Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.seinen politischen Gauklern das Spielwerk eigener Constitutionen und unterjochte das Land dabei gründlich; es ließ ihnen die ansteckende Nachäfferei der eigenen Staatseinrichtungen, im Umtausch gegen die bisher bestandenen guten alten; es nahm Holland sein Gold und Silber und gab ihm sein Lumpenpapier, seine Assignaten; es zerstörte seinen blühenden Welthandel, und rief England gegen Holland in die Waffen, hauptsächlich in allen überseeischen Provinzen, dadurch verlor Holland den größten Theil seiner Besitzungen am Cap der guten Hoffnung und in Indien; es verlor seine zehn Millionen Gulden werthe indische Flotte; Hollands Flagge beherrschte nicht mehr, wie einst, die Meere. Die Vermögenssteuer wurde von zwei ein halb auf sechs vom Hundert gesteigert. Diese und noch andere den Boden der Staatswohlfahrt auf Jahrhunderte hinaus untergrabenden neuen Einrichtungen waren das Glück, welches Frankreich und die französische Freiheit, Gleichheit und Brüderschaft Holland schenkte und das die Patrioten Hollands ihrem Vaterlande bereitet hatten. -- Als Leonardus von seiner Mutter Abschied nahm, reich von ihr beschenkt, und die alte Frau, aufgelöst in Schmerz und Thränen, in seinen Armen weinte, rief sie: O, mein Leonardus! So muß es denn sein, daß du scheidest! O vergiß mich nicht, mein einziger Sohn, vergiß nicht deine alte Mutter! Beruhiget Euch, liebe Mutter! versuchte Leonardus sie zu trösten. Wenn ich erreiche, was ich zu erreichen strebe, dann komme ich zu Euch, oder Ihr ziehet zu mir. Jetzt aber muß ich noch einmal hinaus in die Fremde, ich muß meinem Glücke nachgehen und nachstreben, da es mir nicht von selbst in den Schooß fällt. Ich will es ja ertragen, mein geliebter Sohn, dich fern zu wissen! Aber um Gottswillen, stirb mir nur nicht in der Ferne! Solche Nachricht ertrüge ich nicht, sie würde mich augenblicklich tödten. Ihr sollt diese Nachricht nicht empfangen, beste Mutter! sicherte Leonardus ihr zu. Wie kannst du das versprechen, mein Sohn? fragte Frau Maria Johanna van der Valck. Ihr sollt sie nicht empfangen, es stürben denn zwei, wiederholte Leonardus mit Bestimmtheit, eingedenk eines Planes, der längst in seiner Seele gereift, einer Seele, die so von Liebe, Freundestreue, seinen politischen Gauklern das Spielwerk eigener Constitutionen und unterjochte das Land dabei gründlich; es ließ ihnen die ansteckende Nachäfferei der eigenen Staatseinrichtungen, im Umtausch gegen die bisher bestandenen guten alten; es nahm Holland sein Gold und Silber und gab ihm sein Lumpenpapier, seine Assignaten; es zerstörte seinen blühenden Welthandel, und rief England gegen Holland in die Waffen, hauptsächlich in allen überseeischen Provinzen, dadurch verlor Holland den größten Theil seiner Besitzungen am Cap der guten Hoffnung und in Indien; es verlor seine zehn Millionen Gulden werthe indische Flotte; Hollands Flagge beherrschte nicht mehr, wie einst, die Meere. Die Vermögenssteuer wurde von zwei ein halb auf sechs vom Hundert gesteigert. Diese und noch andere den Boden der Staatswohlfahrt auf Jahrhunderte hinaus untergrabenden neuen Einrichtungen waren das Glück, welches Frankreich und die französische Freiheit, Gleichheit und Brüderschaft Holland schenkte und das die Patrioten Hollands ihrem Vaterlande bereitet hatten. — Als Leonardus von seiner Mutter Abschied nahm, reich von ihr beschenkt, und die alte Frau, aufgelöst in Schmerz und Thränen, in seinen Armen weinte, rief sie: O, mein Leonardus! So muß es denn sein, daß du scheidest! O vergiß mich nicht, mein einziger Sohn, vergiß nicht deine alte Mutter! Beruhiget Euch, liebe Mutter! versuchte Leonardus sie zu trösten. Wenn ich erreiche, was ich zu erreichen strebe, dann komme ich zu Euch, oder Ihr ziehet zu mir. Jetzt aber muß ich noch einmal hinaus in die Fremde, ich muß meinem Glücke nachgehen und nachstreben, da es mir nicht von selbst in den Schooß fällt. Ich will es ja ertragen, mein geliebter Sohn, dich fern zu wissen! Aber um Gottswillen, stirb mir nur nicht in der Ferne! Solche Nachricht ertrüge ich nicht, sie würde mich augenblicklich tödten. Ihr sollt diese Nachricht nicht empfangen, beste Mutter! sicherte Leonardus