ungeachtet fehlt noch viel zur Begründung dieser Annahme. -- Zur Zeit der assyrischen Herrschaft war die Verwendung der Bronze bereits ganz allgemein geworden. Wir finden in den Keilinschriften für die Bronze eine eigene Bezeichnung, was in der ägyptischen Sprache nicht nachzuweisen ist, nämlich eru @1).
Die meisten Bronzegeräte sind geschmiedet. In getriebener Arbeit leisteten die Assyrier Bedeutendes. Die ausgetriebenen Ornamente wurden dann mit dem Grabstichel vollendet. Getriebene Gefässe, wie Kannen, Teller u. s. w. hat man gefunden. Auf die Verarbeitung der Bronze bei der Heeresausrüstung werden wir später zurückkommen. Massive Erzfiguren sind selten, häufiger Flachreliefs. Die kleinen massiven Tierfiguren, die man gefunden hat, scheinen als Gewichte ge- dient zu haben. Es sind keine Anzeichen dafür vorhanden, dass die Bewohner Mesopotamiens imstande gewesen seien, grössere Gussstücke von Bronze herzustellen. Der Guss wurde nur für kleinere Gegenstände, am häufigsten zu Reliefgüssen, zur Ornamentierung von Sesseln, Wagen, Möbeln etc. angewendet und wurden diese Gussstücke mit Stiften auf Holz befestigt. Eins der merkwürdigsten Bronzegussstücke, einen Drei- fuss, bei dem die Bronze um das Eisen gegossen ist, werden wir weiter unten näher besprechen. Viele der aufgefundenen Bronzegussstücke tragen den Typus der phönizischen Handelswaren, die Dekoration ist oft in ägyptischem Styl gehalten. Auch entspricht die Mischung der assyri- schen Bronzen ganz der der phönizischen. Zur Zeit Sargons war die normale Mischung von 1 Teil Zinn auf 10 Teile Kupfer bereits allgemein gebräuchlich, daneben kommt die Mischung von 1:7 vor. Es ist ausser Zweifel, dass in späterer Zeit, d. h. in dem ganzen Jahrtausend v. Chr. die Assyrier und Babylonier ihr Zinn durch die Phönizier erhielten.
Das Eisen war den Chaldäern schon in frühester Zeit bekannt. Freilich sind in den ältesten Trümmerstädten Südbabyloniens die Eisen- funde rar. Wenn man aber die Zerstörbarkeit des Eisens durch Rost einerseits und die lange Zeit andererseits ins Auge fasst, so kann es uns nur noch wundern, dass überhaupt noch eiserne Gegenstände er- halten geblieben sind. Bis jetzt hat man dort nur eiserne Finger- und Armringe aufgefunden. Eiserne Fingerringe waren ein charakteristischer Schmuck der alten Kulturvölker. Sie hatten eine symbolische Bedeutung. Die Mündigkeit oder richtiger die Wehrhaftigkeit des freien Mannes wurde durch Anlegung des eisernen Ringes kundgegeben, -- wir werden
1) Siehe Smith, History of Assurbanipal p. 313.
Die Semiten.
ungeachtet fehlt noch viel zur Begründung dieser Annahme. — Zur Zeit der assyrischen Herrschaft war die Verwendung der Bronze bereits ganz allgemein geworden. Wir finden in den Keilinschriften für die Bronze eine eigene Bezeichnung, was in der ägyptischen Sprache nicht nachzuweisen ist, nämlich eru 1).
Die meisten Bronzegeräte sind geschmiedet. In getriebener Arbeit leisteten die Assyrier Bedeutendes. Die ausgetriebenen Ornamente wurden dann mit dem Grabstichel vollendet. Getriebene Gefäſse, wie Kannen, Teller u. s. w. hat man gefunden. Auf die Verarbeitung der Bronze bei der Heeresausrüstung werden wir später zurückkommen. Massive Erzfiguren sind selten, häufiger Flachreliefs. Die kleinen massiven Tierfiguren, die man gefunden hat, scheinen als Gewichte ge- dient zu haben. Es sind keine Anzeichen dafür vorhanden, daſs die Bewohner Mesopotamiens imstande gewesen seien, gröſsere Guſsstücke von Bronze herzustellen. Der Guſs wurde nur für kleinere Gegenstände, am häufigsten zu Reliefgüssen, zur Ornamentierung von Sesseln, Wagen, Möbeln etc. angewendet und wurden diese Guſsstücke mit Stiften auf Holz befestigt. Eins der merkwürdigsten Bronzeguſsstücke, einen Drei- fuſs, bei dem die Bronze um das Eisen gegossen ist, werden wir weiter unten näher besprechen. Viele der aufgefundenen Bronzeguſsstücke tragen den Typus der phönizischen Handelswaren, die Dekoration ist oft in ägyptischem Styl gehalten. Auch entspricht die Mischung der assyri- schen Bronzen ganz der der phönizischen. Zur Zeit Sargons war die normale Mischung von 1 Teil Zinn auf 10 Teile Kupfer bereits allgemein gebräuchlich, daneben kommt die Mischung von 1:7 vor. Es ist auſser Zweifel, daſs in späterer Zeit, d. h. in dem ganzen Jahrtausend v. Chr. die Assyrier und Babylonier ihr Zinn durch die Phönizier erhielten.
