Solche Röhrchen messen 4 Zoll Länge, im lichten Durchmesser 11 Linien, 6 Linien Fleischdicke, sind teilweise gut gebrannt, das vor- dere Ende (Auge) zeigt sich angeschmolzen, das rückwärtige scheint ausgedreht.
In die Gruben und Öfen wurde Holz und Kohle gegichtet, ent- zündet, Erz darauf geworfen, abermals Brennstoff und Erze aufgegeben und nachdem das gefrittete Produkt unter erneuerter Brennstoffgichtung mehrmals auf die Oberfläche gebracht war, die Schlacken abgelassen und dies so lange fortgesetzt, bis das aus dem Erze ausgeschmolzene Eisen sich in einen Klumpen oder Fladen (flatum ferri, wie sich alte Urkunden ausdrücken) ansammelte, den man aus den Gruben und Öfen aushob, von den anhaftenden Schlacken reinigte und nach Ab- gabe der Frohne und Schmelzgebühr in den Handel, der sich aus- schliesslich nach Süden und wie erwähnt, in die römischen Eisenfabriken bewegte, brachte."
In Deutschland sind Reste römischer Eisenwerke selten, obgleich unzweifelhaft die Römer an vielen Punkten innerhalb des Pfahlgrabens Eisen gewannen, wie z. B. im Thale der Eisenbach bei Eisenberg in der Rheinpfalz.
Eine alte Schmelzstätte aus römischer Zeit ist vor einigen Jahren in nächster Nähe des berühmten römischen Kastrums, der Salburg bei Homburg vor der Höhe, vom Oberst v. Cohausen und dem Verfasser aufgedeckt und beschrieben worden 1). Das mächtige Römerkastel, die Salburg, auf dem Gebirgssattel des Taunus, bildete eines der wichtigsten Verteidigungswerke des Pfahlgrabens, eines der stärksten Bollwerke gegen die Chatten. Wiederholt wurde es von dem wütenden Feinde erstürmt und zerstört und von den Römern wieder aufgebaut, bis es im Jahre 280 n. Chr. zum letztenmal von den siegreichen Germanen den Flammen übergeben und der Erde gleich gemacht wurde. Niemals wurde nach dieser letzten Zerstörung dieser blutdurchtränkte Boden wieder angebaut. Wald wuchs darüber, selbst Schatzgräber wagten kaum die Trümmer der einst so stolzen Feste zu durchwühlen. Die Erinnerung an die Römerburg war fast gänzlich vergessen: Erst vor einigen Jahrzehnten, im Jahre 1856, als eine Rodung des Waldes dazu Gelegenheit gab, kam man dazu die Fundamente der ausgedehnten Festung bloss zu legen und die archäologischen Schätze, die jetzt im Salburg-Museum in Homburg zusammengestellt sind, zu heben. Was bei den zahlreichen Funden zunächst ins Auge springt, ist der Reichtum
1) Annalen des Vereins für nassauische Altertumskunde und Geschichtsfor- schung. Bd. XIV, 1877, 324 etc. und Bd. XV, 1879, 124 etc.
Italien und die Römer.
Solche Röhrchen messen 4 Zoll Länge, im lichten Durchmesser 11 Linien, 6 Linien Fleischdicke, sind teilweise gut gebrannt, das vor- dere Ende (Auge) zeigt sich angeschmolzen, das rückwärtige scheint ausgedreht.
In die Gruben und Öfen wurde Holz und Kohle gegichtet, ent- zündet, Erz darauf geworfen, abermals Brennstoff und Erze aufgegeben und nachdem das gefrittete Produkt unter erneuerter Brennstoffgichtung mehrmals auf die Oberfläche gebracht war, die Schlacken abgelassen und dies so lange fortgesetzt, bis das aus dem Erze ausgeschmolzene Eisen sich in einen Klumpen oder Fladen (flatum ferri, wie sich alte Urkunden ausdrücken) ansammelte, den man aus den Gruben und Öfen aushob, von den anhaftenden Schlacken reinigte und nach Ab- gabe der Frohne und Schmelzgebühr in den Handel, der sich aus- schlieſslich nach Süden und wie erwähnt, in die römischen Eisenfabriken bewegte, brachte.“
In Deutschland sind Reste römischer Eisenwerke selten, obgleich unzweifelhaft die Römer an vielen Punkten innerhalb des Pfahlgrabens Eisen gewannen, wie z. B. im Thale der Eisenbach bei Eisenberg in der Rheinpfalz.
