Binden mit Draht). Die 60 cm dicke Tenne, auf der der Schmied die Eisenluppe abklopfte, bedeckte zwei runde Grabstätten, die 3 m tief in den Boden eingegraben waren. In der Mitte von Kohlenasche (Cinder), mit dem die Gruben ausgefüllt waren, fand man zwei Vasen von einem ganz eigenartigen Typus, welche verbrannte Knochenreste umschlossen. Die eine war eine längliche Urne von schöner, schwarzer Farbe mit eleganten Verzierungen, aus einer sehr feinen Masse mit Tropfen von Thon bestreut. Die andere war wie eine halbkugelförmige Suppenschüssel, 30 cm Durchmesser, von höchst origineller Form, aus einem schwammigen Thon, mit einem schwarzgrünen Überzug bedeckt.
Bemerkenswert ist noch, dass die Schmiede ausserhalb der Um- wallung der Stadt lag, doch lehnte sie sich beinahe an die Stadtmauer an, war niedrig und fast in den Boden eingegraben.
Die aufgefundenen Münzen lassen auf die zweite Hälfte des ersten Jahrhunderts v. Chr. schliessen 1).
In den nahen Befestigungsgräben und den Bastionen von St. Cham- plain sind ebenfalls mancherlei Eisenfunde ausgegraben worden, z. B. eine eiserne Stange von 0,6 m Länge, 0,03 m Dicke, eiserne Fibeln und eiserne Griffel neben Geräten von Bronze-, Stein-, Glas- und Töpfer- geschirr. Viele Graburnen mit Knochenasche, eine Fibel von Silber, ein Bronzearmband, ein Ring von Eisen, Nägel, Wetzsteine und 22 gallische und konsularische Münzen. In der Bastion am Come- Chaudron fand man neben einem grossen Gefäss, das mit Blei geflickt war, ein eisernes Hackmesser, in dessen Handgriff noch die Stiften steckten; eine Mühle von grauem Granit und gallische Münzen, dar- unter eine von Germanus, dem Sohne des Indutill. Von hervorragen- dem Interesse war die Aufdeckung eines ausgedehnten, technischen Etablissements einer förmlichen Fabrik, welche Bulliot "das Arsenal" nennt. Er berichtet darüber folgendermassen 2):
Während sich zu St. Champlain überall nur einzelne Werkstätten von Metallarbeiten vorfanden, ohne Verbindung untereinander, indem nur einzelne Meister ihr Gewerbe darin betrieben, zeigte sich innerhalb des Waldes von Come-Chaudron links des Weges ein ganz anderes Bild. Man erblickte hier eine ausgedehnte Fläche, bedeckt mit Schuppen, Häusern, Öfen, Schmelzstätten, Schmieden, die alle zusammen- gehören, zu einem verbunden erscheinen und den Anblick des grössten, gallischen Industrieplatzes darbieten. Dieses Arsenal ist 100 m lang in nordwestlicher Richtung aufgedeckt worden. Der Boden besteht
1) Rev. archäol. vol. 21, p. 44.
2) A. a. O. p. 51.
Das frühe Mittelalter.
Binden mit Draht). Die 60 cm dicke Tenne, auf der der Schmied die Eisenluppe abklopfte, bedeckte zwei runde Grabstätten, die 3 m tief in den Boden eingegraben waren. In der Mitte von Kohlenasche (Cinder), mit dem die Gruben ausgefüllt waren, fand man zwei Vasen von einem ganz eigenartigen Typus, welche verbrannte Knochenreste umschlossen. Die eine war eine längliche Urne von schöner, schwarzer Farbe mit eleganten Verzierungen, aus einer sehr feinen Masse mit Tropfen von Thon bestreut. Die andere war wie eine halbkugelförmige Suppenschüssel, 30 cm Durchmesser, von höchst origineller Form, aus einem schwammigen Thon, mit einem schwarzgrünen Überzug bedeckt.
Bemerkenswert ist noch, daſs die Schmiede auſserhalb der Um- wallung der Stadt lag, doch lehnte sie sich beinahe an die Stadtmauer an, war niedrig und fast in den Boden eingegraben.
Die aufgefundenen Münzen lassen auf die zweite Hälfte des ersten Jahrhunderts v. Chr. schlieſsen 1).
