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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Semiten.
trägt Bogen und Pfeil und ein reich verziertes Schwert an der linken
Seite. Doch gab es bei den Assyrern auch Lanzenreiter 1), wohl die
ältesten Ulanen. Nebenstehende Abbildung (Fig. 29) giebt einige
Muster vorzüglich geschmiedeter assyrischer Lanzenspitzen. Das Pferd
der Vornehmen ist reich geschirrt und gepanzert. Während die ge-
wöhnliche Reiterei den Sattel nicht benutzt, ist auf den Abbildungen
eine Art Reiterei dargestellt, deren Pferde sonderbare Sättel tragen,
ähnlich den heutigen Damensätteln, auf denen sie auch in derselben
Weise sitzen, so dass beide Beine auf derselben Seite herabhängen. Da
diese Reiter indes stets noch ein zweites Pferd am Zügel führen, so
mögen sie wohl die Trossknechte der Fürsten vorstellen 2).

Auf den Kriegswagen befinden sich gewöhnlich zwei Personen, der
Kämpfer und der Wagenlenker. Die Wagen, die schon zur Zeit Sal-
manassar I. um 1300 v. Chr. erwähnt werden, hatten, abweichend von
den ägyptischen, eine doppelte Deichsel und waren mit drei Rossen
bespannt. Die Räder sind Speichenräder, aber weit plumper als die
der Ägypter, meist massiv oder mit dickem Holzkranz. In einer
wichtigen Keilinschrift des Tiglath Pileser heisst es indes: "Ich be-
diente mich eiserner Wagen, um die steilen Berge und die schwierigen
Passagen zu überwinden 3)."

Die Fusstruppen sind meist Lanzenträger, die mit einem kreisrunden
Schilde ausgerüstet sind. Eine vornehmere Fusstruppe bilden die Bogen-
schützen, deren jeder seinen eigenen Schildträger hat. Die Schilde,
welche diese trugen, waren sehr gross, fast von Manneshöhe und wurden,
da ihr Gewicht das freie Halten nicht erlaubte, auf den Boden aufgestellt.
Sie sind oben umgebogen und ihre Form erinnert fast an ein Schilderhaus.
Hinter diesem grossen Schilde steht der Bogenschütze, der überdies
durch ein Panzerhemd, das bis an die Kniee reicht, geschützt ist und
versendet von da seine Pfeile. Wem fällt da nicht Homers Schil-
derung der beiden Ajaxe vor Troja ein? Als Schutzwaffen dienten zum
Teil Koller aus Leinenzeug, teils Panzer. Diese waren Schuppenpanzer,
wie bei den Ägyptern. Die Helme sind Spitzhauben aus Metall; erst
später scheinen die Helme mit Kämmen (Fig. 30 a. f. S.) aufgekommen
zu sein. Die Waffen waren teils von Erz, teils von Eisen. Layard stiess
bei den Ausgrabungen von Nimrud, als er die erste Kammer aus-
räumen liess, am Boden unter der Erde auf einen ganzen Haufen Eisen-

1) Layard, Monuments of Niniveh, Tab. 81.
2) Layard a. a. O., Tab. 11 u. 32.
3) Übersetzt von Rawlinson, Asiatic Journal XVIII, p. 172.
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Die Semiten.
trägt Bogen und Pfeil und ein reich verziertes Schwert an der linken
Seite. Doch gab es bei den Assyrern auch Lanzenreiter 1), wohl die
ältesten Ulanen. Nebenstehende Abbildung (Fig. 29) giebt einige
Muster vorzüglich geschmiedeter assyrischer Lanzenspitzen. Das Pferd
der Vornehmen ist reich geschirrt und gepanzert. Während die ge-
wöhnliche Reiterei den Sattel nicht benutzt, ist auf den Abbildungen
eine Art Reiterei dargestellt, deren Pferde sonderbare Sättel tragen,
ähnlich den heutigen Damensätteln, auf denen sie auch in derselben
Weise sitzen, so daſs beide Beine auf derselben Seite herabhängen. Da
diese Reiter indes stets noch ein zweites Pferd am Zügel führen, so
mögen sie wohl die Troſsknechte der Fürsten vorstellen 2).

