Die Verschiedenheiten des Erzes nach seinem Gebrauche und nach seiner Mischung charakterisiert Plinius 1) folgendermassen: "Das cypri- sche Erz giebt das Kranzerz (coronarium) und Staberz (regulare, Schmiedeerz). Das Kranzerz (vielleicht eine Art Messing) wird zu dünnen Blättchen ausgeschlagen und gewährt, in Stiergalle getaucht, an den Kränzen der Schauspieler das Ansehen von Gold; mit einem Zusatze von sechs Skrupel Gold auf eine Unze glüht das dünne Glanz- flitter wie Feuer (Flittergold). Staberz wird auch aus anderen Gruben gewonnen, desgleichen das Gusserz (caldarium). Der Unterschied be- steht darin, dass das Gusserz nur geschmolzen wird und unter dem Hammer bricht, das Staberz aber, wozu alles cyprische gehört, unter demselben nachgiebt und deshalb von anderen auch Schmiedeerz (ge- schmeidiges Erz, aes ductile) genannt wird. Aber auch in den übrigen Bergwerken unterscheidet sich dieses vom Gusserz durch die Behand- lung, denn alles Erz wird, wenn man durch das Feuer sorgfältiger alle Unreinigkeiten ausschmiedet, dehnbares Erz. Unter den übrigen Erzarten giebt man dem kampanischen, welches zu Geräten und Ge- fässen am tauglichsten ist, den Vorzug. Es wird auf mehrere Arten bereitet. Zu Capua zerlässt man es nicht auf Kohlen-, sondern auf Holzfeuer, reinigt es durch ein eichenes Sieb, begiesst es mit kaltem Wasser und schmilzt es öfter auf dieselbe Weise, zuletzt mit einem Zusatze von 10 Proz. spanischem Zinn (novissime additis plumbi argen- tarii Hispaniensis denis libris in centenas aeris); so wird es zähe und bekommt eine angenehme Farbe, welche man bei anderen Erzarten durch Öl und durch die Sonne zu erkünsteln sucht.
Ein dem kampanischen ähnliches wird in vielen Teilen Italiens und in den Provinzen gemacht, man setzt aber nur acht Pfund Zinn 2) zu und schmilzt es wegen Holzmangels mit Kohlen um. Welchen Unterschied dieser Umstand macht, spürt man am meisten in Gallien, wo es zwischen glühend gemachten Steinen geschmolzen wird, denn durch die Schmelzung bei direkter Verbrennung erhält man ein schwarzes und brüchiges Erz. Ausserdem wiederholt man das Schmel- zen nur einmal, während dieses, wenn es öfter geschieht, am meisten zur Güte beiträgt." Bemerkenswert ist auch, dass alles Erz bei grösserer Kälte sich besser schmelzen lässt (eine bekannte Thatsache, die sich aus der grösseren Dichtigkeit der Verbrennungsluft erklärt).
"Zu den Standbildern, wie zu Tafeln wird die Mischung in folgen- der Weise gemacht. Zuerst wird die Masse vor dem Gebläse ein-
1) Plinius XXXIV, 20.
2) Hier nur plumbum.
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Italien und die Römer.
Die Verschiedenheiten des Erzes nach seinem Gebrauche und nach seiner Mischung charakterisiert Plinius 1) folgendermaſsen: „Das cypri- sche Erz giebt das Kranzerz (coronarium) und Staberz (regulare, Schmiedeerz). Das Kranzerz (vielleicht eine Art Messing) wird zu dünnen Blättchen ausgeschlagen und gewährt, in Stiergalle getaucht, an den Kränzen der Schauspieler das Ansehen von Gold; mit einem Zusatze von sechs Skrupel Gold auf eine Unze glüht das dünne Glanz- flitter wie Feuer (Flittergold). Staberz wird auch aus anderen Gruben gewonnen, desgleichen das Guſserz (caldarium). Der Unterschied be- steht darin, daſs das Guſserz nur geschmolzen wird und unter dem Hammer bricht, das Staberz aber, wozu alles cyprische gehört, unter demselben nachgiebt und deshalb von anderen auch Schmiedeerz (ge- schmeidiges Erz, aes ductile) genannt wird. Aber auch in den übrigen Bergwerken unterscheidet sich dieses vom Guſserz durch die Behand- lung, denn alles Erz wird, wenn man durch das Feuer sorgfältiger alle Unreinigkeiten ausschmiedet, dehnbares Erz. Unter den übrigen Erzarten giebt man dem kampanischen, welches zu Geräten und Ge- fäſsen am tauglichsten ist, den Vorzug. Es wird auf mehrere Arten bereitet. Zu Capua zerläſst man es nicht auf Kohlen-, sondern auf Holzfeuer, reinigt es durch ein eichenes Sieb, begieſst es mit kaltem Wasser und schmilzt es öfter auf dieselbe Weise, zuletzt mit einem Zusatze von 10 Proz. spanischem Zinn (novissime additis plumbi argen- tarii Hispaniensis denis libris in centenas aeris); so wird es zähe und bekommt eine angenehme Farbe, welche man bei anderen Erzarten durch Öl und durch die Sonne zu erkünsteln sucht.
