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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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gewesen sein, in welcher Weise sie hergestellt waren. Wahrscheinlich
waren sie, wie ähnliche bekannte Helme aus späterer Zeit, aus zwei,
aus starkem Blech ausgetriebenen Hälften zusammengenietet. Bei
denjenigen mit Kämmen ist dies leicht zu erkennen, indem der Kamm
selbst die Nietnaht bildet. Jedenfalls beweist die Anfertigung der
Pickelhauben ganz aus Eisen eine grosse Geschicklichkeit in der Be-
handlung des Metalls. Die beiden Schalen, aus denen der Helm zu-
sammengesetzt war, mussten über einen Block oder einen entsprechen-
den Ambos ausgetrieben werden. Layard hat bei seinen weiteren
Ausgrabungen viele Waffen und Werkzeuge von Eisen aufgefunden.
Man fand eiserne Schwerter, Dolche, Lanzen- und Pfeilspitzen. Von
eisernen Werkzeugen aus Niniveh befinden sich im britischen Museum
eine Art Doppelkeilhaue (Fig. 33, 1), ferner Hämmer, Messer und Äxte,
ähnlich den nach Skulpturen (Fig. 28, 9, 10, 11) dargestellten 1). Am
bemerkenswertesten ist das Bruchstück eines breiten Sägeblattes. Es
ist 3 Fuss 8 Zoll lang, 4 5/8 Zoll breit und an dem einen Ende zu einem
Griff geschmiedet (Fig. 33, 2). Wahrscheinlich war es keine zweihändige
Säge, wie Layard annimmt, sondern eine breite, einhändige Säge, wie
wir solche bei den Ägyptern kennen gelernt haben. Eine solche ein-
händige Säge, eine Art Baumsäge, findet sich auf den Skulpturen abge-
bildet (Fig. 28, 12). Die Werkzeuge und Waffen, sowie die Ketten beweisen
auf das Bestimmteste, dass die Assyrer in jener Zeit bereits vollständig
mit dem Schweissen des Eisens vertraut waren.

[Abbildung] Fig. 34.

Zu Bau- und Dekorationszwecken
wurde das Eisen auch vielfach verwendet.
Wir haben bei der Beschreibung der festen
Brücke über den Euphrat bereits erwähnt,
dass die Steinquadern durch eiserne Bän-
der, die eingebleit waren, verstärkt wur-
den. Man hat vor einigen Jahren solche
Klammern von nebenstehender Gestalt
wieder aufgefunden (Fig. 34 2). Aus In-
schriften von Niniveh geht hervor, dass
die Assyrer das Eisen häufig verwendeten,
um das Gebälk zu verstärken und um Holz damit zu bekleiden. Eine In-
schrift meldet: "Ich Sennacherib, Grosskönig u.s.w. ... habe umkleidet
ein Gebälk aus Zedernholz mit einer Verstärkung aus kiris (?) und von

1) Siehe Layard, Niniveh and Babylon, p. 177.
2) Liger, la ferronerie I., 113.

Die Semiten.
gewesen sein, in welcher Weise sie hergestellt waren. Wahrscheinlich
waren sie, wie ähnliche bekannte Helme aus späterer Zeit, aus zwei,
aus starkem Blech ausgetriebenen Hälften zusammengenietet. Bei
denjenigen mit Kämmen ist dies leicht zu erkennen, indem der Kamm
selbst die Nietnaht bildet. Jedenfalls beweist die Anfertigung der
Pickelhauben ganz aus Eisen eine groſse Geschicklichkeit in der Be-
handlung des Metalls. Die beiden Schalen, aus denen der Helm zu-
sammengesetzt war, muſsten über einen Block oder einen entsprechen-
den Ambos ausgetrieben werden. Layard hat bei seinen weiteren
Ausgrabungen viele Waffen und Werkzeuge von Eisen aufgefunden.
Man fand eiserne Schwerter, Dolche, Lanzen- und Pfeilspitzen. Von
eisernen Werkzeugen aus Niniveh befinden sich im britischen Museum
eine Art Doppelkeilhaue (Fig. 33, 1), ferner Hämmer, Messer und Äxte,
ähnlich den nach Skulpturen (Fig. 28, 9, 10, 11) dargestellten 1). Am
bemerkenswertesten ist das Bruchstück eines breiten Sägeblattes. Es
ist 3 Fuſs 8 Zoll lang, 4⅝ Zoll breit und an dem einen Ende zu einem
Griff geschmiedet (Fig. 33, 2). Wahrscheinlich war es keine zweihändige
Säge, wie Layard annimmt, sondern eine breite, einhändige Säge, wie
wir solche bei den Ägyptern kennen gelernt haben. Eine solche ein-
händige Säge, eine Art Baumsäge, findet sich auf den Skulpturen abge-
bildet (Fig. 28, 12). Die Werkzeuge und Waffen, sowie die Ketten beweisen
auf das Bestimmteste, daſs die Assyrer in jener Zeit bereits vollständig
mit dem Schweiſsen des Eisens vertraut waren.

