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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Malaien.
lassen um gut auszutrocknen. Ist es hinlänglich trocken, so wird die
Rindenform entfernt und der Ofen mit Bambusbändern umgeben. Vor
dem Gebrauche erhitzt man ihn allmählich.

Das Erz wird vor seiner Benutzung zum Schmelzen mit Holz in
Haufen geschichtet und einen Tag lang geröstet, worauf es in nussgrosse
Stücke zerbrochen mit der zehnfachen Menge Holzkohlen dem Masse
nach gemengt und in diesem Zustande aufgegeben wird. Sobald der
Ofen zu zwei Dritteln mit Holzkohle gefüllt ist, wird das Gemenge von
Erz und Holzkohlen in solcher Menge aufgegeben, dass es einen kegel-
förmigen Haufen über der Ofengicht bildet. Das Gebläse wird dann
mit 40 Hüben pro Minute angelassen, die Schlacke sticht man von 20 zu
20 Minuten ab und während jedes solchen 5 Minuten dauernden Ab-
stichs wird nach den Angaben der Windstrom unterbrochen. Gegen
Ende der Operation steigert man den Wind. Es resultiert schliesslich
ein Eisenklumpen von etwa 90 Pfund 1). Derselbe wird am Boden des
Ofens vermittelst hölzerner Zangen herausgeholt, an einen mit feiner
Schlacke bestreuten Platz gebracht und dort mit hölzernen, beinahe
parallelepipedischen Schlägeln bearbeitet. An einem solchen Deule
arbeiten vier Mann einen Tag lang. Sein Handelswert ist 2 Florins
(d. h. also 1 Thlr. 4 Sgr.). Er enthält noch viel mechanisch eingemengte
Schlacke und wird in 10 Schirbeln zerteilt, welche wiederholentlich
rotglühend gemacht und ausgehämmert werden, ehe sie hinlänglich
rein sind, um sich zum Ausschmieden in Schwertklingen zu eignen.
Der Gewichtsverlust beträgt hierbei ein Drittel."

Das Produkt ist demnach ein weicher Stahl oder ein stahlartiges
Eisen. Burns erwähnt noch, dass die Eingeborenen sich verschiedener
Sorten von Holzkohlen bedienten, je nachdem sie ein härteres oder
weicheres Eisen darstellen wollen.

Das geschätzteste Eisen für Gewehrläufe kommt aus Celebes und
Timor. Zur Herstellung eines Gewehrlaufes wird erst ein Flachstab
zu einem Rohre zusammengebogen, dieses wird mit eisernen Reifen fest
umwunden und alles gut geschweisst und geschmiedet. Dann folgt
das Bohren des Laufes, was aus freier Hand geschieht. Die beste
Fabrik ist in Negara.

Die Nationalwaffe der Malaien ist der vielgestaltige Kris, ein messer-
artiger, grosser Dolch. Der freie Mann trägt ihn stets. An alle
einzelnen Eigenschaften derselben, besonders auch an die Art ihrer
Damascierung, knüpft sich der mannigfaltigste Aberglaube. Die Battas

1) 100 Ibs avoird. englisch.
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Die Malaien.
lassen um gut auszutrocknen. Ist es hinlänglich trocken, so wird die
Rindenform entfernt und der Ofen mit Bambusbändern umgeben. Vor
dem Gebrauche erhitzt man ihn allmählich.

Das Erz wird vor seiner Benutzung zum Schmelzen mit Holz in
Haufen geschichtet und einen Tag lang geröstet, worauf es in nuſsgroſse
Stücke zerbrochen mit der zehnfachen Menge Holzkohlen dem Maſse
nach gemengt und in diesem Zustande aufgegeben wird. Sobald der
Ofen zu zwei Dritteln mit Holzkohle gefüllt ist, wird das Gemenge von
Erz und Holzkohlen in solcher Menge aufgegeben, daſs es einen kegel-
förmigen Haufen über der Ofengicht bildet. Das Gebläse wird dann
mit 40 Hüben pro Minute angelassen, die Schlacke sticht man von 20 zu
20 Minuten ab und während jedes solchen 5 Minuten dauernden Ab-
stichs wird nach den Angaben der Windstrom unterbrochen. Gegen
Ende der Operation steigert man den Wind. Es resultiert schlieſslich
ein Eisenklumpen von etwa 90 Pfund 1). Derselbe wird am Boden des
Ofens vermittelst hölzerner Zangen herausgeholt, an einen mit feiner
Schlacke bestreuten Platz gebracht und dort mit hölzernen, beinahe
parallelepipedischen Schlägeln bearbeitet. An einem solchen Deule
arbeiten vier Mann einen Tag lang. Sein Handelswert ist 2 Florins
(d. h. also 1 Thlr. 4 Sgr.). Er enthält noch viel mechanisch eingemengte
Schlacke und wird in 10 Schirbeln zerteilt, welche wiederholentlich
rotglühend gemacht und ausgehämmert werden, ehe sie hinlänglich
rein sind, um sich zum Ausschmieden in Schwertklingen zu eignen.
Der Gewichtsverlust beträgt hierbei ein Drittel.“

