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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Einleitung zum Mittelalter.
langen Gebrauches der Handwerkzeuge, sondern auch an den unfertigen
Gegenständen, deren Bearbeitung mitten in der Arbeit unterbrochen
wurde, lässt sich erkennen, dass hier durch eine längere Zeit gearbeitet
wurde. So verrät ein 8 kg wiegender, grosser eiserner Keil seine
Unfertigkeit dadurch, dass das eine Ende zwar schon in eine Spitze
ausgehämmert, das andere aber erst im Beginne der Bearbeitung
sich befindet; bei einem anderen 6 kg schweren Hammer fehlt noch
das Stielloch, das nur erst angedeutet ist; ein dritter hat wohl das
Stielloch, aber so klein, dass man annehmen muss, die Arbeit des
Durchbohrens sei noch nicht vollendet. Die roh gearbeiteten Nägel
sind oft nicht vollendet, gebogen und zerbrochen; die Bronzebleche in
Streifen und unregelmässige Stücke geschnitten, zusammengebogen,
zerknittert und waren vermischt mit Abfällen, zerbrochenen Ringen
u. s. w. auf einen Haufen geworfen und offenbar zum Zusammen-
schmieden oder Verschmelzen vorbereitet, für letzteres sprechen zwei
Gussformen; die eine, aus Bronze, besteht aus drei Teilen und diente
zum Gusse für flache Scheiben mit zwei Öhren und einem Tutulus in
der Mitte, die andere bestand aus einem grauen Thonschiefer und
diente für ein Zierstück und zwar eines kleinen vierspeichigen Rades
mit am Rande besetzten Knöpfchen. Ein 35 cm langer Bronzestab
lässt auf seinen Flächen die Spuren der Schläge des Hammers er-
kennen, ohne vollendet worden zu sein. Ein über 1/2 qm grosses
Kesselblech, der Seitenteil eines 2/3 m hohen, konischen Bronze-
kessels, ist in der Mitte vernietet und gerade gebogen; eine grosse
bronzene Kesselhandhabe, bestehend aus einem grossen schweren
massiven Ringe an einer bandartigen Schleife, ist stark verbogen und
zeigt dadurch, dass er mit grosser Gewalt vom Kessel gerissen wurde.
Noch mehr als alles dieses sprechen für eine Benutzung dieser Stelle
als Schmiedestätte viele kleine Stückchen Schlacke, ferner kleine
Eisenstäbe, an deren Ende Eisenklumpen angefrischt waren, wie es
noch heute die Hammerschmiede thun und zuletzt das zur Bearbei-
tung angehäufte und verarbeitete Rohmaterial in Form von 6 bis
8 kg schweren, unregelmässigen Bruchstücken, sehr harten und
zähen, an den Bruchflächen schwarz metallisch glänzenden Luppen-
eisens, das sich als solches durch ungleiches Gefüge und einzelne
Schlackenpartikelchen herausstellt und die Hämmerung durchgemacht
hat. Diese Stücke besitzen eine so grosse Härte und Zähigkeit, dass
sie nur mit dem grössten Kraftaufwande, schweren Hämmern und
grosser Ausdauer zerschlagen werden konnten. Ich wollte einen
solchen Eisenklumpen zerschlagen lassen, aber zwei Arbeiter, welche

