Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.Abrede, zurückzuzahlen oder Uns an Unseren aus den Gräflich Aldenburgischen in Deutschland belegenen Gütern zu beziehenden Aliment- und Jahresgeldern successive kürzen zu lassen. Hamburg den 1. Februar 1795. In dieser Form wurde die Quittung nach hinlänglich langer Kanzleiverzögerung abgesendet, ohne Rücksicht darauf, daß der erwähnte Enkel als politischer Gefangener und als ein des Handelns in dieser Sache ganz ohnmächtiger Mann in der niederländischen Festung Woerden saß. Jetzt besaß der Erbherr Doorwerth und besaß es auch nicht. 6. Der Freunde Trennung.
Hollands Loos war gefallen; der Erbstatthalter hatte sich in Scheveningen eingeschifft, sein Sohn, der Erbprinz, hatte die Armee verlassen; Pichegru war mit zehn Bataillonen zerlumpter, ausgehungerter Soldaten, von denen ein Theil in Holzschuhen einherklapperte, oder in Strohsocken leise schritt, in Amsterdam eingezogen. Aber diese erbärmlich aussehenden Soldaten waren Helden, die mit Muth für die Sache der Freiheit kämpften, für die sie nun einmal begeistert waren, die mit eiserner Ausdauer Kälte und Ungemach und jede Beschwerde eines Winterfeldzugs ertragen hatten. Mit solchen Truppen wären Welttheile zu erobern gewesen, warum nicht ein Land, in welchem die Mehrzahl der Bevölkerung den Feind als Freund begrüßte und ihm entgegenjubelte? Und was einzig dasteht in der Weltgeschichte, war geschehen; einige Geschwader, nicht Schiffe, sondern leichte Reiter hatten Hollands stolze Flotte erobert. Denn die Flotte saß im Eise fest und ließ sich nicht träumen, daß Cavallerie den Kampf mit Schiffen unternehmen werde. Der Feldzug Frankreichs gegen Holland war beendet; an die Stelle der Erbstatthalterschaft und an die obere Leitung der Staatsgeschäfte trat der einsichtsvolle Schimmelpennink. Mitten in diesen Wirren, Abrede, zurückzuzahlen oder Uns an Unseren aus den Gräflich Aldenburgischen in Deutschland belegenen Gütern zu beziehenden Aliment- und Jahresgeldern successive kürzen zu lassen. Hamburg den 1. Februar 1795. In dieser Form wurde die Quittung nach hinlänglich langer Kanzleiverzögerung abgesendet, ohne Rücksicht darauf, daß der erwähnte Enkel als politischer Gefangener und als ein des Handelns in dieser Sache ganz ohnmächtiger Mann in der niederländischen Festung Woerden saß. Jetzt besaß der Erbherr Doorwerth und besaß es auch nicht. 6. Der Freunde Trennung.
Hollands Loos war gefallen; der Erbstatthalter hatte sich in Scheveningen eingeschifft, sein Sohn, der Erbprinz, hatte die Armee verlassen; Pichegru war mit zehn Bataillonen zerlumpter, ausgehungerter Soldaten, von denen ein Theil in Holzschuhen einherklapperte, oder in Strohsocken leise schritt, in Amsterdam eingezogen. Aber diese erbärmlich aussehenden Soldaten waren Helden, die mit Muth für die Sache der Freiheit kämpften, für die sie nun einmal begeistert waren, die mit eiserner Ausdauer Kälte und Ungemach und jede Beschwerde eines Winterfeldzugs ertragen hatten. Mit solchen Truppen wären Welttheile zu erobern gewesen, warum nicht ein Land, in welchem die Mehrzahl der Bevölkerung den Feind als Freund begrüßte und ihm entgegenjubelte? Und was einzig dasteht in der Weltgeschichte, war geschehen; einige Geschwader, nicht Schiffe, sondern leichte Reiter hatten Hollands stolze Flotte erobert. Denn die Flotte saß im Eise fest und ließ sich nicht träumen, daß Cavallerie den Kampf mit Schiffen unternehmen werde. Der Feldzug Frankreichs gegen Holland war beendet; an die Stelle der Erbstatthalterschaft und an die obere Leitung der Staatsgeschäfte trat der einsichtsvolle Schimmelpennink. Mitten in diesen Wirren, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0243" n="239"/> Abrede, zurückzuzahlen oder Uns an Unseren aus den Gräflich <hi rendition="#aq">Aldenburg</hi>ischen in Deutschland belegenen Gütern zu beziehenden <hi rendition="#aq">Aliment-</hi> und Jahresgeldern <hi rendition="#aq">successive</hi> kürzen zu lassen.