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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Syrien.
machen allerlei künstliche Arbeit." Die Ausbildung eines ausübenden
Architekten musste zu jener Zeit noch eine sehr vielseitige sein, nach
dem Wortgebrauch der alten Zeit würde man indes den Mann doch
nur einen Zimmermann genannt haben. Diese Zimmerleute waren
demnach nicht nur Bauhandwerker, sondern auch Künstler in Holz,
Bildschnitzer und Bildhauer. Im Gebiet des Stammes Juda gab es ein
Thal der Zimmerleute. Diese leiteten sich direkt von Juda ab, ihr
Stammbaum wird 1. Chron. Kap. 4, 14 ausführlich mitgeteilt. Sie
waren hoch angesehen. Dieses Thal der Zimmerleute (jetzt Lydda 1)
war zwischen Lod und Ono an der Strasse von Jerusalem nach Jaffa,
nahe der Grenze der Philister. Mit dem Zimmermann zugleich wird
oft der Metallschmied erwähnt. Sie waren es, welche gemeinschaftlich
die Götzenbilder anfertigten. So heisst es in Jesaias (41, 7): "Der
Zimmermann nahm den Goldschmied zu sich und machte mit dem
Hammer das Blech glatt auf dem Ambos, und sprachen: Das soll fein
stehen und hefteten es mit Nägeln, dass es nicht sollte wackeln"; fer-
ner (44, 13): "Der andere zimmert Holz und misst es mit der Schnur
und zeichnet es mit Rötelstein und behaut es und zirkelt es ab und
macht es wie ein Mannsbild, wie einen schönen Menschen, der im Hause
wohne." Ebenso spricht Jeremias im Zorn über diese Götzenbilder
(10, 3 und 5): "Denn der Heiden Götter sind lauter Nichts. Sie hauen
im Wald einen Baum und der Werkmeister macht sie mit dem Beil:
Und schmückt sie mit Silber und Gold und heftet sie mit Nägeln und
Hämmern, dass sie nicht umfallen. Es sind ja nichts denn Säulen
überzogen." Die Herstellung dieser Götzenbilder scheint ein Haupt-
industriezweig der Zimmerleute von Lod gewesen zu sein, die sie in
Gemeinschaft mit Gold- und Erzschmieden ausführten, deshalb nennen
einige es auch das Thal der Schmiede 2). Ob aber auch die Eisen-
schmiede Judas in diesem Thale ihren Sitz hatten, ist unerwiesen. Es
wäre nicht ganz unwahrscheinlich, dass sie ebenfalls hier oder nicht
weit der Grenze der Philister zusammen gewohnt hätten, weil wir aus
dem Buche Samuel erfahren, dass zur Zeit der Richter kein Eisen-
schmied in ganz Israel gefunden wurde, indem diese jedenfalls von den
siegreichen Philistern mit Vorbedacht alle weggeführt waren. Die
bemerkenswerte Stelle lautet 3): "Es ward aber kein Schmied im ganzen
Lande Israel erfunden, denn die Philister gedachten, die Ebräer möchten
Schwerdt und Spiess machen. Und musste ganz Israel hinabziehen zu
den Philistern, wenn jemand hatte eine Pflugschar, Haue, Beil oder

1) Siehe auch Nehemia 11, 35.
2) Siehe Rougemont a. a. O. 190.
3) 1. Samuel 17, 19 bis 22.

Syrien.
machen allerlei künstliche Arbeit.“ Die Ausbildung eines ausübenden
Architekten muſste zu jener Zeit noch eine sehr vielseitige sein, nach
dem Wortgebrauch der alten Zeit würde man indes den Mann doch
nur einen Zimmermann genannt haben. Diese Zimmerleute waren
demnach nicht nur Bauhandwerker, sondern auch Künstler in Holz,
Bildschnitzer und Bildhauer. Im Gebiet des Stammes Juda gab es ein
Thal der Zimmerleute. Diese leiteten sich direkt von Juda ab, ihr
Stammbaum wird 1. Chron. Kap. 4, 14 ausführlich mitgeteilt. Sie
waren hoch angesehen. Dieses Thal der Zimmerleute (jetzt Lydda 1)
war zwischen Lod und Ono an der Straſse von Jerusalem nach Jaffa,
nahe der Grenze der Philister. Mit dem Zimmermann zugleich wird
oft der Metallschmied erwähnt. Sie waren es, welche gemeinschaftlich
die Götzenbilder anfertigten. So heiſst es in Jesaias (41, 7): „Der
Zimmermann nahm den Goldschmied zu sich und machte mit dem
Hammer das Blech glatt auf dem Ambos, und sprachen: Das soll fein
stehen und hefteten es mit Nägeln, daſs es nicht sollte wackeln“; fer-
ner (44, 13): „Der andere zimmert Holz und miſst es mit der Schnur
und zeichnet es mit Rötelstein und behaut es und zirkelt es ab und
macht es wie ein Mannsbild, wie einen schönen Menschen, der im Hause
wohne.“ Ebenso spricht Jeremias im Zorn über dieſe Götzenbilder
(10, 3 und 5): „Denn der Heiden Götter sind lauter Nichts. Sie hauen
im Wald einen Baum und der Werkmeister macht sie mit dem Beil:
Und schmückt sie mit Silber und Gold und heftet sie mit Nägeln und
Hämmern, daſs sie nicht umfallen. Es sind ja nichts denn Säulen
überzogen.“ Die Herstellung dieser Götzenbilder scheint ein Haupt-
industriezweig der Zimmerleute von Lod gewesen zu sein, die sie in
Gemeinschaft mit Gold- und Erzschmieden ausführten, deshalb nennen
einige es auch das Thal der Schmiede 2). Ob aber auch die Eisen-
schmiede Judas in diesem Thale ihren Sitz hatten, ist unerwiesen. Es
wäre nicht ganz unwahrscheinlich, daſs sie ebenfalls hier oder nicht
weit der Grenze der Philister zusammen gewohnt hätten, weil wir aus
dem Buche Samuel erfahren, daſs zur Zeit der Richter kein Eisen-
schmied in ganz Israel gefunden wurde, indem diese jedenfalls von den
siegreichen Philistern mit Vorbedacht alle weggeführt waren. Die
bemerkenswerte Stelle lautet 3): „Es ward aber kein Schmied im ganzen
Lande Israel erfunden, denn die Philister gedachten, die Ebräer möchten
Schwerdt und Spieſs machen. Und muſste ganz Israel hinabziehen zu
den Philistern, wenn jemand hatte eine Pflugschar, Haue, Beil oder