Das Produkt ist demnach ein weicher Stahl oder ein stahlartiges
Eisen. Burns erwähnt noch, daſs die Eingeborenen sich verschiedener
Sorten von Holzkohlen bedienten, je nachdem sie ein härteres oder
weicheres Eisen darstellen wollen.

Das geschätzteste Eisen für Gewehrläufe kommt aus Celebes und
Timor. Zur Herstellung eines Gewehrlaufes wird erst ein Flachstab
zu einem Rohre zusammengebogen, dieses wird mit eisernen Reifen fest
umwunden und alles gut geschweiſst und geschmiedet. Dann folgt
das Bohren des Laufes, was aus freier Hand geschieht. Die beste
Fabrik ist in Negara.

Die Nationalwaffe der Malaien ist der vielgestaltige Kris, ein messer-
artiger, groſser Dolch. Der freie Mann trägt ihn stets. An alle
einzelnen Eigenschaften derselben, besonders auch an die Art ihrer
Damascierung, knüpft sich der mannigfaltigste Aberglaube. Die Battas

1) 100 Ibs avoird. englisch.
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[339/0361] Die Malaien. lassen um gut auszutrocknen. Ist es hinlänglich trocken, so wird die Rindenform entfernt und der Ofen mit Bambusbändern umgeben. Vor dem Gebrauche erhitzt man ihn allmählich. Das Erz wird vor seiner Benutzung zum Schmelzen mit Holz in Haufen geschichtet und einen Tag lang geröstet, worauf es in nuſsgroſse Stücke zerbrochen mit der zehnfachen Menge Holzkohlen dem Maſse nach gemengt und in diesem Zustande aufgegeben wird. Sobald der Ofen zu zwei Dritteln mit Holzkohle gefüllt ist, wird das Gemenge von Erz und Holzkohlen in solcher Menge aufgegeben, daſs es einen kegel- förmigen Haufen über der Ofengicht bildet. Das Gebläse wird dann mit 40 Hüben pro Minute angelassen, die Schlacke sticht man von 20 zu 20 Minuten ab und während jedes solchen 5 Minuten dauernden Ab- stichs wird nach den Angaben der Windstrom unterbrochen. Gegen Ende der Operation steigert man den Wind. Es resultiert schlieſslich ein Eisenklumpen von etwa 90 Pfund 1). Derselbe wird am Boden des Ofens vermittelst hölzerner Zangen herausgeholt, an einen mit feiner Schlacke bestreuten Platz gebracht und dort mit hölzernen, beinahe parallelepipedischen Schlägeln bearbeitet. An einem solchen Deule arbeiten vier Mann einen Tag lang. Sein Handelswert ist 2 Florins (d. h. also 1 Thlr. 4 Sgr.). Er enthält noch viel mechanisch eingemengte Schlacke und wird in 10 Schirbeln zerteilt, welche wiederholentlich rotglühend gemacht und ausgehämmert werden, ehe sie hinlänglich rein sind, um sich zum Ausschmieden in Schwertklingen zu eignen. Der Gewichtsverlust beträgt hierbei ein Drittel.“ Das Produkt ist demnach ein weicher Stahl oder ein stahlartiges Eisen. Burns erwähnt noch, daſs die Eingeborenen sich verschiedener Sorten von Holzkohlen bedienten, je nachdem sie ein härteres oder weicheres Eisen darstellen wollen. Das geschätzteste Eisen für Gewehrläufe kommt aus Celebes und Timor. Zur Herstellung eines Gewehrlaufes wird erst ein Flachstab zu einem Rohre zusammengebogen, dieses wird mit eisernen Reifen fest umwunden und alles gut geschweiſst und geschmiedet. Dann folgt das Bohren des Laufes, was aus freier Hand geschieht. Die beste Fabrik ist in Negara. Die Nationalwaffe der Malaien ist der vielgestaltige Kris, ein messer- artiger, groſser Dolch. Der freie Mann trägt ihn stets. An alle einzelnen Eigenschaften derselben, besonders auch an die Art ihrer Damascierung, knüpft sich der mannigfaltigste Aberglaube. Die Battas 1) 100 Ibs avoird. englisch. 22*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/361>, abgerufen am 22.11.2024.