Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.Einleitung. Untersuchung veranlasst und von ihm der meteorische Ursprung be-stätigt. 1798 fiel ein eisenreicher Meteorstein bei Benares in Bengalen, den er chemisch untersuchte und hierdurch zum ersten Male den charakteristischen, hohen Nickelgehalt (er gab ihn, allerdings zu hoch, auf 35 Proz. an) des Meteoreisens nachwies. Auf Grund chemischer Analyse erklärte er auch das Eisen von Otumba in Brasilien, sowie das Pallaseisen Krasnojarsk für meteorischen Ursprungs. Diese Publika- tionen ermutigten nun auch den deutschen Chemiker Klaproth, der sich schon längere Zeit im stillen mit der Frage beschäftigt hatte, mit seinen Analysen hervorzutreten 1). Dieselben bestätigen den Nickel- gehalt des Meteoreisens, obgleich im Gegensatz zu Howard seine Be- stimmungen sämtlich zu gering ausgefallen sind. In der Eisenmasse, die am 26. Mai 1751 Abends 6 Uhr in der Nähe von Agram gefallen war und die im Wiener naturwissenschaftlichen Kabinet zum Teil aufbewahrt wurde, hatte er 96,5 Proz. Eisen und 3,5 Proz. Nickel er- mittelt 2). -- Nachdem die französische Akademie der Wissenschaften noch kurze Zeit zuvor durch Abstimmung per majora beschlossen hatte, dass es keine Meteorsteinfälle gäbe, trat jetzt auch der berühmte französische Gelehrte und Akademiker La Place mit der Hypothese hervor, dass die betreffenden Steine durch Eruptionen der Mondvulkane auf die Erde geschleudert würden. -- Hierzu wäre aber eine anfäng- liche Wurfgeschwindigkeit von 7800 Fuss in der Sekunde, also etwa die fünffache Anfangsgeschwindigkeit einer abgeschossenen Kanonenkugel erforderlich. Solche Eruptionen giebt es auf dem Monde nicht und ist diese Vermittelungstheorie längst verlassen. Zu grösserer Beschämung der Akademie und wie zum Hohn auf den nicht lange zuvor gefassten Majoritätsbeschluss ereignete sich am 26. April 1803 der grosse Stein- fall von l'Aigle in der Normandie, der in mindestens 12 Ortschaften von hunderten von Zeugen beobachtet wurde. Nachmittags 1 Uhr er- schien aus heiterem Himmel eine weit sichtbare Feuerkugel, gestaltete sich zu einer kleinen Wolke, die 5 bis 6 Minuten ein schreckliches Getöse, wie Kanonendonner und Gewehrfeuer erzeugte und aus der 2000 bis 3000 zischende Steine, von denen der grösste, der aufgehoben wurde, 171/2 Pfund wog, auf einer elliptischen Fläche von 21/2 Lieues Länge und 1 Lieue Breite niederfielen 3). Nach dem Fall von l'Aigle verstummten alle Zweifler und sind 1) Abhandl. der Berliner Akad. d. Wissenschaften, 3. Januar 1863. 2) Neuere Analysen von Werle und Kolger geben 8,18 und 11,84 Proz. Nickelgehalt. 3) Siehe Gilberts Annalen 15,74 und 16,44 und 70.
Einleitung. Untersuchung veranlaſst und von ihm der meteorische Ursprung be-stätigt. 1798 fiel ein eisenreicher Meteorstein bei Benares in Bengalen, den er chemisch untersuchte und hierdurch zum ersten Male den charakteristischen, hohen Nickelgehalt (er gab ihn, allerdings zu hoch, auf 35 Proz. an) des Meteoreisens nachwies. Auf Grund chemischer Analyse erklärte er auch das Eisen von Otumba in Brasilien, sowie das Pallaseisen Krasnojarsk für meteorischen Ursprungs. Diese Publika- tionen ermutigten nun auch den deutschen Chemiker Klaproth, der sich schon längere Zeit im stillen mit der Frage beschäftigt hatte, mit seinen Analysen hervorzutreten 1). Dieselben bestätigen den Nickel- gehalt des Meteoreisens, obgleich im Gegensatz zu Howard seine Be- stimmungen sämtlich zu gering ausgefallen sind. In der Eisenmasse, die am 26. Mai 1751 Abends 6 Uhr in der Nähe von Agram gefallen war und die im Wiener naturwissenschaftlichen Kabinet zum Teil aufbewahrt wurde, hatte er 96,5 Proz. Eisen und 3,5 Proz. Nickel er- mittelt 2). — Nachdem die französische Akademie der Wissenschaften noch kurze Zeit zuvor durch Abstimmung per majora beschlossen hatte, daſs es keine Meteorsteinfälle gäbe, trat jetzt auch der berühmte französische Gelehrte und Akademiker La Place mit der Hypothese hervor, daſs die betreffenden