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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Syrien.
Jabin, der Kananiter König, hatte 900 eiserne Wagen 1). Das Heer
der Philister aber, welches gegen Saul zog, hatte sogar 30000 Streit-
wagen. Ob diese Wagen ganz von Eisen waren, oder, was wahrschein-
licher ist, nur eiserne Naben, Achsen, Radreife und vielleicht auch
Felgen hatten, während der obere Wagenkasten nur mit Eisenblech
beschlagen war, lässt sich mit Bestimmtheit nicht angeben. Indessen
scheint es, als ob sie hauptsächlich aus Eisen bestanden hätten; dafür
spricht auch der charakteristische Ausdruck, der sich öfter wiederholt:
"David verlähmte alle ihre Wagen 2)." Wäre viel Holz daran gewesen,
so hätte er sie gewiss verbrannt. David war es auch, der nach seinem
glänzenden Siege über die Syrier die eisernen Streitwagen im jüdischen
Heere einführte.

Eine merkwürdige Eisenkonstruktion, die an dieser Stelle sowohl
ihres Alters, als ihres Charakters wegen Erwähnung verdient, ist das
eiserne Bett des Königs Og von Basan. "Allein der König Og von
Basan war noch übrig von den Riesen (den Enakitern, welche die
älteren Bewohner des kananitischen Gebietes südlich von Judäa waren).
Siehe sein eisernes Bett ist allhier zu Rabbath (der Hauptstadt der
Kinder Ammons) neun Ellen lang, vier Ellen breit, nach eines Mannes
Ellenbogen."

Selbstverständlich spielt auch das Eisen eine wichtige Rolle bei
der Bewaffnung der Kananiter und der Hebräer, sowohl für Schutz-
wie für Trutzwaffen. Als die Kinder Israel aus Ägypten in das Land
Kanaan zogen, war ihre Bewaffnung im Vergleich mit der der Kananiter
unvollkommen. Sie waren nicht beritten, hatten keine Kriegswagen,
sondern waren ausschliesslich Fussvolk. Bogen und Pfeil, Schleuder
und Spiess bildeten ihre Hauptwaffen. Doch war auch das Schwert
schon in allgemeinem Gebrauch. Das Schwert war die vornehmste
Waffe, so dass Schwert und Waffe oft als synonym erscheinen. Merk-
würdigerweise wird, so oft das Schwert auch genannt wird, doch an
keiner Stelle gesagt, aus welchem Metall es gefertigt war. Es scheint
den Schriftstellern selbstverständlich zu sein, dass es nur aus einem
Metall bestehen konnte, nämlich aus Eisen. Da viele aber annehmen,
die Schwerter der Israeliten seien aus Erz gewesen, so wollen wir die
einzelnen Stellen näher betrachten. Das Schwert wird bereits er-
wähnt bei der Erzählung vom Paradiese. Der Herr, nachdem er Adam
und Eva aus dem Paradies vertrieben, lagerte vor den Garten Eden
den Cherubim mit einem flammenden Schwert 3). Wörtlich heisst die

1) Richter 4, 3.
2) Siehe 2. Samuel 8, 4.
3) 1. Mos. 3, 24.
11*

Syrien.
Jabin, der Kananiter König, hatte 900 eiserne Wagen 1). Das Heer
der Philister aber, welches gegen Saul zog, hatte sogar 30000 Streit-
wagen. Ob diese Wagen ganz von Eisen waren, oder, was wahrschein-
licher ist, nur eiserne Naben, Achsen, Radreife und vielleicht auch
Felgen hatten, während der obere Wagenkasten nur mit Eisenblech
beschlagen war, läſst sich mit Bestimmtheit nicht angeben. Indessen
scheint es, als ob sie hauptsächlich aus Eisen bestanden hätten; dafür
spricht auch der charakteristische Ausdruck, der sich öfter wiederholt:
„David verlähmte alle ihre Wagen 2).“ Wäre viel Holz daran gewesen,
so hätte er sie gewiſs verbrannt. David war es auch, der nach seinem
glänzenden Siege über die Syrier die eisernen Streitwagen im jüdischen
Heere einführte.