ihr zu. Wie kannst du das versprechen, mein Sohn? fragte Frau Maria Johanna van der Valck. Ihr sollt sie nicht empfangen, es stürben denn zwei, wiederholte Leonardus mit Bestimmtheit, eingedenk eines Planes, der längst in seiner Seele gereift, einer Seele, die so von Liebe, Freundestreue, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0253" n="249"/> seinen politischen Gauklern das Spielwerk eigener Constitutionen und unterjochte das Land dabei gründlich; es ließ ihnen die ansteckende Nachäfferei der eigenen Staatseinrichtungen, im Umtausch gegen die bisher bestandenen guten alten; es nahm Holland sein Gold und Silber und gab ihm sein Lumpenpapier, seine Assignaten; es zerstörte seinen blühenden Welthandel, und rief England gegen Holland in die Waffen, hauptsächlich in allen überseeischen Provinzen, dadurch verlor Holland den größten Theil seiner Besitzungen am Cap der guten Hoffnung und in Indien; es verlor seine zehn Millionen Gulden werthe indische Flotte; Hollands Flagge beherrschte nicht mehr, wie einst, die Meere. Die Vermögenssteuer wurde von zwei ein halb auf sechs vom Hundert gesteigert. Diese und noch andere den Boden der Staatswohlfahrt auf Jahrhunderte hinaus untergrabenden neuen Einrichtungen waren das Glück, welches Frankreich und die französische Freiheit, Gleichheit und Brüderschaft Holland schenkte und das die Patrioten Hollands ihrem Vaterlande bereitet hatten. —</p> <p>Als Leonardus von seiner Mutter Abschied nahm, reich von ihr beschenkt, und die alte Frau, aufgelöst in Schmerz und Thränen, in seinen Armen weinte, rief sie: O, mein Leonardus! So muß es denn sein, daß du scheidest! O vergiß mich nicht, mein einziger Sohn, vergiß nicht deine alte Mutter!</p> <p>Beruhiget Euch, liebe Mutter! versuchte Leonardus sie zu trösten. Wenn ich erreiche, was ich zu erreichen strebe, dann komme ich zu Euch, oder Ihr ziehet zu mir. 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seinen politischen Gauklern das Spielwerk eigener Constitutionen und unterjochte das Land dabei gründlich; es ließ ihnen die ansteckende Nachäfferei der eigenen Staatseinrichtungen, im Umtausch gegen die bisher bestandenen guten alten; es nahm Holland sein Gold und Silber und gab ihm sein Lumpenpapier, seine Assignaten; es zerstörte seinen blühenden Welthandel, und rief England gegen Holland in die Waffen, hauptsächlich in allen überseeischen Provinzen, dadurch verlor Holland den größten Theil seiner Besitzungen am Cap der guten Hoffnung und in Indien; es verlor seine zehn Millionen Gulden werthe indische Flotte; Hollands Flagge beherrschte nicht mehr, wie einst, die Meere. Die Vermögenssteuer wurde von zwei ein halb auf sechs vom Hundert gesteigert. Diese und noch andere den Boden der Staatswohlfahrt auf Jahrhunderte hinaus untergrabenden neuen Einrichtungen waren das Glück, welches Frankreich und die französische Freiheit, Gleichheit und Brüderschaft Holland schenkte und das die Patrioten Hollands ihrem Vaterlande bereitet hatten. —
Als Leonardus von seiner Mutter Abschied nahm, reich von ihr beschenkt, und die alte Frau, aufgelöst in Schmerz und Thränen, in seinen Armen weinte, rief sie: O, mein Leonardus! So muß es denn sein, daß du scheidest! O vergiß mich nicht, mein einziger Sohn, vergiß nicht deine alte Mutter!
Beruhiget Euch, liebe Mutter! versuchte Leonardus sie zu trösten. Wenn ich erreiche, was ich zu erreichen strebe, dann komme ich zu Euch, oder Ihr ziehet zu mir. Jetzt aber muß ich noch einmal hinaus in die Fremde, ich muß meinem Glücke nachgehen und nachstreben, da es mir nicht von selbst in den Schooß fällt.
Ich will es ja ertragen, mein geliebter Sohn, dich fern zu wissen! Aber um Gottswillen, stirb mir nur nicht in der Ferne! Solche Nachricht ertrüge ich nicht, sie würde mich augenblicklich tödten.
Ihr sollt diese Nachricht nicht empfangen, beste Mutter! sicherte Leonardus ihr zu.
Wie kannst du das versprechen, mein Sohn? fragte Frau Maria Johanna van der Valck.
Ihr sollt sie nicht empfangen, es stürben denn zwei, wiederholte Leonardus mit Bestimmtheit, eingedenk eines Planes, der längst in seiner Seele gereift, einer Seele, die so von Liebe, Freundestreue,
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