Auf den Kriegswagen befinden sich gewöhnlich zwei Personen, der
Kämpfer und der Wagenlenker. Die Wagen, die schon zur Zeit Sal-
manassar I. um 1300 v. Chr. erwähnt werden, hatten, abweichend von
den ägyptischen, eine doppelte Deichsel und waren mit drei Rossen
bespannt. Die Räder sind Speichenräder, aber weit plumper als die
der Ägypter, meist massiv oder mit dickem Holzkranz. In einer
wichtigen Keilinschrift des Tiglath Pileser heiſst es indes: „Ich be-
diente mich eiserner Wagen, um die steilen Berge und die schwierigen
Passagen zu überwinden 3).“

Die Fuſstruppen sind meist Lanzenträger, die mit einem kreisrunden
Schilde ausgerüstet sind. Eine vornehmere Fuſstruppe bilden die Bogen-
schützen, deren jeder seinen eigenen Schildträger hat. Die Schilde,
welche diese trugen, waren sehr groſs, fast von Manneshöhe und wurden,
da ihr Gewicht das freie Halten nicht erlaubte, auf den Boden aufgestellt.
Sie sind oben umgebogen und ihre Form erinnert fast an ein Schilderhaus.
Hinter diesem groſsen Schilde steht der Bogenschütze, der überdies
durch ein Panzerhemd, das bis an die Kniee reicht, geschützt ist und
versendet von da seine Pfeile. Wem fällt da nicht Homers Schil-
derung der beiden Ajaxe vor Troja ein? Als Schutzwaffen dienten zum
Teil Koller aus Leinenzeug, teils Panzer. Diese waren Schuppenpanzer,
wie bei den Ägyptern. Die Helme sind Spitzhauben aus Metall; erst
später scheinen die Helme mit Kämmen (Fig. 30 a. f. S.) aufgekommen
zu sein. Die Waffen waren teils von Erz, teils von Eisen. Layard stieſs
bei den Ausgrabungen von Nimrud, als er die erste Kammer aus-
räumen lieſs, am Boden unter der Erde auf einen ganzen Haufen Eisen-

1) Layard, Monuments of Niniveh, Tab. 81.
2) Layard a. a. O., Tab. 11 u. 32.
3) Übersetzt von Rawlinson, Asiatic Journal XVIII, p. 172.
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[131/0153] Die Semiten. trägt Bogen und Pfeil und ein reich verziertes Schwert an der linken Seite. Doch gab es bei den Assyrern auch Lanzenreiter 1), wohl die ältesten Ulanen. Nebenstehende Abbildung (Fig. 29) giebt einige Muster vorzüglich geschmiedeter assyrischer Lanzenspitzen. Das Pferd der Vornehmen ist reich geschirrt und gepanzert. Während die ge- wöhnliche Reiterei den Sattel nicht benutzt, ist auf den Abbildungen eine Art Reiterei dargestellt, deren Pferde sonderbare Sättel tragen, ähnlich den heutigen Damensätteln, auf denen sie auch in derselben Weise sitzen, so daſs beide Beine auf derselben Seite herabhängen. Da diese Reiter indes stets noch ein zweites Pferd am Zügel führen, so mögen sie wohl die Troſsknechte der Fürsten vorstellen 2). Auf den Kriegswagen befinden sich gewöhnlich zwei Personen, der Kämpfer und der Wagenlenker. Die Wagen, die schon zur Zeit Sal- manassar I. um 1300 v. Chr. erwähnt werden, hatten, abweichend von den ägyptischen, eine doppelte Deichsel und waren mit drei Rossen bespannt. Die Räder sind Speichenräder, aber weit plumper als die der Ägypter, meist massiv oder mit dickem Holzkranz. In einer wichtigen Keilinschrift des Tiglath Pileser heiſst es indes: „Ich be- diente mich eiserner Wagen, um die steilen Berge und die schwierigen Passagen zu überwinden 3).“ Die Fuſstruppen sind meist Lanzenträger, die mit einem kreisrunden Schilde ausgerüstet sind. Eine vornehmere Fuſstruppe bilden die Bogen- schützen, deren jeder seinen eigenen Schildträger hat. Die Schilde, welche diese trugen, waren sehr groſs, fast von Manneshöhe und wurden, da ihr Gewicht das freie Halten nicht erlaubte, auf den Boden aufgestellt. Sie sind oben umgebogen und ihre Form erinnert fast an ein Schilderhaus. Hinter diesem groſsen Schilde steht der Bogenschütze, der überdies durch ein Panzerhemd, das bis an die Kniee reicht, geschützt ist und versendet von da seine Pfeile. Wem fällt da nicht Homers Schil- derung der beiden Ajaxe vor Troja ein? Als Schutzwaffen dienten zum Teil Koller aus Leinenzeug, teils Panzer. Diese waren Schuppenpanzer, wie bei den Ägyptern. Die Helme sind Spitzhauben aus Metall; erst später scheinen die Helme mit Kämmen (Fig. 30 a. f. S.) aufgekommen zu sein. Die Waffen waren teils von Erz, teils von Eisen. Layard stieſs bei den Ausgrabungen von Nimrud, als er die erste Kammer aus- räumen lieſs, am Boden unter der Erde auf einen ganzen Haufen Eisen- 1) Layard, Monuments of Niniveh, Tab. 81. 2) Layard a. a. O., Tab. 11 u. 32. 3) Übersetzt von Rawlinson, Asiatic Journal XVIII, p. 172. 9*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/153>, abgerufen am 28.04.2024.