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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Syrien.

Tyrus, welches den Silberhandel Spaniens beherrschte, war be-
wundert und beneidet wegen seines Reichtums. Der Prophet Jesaias
sagt von ihr: "Tyrus, die Kronen spendet, ihre Kaufleute sind Fürsten
und ihre Händler die Geehrten der Erde."

Doch auch dieser Glanz erlosch. Die reichen Städte Syriens, der
Wohlstand Ägyptens lockten die assyrischen Könige zu häufigen
Kriegszügen. Keine Stadt hat so viele und lange Belagerungen aus-
zuhalten gehabt wie Tyrus. Dazu kam das Emporblühen ihrer eigenen
Kolonieen, sowie die politische Entfaltung von Griechenland. So be-
gann der Glanz von Tyrus schon vom achten Jahrhundert an zu ver-
bleichen. Seine Kolonie Gades und vor allem Karthago wurden die
Erben seines Reichtums. 581 eroberte und zerstörte Nebukadnezar
das Bollwerk der Phönizier. Es erhob sich zwar wieder aus den
Trümmern, als aber Alexander der Grosse es nochmals vernichtete,
sank es auf die Stufe einer wohlhabenden Provinzialstadt herab, bis es
allmählich immer mehr in Verfall kam.

Der Handel war die Stärke der Phönizier. In Bezug auf den
Landhandel nutzten sie nicht nur ihre günstige, geographische Lage
aus, sondern sie suchten sich direkt und indirekt die wichtigsten
Etappen dieses Handels zu sichern. Direkt, indem sie an den wichtig-
sten Karawanenstrassen Städte und Faktoreien anlegten, wie die rasch
aufblühenden Städte Hamath, Edoma und Thypsach, indirekt, indem
sie mit den Fürsten der Länder, durch welche die Handelsstrassen zogen,
Bündnisse zum Schutze des Handels abschlossen.

Auf diese Weise suchten sie sich namentlich den Zugang zum Roten
Meere zu sichern. Wie sie früher zu diesem Zwecke sich die krie-
gerischen Philister durch Geschenke geneigt erhalten hatten, so ver-
fuhren sie später ebenso gegenüber Israel, nachdem dieses durch die
siegreichen Kriegszüge Davids die Obmacht in dem Gebiete vom
Libanon bis zum Roten Meere erlangt hatte. Der weise König Hiram
von Tyrus schloss enge Freundschaft mit David und Salomon und der
letztere vergalt die guten Dienste der Phönizier damit, dass er ihnen
freiwillig den Hafen der Stadt Elath zu Eziongeber am Roten Meere
einräumte, wo sie sofort eine Schiffswerfte anlegten. Sie suchten die
Fürsten Israels direkt für den Handel zu interessieren und veranlassten
dadurch den König David, die Stadt Tadmor in der Wüste an der
kürzeren Karawanenstrasse von Syrien nach dem Euphrat anzulegen
und zu befestigen. Von Eziongeber aus unternahm Hiram in Ver-
bindung mit König Salomo die berühmten Ophirfahrten. Die aus-
gesandten Schiffe brachten Gold, Edelsteine, Sandelholz, Elfenbein,

Syrien.

Tyrus, welches den Silberhandel Spaniens beherrschte, war be-
wundert und beneidet wegen seines Reichtums. Der Prophet Jesaias
sagt von ihr: „Tyrus, die Kronen spendet, ihre Kaufleute sind Fürsten
und ihre Händler die Geehrten der Erde.“

Doch auch dieser Glanz erlosch. Die reichen Städte Syriens, der
Wohlstand Ägyptens lockten die assyrischen Könige zu häufigen
Kriegszügen. Keine Stadt hat so viele und lange Belagerungen aus-
zuhalten gehabt wie Tyrus. Dazu kam das Emporblühen ihrer eigenen
Kolonieen, sowie die politische Entfaltung von Griechenland. So be-
gann der Glanz von Tyrus schon vom achten Jahrhundert an zu ver-
bleichen. Seine Kolonie Gades und vor allem Karthago wurden die
Erben seines Reichtums. 581 eroberte und zerstörte Nebukadnezar
das Bollwerk der Phönizier. Es erhob sich zwar wieder aus den
Trümmern, als aber Alexander der Groſse es nochmals vernichtete,
sank es auf die Stufe einer wohlhabenden Provinzialstadt herab, bis es
allmählich immer mehr in Verfall kam.

