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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Semiten.
Werkzeuge von Stahl, irrig ist, indem es sich als gewöhnliches, weiches
Eisen erwies, was auch unserer Erklärung entspricht. Neben diesen
Rohluppen fanden sich aber in dem Eisenmagazine zu Khorsabad noch
mancherlei andere Gegenstände von Eisen. Diese waren, wie die Lup-
pen, regelmässig aufgeschichtet, jede Sorte für sich. Besonders ist
eine ziemliche Menge von Ringen und Kettenstücken zu erwähnen
(Fig. 32).

In dem Boden des Hofes waren Ringe mit Klammern in Stein be-
festigt, die wahrscheinlich zum Anbinden von Pferden oder Opfertieren
dienten. Pferdegebisse und Stangen von Eisen haben sich ebenfalls
gefunden. Eiserne Spitzen von Enterhaken oder Schifferstangen finden
sich in dem Magazine, wie denn auch die oben abgebildeten schweren
Ketten Schiffsketten gewesen zu sein scheinen. Die in Fig. 31, 6, 7, 8
abgebildeten Eisen hält Place für Pflugschareisen, wahrscheinlicher
waren es Schuhe von Brückenpfählen, die eingerammt wurden. Das
Fig. 31, 5 abgebildete Werkzeug scheint ein Steinmetzhammer, vielleicht
zum Zuhauen der Alabasterplatten gewesen zu sein. Es lässt sich leicht
erkennen, dass er mit den Rohluppen (Fig. 31, 1, 2, 3) nichts gemein
hat, obgleich Place sie zusammenstellt. Fig. 32, 5 scheint eine eiserne Rad-
nabe gewesen zu sein. Bemerkenswert ist, dass das Eisen in diesem
Magazine sich so gut erhalten hat. Die aussenliegenden Stücke waren
mit einer papierdicken Rostschicht bedeckt, die inneren nur mit einem
Anflug von Rost. Das Eisen hatte einen hellen Klang. Place liess
einiges davon zur Probe verarbeiten und erklärte der Schmied, ausser
persischem Eisen nie besseres unter dem Hammer gehabt zu haben.
Die Araber waren versessen darauf und verarbeiteten es zu Sensen und
Sicheln. Place deckte einen ähnlichen Raum auf, der ein Magazin für
Bronze und Kupfer gewesen zu sein scheint. Doch war dies fast ganz
leer. Es lässt sich annehmen, dass bei der letzten Plünderung von
Niniveh man das wertvollere Metall fortschleppte, das wertlosere Eisen
dagegen liegen liess.

Das merkwürdige Magazin giebt uns zu mancherlei Schluss-
folgerungen Veranlassung. Wir ersehen daraus zunächst, dass die
Könige Assyriens grosse Vorräte von Eisen anhäuften, die einen Teil
ihres Schatzes bildeten, um für Bau- und Kriegszwecke verwendet zu
werden. Dies ist in Übereinstimmung mit den Tributlisten, in denen,
wie wir gesehen haben, in vielen Fällen das Eisen eine hervorragende
Rolle spielt. Wahrscheinlich stellten die in den Listen aufgeführten
Mengen von Metall den jeweiligen Inhalt solcher Schatzkammern be-
siegter Fürsten dar. Die Form, in der das Eisen aufbewahrt wurde,

Die Semiten.
Werkzeuge von Stahl, irrig ist, indem es sich als gewöhnliches, weiches
Eisen erwies, was auch unserer Erklärung entspricht. Neben diesen
Rohluppen fanden sich aber in dem Eisenmagazine zu Khorsabad noch
mancherlei andere Gegenstände von Eisen. Diese waren, wie die Lup-
pen, regelmäſsig aufgeschichtet, jede Sorte für sich. Besonders ist
eine ziemliche Menge von Ringen und Kettenstücken zu erwähnen
(Fig. 32).

In dem Boden des Hofes waren Ringe mit Klammern in Stein be-
festigt, die wahrscheinlich zum Anbinden von Pferden oder Opfertieren
dienten. Pferdegebisse und Stangen von Eisen haben sich ebenfalls
gefunden. Eiserne Spitzen von Enterhaken oder Schifferstangen finden
sich in dem Magazine, wie denn auch die oben abgebildeten schweren
Ketten Schiffsketten gewesen zu sein scheinen. Die in Fig. 31, 6, 7, 8
abgebildeten Eisen hält Place für Pflugschareisen, wahrscheinlicher
waren es Schuhe von Brückenpfählen, die eingerammt wurden. Das
Fig. 31, 5 abgebildete Werkzeug scheint ein Steinmetzhammer, vielleicht
zum Zuhauen der Alabasterplatten gewesen zu sein. Es läſst sich leicht
erkennen, daſs er mit den Rohluppen (Fig. 31, 1, 2, 3) nichts gemein
hat, obgleich Place sie zusammenstellt. Fig. 32, 5 scheint eine eiserne Rad-
nabe gewesen zu sein. Bemerkenswert ist, daſs das Eisen in diesem
Magazine sich so gut erhalten hat. Die auſsenliegenden Stücke waren
mit einer papierdicken Rostschicht bedeckt, die inneren nur mit einem
Anflug von Rost. Das Eisen hatte einen hellen Klang. Place lieſs
einiges davon zur Probe verarbeiten und erklärte der Schmied, auſser
persischem Eisen nie besseres unter dem Hammer gehabt zu haben.
Die Araber waren versessen darauf und verarbeiteten es zu Sensen und
Sicheln. Place deckte einen ähnlichen Raum auf, der ein Magazin für
Bronze und Kupfer gewesen zu sein scheint. Doch war dies fast ganz
leer. Es läſst sich annehmen, daſs bei der letzten Plünderung von
Niniveh man das wertvollere Metall fortschleppte, das wertlosere Eisen
dagegen liegen lieſs.

