zuschreibt, so sehen wir auch sofort an den, von hoher technischer Kunst zeugenden Arbeiten der Gold- und Silberschmiede, dass sie nicht griechisch, sondern fremdländisch sind. Man nennt den Stil jetzt zuweilen assyrisch, weil die Ausgrabungen zu Niniveh am meisten Licht über den westasiatischen Kunststil verbreitet haben und weil wir über die berühmte Kunstbildnerei von Sidon, die jedenfalls in direkter Be- ziehung zu den Kunstwerken Mykenäs stand, nur sehr wenig wissen. Mag man nun die Gegenstände den Phöniziern direkt zuschreiben oder sie lydisch-phrygisch nennen, beide Annahmen stimmen darin über- ein, dass es fremdländische und zwar westasiatische Arbeiten waren. Es würde zu weit führen, wollten wir die reichen Schätze von Gold- und Silberarbeiten, die zu Mykenä ausgegraben sind, hier aufzählen und beschreiben. Wir verweisen alle diejenigen, die sich hierfür interessieren, auf das interessante Buch Schliemanns "Mykenä". Für die Technik ist das Ergebnis der technischen Untersuchungen Percys von Interesse, aus denen hervorgeht, dass die Alten das Gold, welches sie trieben, mit Silber versetzten und zwar bis über 23 Proz., so dass es schon dem sogenannten Elektrum der späteren Zeit nahe kam. Der Zweck dieses Zusatzes war wohl hauptsächlich die Erhöhung der Festigkeit. Aus ganz ähnlichen Legierungen bestanden die in Hissarlik, dem alten Troja, ausgegrabenen, getriebenen Goldvasen.
Silber war ebenso allgemein im Gebrauch wie Gold. Unter den Grabmitgaben wurden 24 goldene und 41 silberne Gefässe gefunden.
Getriebene Kupferarbeiten sind reichlich gefunden worden. Die chemische Analyse eines Kessels, der 0,5 mm Wandstärke hatte, ergab ausser Kupfer nur 0,83 Arsenik, 0,48 Teile von Zinn, Blei, Wismut, Eisen und Nickel. Der hohe Arsengehalt deutet auf eine, nach unserem heutigen Massstabe mangelhafte Reinigung. Zinn tritt nicht, wie in den homerischen Gedichten, als selbständiges Metall auf, wohl aber in Ver- bindung mit Kupfer als Bronze. Diese Kupfer-Zinnlegierungen zeigen in ihrer chemischen Mischung bereits ganz den Charakter der normalen Bronzen der späteren Zeit oder richtiger ausgedrückt die gebräuchliche Mischung der phönizischen Handelsbronze. Der Henkel eines Bronze- gefässes enthielt 89,69 Proz. Kupfer und 10,08 Proz. Zinn; in einem Bronze- schwerte wurden 13,06 Proz. Zinn aufgefunden. Die Kunstarbeiten aus Gold, Silber und Kupfer, sind fast alle durch Schmieden und Treiben dargestellt und zeigen von einer sehr vorgeschrittenen, zum Teil bewundernswerten Technik 1). Es ist hier nicht der Platz, auf
1) Hostmann, Die Metallarbeiten. Mykenä im Korrespondenzblatt des Gesamt- vereines der deutschen Altertumsvereine. Nro. 3 und 4, 1879.
Griechenland.
zuschreibt, so sehen wir auch sofort an den, von hoher technischer Kunst zeugenden Arbeiten der Gold- und Silberschmiede, daſs sie nicht griechisch, sondern fremdländisch sind. Man nennt den Stil jetzt zuweilen assyrisch, weil die Ausgrabungen zu Niniveh am meisten Licht über den westasiatischen Kunststil verbreitet haben und weil wir über die berühmte Kunstbildnerei von Sidon, die jedenfalls in direkter Be- ziehung zu den Kunstwerken Mykenäs stand, nur sehr wenig wissen. Mag man nun die Gegenstände den Phöniziern direkt zuschreiben oder sie lydisch-phrygisch nennen, beide Annahmen stimmen darin über- ein, daſs es fremdländische und zwar westasiatische Arbeiten waren. Es würde zu weit führen, wollten wir die reichen Schätze von Gold- und Silberarbeiten, die zu Mykenä ausgegraben sind, hier aufzählen und beschreiben. Wir verweisen alle diejenigen, die sich hierfür interessieren, auf das interessante Buch Schliemanns „Mykenä“. Für die Technik ist das Ergebnis der technischen Untersuchungen Percys von Interesse, aus denen hervorgeht, daſs die Alten das Gold, welches sie trieben, mit Silber versetzten und zwar bis über 23 Proz., so daſs es schon dem sogenannten Elektrum der späteren Zeit nahe kam. Der Zweck dieses Zusatzes war wohl hauptsächlich die Erhöhung der Festigkeit. Aus ganz ähnlichen Legierungen bestanden die in Hissarlik, dem alten Troja, ausgegrabenen, getriebenen Goldvasen.