Eine alte Schmelzstätte aus römischer Zeit ist vor einigen Jahren in nächster Nähe des berühmten römischen Kastrums, der Salburg bei Homburg vor der Höhe, vom Oberst v. Cohausen und dem Verfasser aufgedeckt und beschrieben worden 1). Das mächtige Römerkastel, die Salburg, auf dem Gebirgssattel des Taunus, bildete eines der wichtigsten Verteidigungswerke des Pfahlgrabens, eines der stärksten Bollwerke gegen die Chatten. Wiederholt wurde es von dem wütenden Feinde erstürmt und zerstört und von den Römern wieder aufgebaut, bis es im Jahre 280 n. Chr. zum letztenmal von den siegreichen Germanen den Flammen übergeben und der Erde gleich gemacht wurde. Niemals wurde nach dieser letzten Zerstörung dieser blutdurchtränkte Boden wieder angebaut. Wald wuchs darüber, selbst Schatzgräber wagten kaum die Trümmer der einst so stolzen Feste zu durchwühlen. Die Erinnerung an die Römerburg war fast gänzlich vergessen: Erst vor einigen Jahrzehnten, im Jahre 1856, als eine Rodung des Waldes dazu Gelegenheit gab, kam man dazu die Fundamente der ausgedehnten Festung bloſs zu legen und die archäologischen Schätze, die jetzt im Salburg-Museum in Homburg zusammengestellt sind, zu heben. Was bei den zahlreichen Funden zunächst ins Auge springt, ist der Reichtum
1) Annalen des Vereins für nassauische Altertumskunde und Geschichtsfor- schung. Bd. XIV, 1877, 324 etc. und Bd. XV, 1879, 124 etc.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0536"n="514"/><fwplace="top"type="header">Italien und die Römer.</fw><lb/><p>Solche Röhrchen messen 4 Zoll Länge, im lichten Durchmesser<lb/>
11 Linien, 6 Linien Fleischdicke, sind teilweise gut gebrannt, das vor-<lb/>
dere Ende (Auge) zeigt sich angeschmolzen, das rückwärtige scheint<lb/>
ausgedreht.</p><lb/><p>In die Gruben und Öfen wurde Holz und Kohle gegichtet, ent-<lb/>
zündet, Erz darauf geworfen, abermals Brennstoff und Erze aufgegeben<lb/>
und nachdem das gefrittete Produkt unter erneuerter Brennstoffgichtung<lb/>
mehrmals auf die Oberfläche gebracht war, die Schlacken abgelassen<lb/>
und dies so lange fortgesetzt, bis das aus dem Erze ausgeschmolzene<lb/>
Eisen sich in einen Klumpen oder Fladen (flatum ferri, wie sich alte<lb/>
Urkunden ausdrücken) ansammelte, den man aus den Gruben und<lb/>
Öfen aushob, von den anhaftenden Schlacken reinigte und nach Ab-<lb/>
gabe der Frohne und Schmelzgebühr in den Handel, der sich aus-<lb/>
schlieſslich nach Süden und wie erwähnt, in die römischen Eisenfabriken<lb/>
bewegte, brachte.“</p><lb/><p>In Deutschland sind Reste römischer Eisenwerke selten, obgleich<lb/>
unzweifelhaft die Römer an vielen Punkten innerhalb des Pfahlgrabens<lb/>
Eisen gewannen, wie z. B. im Thale der Eisenbach bei Eisenberg in<lb/>
der Rheinpfalz.</p><lb/><p>Eine alte Schmelzstätte aus römischer Zeit ist vor einigen Jahren<lb/>
in nächster Nähe des berühmten römischen Kastrums, der Salburg bei<lb/>
Homburg vor der Höhe, vom Oberst v. Cohausen und dem Verfasser<lb/>
aufgedeckt und beschrieben worden <noteplace="foot"n="1)">Annalen des Vereins für nassauische Altertumskunde und Geschichtsfor-<lb/>
schung. Bd. XIV, 1877, 324 etc. und Bd. XV, 1879, 124 etc.</note>. Das mächtige Römerkastel, die<lb/>
Salburg, auf dem Gebirgssattel des Taunus, bildete eines der wichtigsten<lb/>
Verteidigungswerke des Pfahlgrabens, eines der stärksten Bollwerke<lb/>
gegen die Chatten. Wiederholt wurde es von dem wütenden Feinde<lb/>
erstürmt und zerstört und von den Römern wieder aufgebaut, bis es<lb/>
im Jahre 280 n. Chr. zum letztenmal von den siegreichen Germanen<lb/>
den Flammen übergeben und der Erde gleich gemacht wurde. Niemals<lb/>
wurde nach dieser letzten Zerstörung dieser blutdurchtränkte Boden<lb/>
wieder angebaut. Wald wuchs darüber, selbst Schatzgräber wagten<lb/>
kaum die Trümmer der einst so stolzen Feste zu durchwühlen. Die<lb/>
Erinnerung an die Römerburg war fast gänzlich vergessen: Erst vor<lb/>
einigen Jahrzehnten, im Jahre 1856, als eine Rodung des Waldes<lb/>
dazu Gelegenheit gab, kam man dazu die Fundamente der ausgedehnten<lb/>
Festung bloſs zu legen und die archäologischen Schätze, die jetzt im<lb/>
Salburg-Museum in Homburg zusammengestellt sind, zu heben. Was<lb/>
bei den zahlreichen Funden zunächst ins Auge springt, ist der Reichtum<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[514/0536]
Italien und die Römer.