Steine durch Eruptionen der Mondvulkane auf die Erde geschleudert würden. — Hierzu wäre aber eine anfäng- liche Wurfgeschwindigkeit von 7800 Fuſs in der Sekunde, also etwa die fünffache Anfangsgeschwindigkeit einer abgeschossenen Kanonenkugel erforderlich. Solche Eruptionen giebt es auf dem Monde nicht und ist diese Vermittelungstheorie längst verlassen. Zu gröſserer Beschämung der Akademie und wie zum Hohn auf den nicht lange zuvor gefaſsten Majoritätsbeschluſs ereignete sich am 26. April 1803 der groſse Stein- fall von l’Aigle in der Normandie, der in mindestens 12 Ortschaften von hunderten von Zeugen beobachtet wurde. Nachmittags 1 Uhr er- schien aus heiterem Himmel eine weit sichtbare Feuerkugel, gestaltete sich zu einer kleinen Wolke, die 5 bis 6 Minuten ein schreckliches Getöse, wie Kanonendonner und Gewehrfeuer erzeugte und aus der 2000 bis 3000 zischende Steine, von denen der gröſste, der aufgehoben wurde, 17½ Pfund wog, auf einer elliptischen Fläche von 2½ Lieues Länge und 1 Lieue Breite niederfielen 3). Nach dem Fall von l’Aigle verstummten alle Zweifler und sind 1) Abhandl. der Berliner Akad. d. Wissenschaften, 3. Januar 1863. 2) Neuere Analysen von Werle und Kolger geben 8,18 und 11,84 Proz. Nickelgehalt. 3) Siehe Gilberts Annalen 15,74 und 16,44 und 70.
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Untersuchung veranlaſst und von ihm der meteorische Ursprung be-
stätigt. 1798 fiel ein eisenreicher Meteorstein bei Benares in Bengalen,
den er chemisch untersuchte und hierdurch zum ersten Male den
charakteristischen, hohen Nickelgehalt (er gab ihn, allerdings zu hoch,
auf 35 Proz. an) des Meteoreisens nachwies. Auf Grund chemischer
Analyse erklärte er auch das Eisen von Otumba in Brasilien, sowie das
Pallaseisen Krasnojarsk für meteorischen Ursprungs. Diese Publika-
tionen ermutigten nun auch den deutschen Chemiker Klaproth, der
sich schon längere Zeit im stillen mit der Frage beschäftigt hatte, mit
seinen Analysen hervorzutreten 1). Dieselben bestätigen den Nickel-
gehalt des Meteoreisens, obgleich im Gegensatz zu Howard seine Be-
stimmungen sämtlich zu gering ausgefallen sind. In der Eisenmasse,
die am 26. Mai 1751 Abends 6 Uhr in der Nähe von Agram gefallen
war und die im Wiener naturwissenschaftlichen Kabinet zum Teil
aufbewahrt wurde, hatte er 96,5 Proz. Eisen und 3,5 Proz. Nickel er-
mittelt 2). — Nachdem die französische Akademie der Wissenschaften
noch kurze Zeit zuvor durch Abstimmung per majora beschlossen
hatte, daſs es keine Meteorsteinfälle gäbe, trat jetzt auch der berühmte
französische Gelehrte und Akademiker La Place mit der Hypothese
hervor, daſs die betreffenden Steine durch Eruptionen der Mondvulkane
auf die Erde geschleudert würden. — Hierzu wäre aber eine anfäng-
liche Wurfgeschwindigkeit von 7800 Fuſs in der Sekunde, also etwa die
fünffache Anfangsgeschwindigkeit einer abgeschossenen Kanonenkugel
erforderlich. Solche Eruptionen giebt es auf dem Monde nicht und ist
diese Vermittelungstheorie längst verlassen. Zu gröſserer Beschämung
der Akademie und wie zum Hohn auf den nicht lange zuvor gefaſsten
Majoritätsbeschluſs ereignete sich am 26. April 1803 der groſse Stein-
fall von l’Aigle in der Normandie, der in mindestens 12 Ortschaften
von hunderten von Zeugen beobachtet wurde. Nachmittags 1 Uhr er-
schien aus heiterem Himmel eine weit sichtbare Feuerkugel, gestaltete
sich zu einer kleinen Wolke, die 5 bis 6 Minuten ein schreckliches
Getöse, wie Kanonendonner und Gewehrfeuer erzeugte und aus der
2000 bis 3000 zischende Steine, von denen der gröſste, der aufgehoben
wurde, 17½ Pfund wog, auf einer elliptischen Fläche von 2½ Lieues
Länge und 1 Lieue Breite niederfielen 3).
Nach dem Fall von l’Aigle verstummten alle Zweifler und sind
1) Abhandl. der Berliner Akad. d. Wissenschaften, 3. Januar 1863.
2) Neuere Analysen von Werle und Kolger geben 8,18 und 11,84 Proz.
Nickelgehalt.
3) Siehe Gilberts Annalen 15,74 und 16,44 und 70.
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