Silber war ebenso allgemein im Gebrauch wie Gold. Unter den Grabmitgaben wurden 24 goldene und 41 silberne Gefäſse gefunden.
Getriebene Kupferarbeiten sind reichlich gefunden worden. Die chemische Analyse eines Kessels, der 0,5 mm Wandstärke hatte, ergab auſser Kupfer nur 0,83 Arsenik, 0,48 Teile von Zinn, Blei, Wismut, Eisen und Nickel. Der hohe Arsengehalt deutet auf eine, nach unserem heutigen Maſsstabe mangelhafte Reinigung. Zinn tritt nicht, wie in den homerischen Gedichten, als selbständiges Metall auf, wohl aber in Ver- bindung mit Kupfer als Bronze. Diese Kupfer-Zinnlegierungen zeigen in ihrer chemischen Mischung bereits ganz den Charakter der normalen Bronzen der späteren Zeit oder richtiger ausgedrückt die gebräuchliche Mischung der phönizischen Handelsbronze. Der Henkel eines Bronze- gefäſses enthielt 89,69 Proz. Kupfer und 10,08 Proz. Zinn; in einem Bronze- schwerte wurden 13,06 Proz. Zinn aufgefunden. Die Kunstarbeiten aus Gold, Silber und Kupfer, sind fast alle durch Schmieden und Treiben dargestellt und zeigen von einer sehr vorgeschrittenen, zum Teil bewundernswerten Technik 1). Es ist hier nicht der Platz, auf
1) Hostmann, Die Metallarbeiten. Mykenä im Korrespondenzblatt des Gesamt- vereines der deutschen Altertumsvereine. Nro. 3 und 4, 1879.
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zuschreibt, so sehen wir auch sofort an den, von hoher technischer
Kunst zeugenden Arbeiten der Gold- und Silberschmiede, daſs sie nicht
griechisch, sondern fremdländisch sind. Man nennt den Stil jetzt
zuweilen assyrisch, weil die Ausgrabungen zu Niniveh am meisten Licht
über den westasiatischen Kunststil verbreitet haben und weil wir über
die berühmte Kunstbildnerei von Sidon, die jedenfalls in direkter Be-
ziehung zu den Kunstwerken Mykenäs stand, nur sehr wenig wissen.
Mag man nun die Gegenstände den Phöniziern direkt zuschreiben oder
sie lydisch-phrygisch nennen, beide Annahmen stimmen darin über-
ein, daſs es fremdländische und zwar westasiatische Arbeiten waren.
Es würde zu weit führen, wollten wir die reichen Schätze von Gold-
und Silberarbeiten, die zu Mykenä ausgegraben sind, hier aufzählen
und beschreiben. Wir verweisen alle diejenigen, die sich hierfür
interessieren, auf das interessante Buch Schliemanns „Mykenä“. Für
die Technik ist das Ergebnis der technischen Untersuchungen Percys
von Interesse, aus denen hervorgeht, daſs die Alten das Gold, welches
sie trieben, mit Silber versetzten und zwar bis über 23 Proz., so daſs
es schon dem sogenannten Elektrum der späteren Zeit nahe kam. Der
Zweck dieses Zusatzes war wohl hauptsächlich die Erhöhung der
Festigkeit. Aus ganz ähnlichen Legierungen bestanden die in Hissarlik,
dem alten Troja, ausgegrabenen, getriebenen Goldvasen.
Silber war ebenso allgemein im Gebrauch wie Gold. Unter den
Grabmitgaben wurden 24 goldene und 41 silberne Gefäſse gefunden.
Getriebene Kupferarbeiten sind reichlich gefunden worden. Die
chemische Analyse eines Kessels, der 0,5 mm Wandstärke hatte, ergab
auſser Kupfer nur 0,83 Arsenik, 0,48 Teile von Zinn, Blei, Wismut,
Eisen und Nickel. Der hohe Arsengehalt deutet auf eine, nach unserem
heutigen Maſsstabe mangelhafte Reinigung. Zinn tritt nicht, wie in den
homerischen Gedichten, als selbständiges Metall auf, wohl aber in Ver-
bindung mit Kupfer als Bronze. Diese Kupfer-Zinnlegierungen zeigen in
ihrer chemischen Mischung bereits ganz den Charakter der normalen
Bronzen der späteren Zeit oder richtiger ausgedrückt die gebräuchliche
Mischung der phönizischen Handelsbronze. Der Henkel eines Bronze-
gefäſses enthielt 89,69 Proz. Kupfer und 10,08 Proz. Zinn; in einem Bronze-
schwerte wurden 13,06 Proz. Zinn aufgefunden. Die Kunstarbeiten
aus Gold, Silber und Kupfer, sind fast alle durch Schmieden und
Treiben dargestellt und zeigen von einer sehr vorgeschrittenen, zum
Teil bewundernswerten Technik 1). Es ist hier nicht der Platz, auf
1) Hostmann, Die Metallarbeiten. Mykenä im Korrespondenzblatt des Gesamt-
vereines der deutschen Altertumsvereine. Nro. 3 und 4, 1879.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/431>, abgerufen am 22.11.2024.
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