in seiner Rede an die Soldaten bei dem Feldzuge gegen den Ariovist hinweist, indem er sagt, die Römer hätten im Sklavenkriege die Ger- manen doch besiegt, als diese bereits römische Waffen und römische Ordnung gelernt gehabt hätten, während sie sich jetzt grundlos vor ihnen fürchteten, da ihnen jetzt doch keine (römischen) Waffen zu Gebote stünden 1). Anderseits aber rühmt Cäsar wieder die germa- nische Kampfweise und ihre Geschicklichkeit in Führung der Waffen. Bei der Charakteristik der Germanen sagt er: "Ihr ganzes Leben dreht sich um Jagd und Krieg". Die Chatten trugen eiserne Schwurringe, gewissermassen als ein Zeichen der Unfreiheit, also gerade im umge- kehrten Sinn wie die Römer und Südländer und sie durften diese erst ablegen, wenn sie einen Feind getötet hatten. Die Longobarden, Teu- tonen, Chatten, Rugier, Sennonen, Cherusker und Sigambrer trugen eiserne Waffen. Tacitus nennt den Speer die Hauptwaffe der Deut- schen. Nach seiner Angabe wären die Deutschen arm an Eisen ge- wesen, doch ist dies jedenfalls nur relativ richtig, insofern er die Ausrüstung des germanischen Volksheeres mit der reichen Ausstattung der römischen Legionen vergleicht. Er sagt 2): Nicht einmal an Eisen ist Deutschland reich, das beweist schon die Art ihrer Geschosse. Denn während nur wenige sich der Schwerter oder grösserer Lanzen bedie- nen, führen die meisten Speere, oder wie sie es nennen "Framen", eine Waffe, die mit einem schmalen und kurzen, aber sehr spitzen und zum Gebrauch so dienlichen Eisen versehen ist, dass sie mit derselben Waffe wie es die Lanze heischt, ebenso aus der Nähe, als aus der Ferne streiten. Auch die Reiter sind mit Schild und Speer bewaffnet. Wenige tragen Panzer, kaum einer oder der andere Helm oder Sturmhaube.
Auch an Gold und Silber waren die Germanen arm und Kupfer oder Erz erwähnt Tacitus gar nicht. Dass die Germanen die edelen Metalle gering schätzten, rechnet ihnen der römische Schriftsteller als Tugend an. Er schreibt 3): "Ich weiss nicht, ob ihnen die Götter aus besonderem Wohlgefallen oder im Zorn Silber und Gold versagt haben. Man sieht bei ihnen silberne Gefässe, die ihnen von Abgesandten und Fürsten zum Geschenk gemacht worden sind 4) nicht mehr geachtet als irdene; nur diejenigen, welche uns zunächst sind, schätzen des
1) Caes. bell. gall. I, 40.
2) Tacitus Germani, cap. VI. Ne ferrum quidem superest, sicut ex genere telorum colligitur. Rari gladiis aut majoribus lanceis utuntur: hastas, vel ipsorum vocabulo "frameas" gerunt angusto et brevi ferro, sed ita acri et ad usum hebili ut eodem telo, pront ratio poscit, vel comminus vel emminus pugnent. Et eques quidem, sonto frameaque contentus est ... Paucis loricae, vix uni altervi cassis aut galena.
3) Tacitus, Germ. V.
4) Hildes- heimer Fund.
Die Germanen.
in seiner Rede an die Soldaten bei dem Feldzuge gegen den Ariovist hinweist, indem er sagt, die Römer hätten im Sklavenkriege die Ger- manen doch besiegt, als diese bereits römische Waffen und römische Ordnung gelernt gehabt hätten, während sie sich jetzt grundlos vor ihnen fürchteten, da ihnen jetzt doch keine (römischen) Waffen zu Gebote stünden 1). Anderseits aber rühmt Cäsar wieder die germa- nische Kampfweise und ihre Geschicklichkeit in Führung der Waffen. Bei der Charakteristik der Germanen sagt er: „Ihr ganzes Leben dreht sich um Jagd und Krieg“. Die Chatten trugen eiserne Schwurringe, gewissermaſsen als ein Zeichen der Unfreiheit, also gerade im umge- kehrten Sinn wie die Römer und Südländer und sie durften diese erst ablegen, wenn sie einen Feind getötet hatten. Die Longobarden, Teu- tonen, Chatten, Rugier, Sennonen, Cherusker und Sigambrer trugen eiserne Waffen. Tacitus nennt den Speer die Hauptwaffe der Deut- schen. Nach seiner Angabe wären die Deutschen arm an Eisen ge- wesen, doch ist dies jedenfalls nur relativ richtig, insofern er die Ausrüstung des germanischen Volksheeres mit der reichen Ausstattung der römischen Legionen vergleicht. Er sagt 2): Nicht einmal an Eisen ist Deutschland reich, das beweist schon die Art ihrer Geschosse. Denn während nur wenige sich der Schwerter oder gröſserer Lanzen bedie- nen, führen die meisten Speere, oder wie sie es nennen „Framen“, eine Waffe, die mit einem schmalen und kurzen, aber sehr spitzen und zum Gebrauch so dienlichen Eisen versehen ist, daſs sie mit derselben Waffe wie es die Lanze heischt, ebenso aus der Nähe, als aus der Ferne streiten. Auch die Reiter sind mit Schild und Speer bewaffnet. Wenige tragen Panzer, kaum einer oder der andere Helm oder Sturmhaube.