Solche Röhrchen messen 4 Zoll Länge, im lichten Durchmesser
11 Linien, 6 Linien Fleischdicke, sind teilweise gut gebrannt, das vor-
dere Ende (Auge) zeigt sich angeschmolzen, das rückwärtige scheint
ausgedreht.
In die Gruben und Öfen wurde Holz und Kohle gegichtet, ent-
zündet, Erz darauf geworfen, abermals Brennstoff und Erze aufgegeben
und nachdem das gefrittete Produkt unter erneuerter Brennstoffgichtung
mehrmals auf die Oberfläche gebracht war, die Schlacken abgelassen
und dies so lange fortgesetzt, bis das aus dem Erze ausgeschmolzene
Eisen sich in einen Klumpen oder Fladen (flatum ferri, wie sich alte
Urkunden ausdrücken) ansammelte, den man aus den Gruben und
Öfen aushob, von den anhaftenden Schlacken reinigte und nach Ab-
gabe der Frohne und Schmelzgebühr in den Handel, der sich aus-
schlieſslich nach Süden und wie erwähnt, in die römischen Eisenfabriken
bewegte, brachte.“
In Deutschland sind Reste römischer Eisenwerke selten, obgleich
unzweifelhaft die Römer an vielen Punkten innerhalb des Pfahlgrabens
Eisen gewannen, wie z. B. im Thale der Eisenbach bei Eisenberg in
der Rheinpfalz.
Eine alte Schmelzstätte aus römischer Zeit ist vor einigen Jahren
in nächster Nähe des berühmten römischen Kastrums, der Salburg bei
Homburg vor der Höhe, vom Oberst v. Cohausen und dem Verfasser
aufgedeckt und beschrieben worden 1). Das mächtige Römerkastel, die
Salburg, auf dem Gebirgssattel des Taunus, bildete eines der wichtigsten
Verteidigungswerke des Pfahlgrabens, eines der stärksten Bollwerke
gegen die Chatten. Wiederholt wurde es von dem wütenden Feinde
erstürmt und zerstört und von den Römern wieder aufgebaut, bis es
im Jahre 280 n. Chr. zum letztenmal von den siegreichen Germanen
den Flammen übergeben und der Erde gleich gemacht wurde. Niemals
wurde nach dieser letzten Zerstörung dieser blutdurchtränkte Boden
wieder angebaut. Wald wuchs darüber, selbst Schatzgräber wagten
kaum die Trümmer der einst so stolzen Feste zu durchwühlen. Die
Erinnerung an die Römerburg war fast gänzlich vergessen: Erst vor
einigen Jahrzehnten, im Jahre 1856, als eine Rodung des Waldes
dazu Gelegenheit gab, kam man dazu die Fundamente der ausgedehnten
Festung bloſs zu legen und die archäologischen Schätze, die jetzt im
Salburg-Museum in Homburg zusammengestellt sind, zu heben. Was
bei den zahlreichen Funden zunächst ins Auge springt, ist der Reichtum
1) Annalen des Vereins für nassauische Altertumskunde und Geschichtsfor-
schung. Bd. XIV, 1877, 324 etc. und Bd. XV, 1879, 124 etc.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/536>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.