liche Werkzeuge voraussetzen, wie auch eine bedeutende Entwickelung des gewerblichen Lebens: so geben uns die Abbildungen und Inschriften, welche die Wände der Tempel und Gräber bedecken, die Bestätigung hierfür im einzelnen. Schon in frühester Zeit zeigen sich die Gewerbe in Ägypten in hoher Ausbildung und die Gewerbetreibenden bildeten einen wichtigen Teil der Bevölkerung.
Werfen wir einen Blick auf die sozialen Verhältnisse der Ägypter im allgemeinen, so erscheinen die verschiedenen Berufsarten in scharfer Trennung: Priester, Krieger, Handwerker, Schiffer, Ackerbauer und Hirten bilden gesetzlich getrennte Berufsklassen. Über alle herrscht der König, dessen Stellung eine so erhabene ist, dass vor ihm alle gleich erscheinen. So scharf aber auch die verschiedenen Berufsklassen geschieden waren, so kann von einer Kasteneinteilung im strengen Sinne, wie sie beispielsweise in Indien bestand, nicht die Rede sein. Dem Gesetze und den Göttern gegenüber waren die Ägypter im allge- meinen gleich. Allerdings war das Volk in zwei Abteilungen geteilt, von denen die eine an dem Grundbesitze Teil hatte, während die andere daran keinen Teil hatte. Zu ersteren gehörten der König, die Priester und die Krieger; zu letzteren alle arbeitenden Klassen. Er- stere waren die Privilegierten, die allein die öffentlichen Angelegen- heiten ordneten und auch durch Gesetze in namhaften Dingen Vorrecht vor den besitzlosen Klassen genossen. Aus ihnen allein gingen die zahlreichen Beamten des Reiches hervor.
Die Berufsart der arbeitenden Klassen war erblich, doch beruhte dies nicht auf religiösen oder gesetzlichen Vorschriften, sondern es war das Ergebnis einer alten, entwickelten Kultur. Heirathen von Ange- hörigen verschiedener Berufsarten waren gestattet. Diodor betont, wie sehr diese Erblichkeit des Berufes zum Nutzen des Landes gewesen sei, indem z. B. die Ackerbauer schon von den Grosseltern her die Kenntnis des Bodens, die eigentümliche Art seiner Behandlung, die wichtigen Regeln der Bewässerung erlernt hätten, während in gleicher Weise die Hirten, die mit den Tieren ihrer Pflege aufwuchsen, durch die ererbten Kenntnisse viel grössere Erträgnisse aus der Viehzucht erzielten, als dies anderswo der Fall sei und dass sie durch Nachdenken und künstliche Mittel dies zu unterstützen verständen. Als Beispiel führt er die künstlichen Brutmaschinen für die Hühner- und Gänse- zucht an. Von den eigentlichen Gewerbetreibenden sagt er folgende charakteristische und beherzigenswerte Worte 1): "Auch Künste und Handwerke kann man bei den Ägyptern fleissig geübt und zu hoher
1)Diodor, I. 74.
Ägypten.
liche Werkzeuge voraussetzen, wie auch eine bedeutende Entwickelung des gewerblichen Lebens: so geben uns die Abbildungen und Inschriften, welche die Wände der Tempel und Gräber bedecken, die Bestätigung hierfür im einzelnen. Schon in frühester Zeit zeigen sich die Gewerbe in Ägypten in hoher Ausbildung und die Gewerbetreibenden bildeten einen wichtigen Teil der Bevölkerung.
Werfen wir einen Blick auf die sozialen Verhältnisse der Ägypter im allgemeinen, so erscheinen die verschiedenen Berufsarten in scharfer Trennung: Priester, Krieger, Handwerker, Schiffer, Ackerbauer und Hirten bilden gesetzlich getrennte Berufsklassen. Über alle herrscht der König, dessen Stellung eine so erhabene ist, daſs vor ihm alle gleich erscheinen. So scharf aber auch die verschiedenen Berufsklassen geschieden waren, so kann von einer Kasteneinteilung im strengen Sinne, wie sie beispielsweise in Indien bestand, nicht die Rede sein. Dem Gesetze und den Göttern gegenüber waren die Ägypter im allge- meinen gleich. Allerdings war das Volk in zwei Abteilungen geteilt, von denen die eine an dem Grundbesitze Teil hatte, während die andere daran keinen Teil hatte. Zu ersteren gehörten der König, die Priester und die Krieger; zu letzteren alle arbeitenden Klassen. Er- stere waren die Privilegierten, die allein die öffentlichen Angelegen- heiten ordneten und auch durch Gesetze in namhaften Dingen Vorrecht vor den besitzlosen Klassen genossen. Aus ihnen allein gingen die zahlreichen Beamten des Reiches hervor.
