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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Einleitung.
so auch bezüglich der Schmelzbarbeit in der Mitte. Man kann sagen,
die Schmelzbarkeit des Eisens nimmt zu mit seinem Kohlenstoff-
gehalt, doch wird diese allgemeine Regel eingeschränkt durch die
Verschiedenheit des Verbindungszustandes des Kohlenstoffs im Eisen,
besonders im Roheisen. Es giebt Eisensorten, die sowohl in bezug auf
ihre Schmelzbarkeit, als auch ihrem sonstigen physikalischen Verhalten
grosse Verschiedenheit zeigen, während ihre quantitative chemische
Zusammensetzung ganz oder nahezu die gleiche ist. Man unterscheidet
diese Roheisensorten nach ihrer Farbe als graues und weisses Roh-
eisen. In den grauen Roheisensorten ist nur ein Teil des Kohlen-
stoffs chemisch gebunden, während ein anderer Teil in der Form
krystallinischer Blättchen, als sogenannter Graphit, ausgeschieden ist.
Diese dunklen Blättchen erteilen dem Eisen die eigentümliche graue
Farbe. -- In den weissen Roheisensorten ist aller oder nahezu aller
Kohlenstoff chemisch gebunden. Dadurch erklärt es sich, dass die
physikalischen Eigenschaften beider nicht dieselben sein können, da
diese durch den gebundenen Kohlenstoff bedingt werden. Deshalb
ist auch weisses Eisen leichter schmelzbar als graues von gleichem
Kohlenstoffgehalt. Doch wird das graue und nicht das weisse Eisen
zum Vergiessen gebraucht und deshalb als "Gusseisen" bezeichnet, weil
das weisse Eisen hart und spröde ist und da es sich beim Erkalten
stärker zusammenzieht und die Formen ungenügend ausfüllt.

In bezug auf die Schmelzbarkeit der Eisensorten hat Pouillet
folgende Tabelle mitgeteilt 1):

Leicht schmelzbares weisses Roheisen schmilzt bei 1050° C.
Schwer " " " " " 1100° C.
Leicht " graues Roheisen " " 1100° C.
Schwer " " " " " 1200° C.
Nach anderen
Angaben
schmelzbar
zwischen
1400 bis
1600° C.
Leicht schmelzbarer Stahl " " 1300° C.
Schwer " " " " 1400° C.
1850° C.
Schmiedeisen schmilzt bei 1500 bis 1700° C. 2000° C.

Eine zweite wichtige Eigenschaft des Eisens ist seine Härte,
welche ebenfalls mit dem Kohlenstoffgehalt schwankt. Das kohlenstoff-
ärmste Schmiedeisen ist die weichste Verbindung, welche sich deshalb
am leichtesten bearbeiten lässt. Das kohlenstoffreichste "Spiegeleisen"
ist die härteste Eisenverbindung. Das graue Roheisen ist viel weicher
als das weisse. Die grösste Eigentümlichkeit in bezug auf die Härte
zeigt der Stahl. Wird glühender Stahl langsam abgekühlt, so wird er

1) S. Comptes rendues 1836, III. p. 793.

Einleitung.
so auch bezüglich der Schmelzbarbeit in der Mitte. Man kann sagen,
die Schmelzbarkeit des Eisens nimmt zu mit seinem Kohlenstoff-
gehalt, doch wird diese allgemeine Regel eingeschränkt durch die
Verschiedenheit des Verbindungszustandes des Kohlenstoffs im Eisen,
besonders im Roheisen. Es giebt Eisensorten, die sowohl in bezug auf
ihre Schmelzbarkeit, als auch ihrem sonstigen physikalischen Verhalten
groſse Verschiedenheit zeigen, während ihre quantitative chemische
Zusammensetzung ganz oder nahezu die gleiche ist. Man unterscheidet
diese Roheisensorten nach ihrer Farbe als graues und weiſses Roh-
eisen. In den grauen Roheisensorten ist nur ein Teil des Kohlen-
stoffs chemisch gebunden, während ein anderer Teil in der Form
krystallinischer Blättchen, als sogenannter Graphit, ausgeschieden ist.
Diese dunklen Blättchen erteilen dem Eisen die eigentümliche graue
Farbe. — In den weiſsen Roheisensorten ist aller oder nahezu aller
Kohlenstoff chemisch gebunden. Dadurch erklärt es sich, daſs die
physikalischen Eigenschaften beider nicht dieselben sein können, da
diese durch den gebundenen Kohlenstoff bedingt werden. Deshalb
ist auch weiſses Eisen leichter schmelzbar als graues von gleichem
Kohlenstoffgehalt. Doch wird das graue und nicht das weiſse Eisen
zum Vergieſsen gebraucht und deshalb als „Guſseisen“ bezeichnet, weil
das weiſse Eisen hart und spröde ist und da es sich beim Erkalten
stärker zusammenzieht und die Formen ungenügend ausfüllt.