1) Siehe auch Nehemia 11, 35.
2) Siehe Rougemont a. a. O. 190.
3) 1. Samuel 17, 19 bis 22.
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[160/0182] Syrien. machen allerlei künstliche Arbeit.“ Die Ausbildung eines ausübenden Architekten muſste zu jener Zeit noch eine sehr vielseitige sein, nach dem Wortgebrauch der alten Zeit würde man indes den Mann doch nur einen Zimmermann genannt haben. Diese Zimmerleute waren demnach nicht nur Bauhandwerker, sondern auch Künstler in Holz, Bildschnitzer und Bildhauer. Im Gebiet des Stammes Juda gab es ein Thal der Zimmerleute. Diese leiteten sich direkt von Juda ab, ihr Stammbaum wird 1. Chron. Kap. 4, 14 ausführlich mitgeteilt. Sie waren hoch angesehen. Dieses Thal der Zimmerleute (jetzt Lydda 1) war zwischen Lod und Ono an der Straſse von Jerusalem nach Jaffa, nahe der Grenze der Philister. Mit dem Zimmermann zugleich wird oft der Metallschmied erwähnt. Sie waren es, welche gemeinschaftlich die Götzenbilder anfertigten. So heiſst es in Jesaias (41, 7): „Der Zimmermann nahm den Goldschmied zu sich und machte mit dem Hammer das Blech glatt auf dem Ambos, und sprachen: Das soll fein stehen und hefteten es mit Nägeln, daſs es nicht sollte wackeln“; fer- ner (44, 13): „Der andere zimmert Holz und miſst es mit der Schnur und zeichnet es mit Rötelstein und behaut es und zirkelt es ab und macht es wie ein Mannsbild, wie einen schönen Menschen, der im Hause wohne.“ Ebenso spricht Jeremias im Zorn über dieſe Götzenbilder (10, 3 und 5): „Denn der Heiden Götter sind lauter Nichts. Sie hauen im Wald einen Baum und der Werkmeister macht sie mit dem Beil: Und schmückt sie mit Silber und Gold und heftet sie mit Nägeln und Hämmern, daſs sie nicht umfallen. Es sind ja nichts denn Säulen überzogen.“ Die Herstellung dieser Götzenbilder scheint ein Haupt- industriezweig der Zimmerleute von Lod gewesen zu sein, die sie in Gemeinschaft mit Gold- und Erzschmieden ausführten, deshalb nennen einige es auch das Thal der Schmiede 2). Ob aber auch die Eisen- schmiede Judas in diesem Thale ihren Sitz hatten, ist unerwiesen. Es wäre nicht ganz unwahrscheinlich, daſs sie ebenfalls hier oder nicht weit der Grenze der Philister zusammen gewohnt hätten, weil wir aus dem Buche Samuel erfahren, daſs zur Zeit der Richter kein Eisen- schmied in ganz Israel gefunden wurde, indem diese jedenfalls von den siegreichen Philistern mit Vorbedacht alle weggeführt waren. Die bemerkenswerte Stelle lautet 3): „Es ward aber kein Schmied im ganzen Lande Israel erfunden, denn die Philister gedachten, die Ebräer möchten Schwerdt und Spieſs machen. Und muſste ganz Israel hinabziehen zu den Philistern, wenn jemand hatte eine Pflugschar, Haue, Beil oder 1) Siehe auch Nehemia 11, 35. 2) Siehe Rougemont a. a. O. 190. 3) 1. Samuel 17, 19 bis 22.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/182>, abgerufen am 29.11.2024.