Die Berufsart der arbeitenden Klassen war erblich, doch beruhte dies nicht auf religiösen oder gesetzlichen Vorschriften, sondern es war das Ergebnis einer alten, entwickelten Kultur. Heirathen von Ange- hörigen verschiedener Berufsarten waren gestattet. Diodor betont, wie sehr diese Erblichkeit des Berufes zum Nutzen des Landes gewesen sei, indem z. B. die Ackerbauer schon von den Groſseltern her die Kenntnis des Bodens, die eigentümliche Art seiner Behandlung, die wichtigen Regeln der Bewässerung erlernt hätten, während in gleicher Weise die Hirten, die mit den Tieren ihrer Pflege aufwuchsen, durch die ererbten Kenntnisse viel gröſsere Erträgnisse aus der Viehzucht erzielten, als dies anderswo der Fall sei und daſs sie durch Nachdenken und künstliche Mittel dies zu unterstützen verständen. Als Beispiel führt er die künstlichen Brutmaschinen für die Hühner- und Gänse- zucht an. Von den eigentlichen Gewerbetreibenden sagt er folgende charakteristische und beherzigenswerte Worte 1): „Auch Künste und Handwerke kann man bei den Ägyptern fleiſsig geübt und zu hoher
1)Diodor, I. 74.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0084"n="62"/><fwplace="top"type="header">Ägypten.</fw><lb/>
liche Werkzeuge voraussetzen, wie auch eine bedeutende Entwickelung<lb/>
des gewerblichen Lebens: so geben uns die Abbildungen und Inschriften,<lb/>
welche die Wände der Tempel und Gräber bedecken, die Bestätigung<lb/>
hierfür im einzelnen. Schon in frühester Zeit zeigen sich die Gewerbe<lb/>
in Ägypten in hoher Ausbildung und die Gewerbetreibenden bildeten<lb/>
einen wichtigen Teil der Bevölkerung.</p><lb/><p>Werfen wir einen Blick auf die sozialen Verhältnisse der Ägypter<lb/>
im allgemeinen, so erscheinen die verschiedenen Berufsarten in scharfer<lb/>
Trennung: Priester, Krieger, Handwerker, Schiffer, Ackerbauer und<lb/>
Hirten bilden gesetzlich getrennte Berufsklassen. Über alle herrscht<lb/>
der König, dessen Stellung eine so erhabene ist, daſs vor ihm alle<lb/>
gleich erscheinen. So scharf aber auch die verschiedenen Berufsklassen<lb/>
geschieden waren, so kann von einer Kasteneinteilung im strengen<lb/>
Sinne, wie sie beispielsweise in Indien bestand, nicht die Rede sein.<lb/>
Dem Gesetze und den Göttern gegenüber waren die Ägypter im allge-<lb/>
meinen gleich. Allerdings war das Volk in zwei Abteilungen geteilt,<lb/>
von denen die eine an dem Grundbesitze Teil hatte, während die<lb/>
andere daran keinen Teil hatte. Zu ersteren gehörten der König, die<lb/>
Priester und die Krieger; zu letzteren alle arbeitenden Klassen. Er-<lb/>
stere waren die Privilegierten, die allein die öffentlichen Angelegen-<lb/>
heiten ordneten und auch durch Gesetze in namhaften Dingen Vorrecht<lb/>
vor den besitzlosen Klassen genossen. Aus ihnen allein gingen die<lb/>
zahlreichen Beamten des Reiches hervor.</p><lb/><p>Die Berufsart der arbeitenden Klassen war erblich, doch beruhte<lb/>
dies nicht auf religiösen oder gesetzlichen Vorschriften, sondern es war<lb/>
das Ergebnis einer alten, entwickelten Kultur. Heirathen von Ange-<lb/>
hörigen verschiedener Berufsarten waren gestattet. <hirendition="#g">Diodor</hi> betont,<lb/>
wie sehr diese Erblichkeit des Berufes zum Nutzen des Landes gewesen<lb/>
sei, indem z. B. die Ackerbauer schon von den Groſseltern her die<lb/>
Kenntnis des Bodens, die eigentümliche Art seiner Behandlung, die<lb/>
wichtigen Regeln der Bewässerung erlernt hätten, während in gleicher<lb/>
Weise die Hirten, die mit den Tieren ihrer Pflege aufwuchsen, durch<lb/>
die ererbten Kenntnisse viel gröſsere Erträgnisse aus der Viehzucht<lb/>
erzielten, als dies anderswo der Fall sei und daſs sie durch Nachdenken<lb/>
und künstliche Mittel dies zu unterstützen verständen. Als Beispiel<lb/>
führt er die künstlichen Brutmaschinen für die Hühner- und Gänse-<lb/>
zucht an. Von den eigentlichen Gewerbetreibenden sagt er folgende<lb/>
charakteristische und beherzigenswerte Worte <noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#g">Diodor</hi>, I. 74.</note>: „Auch Künste und<lb/>
Handwerke kann man bei den Ägyptern fleiſsig geübt und zu hoher<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[62/0084]
Ägypten.
