Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite

Italien und die Römer.
oder Metallringe verstärkt und danach unterschied man Schuppen-
panzer (lorica squamata) und Kettenpanzer (lorica hamata).

Diese beiden Panzerarten unterschieden sich wesentlich. Die
hamata (thorax lisidotos des Polybios) wurde meist unter dem Wams
getragen. Auf vielen Grabsteinen ragt es, ähnlich den Panzerhemden
des Mittelalters, unter dem darüber gezogenen Lederwams als ein Saum
hervor. Doch wurde es auch oft, meist von Soldaten in der Schlacht
übergezogen 1). Das Geflecht bestand aus eisernen, seltener aus eher-
nen, öfter schon aus eisernen und ehernen zu regelmässigem Gewebe
geflochtenen Ringen, von denen ein jeder durch ein Stiftchen vernietet
war. Die Ringe waren von verschiedener Grösse, die Maschen also
sehr verschieden weit. Fig. 155 Nr. 5 zeigt den Teil eines eisernen
römischen Panzerhemdes von Nydam aus der Sammlung in Kiel. Fig. 153
Nr. 7 giebt die wirkliche Maschenweite eines in Mainz gefundenen, vor-
züglich gearbeiteten eisernen Ringelpanzers (Fig. 156 Nr. 6) 2). Die
lorica squamata (thorax lepidotos) bestand aus fischschuppenähnlichen
Metallplättchen, die dicht aneinandergereiht auf dem Lederwams auf-
genäht waren. Fig. 153 Nr. 8, 9 giebt die Zeichnung einer lorica
squamata, die bei Mainz gefunden wurde; Fig. 153 Nr. 10 einer
solchen aus dem Amphitheater von Avenches, beide aus Bronze ge-
fertigt. Indes wurden die Schuppen unzweifelhaft auch aus Eisen
gefertigt. Die Bezeichnung tunica ferrea 3) beweist dies, die wohl
eher auf die lorica squamata bezogen werden dürfte, als auf den etrus-
kischen Schalenpanzer 4), den allerdings in ältester Zeit die Hopliten
der servianischen Klassenlegion getragen haben. Jedenfalls wurden die
Schuppen und Ringelpanzer erst nach den punischen Kriegen einge-
führt, es waren kostbare Waffenstücke, die nur von den Vornehmen
getragen wurden.

Des Hannibal Kettenpanzer, aus Erz- und Stahlringen gefertigt,
wird von Silius gepriesen (Silius, lib. II). Über die lorica segmentata,
den Schienenpanzer, der aus durch Charniere verbundenen Bändern zu-
sammengefügt war, wissen wir Näheres nicht, namentlich nicht aus
welchem Metall er gefertigt war, doch sind namhafte Gelehrte der
Ansicht, dass das Schienenwerk aus Eisen bestand 5).

Der Hauptmetallteil des römischen Schildes (scutum) war der

1) Lindenschmit, Tracht und Bewaffnung etc. 7.
2) Lindenschmit, Alter-
tümer I, Heft XII, S. IV.
3) So bezeichnet Tacitus die Rüstung Kaiser Otho's
im Gegensatze zu der seiner Truppen; Historia II, 11.
4) Siehe oben und Jähns
S. 193.
5) A. Müller, Philolog. XL, Hübner, Hermes Bd. I, Heft II, S. 302.

Italien und die Römer.
oder Metallringe verstärkt und danach unterschied man Schuppen-
panzer (lorica squamata) und Kettenpanzer (lorica hamata).

Diese beiden Panzerarten unterschieden sich wesentlich. Die
hamata (ϑῶϱαξ λισιδωτός des Polybios) wurde meist unter dem Wams
getragen. Auf vielen Grabsteinen ragt es, ähnlich den Panzerhemden
des Mittelalters, unter dem darüber gezogenen Lederwams als ein Saum
hervor. Doch wurde es auch oft, meist von Soldaten in der Schlacht
übergezogen 1). Das Geflecht bestand aus eisernen, seltener aus eher-
nen, öfter schon aus eisernen und ehernen zu regelmäſsigem Gewebe
geflochtenen Ringen, von denen ein jeder durch ein Stiftchen vernietet
war. Die Ringe waren von verschiedener Gröſse, die Maschen also
sehr verschieden weit. Fig. 155 Nr. 5 zeigt den Teil eines eisernen
römischen Panzerhemdes von Nydam aus der Sammlung in Kiel. Fig. 153
Nr. 7 giebt die wirkliche Maschenweite eines in Mainz gefundenen, vor-
züglich gearbeiteten eisernen Ringelpanzers (Fig. 156 Nr. 6) 2). Die
lorica squamata (ϑώϱαξ λεπιδωτός) bestand aus fischschuppenähnlichen
Metallplättchen, die dicht aneinandergereiht auf dem Lederwams auf-
genäht waren. Fig. 153 Nr. 8, 9 giebt die Zeichnung einer lorica
squamata, die bei Mainz gefunden wurde; Fig. 153 Nr. 10 einer
solchen aus dem Amphitheater von Avenches, beide aus Bronze ge-
fertigt. Indes wurden die Schuppen unzweifelhaft auch aus Eisen
gefertigt. Die Bezeichnung tunica ferrea 3) beweist dies, die wohl
eher auf die lorica squamata bezogen werden dürfte, als auf den etrus-
kischen Schalenpanzer 4), den allerdings in ältester Zeit die Hopliten
der servianischen Klassenlegion getragen haben. Jedenfalls wurden die
Schuppen und Ringelpanzer erst nach den punischen Kriegen einge-
führt, es waren kostbare Waffenstücke, die nur von den Vornehmen
getragen wurden.