</p> <p> <hi rendition="#right">Hamburg den 1. Februar 1795.</hi> </p> <p>In dieser Form wurde die Quittung nach hinlänglich langer Kanzleiverzögerung abgesendet, ohne Rücksicht darauf, daß der erwähnte Enkel als politischer Gefangener und als ein des Handelns in dieser Sache ganz ohnmächtiger Mann in der niederländischen Festung Woerden saß.</p> <p>Jetzt besaß der Erbherr Doorwerth und besaß es auch nicht.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="2"> <head>6. Der Freunde Trennung.<lb/></head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Hollands Loos war gefallen; der Erbstatthalter hatte sich in Scheveningen eingeschifft, sein Sohn, der Erbprinz, hatte die Armee verlassen; Pichegru war mit zehn Bataillonen zerlumpter, ausgehungerter Soldaten, von denen ein Theil in Holzschuhen einherklapperte, oder in Strohsocken leise schritt, in Amsterdam eingezogen. Aber diese erbärmlich aussehenden Soldaten waren Helden, die mit Muth für die Sache der Freiheit kämpften, für die sie nun einmal begeistert waren, die mit eiserner Ausdauer Kälte und Ungemach und jede Beschwerde eines Winterfeldzugs ertragen hatten. Mit solchen Truppen wären Welttheile zu erobern gewesen, warum nicht ein Land, in welchem die Mehrzahl der Bevölkerung den Feind als Freund begrüßte und ihm entgegenjubelte? Und was einzig dasteht in der Weltgeschichte, war geschehen; einige Geschwader, nicht Schiffe, sondern leichte Reiter hatten Hollands stolze Flotte erobert. Denn die Flotte saß im Eise fest und ließ sich nicht träumen, daß Cavallerie den Kampf mit Schiffen unternehmen werde.</p> <p>Der Feldzug Frankreichs gegen Holland war beendet; an die Stelle der Erbstatthalterschaft und an die obere Leitung der Staatsgeschäfte trat der einsichtsvolle Schimmelpennink. Mitten in diesen Wirren, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [239/0243]
Abrede, zurückzuzahlen oder Uns an Unseren aus den Gräflich Aldenburgischen in Deutschland belegenen Gütern zu beziehenden Aliment- und Jahresgeldern successive kürzen zu lassen.
Hamburg den 1. Februar 1795.
In dieser Form wurde die Quittung nach hinlänglich langer Kanzleiverzögerung abgesendet, ohne Rücksicht darauf, daß der erwähnte Enkel als politischer Gefangener und als ein des Handelns in dieser Sache ganz ohnmächtiger Mann in der niederländischen Festung Woerden saß.
Jetzt besaß der Erbherr Doorwerth und besaß es auch nicht.
6. Der Freunde Trennung.
Hollands Loos war gefallen; der Erbstatthalter hatte sich in Scheveningen eingeschifft, sein Sohn, der Erbprinz, hatte die Armee verlassen; Pichegru war mit zehn Bataillonen zerlumpter, ausgehungerter Soldaten, von denen ein Theil in Holzschuhen einherklapperte, oder in Strohsocken leise schritt, in Amsterdam eingezogen. Aber diese erbärmlich aussehenden Soldaten waren Helden, die mit Muth für die Sache der Freiheit kämpften, für die sie nun einmal begeistert waren, die mit eiserner Ausdauer Kälte und Ungemach und jede Beschwerde eines Winterfeldzugs ertragen hatten. Mit solchen Truppen wären Welttheile zu erobern gewesen, warum nicht ein Land, in welchem die Mehrzahl der Bevölkerung den Feind als Freund begrüßte und ihm entgegenjubelte? Und was einzig dasteht in der Weltgeschichte, war geschehen; einige Geschwader, nicht Schiffe, sondern leichte Reiter hatten Hollands stolze Flotte erobert. Denn die Flotte saß im Eise fest und ließ sich nicht träumen, daß Cavallerie den Kampf mit Schiffen unternehmen werde.
Der Feldzug Frankreichs gegen Holland war beendet; an die Stelle der Erbstatthalterschaft und an die obere Leitung der Staatsgeschäfte trat der einsichtsvolle Schimmelpennink. Mitten in diesen Wirren,
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Zitationshilfe: | Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/243>, abgerufen am 16.07.2024. |