liche Werkzeuge voraussetzen, wie auch eine bedeutende Entwickelung
des gewerblichen Lebens: so geben uns die Abbildungen und Inschriften,
welche die Wände der Tempel und Gräber bedecken, die Bestätigung
hierfür im einzelnen. Schon in frühester Zeit zeigen sich die Gewerbe
in Ägypten in hoher Ausbildung und die Gewerbetreibenden bildeten
einen wichtigen Teil der Bevölkerung.
Werfen wir einen Blick auf die sozialen Verhältnisse der Ägypter
im allgemeinen, so erscheinen die verschiedenen Berufsarten in scharfer
Trennung: Priester, Krieger, Handwerker, Schiffer, Ackerbauer und
Hirten bilden gesetzlich getrennte Berufsklassen. Über alle herrscht
der König, dessen Stellung eine so erhabene ist, daſs vor ihm alle
gleich erscheinen. So scharf aber auch die verschiedenen Berufsklassen
geschieden waren, so kann von einer Kasteneinteilung im strengen
Sinne, wie sie beispielsweise in Indien bestand, nicht die Rede sein.
Dem Gesetze und den Göttern gegenüber waren die Ägypter im allge-
meinen gleich. Allerdings war das Volk in zwei Abteilungen geteilt,
von denen die eine an dem Grundbesitze Teil hatte, während die
andere daran keinen Teil hatte. Zu ersteren gehörten der König, die
Priester und die Krieger; zu letzteren alle arbeitenden Klassen. Er-
stere waren die Privilegierten, die allein die öffentlichen Angelegen-
heiten ordneten und auch durch Gesetze in namhaften Dingen Vorrecht
vor den besitzlosen Klassen genossen. Aus ihnen allein gingen die
zahlreichen Beamten des Reiches hervor.
Die Berufsart der arbeitenden Klassen war erblich, doch beruhte
dies nicht auf religiösen oder gesetzlichen Vorschriften, sondern es war
das Ergebnis einer alten, entwickelten Kultur. Heirathen von Ange-
hörigen verschiedener Berufsarten waren gestattet. Diodor betont,
wie sehr diese Erblichkeit des Berufes zum Nutzen des Landes gewesen
sei, indem z. B. die Ackerbauer schon von den Groſseltern her die
Kenntnis des Bodens, die eigentümliche Art seiner Behandlung, die
wichtigen Regeln der Bewässerung erlernt hätten, während in gleicher
Weise die Hirten, die mit den Tieren ihrer Pflege aufwuchsen, durch
die ererbten Kenntnisse viel gröſsere Erträgnisse aus der Viehzucht
erzielten, als dies anderswo der Fall sei und daſs sie durch Nachdenken
und künstliche Mittel dies zu unterstützen verständen. Als Beispiel
führt er die künstlichen Brutmaschinen für die Hühner- und Gänse-
zucht an. Von den eigentlichen Gewerbetreibenden sagt er folgende
charakteristische und beherzigenswerte Worte 1): „Auch Künste und
Handwerke kann man bei den Ägyptern fleiſsig geübt und zu hoher
1) Diodor, I. 74.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/84>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.