Auch an Gold und Silber waren die Germanen arm und Kupfer oder Erz erwähnt Tacitus gar nicht. Daſs die Germanen die edelen Metalle gering schätzten, rechnet ihnen der römische Schriftsteller als Tugend an. Er schreibt 3): „Ich weiſs nicht, ob ihnen die Götter aus besonderem Wohlgefallen oder im Zorn Silber und Gold versagt haben. Man sieht bei ihnen silberne Gefäſse, die ihnen von Abgesandten und Fürsten zum Geschenk gemacht worden sind 4) nicht mehr geachtet als irdene; nur diejenigen, welche uns zunächst sind, schätzen des
1) Caes. bell. gall. I, 40.
2) Tacitus Germani, cap. VI. Ne ferrum quidem superest, sicut ex genere telorum colligitur. Rari gladiis aut majoribus lanceis utuntur: hastas, vel ipsorum vocabulo „frameas“ gerunt angusto et brevi ferro, sed ita acri et ad usum hebili ut eodem telo, pront ratio poscit, vel comminus vel emminus pugnent. Et eques quidem, sonto frameaque contentus est … Paucis loricae, vix uni altervi cassis aut galena.
3) Tacitus, Germ. V.
4) Hildes- heimer Fund.
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Die Germanen.
in seiner Rede an die Soldaten bei dem Feldzuge gegen den Ariovist
hinweist, indem er sagt, die Römer hätten im Sklavenkriege die Ger-
manen doch besiegt, als diese bereits römische Waffen und römische
Ordnung gelernt gehabt hätten, während sie sich jetzt grundlos vor
ihnen fürchteten, da ihnen jetzt doch keine (römischen) Waffen zu
Gebote stünden 1). Anderseits aber rühmt Cäsar wieder die germa-
nische Kampfweise und ihre Geschicklichkeit in Führung der Waffen.
Bei der Charakteristik der Germanen sagt er: „Ihr ganzes Leben dreht
sich um Jagd und Krieg“. Die Chatten trugen eiserne Schwurringe,
gewissermaſsen als ein Zeichen der Unfreiheit, also gerade im umge-
kehrten Sinn wie die Römer und Südländer und sie durften diese erst
ablegen, wenn sie einen Feind getötet hatten. Die Longobarden, Teu-
tonen, Chatten, Rugier, Sennonen, Cherusker und Sigambrer trugen
eiserne Waffen. Tacitus nennt den Speer die Hauptwaffe der Deut-
schen. Nach seiner Angabe wären die Deutschen arm an Eisen ge-
wesen, doch ist dies jedenfalls nur relativ richtig, insofern er die
Ausrüstung des germanischen Volksheeres mit der reichen Ausstattung
der römischen Legionen vergleicht. Er sagt 2): Nicht einmal an Eisen
ist Deutschland reich, das beweist schon die Art ihrer Geschosse. Denn
während nur wenige sich der Schwerter oder gröſserer Lanzen bedie-
nen, führen die meisten Speere, oder wie sie es nennen „Framen“, eine
Waffe, die mit einem schmalen und kurzen, aber sehr spitzen und zum
Gebrauch so dienlichen Eisen versehen ist, daſs sie mit derselben Waffe
wie es die Lanze heischt, ebenso aus der Nähe, als aus der Ferne
streiten. Auch die Reiter sind mit Schild und Speer bewaffnet. Wenige
tragen Panzer, kaum einer oder der andere Helm oder Sturmhaube.
Auch an Gold und Silber waren die Germanen arm und Kupfer
oder Erz erwähnt Tacitus gar nicht. Daſs die Germanen die edelen
Metalle gering schätzten, rechnet ihnen der römische Schriftsteller als
Tugend an. Er schreibt 3): „Ich weiſs nicht, ob ihnen die Götter aus
besonderem Wohlgefallen oder im Zorn Silber und Gold versagt haben.
Man sieht bei ihnen silberne Gefäſse, die ihnen von Abgesandten und
Fürsten zum Geschenk gemacht worden sind 4) nicht mehr geachtet
als irdene; nur diejenigen, welche uns zunächst sind, schätzen des
1) Caes. bell. gall. I, 40.
2) Tacitus Germani, cap. VI. Ne ferrum quidem
superest, sicut ex genere telorum colligitur. Rari gladiis aut majoribus lanceis
utuntur: hastas, vel ipsorum vocabulo „frameas“ gerunt angusto et brevi ferro, sed
ita acri et ad usum hebili ut eodem telo, pront ratio poscit, vel comminus vel
emminus pugnent. Et eques quidem, sonto frameaque contentus est … Paucis
loricae, vix uni altervi cassis aut galena.
3) Tacitus, Germ. V.
4) Hildes-
heimer Fund.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/722>, abgerufen am 03.07.2024.
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