In bezug auf die Schmelzbarkeit der Eisensorten hat Pouillet
folgende Tabelle mitgeteilt 1):

Leicht schmelzbares weiſses Roheisen schmilzt bei 1050° C.
Schwer „ „ „ „ „ 1100° C.
Leicht „ graues Roheisen „ „ 1100° C.
Schwer „ „ „ „ „ 1200° C.
Nach anderen
Angaben
schmelzbar
zwischen
1400 bis
1600° C.
Leicht schmelzbarer Stahl „ „ 1300° C.
Schwer „ „ „ „ 1400° C.
1850° C.
Schmiedeisen schmilzt bei 1500 bis 1700° C. 2000° C.

Eine zweite wichtige Eigenschaft des Eisens ist seine Härte,
welche ebenfalls mit dem Kohlenstoffgehalt schwankt. Das kohlenstoff-
ärmste Schmiedeisen ist die weichste Verbindung, welche sich deshalb
am leichtesten bearbeiten läſst. Das kohlenstoffreichste „Spiegeleisen“
ist die härteste Eisenverbindung. Das graue Roheisen ist viel weicher
als das weiſse. Die gröſste Eigentümlichkeit in bezug auf die Härte
zeigt der Stahl. Wird glühender Stahl langsam abgekühlt, so wird er

1) S. Comptes rendues 1836, III. p. 793.
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[12/0034] Einleitung. so auch bezüglich der Schmelzbarbeit in der Mitte. Man kann sagen, die Schmelzbarkeit des Eisens nimmt zu mit seinem Kohlenstoff- gehalt, doch wird diese allgemeine Regel eingeschränkt durch die Verschiedenheit des Verbindungszustandes des Kohlenstoffs im Eisen, besonders im Roheisen. Es giebt Eisensorten, die sowohl in bezug auf ihre Schmelzbarkeit, als auch ihrem sonstigen physikalischen Verhalten groſse Verschiedenheit zeigen, während ihre quantitative chemische Zusammensetzung ganz oder nahezu die gleiche ist. Man unterscheidet diese Roheisensorten nach ihrer Farbe als graues und weiſses Roh- eisen. In den grauen Roheisensorten ist nur ein Teil des Kohlen- stoffs chemisch gebunden, während ein anderer Teil in der Form krystallinischer Blättchen, als sogenannter Graphit, ausgeschieden ist. Diese dunklen Blättchen erteilen dem Eisen die eigentümliche graue Farbe. — In den weiſsen Roheisensorten ist aller oder nahezu aller Kohlenstoff chemisch gebunden. Dadurch erklärt es sich, daſs die physikalischen Eigenschaften beider nicht dieselben sein können, da diese durch den gebundenen Kohlenstoff bedingt werden. Deshalb ist auch weiſses Eisen leichter schmelzbar als graues von gleichem Kohlenstoffgehalt. Doch wird das graue und nicht das weiſse Eisen zum Vergieſsen gebraucht und deshalb als „Guſseisen“ bezeichnet, weil das weiſse Eisen hart und spröde ist und da es sich beim Erkalten stärker zusammenzieht und die Formen ungenügend ausfüllt. In bezug auf die Schmelzbarkeit der Eisensorten hat Pouillet folgende Tabelle mitgeteilt 1): Leicht schmelzbares weiſses Roheisen schmilzt bei 1050° C. Schwer „ „ „ „ „ 1100° C. Leicht „ graues Roheisen „ „ 1100° C. Schwer „ „ „ „ „ 1200° C. Nach anderen Angaben schmelzbar zwischen 1400 bis 1600° C. Leicht schmelzbarer Stahl „ „ 1300° C. Schwer „ „ „ „ 1400° C. 1850° C. Schmiedeisen schmilzt bei 1500 bis 1700° C. 2000° C. Eine zweite wichtige Eigenschaft des Eisens ist seine Härte, welche ebenfalls mit dem Kohlenstoffgehalt schwankt. Das kohlenstoff- ärmste Schmiedeisen ist die weichste Verbindung, welche sich deshalb am leichtesten bearbeiten läſst. Das kohlenstoffreichste „Spiegeleisen“ ist die härteste Eisenverbindung. Das graue Roheisen ist viel weicher als das weiſse. Die gröſste Eigentümlichkeit in bezug auf die Härte zeigt der Stahl. Wird glühender Stahl langsam abgekühlt, so wird er 1) S. Comptes rendues 1836, III. p. 793.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/34>, abgerufen am 29.03.2024.