Eine merkwürdige Eisenkonstruktion, die an dieser Stelle sowohl
ihres Alters, als ihres Charakters wegen Erwähnung verdient, ist das
eiserne Bett des Königs Og von Basan. „Allein der König Og von
Basan war noch übrig von den Riesen (den Enakitern, welche die
älteren Bewohner des kananitischen Gebietes südlich von Judäa waren).
Siehe sein eisernes Bett ist allhier zu Rabbath (der Hauptstadt der
Kinder Ammons) neun Ellen lang, vier Ellen breit, nach eines Mannes
Ellenbogen.“

Selbstverständlich spielt auch das Eisen eine wichtige Rolle bei
der Bewaffnung der Kananiter und der Hebräer, sowohl für Schutz-
wie für Trutzwaffen. Als die Kinder Israel aus Ägypten in das Land
Kanaan zogen, war ihre Bewaffnung im Vergleich mit der der Kananiter
unvollkommen. Sie waren nicht beritten, hatten keine Kriegswagen,
sondern waren ausschlieſslich Fuſsvolk. Bogen und Pfeil, Schleuder
und Spieſs bildeten ihre Hauptwaffen. Doch war auch das Schwert
schon in allgemeinem Gebrauch. Das Schwert war die vornehmste
Waffe, so daſs Schwert und Waffe oft als synonym erscheinen. Merk-
würdigerweise wird, so oft das Schwert auch genannt wird, doch an
keiner Stelle gesagt, aus welchem Metall es gefertigt war. Es scheint
den Schriftstellern selbstverständlich zu sein, daſs es nur aus einem
Metall bestehen konnte, nämlich aus Eisen. Da viele aber annehmen,
die Schwerter der Israeliten seien aus Erz gewesen, so wollen wir die
einzelnen Stellen näher betrachten. Das Schwert wird bereits er-
wähnt bei der Erzählung vom Paradiese. Der Herr, nachdem er Adam
und Eva aus dem Paradies vertrieben, lagerte vor den Garten Eden
den Cherubim mit einem flammenden Schwert 3). Wörtlich heiſst die

1) Richter 4, 3.
2) Siehe 2. Samuel 8, 4.
3) 1. Mos. 3, 24.
11*
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[163/0185] Syrien. Jabin, der Kananiter König, hatte 900 eiserne Wagen 1). Das Heer der Philister aber, welches gegen Saul zog, hatte sogar 30000 Streit- wagen. Ob diese Wagen ganz von Eisen waren, oder, was wahrschein- licher ist, nur eiserne Naben, Achsen, Radreife und vielleicht auch Felgen hatten, während der obere Wagenkasten nur mit Eisenblech beschlagen war, läſst sich mit Bestimmtheit nicht angeben. Indessen scheint es, als ob sie hauptsächlich aus Eisen bestanden hätten; dafür spricht auch der charakteristische Ausdruck, der sich öfter wiederholt: „David verlähmte alle ihre Wagen 2).“ Wäre viel Holz daran gewesen, so hätte er sie gewiſs verbrannt. David war es auch, der nach seinem glänzenden Siege über die Syrier die eisernen Streitwagen im jüdischen Heere einführte. Eine merkwürdige Eisenkonstruktion, die an dieser Stelle sowohl ihres Alters, als ihres Charakters wegen Erwähnung verdient, ist das eiserne Bett des Königs Og von Basan. „Allein der König Og von Basan war noch übrig von den Riesen (den Enakitern, welche die älteren Bewohner des kananitischen Gebietes südlich von Judäa waren). Siehe sein eisernes Bett ist allhier zu Rabbath (der Hauptstadt der Kinder Ammons) neun Ellen lang, vier Ellen breit, nach eines Mannes Ellenbogen.“ Selbstverständlich spielt auch das Eisen eine wichtige Rolle bei der Bewaffnung der Kananiter und der Hebräer, sowohl für Schutz- wie für Trutzwaffen. Als die Kinder Israel aus Ägypten in das Land Kanaan zogen, war ihre Bewaffnung im Vergleich mit der der Kananiter unvollkommen. Sie waren nicht beritten, hatten keine Kriegswagen, sondern waren ausschlieſslich Fuſsvolk. Bogen und Pfeil, Schleuder und Spieſs bildeten ihre Hauptwaffen. Doch war auch das Schwert schon in allgemeinem Gebrauch. Das Schwert war die vornehmste Waffe, so daſs Schwert und Waffe oft als synonym erscheinen. Merk- würdigerweise wird, so oft das Schwert auch genannt wird, doch an keiner Stelle gesagt, aus welchem Metall es gefertigt war. Es scheint den Schriftstellern selbstverständlich zu sein, daſs es nur aus einem Metall bestehen konnte, nämlich aus Eisen. Da viele aber annehmen, die Schwerter der Israeliten seien aus Erz gewesen, so wollen wir die einzelnen Stellen näher betrachten. Das Schwert wird bereits er- wähnt bei der Erzählung vom Paradiese. Der Herr, nachdem er Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben, lagerte vor den Garten Eden den Cherubim mit einem flammenden Schwert 3). Wörtlich heiſst die 1) Richter 4, 3. 2) Siehe 2. Samuel 8, 4. 3) 1. Mos. 3, 24. 11*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/185>, abgerufen am 28.04.2024.