eine der Röhren eingetragen und längere Zeit mit Ziegenbälgen ange- blasen; es griff anfangs nur sehr langsam um sich und dauerte es einige Stunden bis die Flamme an der Gicht erschien. Hierauf aber brannte es mit grosser Heftigkeit die ganze erste Nacht hindurch und die Arbeiter mussten öfter frische Kohlen aufgeben. An dem darauf- folgenden Tage war der Zug etwas matter und in der nächsten Nacht wurden einige von den Röhren ausgezogen, damit die Luft noch freieren Zutritt zum Ofen bekam. Die Hitze war gross und eine blaue Flamme schlug aus der Gicht. Am dritten Tage wurden alle Röhren gezogen, von denen viele am vorderen Ende verglast waren. Aber das Eisen wurde erst nach einigen Tagen, als das Mauerwerk bereits ziemlich abgekühlt war, ausgebrochen. Ein Teil des Ofens wurde weggerissen und das Eisen erschien als eine grosse, unregelmässige Luppe, an der noch Holzkohlenstückchen hingen. Beim Anschlagen klang es, und abgebrochene Stückchen hatten einen körnigen Bruch wie Stahl. Der Eigentümer gab an, dass viele Teile der Luppe unbrauchbar seien, aber noch gutes Eisen genug gewonnen wäre, um seine Arbeit zu be- zahlen. Dieses stahlartige Eisen wird zur weiteren Verarbeitung wiederholt in einem Schmiedefeuer ausgeheizt. Die Werkzeuge, Hammer, Ambos und Zange sind sehr einfach, aber die Verarbeitung, besonders zu Messern und Lanzenspitzen, verdient alles Lob. Auch fertigen sie die Glocken für die Karawanen von Jenne (Dschenne) aus Eisen 1).
Die Bambarra schmelzen Eisen, das sie gegen Salz vertauschen. Die Negerschmiede, die das Eisen verarbeiten, hausieren vielfach, so z. B. an der Goldküste, wo der Schmied oft in Gesellschaft des Zimmer- mannes geht. Der Schmied pflegt meist betrunken zu sein. Er hat einen Lehrbuben bei sich, der ihm seinen Kohlensack und die Blase- bälge trägt und erinnert in seinem Aufzuge lebhaft an die italienischen Zinngiesser. Die Schmiede machen hauptsächlich Nägel, Schlösser und Beschläge für Thüren und Koffer und Schneidewaren, und repa- rieren Feuerwaffen so gut sie können. Sie verstehen es selbst Kessel aus ihrem Eisen zu treiben; gusseiserne Kessel sind ihnen unbekannt.
Westlich von Sierra Leone am Ufer des Ba-Djafana fand Laing bei den Geranghis (Kurankas) einen ähnlichen Betrieb, nur weichen die Schmelzapparate ab. Es sind dort immer zwei Öfen zusammen- gebaut in der Weise, dass zwischen beiden sich ein gemeinschaftlicher Kanal befindet, in dem die Zuglöcher angebracht sind. Aus dem Kanal tritt die Luft in die Öfen.
1) Caillie, Journ. d'un voy. a Temboctu et a Jenne II, S. 443.
Afrika.
eine der Röhren eingetragen und längere Zeit mit Ziegenbälgen ange- blasen; es griff anfangs nur sehr langsam um sich und dauerte es einige Stunden bis die Flamme an der Gicht erschien. Hierauf aber brannte es mit groſser Heftigkeit die ganze erste Nacht hindurch und die Arbeiter muſsten öfter frische Kohlen aufgeben. An dem darauf- folgenden Tage war der Zug etwas matter und in der nächsten Nacht wurden einige von den Röhren ausgezogen, damit die Luft noch freieren Zutritt zum Ofen bekam. Die Hitze war groſs und eine blaue Flamme schlug aus der Gicht. Am dritten Tage wurden alle Röhren gezogen, von denen viele am vorderen Ende verglast waren. Aber das Eisen wurde erst nach einigen Tagen, als das Mauerwerk bereits ziemlich abgekühlt war, ausgebrochen. Ein Teil des Ofens wurde weggerissen und das Eisen erschien als eine groſse, unregelmäſsige Luppe, an der noch Holzkohlenstückchen hingen. Beim Anschlagen klang es, und abgebrochene Stückchen hatten einen körnigen Bruch wie Stahl. Der Eigentümer gab an, daſs viele Teile der Luppe unbrauchbar seien, aber noch gutes Eisen genug gewonnen wäre, um seine Arbeit zu be- zahlen. Dieses stahlartige Eisen wird zur weiteren Verarbeitung wiederholt in einem Schmiedefeuer ausgeheizt. Die Werkzeuge, Hammer, Ambos und Zange sind sehr einfach, aber die Verarbeitung, besonders zu Messern und Lanzenspitzen, verdient alles Lob. Auch fertigen sie die Glocken für die Karawanen von Jenne (Dschenne) aus Eisen 1).