Ein dem kampanischen ähnliches wird in vielen Teilen Italiens und in den Provinzen gemacht, man setzt aber nur acht Pfund Zinn 2) zu und schmilzt es wegen Holzmangels mit Kohlen um. Welchen Unterschied dieser Umstand macht, spürt man am meisten in Gallien, wo es zwischen glühend gemachten Steinen geschmolzen wird, denn durch die Schmelzung bei direkter Verbrennung erhält man ein schwarzes und brüchiges Erz. Auſserdem wiederholt man das Schmel- zen nur einmal, während dieses, wenn es öfter geschieht, am meisten zur Güte beiträgt.“ Bemerkenswert ist auch, daſs alles Erz bei gröſserer Kälte sich besser schmelzen läſst (eine bekannte Thatsache, die sich aus der gröſseren Dichtigkeit der Verbrennungsluft erklärt).
„Zu den Standbildern, wie zu Tafeln wird die Mischung in folgen- der Weise gemacht. Zuerst wird die Masse vor dem Gebläse ein-
1) Plinius XXXIV, 20.
2) Hier nur plumbum.
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Italien und die Römer.
Die Verschiedenheiten des Erzes nach seinem Gebrauche und nach
seiner Mischung charakterisiert Plinius 1) folgendermaſsen: „Das cypri-
sche Erz giebt das Kranzerz (coronarium) und Staberz (regulare,
Schmiedeerz). Das Kranzerz (vielleicht eine Art Messing) wird zu
dünnen Blättchen ausgeschlagen und gewährt, in Stiergalle getaucht,
an den Kränzen der Schauspieler das Ansehen von Gold; mit einem
Zusatze von sechs Skrupel Gold auf eine Unze glüht das dünne Glanz-
flitter wie Feuer (Flittergold). Staberz wird auch aus anderen Gruben
gewonnen, desgleichen das Guſserz (caldarium). Der Unterschied be-
steht darin, daſs das Guſserz nur geschmolzen wird und unter dem
Hammer bricht, das Staberz aber, wozu alles cyprische gehört, unter
demselben nachgiebt und deshalb von anderen auch Schmiedeerz (ge-
schmeidiges Erz, aes ductile) genannt wird. Aber auch in den übrigen
Bergwerken unterscheidet sich dieses vom Guſserz durch die Behand-
lung, denn alles Erz wird, wenn man durch das Feuer sorgfältiger
alle Unreinigkeiten ausschmiedet, dehnbares Erz. Unter den übrigen
Erzarten giebt man dem kampanischen, welches zu Geräten und Ge-
fäſsen am tauglichsten ist, den Vorzug. Es wird auf mehrere Arten
bereitet. Zu Capua zerläſst man es nicht auf Kohlen-, sondern auf
Holzfeuer, reinigt es durch ein eichenes Sieb, begieſst es mit kaltem
Wasser und schmilzt es öfter auf dieselbe Weise, zuletzt mit einem
Zusatze von 10 Proz. spanischem Zinn (novissime additis plumbi argen-
tarii Hispaniensis denis libris in centenas aeris); so wird es zähe und
bekommt eine angenehme Farbe, welche man bei anderen Erzarten
durch Öl und durch die Sonne zu erkünsteln sucht.
Ein dem kampanischen ähnliches wird in vielen Teilen Italiens
und in den Provinzen gemacht, man setzt aber nur acht Pfund Zinn 2)
zu und schmilzt es wegen Holzmangels mit Kohlen um. Welchen
Unterschied dieser Umstand macht, spürt man am meisten in Gallien,
wo es zwischen glühend gemachten Steinen geschmolzen wird, denn
durch die Schmelzung bei direkter Verbrennung erhält man ein
schwarzes und brüchiges Erz. Auſserdem wiederholt man das Schmel-
zen nur einmal, während dieses, wenn es öfter geschieht, am meisten
zur Güte beiträgt.“ Bemerkenswert ist auch, daſs alles Erz bei gröſserer
Kälte sich besser schmelzen läſst (eine bekannte Thatsache, die sich
aus der gröſseren Dichtigkeit der Verbrennungsluft erklärt).
„Zu den Standbildern, wie zu Tafeln wird die Mischung in folgen-
der Weise gemacht. Zuerst wird die Masse vor dem Gebläse ein-
1) Plinius XXXIV, 20.
2) Hier nur plumbum.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/521>, abgerufen am 23.11.2024.
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