Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.Griechenland. die Art der Bearbeitung der edlen Metalle näher einzugehen, wirwollen nur eines der merkwürdigsten Kunstwerke von Mykenä erwähnen, weil es das beste Beispiel giebt für die Kunst, wie für die Manier der Goldschmiede jener fernen Zeit. Es ist dies ein aus Silber getrie- benes Stierhaupt mit grossen, goldenen Hörnern, von 28 cm Höhe. Sicher wurde der Kopf über ein geschnitztes Holzmodell vorgetrieben, dann im Detail nachgearbeitet, während die goldenen Hörner wahr- scheinlich über ein wirkliches Kuhhorn geformt, an den silbernen Kopf angenietet wurden. Die in Mykenä sowohl als in Hissarlik aufgefun- denen Gefässe sind sämtlich genietet, die Lötung scheint damals noch unbekannt gewesen zu sein. Feuervergoldung war nicht in Gebrauch, dagegen plattierte man Kupferblech mit Gold und Silber und trieb es aus. Getriebene Kupferarbeiten wurden viele in Mykenä gefunden, nämlich nicht weniger als 44 geschmiedete Haus- und Küchengeräte, darunter 23 Waschkessel und eine, auf drei hohen Beinen stehende Kasserole. Doch sind dieselben meist nicht aus einem Stücke, sondern aus mehreren Teilen mit Stiften zusammengesetzt. Geschmiedete Bronzen sind dagegen sehr wenige, im ganzen nur zwei aufgefunden worden; häufiger dagegen Gussstücke aus Bronze, nämlich 156 Schwert- klingen, ferner einige Lanzenspitzen und kleine Messer. Der Guss dieser Bronzestücke ist indes ein sehr mangelhafter und zeigt sich an den Schwertern meist eine auffallende Gussnaht auf der oberen Seite. Es ist kaum zu begreifen, wie man diese rohen Spiesse als Hiebwaffen be- nutzen konnte und Hostmann geht soweit anzunehmen, dass es nur Zierwaffen als Beigaben für die Toten gewesen seien und dass man sie im wirklichen Kampfe nie verwendet hätte, wie er denn auch die papierdünnen Wehrgehenke und die armseligen Schwertscheiden nur für Prunkgerät als Beigaben für die Toten hält. Ein ganz eigentüm- liches Gussstück aus Mykenä ist ein hohlgegossener Hirsch aus Blei. Eine männliche Figur mit phrygischer Mütze 1) aus Tiryns trägt ganz den Charakter der früher erwähnten phönizischen Idole und ist höchstens 10 cm hoch. So zeigen uns diese Funde, dass die Bronze zu homeri- scher Zeit noch selten war und dass die Kunst des Metallgusses noch in ihren Anfängen sich befand. Dies wird bestätigt durch Schliemanns Funde in Hissarlik (Troja). Der sogenannte Schatz des Priamos be- stand aus 20 zum Teil kunstvoll aus Silber, Gold und Kupfer getrie- benen Gefässen, dann Tausenden von kleinen goldenen Schmucksachen, einem geschmiedeten Kupferschilde und daneben, als Beweis ihres 1) Schliemann, Mykenä 16.
Griechenland. die Art der Bearbeitung der edlen Metalle näher einzugehen, wirwollen nur eines der merkwürdigsten Kunstwerke von Mykenä erwähnen, weil es das beste Beispiel giebt für die Kunst, wie für die Manier der Goldschmiede jener fernen Zeit. Es ist dies ein aus Silber getrie- benes Stierhaupt mit groſsen, goldenen Hörnern, von 28 cm Höhe. Sicher wurde der Kopf über ein geschnitztes Holzmodell vorgetrieben, dann im Detail nachgearbeitet, während die goldenen Hörner wahr- scheinlich über ein wirkliches Kuhhorn geformt, an den silbernen Kopf angenietet wurden. Die in Mykenä sowohl als in Hissarlik aufgefun- denen Gefäſse sind sämtlich genietet, die Lötung scheint damals noch unbekannt gewesen zu sein. Feuervergoldung war nicht in Gebrauch, dagegen plattierte man Kupferblech mit Gold und Silber und trieb es aus. Getriebene Kupferarbeiten wurden viele in Mykenä gefunden, nämlich nicht weniger als 44 geschmiedete Haus- und Küchengeräte, darunter 23 Waschkessel und eine, auf drei hohen Beinen stehende Kasserole. Doch sind dieselben meist nicht aus einem Stücke, sondern aus mehreren Teilen mit Stiften zusammengesetzt. Geschmiedete Bronzen sind dagegen sehr wenige, im ganzen nur zwei aufgefunden worden; häufiger dagegen Guſsstücke aus Bronze, nämlich 156 Schwert- klingen, ferner einige Lanzenspitzen