Das Eisen war den Chaldäern schon in frühester Zeit bekannt. Freilich sind in den ältesten Trümmerstädten Südbabyloniens die Eisen- funde rar. Wenn man aber die Zerstörbarkeit des Eisens durch Rost einerseits und die lange Zeit andererseits ins Auge faſst, so kann es uns nur noch wundern, daſs überhaupt noch eiserne Gegenstände er- halten geblieben sind. Bis jetzt hat man dort nur eiserne Finger- und Armringe aufgefunden. Eiserne Fingerringe waren ein charakteristischer Schmuck der alten Kulturvölker. Sie hatten eine symbolische Bedeutung. Die Mündigkeit oder richtiger die Wehrhaftigkeit des freien Mannes wurde durch Anlegung des eisernen Ringes kundgegeben, — wir werden
1) Siehe Smith, History of Assurbanipal p. 313.
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Die Semiten.
ungeachtet fehlt noch viel zur Begründung dieser Annahme. — Zur
Zeit der assyrischen Herrschaft war die Verwendung der Bronze bereits
ganz allgemein geworden. Wir finden in den Keilinschriften für die
Bronze eine eigene Bezeichnung, was in der ägyptischen Sprache nicht
nachzuweisen ist, nämlich eru  1).
Die meisten Bronzegeräte sind geschmiedet. In getriebener Arbeit
leisteten die Assyrier Bedeutendes. Die ausgetriebenen Ornamente
wurden dann mit dem Grabstichel vollendet. Getriebene Gefäſse, wie
Kannen, Teller u. s. w. hat man gefunden. Auf die Verarbeitung der
Bronze bei der Heeresausrüstung werden wir später zurückkommen.
Massive Erzfiguren sind selten, häufiger Flachreliefs. Die kleinen
massiven Tierfiguren, die man gefunden hat, scheinen als Gewichte ge-
dient zu haben. Es sind keine Anzeichen dafür vorhanden, daſs die
Bewohner Mesopotamiens imstande gewesen seien, gröſsere Guſsstücke
von Bronze herzustellen. Der Guſs wurde nur für kleinere Gegenstände,
am häufigsten zu Reliefgüssen, zur Ornamentierung von Sesseln, Wagen,
Möbeln etc. angewendet und wurden diese Guſsstücke mit Stiften auf
Holz befestigt. Eins der merkwürdigsten Bronzeguſsstücke, einen Drei-
fuſs, bei dem die Bronze um das Eisen gegossen ist, werden wir weiter
unten näher besprechen. Viele der aufgefundenen Bronzeguſsstücke
tragen den Typus der phönizischen Handelswaren, die Dekoration ist oft
in ägyptischem Styl gehalten. Auch entspricht die Mischung der assyri-
schen Bronzen ganz der der phönizischen. Zur Zeit Sargons war die
normale Mischung von 1 Teil Zinn auf 10 Teile Kupfer bereits allgemein
gebräuchlich, daneben kommt die Mischung von 1:7 vor. Es ist auſser
Zweifel, daſs in späterer Zeit, d. h. in dem ganzen Jahrtausend v. Chr.
die Assyrier und Babylonier ihr Zinn durch die Phönizier erhielten.
Das Eisen war den Chaldäern schon in frühester Zeit bekannt.
Freilich sind in den ältesten Trümmerstädten Südbabyloniens die Eisen-
funde rar. Wenn man aber die Zerstörbarkeit des Eisens durch Rost
einerseits und die lange Zeit andererseits ins Auge faſst, so kann es
uns nur noch wundern, daſs überhaupt noch eiserne Gegenstände er-
halten geblieben sind. Bis jetzt hat man dort nur eiserne Finger- und
Armringe aufgefunden. Eiserne Fingerringe waren ein charakteristischer
Schmuck der alten Kulturvölker. Sie hatten eine symbolische Bedeutung.
Die Mündigkeit oder richtiger die Wehrhaftigkeit des freien Mannes
wurde durch Anlegung des eisernen Ringes kundgegeben, — wir werden
1) Siehe Smith, History of Assurbanipal p. 313.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/150>, abgerufen am 05.12.2024.
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