen etwas ganz anderes verstand, als ur- sprünglich das Wort bedeutet hatte. Osmundschmieden waren von da ab die Frischherde, in denen das gute westfälische Draht- und Blecheisen gefrischt wurde.
Von dem älteren Verfahren und den alten Herden wissen wir nichts weiter, als dass es kleine Handfeuer waren. Es ist zwar wahr- scheinlich, dass bei der eigentümlichen Entwickelung der Osmund- frischerei die späteren kleinen Herde und deren Betrieb grosse Ähn- lichkeit mit denen der alten Zeit hatten, insofern könnte dieser spätere Prozess einiges Licht auf den früheren Vorgang werfen; da dies aber nur Vermutung ist und da der spätere Prozess nichts anderes als eine Roheisenfrischerei war, so scheint es doch passender, erst an späterer Stelle dieser Osmundschmieden ausführlicher zu gedenken.
Die Stahlfabrikation im Mittelalter.
Dass die Germanen schon in frühester Zeit den Stahl kannten und ihn bestimmt von dem Eisen unterschieden, ist bereits früher erwähnt worden. Durch den deutschen Stahlhandel hat sich der deutsche Name für Stahl sogar in den slavischen Sprachen eingebürgert. Des deutschen Stahls gedenkt rühmend Avicenna. Jener arabische Ge- lehrte teilt eine eigentümliche Einteilung der Eisen- und Stahlsorten mit, die von späteren Alchymisten, wie alles was von Avicenna herrührt, häufig wiederholt worden sind, obgleich ihnen die Namen selbst ebenso unverständlich gewesen zu sein scheinen, wie uns heutzutage, was dar- aus hervorgeht, dass sie dieselben meistens unrichtig abgeschrieben haben. Avicenna unterschied:
1. Ferrum deandelum (was Vicentius "delandelum" schreibt), ein festes aber zugleich weiches Eisen (ferrum forte sed molle).
2. Ferrum aldenum (bei Anderen aldeunum, bei Vicentius alide- num), rauh und zur Verarbeitung zu Werkzeugen nicht geschickt, sondern nur zu Rostbalken und Roststäben zu gebrauchen.
3. Andena (auch andela, arderia), brauchbares Eisen oder Stahl. Hierfür setzten Spätere ferrum acerium (aciare oder aciarium), mit
Stahlfabrikation im Mittelalter.
eisenstein in Hochöfen erblasene Roheisen aus dem Sayn-Alten- kirchenschen Amte Freudenberg. Da aber der Name Osmund im Handel einen sehr guten Klang hatte, so behielten sie diesen Namen für ihr Eisen bei und so kam es, daſs man von der Mitte des 15. Jahr- hunderts an unter Osmundeisen etwas ganz anderes verstand, als ur- sprünglich das Wort bedeutet hatte. Osmundschmieden waren von da ab die Frischherde, in denen das gute westfälische Draht- und Blecheisen gefrischt wurde.
Von dem älteren Verfahren und den alten Herden wissen wir nichts weiter, als daſs es kleine Handfeuer waren. Es ist zwar wahr- scheinlich, daſs bei der eigentümlichen Entwickelung der Osmund- frischerei die späteren kleinen Herde und deren Betrieb groſse Ähn- lichkeit mit denen der alten Zeit hatten, insofern könnte dieser spätere Prozeſs einiges Licht auf den früheren Vorgang werfen; da dies aber nur Vermutung ist und da der spätere Prozeſs nichts anderes als eine Roheisenfrischerei war, so scheint es doch passender, erst an späterer Stelle dieser Osmundschmieden ausführlicher zu gedenken.
Die Stahlfabrikation im Mittelalter.
Daſs die Germanen schon in frühester Zeit den Stahl kannten und ihn bestimmt von dem Eisen unterschieden, ist bereits früher erwähnt worden. Durch den deutschen Stahlhandel hat sich der deutsche Name für Stahl sogar in den slavischen Sprachen eingebürgert. Des deutschen Stahls gedenkt rühmend Avicenna. Jener arabische Ge- lehrte teilt eine eigentümliche Einteilung der Eisen- und Stahlsorten mit, die von späteren Alchymisten, wie alles was von Avicenna herrührt, häufig wiederholt worden sind, obgleich ihnen die Namen selbst ebenso unverständlich gewesen zu sein scheinen, wie uns heutzutage, was dar- aus hervorgeht, daſs sie dieselben meistens unrichtig abgeschrieben haben. Avicenna unterschied:
1. Ferrum deandelum (was Vicentius „delandelum“ schreibt), ein festes aber zugleich weiches Eisen (ferrum forte sed molle).
2. Ferrum aldenum (bei Anderen aldeunum, bei Vicentius alide- num), rauh und zur Verarbeitung zu Werkzeugen nicht geschickt, sondern nur zu Rostbalken und Roststäben zu gebrauchen.