und kleine Messer. Der Guſs dieser Bronzestücke ist indes ein sehr mangelhafter und zeigt sich an den Schwertern meist eine auffallende Guſsnaht auf der oberen Seite. Es ist kaum zu begreifen, wie man diese rohen Spieſse als Hiebwaffen be- nutzen konnte und Hostmann geht soweit anzunehmen, daſs es nur Zierwaffen als Beigaben für die Toten gewesen seien und daſs man sie im wirklichen Kampfe nie verwendet hätte, wie er denn auch die papierdünnen Wehrgehenke und die armseligen Schwertscheiden nur für Prunkgerät als Beigaben für die Toten hält. Ein ganz eigentüm- liches Guſsstück aus Mykenä ist ein hohlgegossener Hirsch aus Blei. Eine männliche Figur mit phrygischer Mütze 1) aus Tiryns trägt ganz den Charakter der früher erwähnten phönizischen Idole und ist höchstens 10 cm hoch. So zeigen uns diese Funde, daſs die Bronze zu homeri- scher Zeit noch selten war und daſs die Kunst des Metallgusses noch in ihren Anfängen sich befand. Dies wird bestätigt durch Schliemanns Funde in Hissarlik (Troja). Der sogenannte Schatz des Priamos be- stand aus 20 zum Teil kunstvoll aus Silber, Gold und Kupfer getrie- benen Gefäſsen, dann Tausenden von kleinen goldenen Schmucksachen, einem geschmiedeten Kupferschilde und daneben, als Beweis ihres 1) Schliemann, Mykenä 16.
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Griechenland.
die Art der Bearbeitung der edlen Metalle näher einzugehen, wir
wollen nur eines der merkwürdigsten Kunstwerke von Mykenä erwähnen,
weil es das beste Beispiel giebt für die Kunst, wie für die Manier der
Goldschmiede jener fernen Zeit. Es ist dies ein aus Silber getrie-
benes Stierhaupt mit groſsen, goldenen Hörnern, von 28 cm Höhe.
Sicher wurde der Kopf über ein geschnitztes Holzmodell vorgetrieben,
dann im Detail nachgearbeitet, während die goldenen Hörner wahr-
scheinlich über ein wirkliches Kuhhorn geformt, an den silbernen Kopf
angenietet wurden. Die in Mykenä sowohl als in Hissarlik aufgefun-
denen Gefäſse sind sämtlich genietet, die Lötung scheint damals noch
unbekannt gewesen zu sein. Feuervergoldung war nicht in Gebrauch,
dagegen plattierte man Kupferblech mit Gold und Silber und trieb es
aus. Getriebene Kupferarbeiten wurden viele in Mykenä gefunden,
nämlich nicht weniger als 44 geschmiedete Haus- und Küchengeräte,
darunter 23 Waschkessel und eine, auf drei hohen Beinen stehende
Kasserole. Doch sind dieselben meist nicht aus einem Stücke, sondern
aus mehreren Teilen mit Stiften zusammengesetzt. Geschmiedete
Bronzen sind dagegen sehr wenige, im ganzen nur zwei aufgefunden
worden; häufiger dagegen Guſsstücke aus Bronze, nämlich 156 Schwert-
klingen, ferner einige Lanzenspitzen und kleine Messer. Der Guſs
dieser Bronzestücke ist indes ein sehr mangelhafter und zeigt sich an
den Schwertern meist eine auffallende Guſsnaht auf der oberen Seite. Es
ist kaum zu begreifen, wie man diese rohen Spieſse als Hiebwaffen be-
nutzen konnte und Hostmann geht soweit anzunehmen, daſs es nur
Zierwaffen als Beigaben für die Toten gewesen seien und daſs man
sie im wirklichen Kampfe nie verwendet hätte, wie er denn auch die
papierdünnen Wehrgehenke und die armseligen Schwertscheiden nur
für Prunkgerät als Beigaben für die Toten hält. Ein ganz eigentüm-
liches Guſsstück aus Mykenä ist ein hohlgegossener Hirsch aus Blei.
Eine männliche Figur mit phrygischer Mütze 1) aus Tiryns trägt ganz
den Charakter der früher erwähnten phönizischen Idole und ist höchstens
10 cm hoch. So zeigen uns diese Funde, daſs die Bronze zu homeri-
scher Zeit noch selten war und daſs die Kunst des Metallgusses noch
in ihren Anfängen sich befand. Dies wird bestätigt durch Schliemanns
Funde in Hissarlik (Troja). Der sogenannte Schatz des Priamos be-
stand aus 20 zum Teil kunstvoll aus Silber, Gold und Kupfer getrie-
benen Gefäſsen, dann Tausenden von kleinen goldenen Schmucksachen,
einem geschmiedeten Kupferschilde und daneben, als Beweis ihres
1) Schliemann, Mykenä 16.
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