Des Hannibal Kettenpanzer, aus Erz- und Stahlringen gefertigt,
wird von Silius gepriesen (Silius, lib. II). Über die lorica segmentata,
den Schienenpanzer, der aus durch Charniere verbundenen Bändern zu-
sammengefügt war, wissen wir Näheres nicht, namentlich nicht aus
welchem Metall er gefertigt war, doch sind namhafte Gelehrte der
Ansicht, daſs das Schienenwerk aus Eisen bestand 5).

Der Hauptmetallteil des römischen Schildes (scutum) war der

1) Lindenschmit, Tracht und Bewaffnung etc. 7.
2) Lindenschmit, Alter-
tümer I, Heft XII, S. IV.
3) So bezeichnet Tacitus die Rüstung Kaiser Otho’s
im Gegensatze zu der seiner Truppen; Historia II, 11.
4) Siehe oben und Jähns
S. 193.
5) A. Müller, Philolog. XL, Hübner, Hermes Bd. I, Heft II, S. 302.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0582" n="560"/><fw place="top" type="header">Italien und die Römer.</fw><lb/>
oder Metallringe verstärkt und danach unterschied man Schuppen-<lb/>
panzer (lorica squamata) und Kettenpanzer (lorica hamata).</p><lb/>
          <p>Diese beiden Panzerarten unterschieden sich wesentlich. Die<lb/>
hamata (&#x03D1;&#x1FF6;&#x03F1;&#x03B1;&#x03BE; &#x03BB;&#x03B9;&#x03C3;&#x03B9;&#x03B4;&#x03C9;&#x03C4;&#x03CC;&#x03C2; des Polybios) wurde meist unter dem Wams<lb/>
getragen. Auf vielen Grabsteinen ragt es, ähnlich den Panzerhemden<lb/>
des Mittelalters, unter dem darüber gezogenen Lederwams als ein Saum<lb/>
hervor. Doch wurde es auch oft, meist von Soldaten in der Schlacht<lb/>
übergezogen <note place="foot" n="1)">Lindenschmit, Tracht und Bewaffnung etc. 7.</note>. Das Geflecht bestand aus eisernen, seltener aus eher-<lb/>
nen, öfter schon aus eisernen und ehernen zu regelmä&#x017F;sigem Gewebe<lb/>
geflochtenen Ringen, von denen ein jeder durch ein Stiftchen vernietet<lb/>
war. Die Ringe waren von verschiedener Grö&#x017F;se, die Maschen also<lb/>
sehr verschieden weit. Fig. 155 Nr. 5 zeigt den Teil eines eisernen<lb/>
römischen Panzerhemdes von Nydam aus der Sammlung in Kiel. Fig. 153<lb/>
Nr. 7 giebt die wirkliche Maschenweite eines in Mainz gefundenen, vor-<lb/>
züglich gearbeiteten eisernen Ringelpanzers (Fig. 156 Nr. 6) <note place="foot" n="2)">Lindenschmit, Alter-<lb/>
tümer I, Heft XII, S. IV.</note>. Die<lb/>
lorica squamata (&#x03D1;&#x03CE;&#x03F1;&#x03B1;&#x03BE; &#x03BB;&#x03B5;&#x03C0;&#x03B9;&#x03B4;&#x03C9;&#x03C4;&#x03CC;&#x03C2;) bestand aus fischschuppenähnlichen<lb/>
Metallplättchen, die dicht aneinandergereiht auf dem Lederwams auf-<lb/>
genäht waren. Fig. 153 Nr. 8, 9 giebt die Zeichnung einer lorica<lb/>
squamata, die bei Mainz gefunden wurde; Fig. 153 Nr. 10 einer<lb/>
solchen aus dem Amphitheater von Avenches, beide aus Bronze ge-<lb/>
fertigt. Indes wurden die Schuppen unzweifelhaft auch aus Eisen<lb/>
gefertigt. Die Bezeichnung tunica ferrea <note place="foot" n="3)">So bezeichnet Tacitus die Rüstung Kaiser Otho&#x2019;s<lb/>
im Gegensatze zu der seiner Truppen; Historia II, 11.</note> beweist dies, die wohl<lb/>
eher auf die lorica squamata bezogen werden dürfte, als auf den etrus-<lb/>
kischen Schalenpanzer <note place="foot" n="4)">Siehe oben und Jähns<lb/>
S. 193.</note>, den allerdings in ältester Zeit die Hopliten<lb/>
der servianischen Klassenlegion getragen haben. Jedenfalls wurden die<lb/>
Schuppen und Ringelpanzer erst nach den punischen Kriegen einge-<lb/>
führt, es waren kostbare Waffenstücke, die nur von den Vornehmen<lb/>