Die Bambarra schmelzen Eisen, das sie gegen Salz vertauschen. Die Negerschmiede, die das Eisen verarbeiten, hausieren vielfach, so z. B. an der Goldküste, wo der Schmied oft in Gesellschaft des Zimmer- mannes geht. Der Schmied pflegt meist betrunken zu sein. Er hat einen Lehrbuben bei sich, der ihm seinen Kohlensack und die Blase- bälge trägt und erinnert in seinem Aufzuge lebhaft an die italienischen Zinngieſser. Die Schmiede machen hauptsächlich Nägel, Schlösser und Beschläge für Thüren und Koffer und Schneidewaren, und repa- rieren Feuerwaffen so gut sie können. Sie verstehen es selbst Kessel aus ihrem Eisen zu treiben; guſseiserne Kessel sind ihnen unbekannt.
Westlich von Sierra Leone am Ufer des Ba-Djafana fand Laing bei den Geranghis (Kurankas) einen ähnlichen Betrieb, nur weichen die Schmelzapparate ab. Es sind dort immer zwei Öfen zusammen- gebaut in der Weise, daſs zwischen beiden sich ein gemeinschaftlicher Kanal befindet, in dem die Zuglöcher angebracht sind. Aus dem Kanal tritt die Luft in die Öfen.
1) Caillié, Journ. d’un voy. à Temboctu et à Jenné II, S. 443.
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eine der Röhren eingetragen und längere Zeit mit Ziegenbälgen ange-
blasen; es griff anfangs nur sehr langsam um sich und dauerte es
einige Stunden bis die Flamme an der Gicht erschien. Hierauf aber
brannte es mit groſser Heftigkeit die ganze erste Nacht hindurch und
die Arbeiter muſsten öfter frische Kohlen aufgeben. An dem darauf-
folgenden Tage war der Zug etwas matter und in der nächsten Nacht
wurden einige von den Röhren ausgezogen, damit die Luft noch freieren
Zutritt zum Ofen bekam. Die Hitze war groſs und eine blaue Flamme
schlug aus der Gicht. Am dritten Tage wurden alle Röhren gezogen,
von denen viele am vorderen Ende verglast waren. Aber das Eisen
wurde erst nach einigen Tagen, als das Mauerwerk bereits ziemlich
abgekühlt war, ausgebrochen. Ein Teil des Ofens wurde weggerissen
und das Eisen erschien als eine groſse, unregelmäſsige Luppe, an
der noch Holzkohlenstückchen hingen. Beim Anschlagen klang es,
und abgebrochene Stückchen hatten einen körnigen Bruch wie Stahl.
Der Eigentümer gab an, daſs viele Teile der Luppe unbrauchbar seien,
aber noch gutes Eisen genug gewonnen wäre, um seine Arbeit zu be-
zahlen. Dieses stahlartige Eisen wird zur weiteren Verarbeitung
wiederholt in einem Schmiedefeuer ausgeheizt. Die Werkzeuge, Hammer,
Ambos und Zange sind sehr einfach, aber die Verarbeitung, besonders
zu Messern und Lanzenspitzen, verdient alles Lob. Auch fertigen sie
die Glocken für die Karawanen von Jenne (Dschenne) aus Eisen 1).
Die Bambarra schmelzen Eisen, das sie gegen Salz vertauschen.
Die Negerschmiede, die das Eisen verarbeiten, hausieren vielfach, so
z. B. an der Goldküste, wo der Schmied oft in Gesellschaft des Zimmer-
mannes geht. Der Schmied pflegt meist betrunken zu sein. Er hat
einen Lehrbuben bei sich, der ihm seinen Kohlensack und die Blase-
bälge trägt und erinnert in seinem Aufzuge lebhaft an die italienischen
Zinngieſser. Die Schmiede machen hauptsächlich Nägel, Schlösser
und Beschläge für Thüren und Koffer und Schneidewaren, und repa-
rieren Feuerwaffen so gut sie können. Sie verstehen es selbst Kessel
aus ihrem Eisen zu treiben; guſseiserne Kessel sind ihnen unbekannt.
Westlich von Sierra Leone am Ufer des Ba-Djafana fand Laing
bei den Geranghis (Kurankas) einen ähnlichen Betrieb, nur weichen
die Schmelzapparate ab. Es sind dort immer zwei Öfen zusammen-
gebaut in der Weise, daſs zwischen beiden sich ein gemeinschaftlicher
Kanal befindet, in dem die Zuglöcher angebracht sind. Aus dem Kanal
tritt die Luft in die Öfen.
1) Caillié, Journ. d’un voy. à Temboctu et à Jenné II, S. 443.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/341>, abgerufen am 23.11.2024.
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