Der Handel war die Stärke der Phönizier. In Bezug auf den
Landhandel nutzten sie nicht nur ihre günstige, geographische Lage
aus, sondern sie suchten sich direkt und indirekt die wichtigsten
Etappen dieses Handels zu sichern. Direkt, indem sie an den wichtig-
sten Karawanenstraſsen Städte und Faktoreien anlegten, wie die rasch
aufblühenden Städte Hamath, Edoma und Thypsach, indirekt, indem
sie mit den Fürsten der Länder, durch welche die Handelsstraſsen zogen,
Bündnisse zum Schutze des Handels abschlossen.

Auf diese Weise suchten sie sich namentlich den Zugang zum Roten
Meere zu sichern. Wie sie früher zu diesem Zwecke sich die krie-
gerischen Philister durch Geschenke geneigt erhalten hatten, so ver-
fuhren sie später ebenso gegenüber Israel, nachdem dieses durch die
siegreichen Kriegszüge Davids die Obmacht in dem Gebiete vom
Libanon bis zum Roten Meere erlangt hatte. Der weise König Hiram
von Tyrus schloſs enge Freundschaft mit David und Salomon und der
letztere vergalt die guten Dienste der Phönizier damit, daſs er ihnen
freiwillig den Hafen der Stadt Elath zu Eziongeber am Roten Meere
einräumte, wo sie sofort eine Schiffswerfte anlegten. Sie suchten die
Fürsten Israels direkt für den Handel zu interessieren und veranlaſsten
dadurch den König David, die Stadt Tadmor in der Wüste an der
kürzeren Karawanenstraſse von Syrien nach dem Euphrat anzulegen
und zu befestigen. Von Eziongeber aus unternahm Hiram in Ver-
bindung mit König Salomo die berühmten Ophirfahrten. Die aus-
gesandten Schiffe brachten Gold, Edelsteine, Sandelholz, Elfenbein,

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[178/0200] Syrien. Tyrus, welches den Silberhandel Spaniens beherrschte, war be- wundert und beneidet wegen seines Reichtums. Der Prophet Jesaias sagt von ihr: „Tyrus, die Kronen spendet, ihre Kaufleute sind Fürsten und ihre Händler die Geehrten der Erde.“ Doch auch dieser Glanz erlosch. Die reichen Städte Syriens, der Wohlstand Ägyptens lockten die assyrischen Könige zu häufigen Kriegszügen. Keine Stadt hat so viele und lange Belagerungen aus- zuhalten gehabt wie Tyrus. Dazu kam das Emporblühen ihrer eigenen Kolonieen, sowie die politische Entfaltung von Griechenland. So be- gann der Glanz von Tyrus schon vom achten Jahrhundert an zu ver- bleichen. Seine Kolonie Gades und vor allem Karthago wurden die Erben seines Reichtums. 581 eroberte und zerstörte Nebukadnezar das Bollwerk der Phönizier. Es erhob sich zwar wieder aus den Trümmern, als aber Alexander der Groſse es nochmals vernichtete, sank es auf die Stufe einer wohlhabenden Provinzialstadt herab, bis es allmählich immer mehr in Verfall kam. Der Handel war die Stärke der Phönizier. In Bezug auf den Landhandel nutzten sie nicht nur ihre günstige, geographische Lage aus, sondern sie suchten sich direkt und indirekt die wichtigsten Etappen dieses Handels zu sichern. Direkt, indem sie an den wichtig- sten Karawanenstraſsen Städte und Faktoreien anlegten, wie die rasch aufblühenden Städte Hamath, Edoma und Thypsach, indirekt, indem sie mit den Fürsten der Länder, durch welche die Handelsstraſsen zogen, Bündnisse zum Schutze des Handels abschlossen. Auf diese Weise suchten sie sich namentlich den Zugang zum Roten Meere zu sichern. Wie sie früher zu diesem Zwecke sich die krie- gerischen Philister durch Geschenke geneigt erhalten hatten, so ver- fuhren sie später ebenso gegenüber Israel, nachdem dieses durch die siegreichen Kriegszüge Davids die Obmacht in dem Gebiete vom Libanon bis zum Roten Meere erlangt hatte. Der weise König Hiram von Tyrus schloſs enge Freundschaft mit David und Salomon und der letztere vergalt die guten Dienste der Phönizier damit, daſs er ihnen freiwillig den Hafen der Stadt Elath zu Eziongeber am Roten Meere einräumte, wo sie sofort eine Schiffswerfte anlegten. Sie suchten die Fürsten Israels direkt für den Handel zu interessieren und veranlaſsten dadurch den König David, die Stadt Tadmor in der Wüste an der kürzeren Karawanenstraſse von Syrien nach dem Euphrat anzulegen und zu befestigen. Von Eziongeber aus unternahm Hiram in Ver- bindung mit König Salomo die berühmten Ophirfahrten. Die aus- gesandten Schiffe brachten Gold, Edelsteine, Sandelholz, Elfenbein,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/200>, abgerufen am 28.04.2024.