werfen sich auf die Räder, treiben mächtig die Wellen und durch diese die schwere Mühle."
Die Mühlen in Rom waren unterschlächtig und standen in den Kanälen 1). Sie verdrängten indessen die Hand- und Eselsmühlen in den Häusern noch nicht, sondern wurden mehr für öffentliche Zwecke, namentlich für die Bedürfnisse der Legionen betrieben. Öffentliche Wassermühlen, die für das Publikum Korn mahlten, wurden erst unter Honorius und Arcadius angelegt. Als Vitiges, König der Gothen, 536 den Belisarius belagerte und die 14 grossen Wasserleitungen verstopfte, sollen diese die ersten öffentlichen Schiffsmühlen auf der Tiber an- gelegt haben. In Deutschland wurden die Mühlen durch die Römer eingeführt. Die frühesten erwähnt Ausonius in seinem Gedichte "Mosella". Sie wurden im vierten Jahrhundert von der Roer betrieben
[Abbildung]
Fig. 164.
und scheinen Sägemühlen gewesen zu sein, die nicht minder alt als Wasser- mühlen sind.
Waren auch die ersten Mühlen, welche in Rom erlaubt wurden, unter- schlächtige, so scheinen doch die oberschlächtigen Räder kaum minder alt zu sein. Die angeführte Stelle des Antipater deu- tet mehr auf oberschläch- tige Räder, denn der Ausdruck "die Najaden werfen sich auf die Räder" passt besser zu dem Bilde eines oberschlächtigen als eines unterschlächtigen Rades. Es ist uns eine eigentümliche Zeichnung in den römischen Abbildungen zum Virgil im Vatikan erhalten. Das Ganze stellt die Werkstatt eines Steinmetzen dar (Fig. 164). Ein Rad mit gebogenen Schaufeln ist an einem massiven Gebäude befestigt. Die beiden eigentümlichen, gestreiften Bänder lassen sich am besten als Wasserläufe erklären, so dass (a) der Bach und (b) der Obergraben wäre, der das Wasser über das oberschlächtige Rad herführt. Der Knabe (c) zieht die Schütze.
Die Maschinen sind sämtlich nicht als Erfindungen der Römer an- zusehen, die meisten waren griechischen Ursprungs, wie schon die Namen besagen, namentlich die der Pumpe, der ktesibischen Druckwerke u. s. w.
1) Vitruv, Beschreibung, lib. X, cap. 10.
Italien und die Römer.
werfen sich auf die Räder, treiben mächtig die Wellen und durch diese die schwere Mühle.“
Die Mühlen in Rom waren unterschlächtig und standen in den Kanälen 1). Sie verdrängten indessen die Hand- und Eselsmühlen in den Häusern noch nicht, sondern wurden mehr für öffentliche Zwecke, namentlich für die Bedürfnisse der Legionen betrieben. Öffentliche Wassermühlen, die für das Publikum Korn mahlten, wurden erst unter Honorius und Arcadius angelegt. Als Vitiges, König der Gothen, 536 den Belisarius belagerte und die 14 groſsen Wasserleitungen verstopfte, sollen diese die ersten öffentlichen Schiffsmühlen auf der Tiber an- gelegt haben. In Deutschland wurden die Mühlen durch die Römer eingeführt. Die frühesten erwähnt Ausonius in seinem Gedichte „Mosella“. Sie wurden im vierten Jahrhundert von der Roer betrieben
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Fig. 164.
und scheinen Sägemühlen gewesen zu sein, die nicht minder alt als Wasser- mühlen sind.
Waren auch die ersten Mühlen, welche in Rom erlaubt wurden, unter- schlächtige, so scheinen doch die oberschlächtigen Räder kaum minder alt zu sein. Die angeführte Stelle des Antipater deu- tet mehr auf oberschläch- tige Räder, denn der Ausdruck „die Najaden werfen sich auf die Räder“ paſst besser zu dem Bilde eines oberschlächtigen als eines unterschlächtigen Rades. Es ist uns eine eigentümliche Zeichnung in den römischen Abbildungen zum Virgil im Vatikan erhalten. Das Ganze stellt die Werkstatt eines Steinmetzen dar (Fig. 164). Ein Rad mit gebogenen Schaufeln ist an einem massiven Gebäude befestigt. Die beiden eigentümlichen, gestreiften Bänder lassen sich am besten als Wasserläufe erklären, so daſs (a) der Bach und (b) der Obergraben wäre, der das Wasser über das oberschlächtige Rad herführt. Der Knabe (c) zieht die Schütze.
Die Maschinen sind sämtlich nicht als Erfindungen der Römer an- zusehen, die meisten waren griechischen Ursprungs, wie schon die Namen besagen, namentlich die der Pumpe, der ktesibischen Druckwerke u. s. w.
1) Vitruv, Beschreibung, lib. X, cap. 10.
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Italien und die Römer.
werfen sich auf die Räder, treiben mächtig die Wellen
und durch diese die schwere Mühle.“
Die Mühlen in Rom waren unterschlächtig und standen in den
Kanälen 1). Sie verdrängten indessen die Hand- und Eselsmühlen in
den Häusern noch nicht, sondern wurden mehr für öffentliche Zwecke,
namentlich für die Bedürfnisse der Legionen betrieben. Öffentliche
Wassermühlen, die für das Publikum Korn mahlten, wurden erst unter
Honorius und Arcadius angelegt. Als Vitiges, König der Gothen, 536
den Belisarius belagerte und die 14 groſsen Wasserleitungen verstopfte,
sollen diese die ersten öffentlichen Schiffsmühlen auf der Tiber an-
gelegt haben. In Deutschland wurden die Mühlen durch die Römer
eingeführt. Die frühesten erwähnt Ausonius in seinem Gedichte
„Mosella“. Sie wurden im vierten Jahrhundert von der Roer betrieben
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und scheinen Sägemühlen
gewesen zu sein, die nicht
minder alt als Wasser-
mühlen sind.
Waren auch die ersten
Mühlen, welche in Rom
erlaubt wurden, unter-
schlächtige, so scheinen
doch die oberschlächtigen
Räder kaum minder alt
zu sein. Die angeführte
Stelle des Antipater deu-
tet mehr auf oberschläch-
tige Räder, denn der Ausdruck „die Najaden werfen sich auf die
Räder“ paſst besser zu dem Bilde eines oberschlächtigen als eines
unterschlächtigen Rades. Es ist uns eine eigentümliche Zeichnung in
den römischen Abbildungen zum Virgil im Vatikan erhalten. Das
Ganze stellt die Werkstatt eines Steinmetzen dar (Fig. 164). Ein Rad
mit gebogenen Schaufeln ist an einem massiven Gebäude befestigt.
Die beiden eigentümlichen, gestreiften Bänder lassen sich am besten
als Wasserläufe erklären, so daſs (a) der Bach und (b) der Obergraben
wäre, der das Wasser über das oberschlächtige Rad herführt. Der
Knabe (c) zieht die Schütze.
Die Maschinen sind sämtlich nicht als Erfindungen der Römer an-
zusehen, die meisten waren griechischen Ursprungs, wie schon die Namen
besagen, namentlich die der Pumpe, der ktesibischen Druckwerke u. s. w.
1) Vitruv, Beschreibung, lib. X, cap. 10.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/603>, abgerufen am 22.11.2024.
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