3. Andena (auch andela, arderia), brauchbares Eisen oder Stahl. Hierfür setzten Spätere ferrum acerium (aciare oder aciarium), mit
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0852"n="830"/><fwplace="top"type="header">Stahlfabrikation im Mittelalter.</fw><lb/>
eisenstein in Hochöfen erblasene Roheisen aus dem Sayn-Alten-<lb/>
kirchenschen Amte Freudenberg. Da aber der Name Osmund im<lb/>
Handel einen sehr guten Klang hatte, so behielten sie diesen Namen<lb/>
für ihr Eisen bei und so kam es, daſs man von der Mitte des 15. Jahr-<lb/>
hunderts an unter Osmundeisen etwas ganz anderes verstand, als ur-<lb/>
sprünglich das Wort bedeutet hatte. <hirendition="#g">Osmundschmieden</hi> waren von da<lb/>
ab die <hirendition="#g">Frischherde</hi>, in denen das gute westfälische Draht- und<lb/>
Blecheisen gefrischt wurde.</p><lb/><p>Von dem älteren Verfahren und den alten Herden wissen wir<lb/>
nichts weiter, als daſs es kleine Handfeuer waren. Es ist zwar wahr-<lb/>
scheinlich, daſs bei der eigentümlichen Entwickelung der Osmund-<lb/>
frischerei die späteren kleinen Herde und deren Betrieb groſse Ähn-<lb/>
lichkeit mit denen der alten Zeit hatten, insofern könnte dieser spätere<lb/>
Prozeſs einiges Licht auf den früheren Vorgang werfen; da dies aber<lb/>
nur Vermutung ist und da der spätere Prozeſs nichts anderes als eine<lb/>
Roheisenfrischerei war, so scheint es doch passender, erst an späterer<lb/>
Stelle dieser Osmundschmieden ausführlicher zu gedenken.</p></div></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#g">Die Stahlfabrikation im Mittelalter</hi>.</head><lb/><p>Daſs die Germanen schon in frühester Zeit den Stahl kannten und<lb/>
ihn bestimmt von dem Eisen unterschieden, ist bereits früher erwähnt<lb/>
worden. Durch den deutschen Stahlhandel hat sich der deutsche<lb/>
Name für Stahl sogar in den slavischen Sprachen eingebürgert. Des<lb/>
deutschen Stahls gedenkt rühmend Avicenna. Jener arabische Ge-<lb/>
lehrte teilt eine eigentümliche Einteilung der Eisen- und Stahlsorten<lb/>
mit, die von späteren Alchymisten, wie alles was von Avicenna herrührt,<lb/>
häufig wiederholt worden sind, obgleich ihnen die Namen selbst ebenso<lb/>
unverständlich gewesen zu sein scheinen, wie uns heutzutage, was dar-<lb/>
aus hervorgeht, daſs sie dieselben meistens unrichtig abgeschrieben<lb/>
haben. Avicenna unterschied:</p><lb/><p>1. Ferrum deandelum (was Vicentius „delandelum“ schreibt), ein<lb/>
festes aber zugleich weiches Eisen (ferrum forte sed molle).</p><lb/><p>2. Ferrum aldenum (bei Anderen aldeunum, bei Vicentius alide-<lb/>
num), rauh und zur Verarbeitung zu Werkzeugen nicht geschickt,<lb/>
sondern nur zu Rostbalken und Roststäben zu gebrauchen.</p><lb/><p>3. Andena (auch andela, arderia), brauchbares Eisen oder Stahl.<lb/>
Hierfür setzten Spätere ferrum acerium (aciare oder aciarium), mit<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[830/0852]
Stahlfabrikation im Mittelalter.
eisenstein in Hochöfen erblasene Roheisen aus dem Sayn-Alten-
kirchenschen Amte Freudenberg. Da aber der Name Osmund im
Handel einen sehr guten Klang hatte, so behielten sie diesen Namen
für ihr Eisen bei und so kam es, daſs man von der Mitte des 15. Jahr-
hunderts an unter Osmundeisen etwas ganz anderes verstand, als ur-
sprünglich das Wort bedeutet hatte. Osmundschmieden waren von da
ab die Frischherde, in denen das gute westfälische Draht- und
Blecheisen gefrischt wurde.
Von dem älteren Verfahren und den alten Herden wissen wir
nichts weiter, als daſs es kleine Handfeuer waren. Es ist zwar wahr-
scheinlich, daſs bei der eigentümlichen Entwickelung der Osmund-
frischerei die späteren kleinen Herde und deren Betrieb groſse Ähn-
lichkeit mit denen der alten Zeit hatten, insofern könnte dieser spätere
Prozeſs einiges Licht auf den früheren Vorgang werfen; da dies aber
nur Vermutung ist und da der spätere Prozeſs nichts anderes als eine
Roheisenfrischerei war, so scheint es doch passender, erst an späterer
Stelle dieser Osmundschmieden ausführlicher zu gedenken.
Die Stahlfabrikation im Mittelalter.
Daſs die Germanen schon in frühester Zeit den Stahl kannten und
ihn bestimmt von dem Eisen unterschieden, ist bereits früher erwähnt
worden. Durch den deutschen Stahlhandel hat sich der deutsche
Name für Stahl sogar in den slavischen Sprachen eingebürgert. Des
deutschen Stahls gedenkt rühmend Avicenna. Jener arabische Ge-
lehrte teilt eine eigentümliche Einteilung der Eisen- und Stahlsorten
mit, die von späteren Alchymisten, wie alles was von Avicenna herrührt,
häufig wiederholt worden sind, obgleich ihnen die Namen selbst ebenso
unverständlich gewesen zu sein scheinen, wie uns heutzutage, was dar-
aus hervorgeht, daſs sie dieselben meistens unrichtig abgeschrieben
haben. Avicenna unterschied:
1. Ferrum deandelum (was Vicentius „delandelum“ schreibt), ein
festes aber zugleich weiches Eisen (ferrum forte sed molle).
2. Ferrum aldenum (bei Anderen aldeunum, bei Vicentius alide-
num), rauh und zur Verarbeitung zu Werkzeugen nicht geschickt,
sondern nur zu Rostbalken und Roststäben zu gebrauchen.
3. Andena (auch andela, arderia), brauchbares Eisen oder Stahl.
Hierfür setzten Spätere ferrum acerium (aciare oder aciarium), mit
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 830. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/852>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.