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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Anges' Leichenbestattung in ehrenvoller angemessener Weise anordnen, dabei auch der Prinzessin Kunde vom Befinden ihres Kindes bringen, das der treuen Pflegerin seiner Kindheit und Jugend den traurigen Zoll der aufrichtigsten Thränen nicht versagte, ja ganz außer sich war über alle die Betrübniß, die auf sein Herz einstürmte.

Daß die Weiterreise nach Ingelfingen keine heitere war, lag in der Natur der Umstände; düstere Wehmuthschatten umwölkten die Stimmung der Reisenden, aber die tiefe und gerechte Trauer, welche der Graf und Sophie bei diesem plötzlichen, schrecklichen Hinscheiden ihrer gemeinsamen Freundin empfanden, näherte ihre Herzen einander mehr, als die hellsten Freudentage vermocht hätten.

Ingelfingen war erreicht; nach wenigen im ersten Gasthaus daselbst zugebrachten Tagen ward eine Miethwohnung in der Apotheke bezogen. Die Fürstin, an welche der Graf und Sophie empfohlen waren, war abwesend, unsere Reisenden waren also auf sich allein beschränkt, die äußerste Zurückhaltung wurde beobachtet, besonders von Seiten Sophiens; sie verließ, erschreckt und eingeschüchtert durch jenen schauderhaften Mord an ihrer geliebten Anges, kaum ihr Zimmer. Denn konnte nicht sie es sein, die der Dolch des Mörders gesucht und verfehlt hatte? War es nicht möglich, daß jene Habgierigen, welche nach ihrem einstigen Vermögen trachteten, mit Mörderdolchen ihr nachschlichen, um sie aus der Welt zu schaffen? Ihre jugendliche lebhafte Phantasie malte ihr dies Schreckbild mit den düstersten Farben aus.

Graf Ludwig hatte den einen Wagen mit Philipp zurückgesendet; für den anderen kaufte er ein schönes Rossepaar und fuhr häufig mit der Prinzessin spazieren, welche stets verschleiert neben ihm saß. Bisweilen lustwandelte sie auch am Arm ihres Beschützers, ebenfalls tief verschleiert, und Alles an ihnen ließ die Einwohner des Städtchens errathen, daß der fremde Herr wie die fremde Dame den höchsten Gesellschaftskreisen angehörten. Die Ingelfinger waren gerade so neugierig wie alle andern Kleinstädter im lieben deutschen Vaterlande, zerbrachen sich die Köpfe darüber, wer dieses so geheimnißvolle Paar sein möge, und da es ganz unmöglich war, Etwas über dasselbe zu erfahren, so suchte man in der Phantasie Rath und Auskunft dafür, und bald circulirten allerlei abenteuerliche Gerüchte über das fremde Liebespaar.

Angés’ Leichenbestattung in ehrenvoller angemessener Weise anordnen, dabei auch der Prinzessin Kunde vom Befinden ihres Kindes bringen, das der treuen Pflegerin seiner Kindheit und Jugend den traurigen Zoll der aufrichtigsten Thränen nicht versagte, ja ganz außer sich war über alle die Betrübniß, die auf sein Herz einstürmte.

Daß die Weiterreise nach Ingelfingen keine heitere war, lag in der Natur der Umstände; düstere Wehmuthschatten umwölkten die Stimmung der Reisenden, aber die tiefe und gerechte Trauer, welche der Graf und Sophie bei diesem plötzlichen, schrecklichen Hinscheiden ihrer gemeinsamen Freundin empfanden, näherte ihre Herzen einander mehr, als die hellsten Freudentage vermocht hätten.

Ingelfingen war erreicht; nach wenigen im ersten Gasthaus daselbst zugebrachten Tagen ward eine Miethwohnung in der Apotheke bezogen. Die Fürstin, an welche der Graf und Sophie empfohlen waren, war abwesend, unsere Reisenden waren also auf sich allein beschränkt, die äußerste Zurückhaltung wurde beobachtet, besonders von Seiten Sophiens; sie verließ, erschreckt und eingeschüchtert durch jenen schauderhaften Mord an ihrer geliebten Angés, kaum ihr Zimmer. Denn konnte nicht sie es sein, die der Dolch des Mörders gesucht und verfehlt hatte? War es nicht möglich, daß jene Habgierigen, welche nach ihrem einstigen Vermögen trachteten, mit Mörderdolchen ihr nachschlichen, um sie aus der Welt zu schaffen? Ihre jugendliche lebhafte Phantasie malte ihr dies Schreckbild mit den düstersten Farben aus.

Graf Ludwig hatte den einen Wagen mit Philipp zurückgesendet; für den anderen kaufte er ein schönes Rossepaar und fuhr häufig mit der Prinzessin spazieren, welche stets verschleiert neben ihm saß. Bisweilen lustwandelte sie auch am Arm ihres Beschützers, ebenfalls tief verschleiert, und Alles an ihnen ließ die Einwohner des Städtchens errathen, daß der fremde Herr wie die fremde Dame den höchsten Gesellschaftskreisen angehörten. Die Ingelfinger waren gerade so neugierig wie alle andern Kleinstädter im lieben deutschen Vaterlande, zerbrachen sich die Köpfe darüber, wer dieses so geheimnißvolle Paar sein möge, und da es ganz unmöglich war, Etwas über dasselbe zu erfahren, so suchte man in der Phantasie Rath und Auskunft dafür, und bald circulirten allerlei abenteuerliche Gerüchte über das fremde Liebespaar.