In den nahen Befestigungsgräben und den Bastionen von St. Cham- plain sind ebenfalls mancherlei Eisenfunde ausgegraben worden, z. B. eine eiserne Stange von 0,6 m Länge, 0,03 m Dicke, eiserne Fibeln und eiserne Griffel neben Geräten von Bronze-, Stein-, Glas- und Töpfer- geschirr. Viele Graburnen mit Knochenasche, eine Fibel von Silber, ein Bronzearmband, ein Ring von Eisen, Nägel, Wetzsteine und 22 gallische und konsularische Münzen. In der Bastion am Come- Chaudron fand man neben einem groſsen Gefäſs, das mit Blei geflickt war, ein eisernes Hackmesser, in dessen Handgriff noch die Stiften steckten; eine Mühle von grauem Granit und gallische Münzen, dar- unter eine von Germanus, dem Sohne des Indutill. Von hervorragen- dem Interesse war die Aufdeckung eines ausgedehnten, technischen Etablissements einer förmlichen Fabrik, welche Bulliot „das Arsenal“ nennt. Er berichtet darüber folgendermaſsen 2):
Während sich zu St. Champlain überall nur einzelne Werkstätten von Metallarbeiten vorfanden, ohne Verbindung untereinander, indem nur einzelne Meister ihr Gewerbe darin betrieben, zeigte sich innerhalb des Waldes von Come-Chaudron links des Weges ein ganz anderes Bild. Man erblickte hier eine ausgedehnte Fläche, bedeckt mit Schuppen, Häusern, Öfen, Schmelzstätten, Schmieden, die alle zusammen- gehören, zu einem verbunden erscheinen und den Anblick des gröſsten, gallischen Industrieplatzes darbieten. Dieses Arsenal ist 100 m lang in nordwestlicher Richtung aufgedeckt worden. Der Boden besteht
1) Rev. archäol. vol. 21, p. 44.
2) A. a. O. p. 51.
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Das frühe Mittelalter.
Binden mit Draht). Die 60 cm dicke Tenne, auf der der Schmied die
Eisenluppe abklopfte, bedeckte zwei runde Grabstätten, die 3 m tief in
den Boden eingegraben waren. In der Mitte von Kohlenasche
(Cinder), mit dem die Gruben ausgefüllt waren, fand man zwei Vasen
von einem ganz eigenartigen Typus, welche verbrannte Knochenreste
umschlossen. Die eine war eine längliche Urne von schöner, schwarzer
Farbe mit eleganten Verzierungen, aus einer sehr feinen Masse mit
Tropfen von Thon bestreut. Die andere war wie eine halbkugelförmige
Suppenschüssel, 30 cm Durchmesser, von höchst origineller Form, aus
einem schwammigen Thon, mit einem schwarzgrünen Überzug bedeckt.
Bemerkenswert ist noch, daſs die Schmiede auſserhalb der Um-
wallung der Stadt lag, doch lehnte sie sich beinahe an die Stadtmauer
an, war niedrig und fast in den Boden eingegraben.
Die aufgefundenen Münzen lassen auf die zweite Hälfte des ersten
Jahrhunderts v. Chr. schlieſsen 1).
In den nahen Befestigungsgräben und den Bastionen von St. Cham-
plain sind ebenfalls mancherlei Eisenfunde ausgegraben worden, z. B. eine
eiserne Stange von 0,6 m Länge, 0,03 m Dicke, eiserne Fibeln und
eiserne Griffel neben Geräten von Bronze-, Stein-, Glas- und Töpfer-
geschirr. Viele Graburnen mit Knochenasche, eine Fibel von Silber,
ein Bronzearmband, ein Ring von Eisen, Nägel, Wetzsteine und
22 gallische und konsularische Münzen. In der Bastion am Come-
Chaudron fand man neben einem groſsen Gefäſs, das mit Blei geflickt
war, ein eisernes Hackmesser, in dessen Handgriff noch die Stiften
steckten; eine Mühle von grauem Granit und gallische Münzen, dar-
unter eine von Germanus, dem Sohne des Indutill. Von hervorragen-
dem Interesse war die Aufdeckung eines ausgedehnten, technischen
Etablissements einer förmlichen Fabrik, welche Bulliot „das Arsenal“
nennt. Er berichtet darüber folgendermaſsen 2):
Während sich zu St. Champlain überall nur einzelne Werkstätten
von Metallarbeiten vorfanden, ohne Verbindung untereinander, indem
nur einzelne Meister ihr Gewerbe darin betrieben, zeigte sich innerhalb
des Waldes von Come-Chaudron links des Weges ein ganz anderes
Bild. Man erblickte hier eine ausgedehnte Fläche, bedeckt mit
Schuppen, Häusern, Öfen, Schmelzstätten, Schmieden, die alle zusammen-
gehören, zu einem verbunden erscheinen und den Anblick des gröſsten,
gallischen Industrieplatzes darbieten. Dieses Arsenal ist 100 m lang
in nordwestlicher Richtung aufgedeckt worden. Der Boden besteht
1) Rev. archäol. vol. 21, p. 44.
2) A. a. O. p. 51.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 660. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/682>, abgerufen am 22.11.2024.
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