[Abbildung] Fig. 34.

Zu Bau- und Dekorationszwecken
wurde das Eisen auch vielfach verwendet.
Wir haben bei der Beschreibung der festen
Brücke über den Euphrat bereits erwähnt,
daſs die Steinquadern durch eiserne Bän-
der, die eingebleit waren, verstärkt wur-
den. Man hat vor einigen Jahren solche
Klammern von nebenstehender Gestalt
wieder aufgefunden (Fig. 34 2). Aus In-
schriften von Niniveh geht hervor, daſs
die Assyrer das Eisen häufig verwendeten,
um das Gebälk zu verstärken und um Holz damit zu bekleiden. Eine In-
schrift meldet: „Ich Sennacherib, Groſskönig u.s.w. … habe umkleidet
ein Gebälk aus Zedernholz mit einer Verstärkung aus kiris (?) und von

1) Siehe Layard, Niniveh and Babylon, p. 177.
2) Liger, la ferronerie I., 113.
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[139/0161] Die Semiten. gewesen sein, in welcher Weise sie hergestellt waren. Wahrscheinlich waren sie, wie ähnliche bekannte Helme aus späterer Zeit, aus zwei, aus starkem Blech ausgetriebenen Hälften zusammengenietet. Bei denjenigen mit Kämmen ist dies leicht zu erkennen, indem der Kamm selbst die Nietnaht bildet. Jedenfalls beweist die Anfertigung der Pickelhauben ganz aus Eisen eine groſse Geschicklichkeit in der Be- handlung des Metalls. Die beiden Schalen, aus denen der Helm zu- sammengesetzt war, muſsten über einen Block oder einen entsprechen- den Ambos ausgetrieben werden. Layard hat bei seinen weiteren Ausgrabungen viele Waffen und Werkzeuge von Eisen aufgefunden. Man fand eiserne Schwerter, Dolche, Lanzen- und Pfeilspitzen. Von eisernen Werkzeugen aus Niniveh befinden sich im britischen Museum eine Art Doppelkeilhaue (Fig. 33, 1), ferner Hämmer, Messer und Äxte, ähnlich den nach Skulpturen (Fig. 28, 9, 10, 11) dargestellten 1). Am bemerkenswertesten ist das Bruchstück eines breiten Sägeblattes. Es ist 3 Fuſs 8 Zoll lang, 4⅝ Zoll breit und an dem einen Ende zu einem Griff geschmiedet (Fig. 33, 2). Wahrscheinlich war es keine zweihändige Säge, wie Layard annimmt, sondern eine breite, einhändige Säge, wie wir solche bei den Ägyptern kennen gelernt haben. Eine solche ein- händige Säge, eine Art Baumsäge, findet sich auf den Skulpturen abge- bildet (Fig. 28, 12). Die Werkzeuge und Waffen, sowie die Ketten beweisen auf das Bestimmteste, daſs die Assyrer in jener Zeit bereits vollständig mit dem Schweiſsen des Eisens vertraut waren. [Abbildung Fig. 34.] Zu Bau- und Dekorationszwecken wurde das Eisen auch vielfach verwendet. Wir haben bei der Beschreibung der festen Brücke über den Euphrat bereits erwähnt, daſs die Steinquadern durch eiserne Bän- der, die eingebleit waren, verstärkt wur- den. Man hat vor einigen Jahren solche Klammern von nebenstehender Gestalt wieder aufgefunden (Fig. 34 2). Aus In- schriften von Niniveh geht hervor, daſs die Assyrer das Eisen häufig verwendeten, um das Gebälk zu verstärken und um Holz damit zu bekleiden. Eine In- schrift meldet: „Ich Sennacherib, Groſskönig u.s.w. … habe umkleidet ein Gebälk aus Zedernholz mit einer Verstärkung aus kiris (?) und von 1) Siehe Layard, Niniveh and Babylon, p. 177. 2) Liger, la ferronerie I., 113.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/161>, abgerufen am 28.04.2024.