getragen wurden.</p><lb/>
          <p>Des Hannibal Kettenpanzer, aus Erz- und Stahlringen gefertigt,<lb/>
wird von Silius gepriesen (Silius, lib. II). Über die lorica segmentata,<lb/>
den Schienenpanzer, der aus durch Charniere verbundenen Bändern zu-<lb/>
sammengefügt war, wissen wir Näheres nicht, namentlich nicht aus<lb/>
welchem Metall er gefertigt war, doch sind namhafte Gelehrte der<lb/>
Ansicht, da&#x017F;s das Schienenwerk aus Eisen bestand <note place="foot" n="5)">A. Müller, Philolog. XL, Hübner, Hermes Bd. I, Heft II, S. 302.</note>.</p><lb/>
          <p>Der Hauptmetallteil des römischen Schildes (scutum) war der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[560/0582] Italien und die Römer. oder Metallringe verstärkt und danach unterschied man Schuppen- panzer (lorica squamata) und Kettenpanzer (lorica hamata). Diese beiden Panzerarten unterschieden sich wesentlich. Die hamata (ϑῶϱαξ λισιδωτός des Polybios) wurde meist unter dem Wams getragen. Auf vielen Grabsteinen ragt es, ähnlich den Panzerhemden des Mittelalters, unter dem darüber gezogenen Lederwams als ein Saum hervor. Doch wurde es auch oft, meist von Soldaten in der Schlacht übergezogen 1). Das Geflecht bestand aus eisernen, seltener aus eher- nen, öfter schon aus eisernen und ehernen zu regelmäſsigem Gewebe geflochtenen Ringen, von denen ein jeder durch ein Stiftchen vernietet war. Die Ringe waren von verschiedener Gröſse, die Maschen also sehr verschieden weit. Fig. 155 Nr. 5 zeigt den Teil eines eisernen römischen Panzerhemdes von Nydam aus der Sammlung in Kiel. Fig. 153 Nr. 7 giebt die wirkliche Maschenweite eines in Mainz gefundenen, vor- züglich gearbeiteten eisernen Ringelpanzers (Fig. 156 Nr. 6) 2). Die lorica squamata (ϑώϱαξ λεπιδωτός) bestand aus fischschuppenähnlichen Metallplättchen, die dicht aneinandergereiht auf dem Lederwams auf- genäht waren. Fig. 153 Nr. 8, 9 giebt die Zeichnung einer lorica squamata, die bei Mainz gefunden wurde; Fig. 153 Nr. 10 einer solchen aus dem Amphitheater von Avenches, beide aus Bronze ge- fertigt. Indes wurden die Schuppen unzweifelhaft auch aus Eisen gefertigt. Die Bezeichnung tunica ferrea 3) beweist dies, die wohl eher auf die lorica squamata bezogen werden dürfte, als auf den etrus- kischen Schalenpanzer 4), den allerdings in ältester Zeit die Hopliten der servianischen Klassenlegion getragen haben. Jedenfalls wurden die Schuppen und Ringelpanzer erst nach den punischen Kriegen einge- führt, es waren kostbare Waffenstücke, die nur von den Vornehmen getragen wurden. Des Hannibal Kettenpanzer, aus Erz- und Stahlringen gefertigt, wird von Silius gepriesen (Silius, lib. II). Über die lorica segmentata, den Schienenpanzer, der aus durch Charniere verbundenen Bändern zu- sammengefügt war, wissen wir Näheres nicht, namentlich nicht aus welchem Metall er gefertigt war, doch sind namhafte Gelehrte der Ansicht, daſs das Schienenwerk aus Eisen bestand 5). Der Hauptmetallteil des römischen Schildes (scutum) war der 1) Lindenschmit, Tracht und Bewaffnung etc. 7. 2) Lindenschmit, Alter- tümer I, Heft XII, S. IV. 3) So bezeichnet Tacitus die Rüstung Kaiser Otho’s im Gegensatze zu der seiner Truppen; Historia II, 11. 4) Siehe oben und Jähns S. 193. 5) A. Müller, Philolog. XL, Hübner, Hermes Bd. I, Heft II, S. 302.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/582
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/582>, abgerufen am 22.11.2024.