Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

Bild:
<< vorherige Seite
Japanesen.


Japan bietet ein nicht minder ausgeprägtes Kulturbild als wie
China dar. Die mongolischen Bewohner beider Länder stehen sich
ethnographisch sehr nahe. Auch in diesem Staate beruht aller Wohl-
stand und alle Ordnung auf dem sorgfältigen Landbau. Mit noch
grösserer Gewissenhaftigkeit, ja Raffinement sammelt und vernützt
man in Japan die Düngstoffe. Noch weniger pflegt man dort Viehzucht,
da der Genuss von Fleisch sogar durch die Religion verboten ist; die
Japanesen sind strenge Vegetarianer. Im Vergleich mit den Chinesen
sind sie begabter, beweglicher und lernbegieriger; auch ihre Technik
steht in vielen Zweigen höher. Ihre Tischler-, Flecht- und Lackarbeiten
sind bewunderungswürdig. Ebenso übertreffen sie in der Herstellung
und Verarbeitung der Metalle ihre chinesischen Verwandten. Der
grosse Metallreichtum des Landes bildet eine wichtige Quelle des
nationalen Wohlstandes. Demungeachtet ist der Bergbau verachtet und
wird nur von dem Auswurf der Gesellschaft, von verurteilten Verbrechern
oder von bedauernswerten Opfern der Gewaltherrschaft betrieben.

Japan scheint von China aus kolonisiert worden zu sein und geht
diese Kolonisation angeblich bis in das Jahr 1240 v. Chr. zurück. Zu
allen Zeiten stand es mit China im Verkehr, wenn auch erst seit
239 n. Chr. von einem diplomatischen Verkehr berichtet wird. Schon
in früheren Zeiten führte die japanesische Regierung wiederholt
Handelssperren gegen China ein, wie sich die japanesische Politik
stets misstrauisch gegen fremden Handelsverkehr gezeigt hat. Der
Standpunkt der Regierung war eben der, dass, da ihr Land alle Bedürf-
nisse des Unterhaltes der Bevölkerung in ausreichendem Masse erzeugt
und der Handel deshalb nur darauf angewiesen sein kann, Luxus-
gegenstände zu liefern, welche notwendige Lebensbedürfnisse dem

Japanesen.


Japan bietet ein nicht minder ausgeprägtes Kulturbild als wie
China dar. Die mongolischen Bewohner beider Länder stehen sich
ethnographisch sehr nahe. Auch in diesem Staate beruht aller Wohl-
stand und alle Ordnung auf dem sorgfältigen Landbau. Mit noch
gröſserer Gewissenhaftigkeit, ja Raffinement sammelt und vernützt
man in Japan die Düngstoffe. Noch weniger pflegt man dort Viehzucht,
da der Genuſs von Fleisch sogar durch die Religion verboten ist; die
Japanesen sind strenge Vegetarianer. Im Vergleich mit den Chinesen
sind sie begabter, beweglicher und lernbegieriger; auch ihre Technik
steht in vielen Zweigen höher. Ihre Tischler-, Flecht- und Lackarbeiten
sind bewunderungswürdig. Ebenso übertreffen sie in der Herstellung
und Verarbeitung der Metalle ihre chinesischen Verwandten. Der
groſse Metallreichtum des Landes bildet eine wichtige Quelle des
nationalen Wohlstandes. Demungeachtet ist der Bergbau verachtet und
wird nur von dem Auswurf der Gesellschaft, von verurteilten Verbrechern
oder von bedauernswerten Opfern der Gewaltherrschaft betrieben.