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          <p>Ingelfingen war erreicht; nach wenigen im ersten Gasthaus daselbst zugebrachten Tagen ward eine Miethwohnung in der Apotheke bezogen. Die Fürstin, an welche der Graf und Sophie empfohlen waren, war abwesend, unsere Reisenden waren also auf sich allein beschränkt, die äußerste Zurückhaltung wurde beobachtet, besonders von Seiten Sophiens; sie verließ, erschreckt und eingeschüchtert durch jenen schauderhaften Mord an ihrer geliebten Angés, kaum ihr Zimmer. Denn konnte nicht sie es sein, die der Dolch des Mörders gesucht und verfehlt hatte? War es nicht möglich, daß jene Habgierigen, welche nach ihrem einstigen Vermögen trachteten, mit Mörderdolchen ihr nachschlichen, um sie aus der Welt zu schaffen? Ihre jugendliche lebhafte Phantasie malte ihr dies Schreckbild mit den düstersten Farben aus.</p>
          <p>Graf Ludwig hatte den einen Wagen mit Philipp zurückgesendet; für den anderen kaufte er ein schönes Rossepaar und fuhr häufig mit der Prinzessin spazieren, welche stets verschleiert neben ihm saß. Bisweilen lustwandelte sie auch am Arm ihres Beschützers, ebenfalls tief verschleiert, und Alles an ihnen ließ die Einwohner des Städtchens errathen, daß der fremde Herr wie die fremde Dame den höchsten Gesellschaftskreisen angehörten. Die Ingelfinger waren gerade so neugierig wie alle andern Kleinstädter im lieben deutschen Vaterlande, zerbrachen sich die Köpfe darüber, wer dieses so geheimnißvolle Paar sein möge, und da es ganz unmöglich war, Etwas über dasselbe zu erfahren, so suchte man in der Phantasie Rath und Auskunft dafür, und bald circulirten allerlei abenteuerliche Gerüchte über das fremde Liebespaar.</p>
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[379/0383] Angés’ Leichenbestattung in ehrenvoller angemessener Weise anordnen, dabei auch der Prinzessin Kunde vom Befinden ihres Kindes bringen, das der treuen Pflegerin seiner Kindheit und Jugend den traurigen Zoll der aufrichtigsten Thränen nicht versagte, ja ganz außer sich war über alle die Betrübniß, die auf sein Herz einstürmte. Daß die Weiterreise nach Ingelfingen keine heitere war, lag in der Natur der Umstände; düstere Wehmuthschatten umwölkten die Stimmung der Reisenden, aber die tiefe und gerechte Trauer, welche der Graf und Sophie bei diesem plötzlichen, schrecklichen Hinscheiden ihrer gemeinsamen Freundin empfanden, näherte ihre Herzen einander mehr, als die hellsten Freudentage vermocht hätten. Ingelfingen war erreicht; nach wenigen im ersten Gasthaus daselbst zugebrachten Tagen ward eine Miethwohnung in der Apotheke bezogen. Die Fürstin, an welche der Graf und Sophie empfohlen waren, war abwesend, unsere Reisenden waren also auf sich allein beschränkt, die äußerste Zurückhaltung wurde beobachtet, besonders von Seiten Sophiens; sie verließ, erschreckt und eingeschüchtert durch jenen schauderhaften Mord an ihrer geliebten Angés, kaum ihr Zimmer. Denn konnte nicht sie es sein, die der Dolch des Mörders gesucht und verfehlt hatte? War es nicht möglich, daß jene Habgierigen, welche nach ihrem einstigen Vermögen trachteten, mit Mörderdolchen ihr nachschlichen, um sie aus der Welt zu schaffen? Ihre jugendliche lebhafte Phantasie malte ihr dies Schreckbild mit den düstersten Farben aus. Graf Ludwig hatte den einen Wagen mit Philipp zurückgesendet; für den anderen kaufte er ein schönes Rossepaar und fuhr häufig mit der Prinzessin spazieren, welche stets verschleiert neben ihm saß. Bisweilen lustwandelte sie auch am Arm ihres Beschützers, ebenfalls tief verschleiert, und Alles an ihnen ließ die Einwohner des Städtchens errathen, daß der fremde Herr wie die fremde Dame den höchsten Gesellschaftskreisen angehörten. Die Ingelfinger waren gerade so neugierig wie alle andern Kleinstädter im lieben deutschen Vaterlande, zerbrachen sich die Köpfe darüber, wer dieses so geheimnißvolle Paar sein möge, und da es ganz unmöglich war, Etwas über dasselbe zu erfahren, so suchte man in der Phantasie Rath und Auskunft dafür, und bald circulirten allerlei abenteuerliche Gerüchte über das fremde Liebespaar.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/383>, abgerufen am 25.11.2024.