Einleitung zum Mittelalter.
langen Gebrauches der Handwerkzeuge, sondern auch an den unfertigen
Gegenständen, deren Bearbeitung mitten in der Arbeit unterbrochen
wurde, läſst sich erkennen, daſs hier durch eine längere Zeit gearbeitet
wurde. So verrät ein 8 kg wiegender, groſser eiserner Keil seine
Unfertigkeit dadurch, daſs das eine Ende zwar schon in eine Spitze
ausgehämmert, das andere aber erst im Beginne der Bearbeitung
sich befindet; bei einem anderen 6 kg schweren Hammer fehlt noch
das Stielloch, das nur erst angedeutet ist; ein dritter hat wohl das
Stielloch, aber so klein, daſs man annehmen muſs, die Arbeit des
Durchbohrens sei noch nicht vollendet. Die roh gearbeiteten Nägel
sind oft nicht vollendet, gebogen und zerbrochen; die Bronzebleche in
Streifen und unregelmäſsige Stücke geschnitten, zusammengebogen,
zerknittert und waren vermischt mit Abfällen, zerbrochenen Ringen
u. s. w. auf einen Haufen geworfen und offenbar zum Zusammen-
schmieden oder Verschmelzen vorbereitet, für letzteres sprechen zwei
Guſsformen; die eine, aus Bronze, besteht aus drei Teilen und diente
zum Gusse für flache Scheiben mit zwei Öhren und einem Tutulus in
der Mitte, die andere bestand aus einem grauen Thonschiefer und
diente für ein Zierstück und zwar eines kleinen vierspeichigen Rades
mit am Rande besetzten Knöpfchen. Ein 35 cm langer Bronzestab
läſst auf seinen Flächen die Spuren der Schläge des Hammers er-
kennen, ohne vollendet worden zu sein. Ein über ½ qm groſses
Kesselblech, der Seitenteil eines ⅔ m hohen, konischen Bronze-
kessels, ist in der Mitte vernietet und gerade gebogen; eine groſse
bronzene Kesselhandhabe, bestehend aus einem groſsen schweren
massiven Ringe an einer bandartigen Schleife, ist stark verbogen und
zeigt dadurch, daſs er mit groſser Gewalt vom Kessel gerissen wurde.
Noch mehr als alles dieses sprechen für eine Benutzung dieser Stelle
als Schmiedestätte viele kleine Stückchen Schlacke, ferner kleine
Eisenstäbe, an deren Ende Eisenklumpen angefrischt waren, wie es
noch heute die Hammerschmiede thun und zuletzt das zur Bearbei-
tung angehäufte und verarbeitete Rohmaterial in Form von 6 bis
8 kg schweren, unregelmäſsigen Bruchstücken, sehr harten und
zähen, an den Bruchflächen schwarz metallisch glänzenden Luppen-
eisens, das sich als solches durch ungleiches Gefüge und einzelne
Schlackenpartikelchen herausstellt und die Hämmerung durchgemacht
hat. Diese Stücke besitzen eine so groſse Härte und Zähigkeit, daſs
sie nur mit dem gröſsten Kraftaufwande, schweren Hämmern und
groſser Ausdauer zerschlagen werden konnten. Ich wollte einen
solchen Eisenklumpen zerschlagen lassen, aber zwei Arbeiter, welche

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[634/0656] Einleitung zum Mittelalter. langen Gebrauches der Handwerkzeuge, sondern auch an den unfertigen Gegenständen, deren Bearbeitung mitten in der Arbeit unterbrochen wurde, läſst sich erkennen, daſs hier durch eine längere Zeit gearbeitet wurde. So verrät ein 8 kg wiegender, groſser eiserner Keil seine Unfertigkeit dadurch, daſs das eine Ende zwar schon in eine Spitze ausgehämmert, das andere aber erst im Beginne der Bearbeitung sich befindet; bei einem anderen 6 kg schweren Hammer fehlt noch das Stielloch, das nur erst angedeutet ist; ein dritter hat wohl das Stielloch, aber so klein, daſs man annehmen muſs, die Arbeit des Durchbohrens sei noch nicht vollendet. Die roh gearbeiteten Nägel sind oft nicht vollendet, gebogen und zerbrochen; die Bronzebleche in Streifen und unregelmäſsige Stücke geschnitten, zusammengebogen, zerknittert und waren vermischt mit Abfällen, zerbrochenen Ringen u. s. w. auf einen Haufen geworfen und offenbar zum Zusammen- schmieden oder Verschmelzen vorbereitet, für letzteres sprechen zwei Guſsformen; die eine, aus Bronze, besteht aus drei Teilen und diente zum Gusse für flache Scheiben mit zwei Öhren und einem Tutulus in der Mitte, die andere bestand aus einem grauen Thonschiefer und diente für ein Zierstück und zwar eines kleinen vierspeichigen Rades mit am Rande besetzten Knöpfchen. Ein 35 cm langer Bronzestab läſst auf seinen Flächen die Spuren der Schläge des Hammers er- kennen, ohne vollendet worden zu sein. Ein über ½ qm groſses Kesselblech, der Seitenteil eines ⅔ m hohen, konischen Bronze- kessels, ist in der Mitte vernietet und gerade gebogen; eine groſse bronzene Kesselhandhabe, bestehend aus einem groſsen schweren massiven Ringe an einer bandartigen Schleife, ist stark verbogen und zeigt dadurch, daſs er mit groſser Gewalt vom Kessel gerissen wurde. Noch mehr als alles dieses sprechen für eine Benutzung dieser Stelle als Schmiedestätte viele kleine Stückchen Schlacke, ferner kleine Eisenstäbe, an deren Ende Eisenklumpen angefrischt waren, wie es noch heute die Hammerschmiede thun und zuletzt das zur Bearbei- tung angehäufte und verarbeitete Rohmaterial in Form von 6 bis 8 kg schweren, unregelmäſsigen Bruchstücken, sehr harten und zähen, an den Bruchflächen schwarz metallisch glänzenden Luppen- eisens, das sich als solches durch ungleiches Gefüge und einzelne Schlackenpartikelchen herausstellt und die Hämmerung durchgemacht hat. Diese Stücke besitzen eine so groſse Härte und Zähigkeit, daſs sie nur mit dem gröſsten Kraftaufwande, schweren Hämmern und groſser Ausdauer zerschlagen werden konnten. Ich wollte einen solchen Eisenklumpen zerschlagen lassen, aber zwei Arbeiter, welche

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/656>, abgerufen am 26.11.2024.