Japan scheint von China aus kolonisiert worden zu sein und geht
diese Kolonisation angeblich bis in das Jahr 1240 v. Chr. zurück. Zu
allen Zeiten stand es mit China im Verkehr, wenn auch erst seit
239 n. Chr. von einem diplomatischen Verkehr berichtet wird. Schon
in früheren Zeiten führte die japanesische Regierung wiederholt
Handelssperren gegen China ein, wie sich die japanesische Politik
stets miſstrauisch gegen fremden Handelsverkehr gezeigt hat. Der
Standpunkt der Regierung war eben der, daſs, da ihr Land alle Bedürf-
nisse des Unterhaltes der Bevölkerung in ausreichendem Maſse erzeugt
und der Handel deshalb nur darauf angewiesen sein kann, Luxus-
gegenstände zu liefern, welche notwendige Lebensbedürfnisse dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0325" n="[303]"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Japanesen</hi>.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <p>Japan bietet ein nicht minder ausgeprägtes Kulturbild als wie<lb/>
China dar. Die mongolischen Bewohner beider Länder stehen sich<lb/>
ethnographisch sehr nahe. Auch in diesem Staate beruht aller Wohl-<lb/>
stand und alle Ordnung auf dem sorgfältigen Landbau. Mit noch<lb/>
grö&#x017F;serer Gewissenhaftigkeit, ja Raffinement sammelt und vernützt<lb/>
man in Japan die Düngstoffe. Noch weniger pflegt man dort Viehzucht,<lb/>
da der Genu&#x017F;s von Fleisch sogar durch die Religion verboten ist; die<lb/>
Japanesen sind strenge Vegetarianer. Im Vergleich mit den Chinesen<lb/>
sind sie begabter, beweglicher und lernbegieriger; auch ihre Technik<lb/>
steht in vielen Zweigen höher. Ihre Tischler-, Flecht- und Lackarbeiten<lb/>
sind bewunderungswürdig. Ebenso übertreffen sie in der Herstellung<lb/>
und Verarbeitung der Metalle ihre chinesischen Verwandten. Der<lb/>
gro&#x017F;se Metallreichtum des Landes bildet eine wichtige Quelle des<lb/>
nationalen Wohlstandes. Demungeachtet ist der Bergbau verachtet und<lb/>
wird nur von dem Auswurf der Gesellschaft, von verurteilten Verbrechern<lb/>
oder von bedauernswerten Opfern der Gewaltherrschaft betrieben.</p><lb/>
          <p>Japan scheint von China aus kolonisiert worden zu sein und geht<lb/>
diese Kolonisation angeblich bis in das Jahr 1240 v. Chr. zurück. Zu<lb/>
allen Zeiten stand es mit China im Verkehr, wenn auch erst seit<lb/>
239 n. Chr. von einem diplomatischen Verkehr berichtet wird. Schon<lb/>
in früheren Zeiten führte die japanesische Regierung wiederholt<lb/>
Handelssperren gegen China ein, wie sich die japanesische Politik<lb/>
stets mi&#x017F;strauisch gegen fremden Handelsverkehr gezeigt hat. Der<lb/>
Standpunkt der Regierung war eben der, da&#x017F;s, da ihr Land alle Bedürf-<lb/>
nisse des Unterhaltes der Bevölkerung in ausreichendem Ma&#x017F;se erzeugt<lb/>
und der Handel deshalb nur darauf angewiesen sein kann, Luxus-<lb/>
gegenstände zu liefern, welche notwendige Lebensbedürfnisse dem<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[303]/0325] Japanesen. Japan bietet ein nicht minder ausgeprägtes Kulturbild als wie China dar. Die mongolischen Bewohner beider Länder stehen sich ethnographisch sehr nahe. Auch in diesem Staate beruht aller Wohl- stand und alle Ordnung auf dem sorgfältigen Landbau. Mit noch gröſserer Gewissenhaftigkeit, ja Raffinement sammelt und vernützt man in Japan die Düngstoffe. Noch weniger pflegt man dort Viehzucht, da der Genuſs von Fleisch sogar durch die Religion verboten ist; die Japanesen sind strenge Vegetarianer. Im Vergleich mit den Chinesen sind sie begabter, beweglicher und lernbegieriger; auch ihre Technik steht in vielen Zweigen höher. Ihre Tischler-, Flecht- und Lackarbeiten sind bewunderungswürdig. Ebenso übertreffen sie in der Herstellung und Verarbeitung der Metalle ihre chinesischen Verwandten. Der groſse Metallreichtum des Landes bildet eine wichtige Quelle des nationalen Wohlstandes. Demungeachtet ist der Bergbau verachtet und wird nur von dem Auswurf der Gesellschaft, von verurteilten Verbrechern oder von bedauernswerten Opfern der Gewaltherrschaft betrieben. Japan scheint von China aus kolonisiert worden zu sein und geht diese Kolonisation angeblich bis in das Jahr 1240 v. Chr. zurück. Zu allen Zeiten stand es mit China im Verkehr, wenn auch erst seit 239 n. Chr. von einem diplomatischen Verkehr berichtet wird. Schon in früheren Zeiten führte die japanesische Regierung wiederholt Handelssperren gegen China ein, wie sich die japanesische Politik stets miſstrauisch gegen fremden Handelsverkehr gezeigt hat. Der Standpunkt der Regierung war eben der, daſs, da ihr Land alle Bedürf- nisse des Unterhaltes der Bevölkerung in ausreichendem Maſse erzeugt und der Handel deshalb nur darauf angewiesen sein kann, Luxus- gegenstände zu liefern, welche notwendige Lebensbedürfnisse dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/325
Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. [303]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/325>, abgerufen am 22.11.2024.