Das merkwürdige Magazin giebt uns zu mancherlei Schluſs-
folgerungen Veranlassung. Wir ersehen daraus zunächst, daſs die
Könige Assyriens groſse Vorräte von Eisen anhäuften, die einen Teil
ihres Schatzes bildeten, um für Bau- und Kriegszwecke verwendet zu
werden. Dies ist in Übereinstimmung mit den Tributlisten, in denen,
wie wir gesehen haben, in vielen Fällen das Eisen eine hervorragende
Rolle spielt. Wahrscheinlich stellten die in den Listen aufgeführten
Mengen von Metall den jeweiligen Inhalt solcher Schatzkammern be-
siegter Fürsten dar. Die Form, in der das Eisen aufbewahrt wurde,

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[137/0159] Die Semiten. Werkzeuge von Stahl, irrig ist, indem es sich als gewöhnliches, weiches Eisen erwies, was auch unserer Erklärung entspricht. Neben diesen Rohluppen fanden sich aber in dem Eisenmagazine zu Khorsabad noch mancherlei andere Gegenstände von Eisen. Diese waren, wie die Lup- pen, regelmäſsig aufgeschichtet, jede Sorte für sich. Besonders ist eine ziemliche Menge von Ringen und Kettenstücken zu erwähnen (Fig. 32). In dem Boden des Hofes waren Ringe mit Klammern in Stein be- festigt, die wahrscheinlich zum Anbinden von Pferden oder Opfertieren dienten. Pferdegebisse und Stangen von Eisen haben sich ebenfalls gefunden. Eiserne Spitzen von Enterhaken oder Schifferstangen finden sich in dem Magazine, wie denn auch die oben abgebildeten schweren Ketten Schiffsketten gewesen zu sein scheinen. Die in Fig. 31, 6, 7, 8 abgebildeten Eisen hält Place für Pflugschareisen, wahrscheinlicher waren es Schuhe von Brückenpfählen, die eingerammt wurden. Das Fig. 31, 5 abgebildete Werkzeug scheint ein Steinmetzhammer, vielleicht zum Zuhauen der Alabasterplatten gewesen zu sein. Es läſst sich leicht erkennen, daſs er mit den Rohluppen (Fig. 31, 1, 2, 3) nichts gemein hat, obgleich Place sie zusammenstellt. Fig. 32, 5 scheint eine eiserne Rad- nabe gewesen zu sein. Bemerkenswert ist, daſs das Eisen in diesem Magazine sich so gut erhalten hat. Die auſsenliegenden Stücke waren mit einer papierdicken Rostschicht bedeckt, die inneren nur mit einem Anflug von Rost. Das Eisen hatte einen hellen Klang. Place lieſs einiges davon zur Probe verarbeiten und erklärte der Schmied, auſser persischem Eisen nie besseres unter dem Hammer gehabt zu haben. Die Araber waren versessen darauf und verarbeiteten es zu Sensen und Sicheln. Place deckte einen ähnlichen Raum auf, der ein Magazin für Bronze und Kupfer gewesen zu sein scheint. Doch war dies fast ganz leer. Es läſst sich annehmen, daſs bei der letzten Plünderung von Niniveh man das wertvollere Metall fortschleppte, das wertlosere Eisen dagegen liegen lieſs. Das merkwürdige Magazin giebt uns zu mancherlei Schluſs- folgerungen Veranlassung. Wir ersehen daraus zunächst, daſs die Könige Assyriens groſse Vorräte von Eisen anhäuften, die einen Teil ihres Schatzes bildeten, um für Bau- und Kriegszwecke verwendet zu werden. Dies ist in Übereinstimmung mit den Tributlisten, in denen, wie wir gesehen haben, in vielen Fällen das Eisen eine hervorragende Rolle spielt. Wahrscheinlich stellten die in den Listen aufgeführten Mengen von Metall den jeweiligen Inhalt solcher Schatzkammern be- siegter Fürsten dar. Die Form, in der das Eisen aufbewahrt wurde,

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/159>, abgerufen am 27.04.2024.