um dort ihre Kunst für sich zu verwerten. Dies berichtet die Bibel und die Keilinschriften bestätigen es. So heisst es von Nebukadnezar wiederholt, dass er alle Zimmerleute und alle Schmiede aus Jerusalem wegführte 1). In einer Keilinschrift rühmt sich Sennacherib: "Die Handwerker sowohl der Aramäer als der Chaldäer habe ich mit mir fortgeführt 2)". Durch solche gewaltsame Konzentration tüchtiger Kräfte konnte freilich Grosses geleistet werden.
Legen wir uns zum Schluss noch die Frage vor: haben die Assyrer den Stahl gekannt, so müssen wir dieselbe unbedingt bejahen. Ob sie ihn selbst dargestellt haben, ob sie ihn für etwas anderes ansahen, als ein besonders gutes Eisen, ist eine andere Frage und dürfte dies wohl bezweifelt werden. Eine besondere Bezeichnung für Stahl existiert, wie bereits erwähnt, in den Keilinschriften nicht. Wenn aber das Schwert von Eisen gerühmt wird, so können wir sicherlich annehmen, dass dar- unter Stahl zu verstehen ist. Es war ja kein wesentlich anderer Prozess, durch den Stahl oder Eisen gewonnen wurde, weit mehr kam die Qua- lität der Erze dabei in Betracht. Die Unterscheidung der Qualität wurde aber im Altertume nur nach Ländern gemacht, wenn aber die Assyrer persisches Eisen beziehen oder den Moschern und Tibarenen (den Nachbarn der Chabyler) Tribut von Eisen auflegen, so können wir ziemlich bestimmt annehmen, dass dies eine besondere Qualität Eisen, dass es Stahl war. Dafür spricht auch der weitere Umstand, dass, ob- gleich sie im allgemeinen es vorzogen, den leicht zu verarbeitenden grauen Alabaster für ihre Skulpturen und Inschriften zu benutzen, sie doch für besonders wichtige Aufzeichnungen den festen Basalt des Mons Masius verwendeten, der an Härte und Zähigkeit nicht hinter dem Granite Oberägyptens zurücksteht. Zum Einmeisseln der Inschriften in dieses feste Gestein wendeten die Assyrer unzweifelhaft Stahlwerk- zeuge an.
1) Siehe 2. Könige 24, 14 und 16, ebenso Jeremias 24, 1 und 29, 2.
2) Asiatic Journal XIX, p. 137.
Die Semiten.
um dort ihre Kunst für sich zu verwerten. Dies berichtet die Bibel und die Keilinschriften bestätigen es. So heiſst es von Nebukadnezar wiederholt, daſs er alle Zimmerleute und alle Schmiede aus Jerusalem wegführte 1). In einer Keilinschrift rühmt sich Sennacherib: „Die Handwerker sowohl der Aramäer als der Chaldäer habe ich mit mir fortgeführt 2)“. Durch solche gewaltsame Konzentration tüchtiger Kräfte konnte freilich Groſses geleistet werden.
Legen wir uns zum Schluſs noch die Frage vor: haben die Assyrer den Stahl gekannt, so müssen wir dieselbe unbedingt bejahen. Ob sie ihn selbst dargestellt haben, ob sie ihn für etwas anderes ansahen, als ein besonders gutes Eisen, ist eine andere Frage und dürfte dies wohl bezweifelt werden. Eine besondere Bezeichnung für Stahl existiert, wie bereits erwähnt, in den Keilinschriften nicht. Wenn aber das Schwert von Eisen gerühmt wird, so können wir sicherlich annehmen, daſs dar- unter Stahl zu verstehen ist. Es war ja kein wesentlich anderer Prozeſs, durch den Stahl oder Eisen gewonnen wurde, weit mehr kam die Qua- lität der Erze dabei in Betracht. Die Unterscheidung der Qualität wurde aber im Altertume nur nach Ländern gemacht, wenn aber die Assyrer persisches Eisen beziehen oder den Moschern und Tibarenen (den Nachbarn der Chabyler) Tribut von Eisen auflegen, so können wir ziemlich bestimmt annehmen, daſs dies eine besondere Qualität Eisen, daſs es Stahl war. Dafür spricht auch der weitere Umstand, daſs, ob- gleich sie im allgemeinen es vorzogen, den leicht zu verarbeitenden grauen Alabaster für ihre Skulpturen und Inschriften zu benutzen, sie doch für besonders wichtige Aufzeichnungen den festen Basalt des Mons Masius verwendeten, der an Härte und Zähigkeit nicht hinter dem Granite Oberägyptens zurücksteht. Zum Einmeiſseln der Inschriften in dieses feste Gestein wendeten die Assyrer unzweifelhaft Stahlwerk- zeuge an.
1) Siehe 2. Könige 24, 14 und 16, ebenso Jeremias 24, 1 und 29, 2.
2) Asiatic Journal XIX, p. 137.
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Die Semiten.
um dort ihre Kunst für sich zu verwerten. Dies berichtet die Bibel
und die Keilinschriften bestätigen es. So heiſst es von Nebukadnezar
wiederholt, daſs er alle Zimmerleute und alle Schmiede aus Jerusalem
wegführte 1). In einer Keilinschrift rühmt sich Sennacherib: „Die
Handwerker sowohl der Aramäer als der Chaldäer habe ich mit mir
fortgeführt 2)“. Durch solche gewaltsame Konzentration tüchtiger Kräfte
konnte freilich Groſses geleistet werden.
Legen wir uns zum Schluſs noch die Frage vor: haben die Assyrer
den Stahl gekannt, so müssen wir dieselbe unbedingt bejahen. Ob sie
ihn selbst dargestellt haben, ob sie ihn für etwas anderes ansahen, als
ein besonders gutes Eisen, ist eine andere Frage und dürfte dies wohl
bezweifelt werden. Eine besondere Bezeichnung für Stahl existiert, wie
bereits erwähnt, in den Keilinschriften nicht. Wenn aber das Schwert
von Eisen gerühmt wird, so können wir sicherlich annehmen, daſs dar-
unter Stahl zu verstehen ist. Es war ja kein wesentlich anderer Prozeſs,
durch den Stahl oder Eisen gewonnen wurde, weit mehr kam die Qua-
lität der Erze dabei in Betracht. Die Unterscheidung der Qualität
wurde aber im Altertume nur nach Ländern gemacht, wenn aber die
Assyrer persisches Eisen beziehen oder den Moschern und Tibarenen
(den Nachbarn der Chabyler) Tribut von Eisen auflegen, so können wir
ziemlich bestimmt annehmen, daſs dies eine besondere Qualität Eisen,
daſs es Stahl war. Dafür spricht auch der weitere Umstand, daſs, ob-
gleich sie im allgemeinen es vorzogen, den leicht zu verarbeitenden
grauen Alabaster für ihre Skulpturen und Inschriften zu benutzen, sie
doch für besonders wichtige Aufzeichnungen den festen Basalt des
Mons Masius verwendeten, der an Härte und Zähigkeit nicht hinter dem
Granite Oberägyptens zurücksteht. Zum Einmeiſseln der Inschriften
in dieses feste Gestein wendeten die Assyrer unzweifelhaft Stahlwerk-
zeuge an.
1) Siehe 2. Könige 24, 14 und 16, ebenso Jeremias 24, 1 und 29, 2.
2) Asiatic Journal XIX, p. 137.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/163>, abgerufen am 05.12.2024.
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