Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.mit dorthin nehmen zu wollen. Bei wenig Mühe wirst du leicht und sicher die Pflichten und Dienstleistungen, die dir dann obliegen werden, das Abfassen mancher Correspondenzen und dergleichen, dir aneignen, und hauptsächlich jene gesellige Gewandtheit, die ebenso fern von unwürdiger Kriecherei als lächerlichem Hochmuth den gebildeten Mann befähigt, sich mit Anstand und sittlicher Haltung in allen Kreisen des Lebens zu bewegen. Sie sind sehr gnädig, Herr Graf, richtete Ludwig sein Wort an den Gesandten, daß Sie sich eines so jungen und noch so unbedeutenden Menschen, wie ich bin, annehmen wollen. Es ist wahr und ich gestehe ein, daß mein Herr Vetter Recht hat; der Kriegsdienst ist nicht meine Sphäre, es lebt kein Verlangen in mir, auf die Länge hin Soldat zu sein, wie ehrenvoll dieser Stand auch ist, aber ich fürchte sehr, daß ich Ihnen eine Last sein werde; jedenfalls glaube ich zu wenig unterrichtet zu sein, um die schwierige Bahn eines Diplomaten -- Man wird nicht über Nacht ein Diplomat, mein junger Herr Graf, unterbrach der Gesandte den Sprechenden. Sie legten eine gute Grundlage in den alten Sprachen. Sie sprechen und schreiben viele der neueren: niederländisch, französisch, englisch, deutsch, das ist schon viel. Selbststudium durch gediegene Schriften wird in der höhern diplomatischen Geschichte der europäischen Länder und Höfe Sie bald befestigen; die Grundzüge des europäischen Staats- und Völkerrechts werden Sie sich bald aneignen; es bleibt Ihnen unverwehrt, in Paris einen Cursus dieser Wissenschaften an der Universität zu hören; vertrauen Sie mir nur, ich werde Sie gut und sicher und mit Wohlwollen führen. Ludwig verbeugte sich verbindlich dankend, dann aber ward er nachsinnend und sprach endlich zu seinem Verwandten: Aber Leonardus? Herr Leonardus van der Valck, Kaufmann aus Amsterdam, wandte der Erbherr seine Rede erläuternd an den Gesandten: derselbe Mann, der mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen und Herrn Commandant Windt vorhin zum Recognosciren ausritt, ist der Freund meines Vetters und wird gewiß nicht derjenige sein wollen, der dessen künftigem Glück hemmend in den Weg tritt. Er ist ein Freund, ein Freund im schönsten und edelsten Sinne mit dorthin nehmen zu wollen. Bei wenig Mühe wirst du leicht und sicher die Pflichten und Dienstleistungen, die dir dann obliegen werden, das Abfassen mancher Correspondenzen und dergleichen, dir aneignen, und hauptsächlich jene gesellige Gewandtheit, die ebenso fern von unwürdiger Kriecherei als lächerlichem Hochmuth den gebildeten Mann befähigt, sich mit Anstand und sittlicher Haltung in allen Kreisen des Lebens zu bewegen. Sie sind sehr gnädig, Herr Graf, richtete Ludwig sein Wort an den Gesandten, daß Sie sich eines so jungen und noch so unbedeutenden Menschen, wie ich bin, annehmen wollen. Es ist wahr und ich gestehe ein, daß mein Herr Vetter Recht hat; der Kriegsdienst ist nicht meine Sphäre, es lebt kein Verlangen in mir, auf die Länge hin Soldat zu sein, wie ehrenvoll dieser Stand auch ist, aber ich fürchte sehr, daß ich Ihnen eine Last sein werde; jedenfalls glaube ich zu wenig unterrichtet zu sein, um die schwierige Bahn eines Diplomaten — Man wird nicht über Nacht ein Diplomat, mein junger Herr Graf, unterbrach der Gesandte den Sprechenden. Sie legten eine gute Grundlage in den alten Sprachen. Sie sprechen und schreiben viele der neueren: niederländisch, französisch, englisch, deutsch, das ist schon viel. Selbststudium durch gediegene Schriften wird in der höhern diplomatischen Geschichte der europäischen Länder und Höfe Sie bald befestigen; die Grundzüge des europäischen Staats- und Völkerrechts werden Sie sich bald aneignen; es bleibt Ihnen unverwehrt, in Paris einen Cursus dieser Wissenschaften an der Universität zu hören; vertrauen Sie mir nur, ich werde Sie gut und sicher und mit Wohlwollen führen. Ludwig verbeugte sich verbindlich dankend, dann aber ward er nachsinnend und sprach endlich zu seinem Verwandten: Aber Leonardus? Herr Leonardus van der Valck, Kaufmann aus Amsterdam, wandte der Erbherr seine Rede erläuternd an den Gesandten: derselbe Mann, der mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen und Herrn Commandant Windt vorhin zum Recognosciren ausritt, ist der Freund meines Vetters und wird gewiß nicht derjenige sein wollen, der dessen künftigem Glück hemmend in den Weg tritt. 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Es ist wahr und ich gestehe ein, daß mein Herr Vetter Recht hat; der Kriegsdienst ist nicht meine Sphäre, es lebt kein Verlangen in mir, auf die Länge hin Soldat zu sein, wie ehrenvoll dieser Stand auch ist, aber ich fürchte sehr, daß ich Ihnen eine Last sein werde; jedenfalls glaube ich zu wenig unterrichtet zu sein, um die schwierige Bahn eines Diplomaten —</p> <p>Man wird nicht über Nacht ein Diplomat, mein junger Herr Graf, unterbrach der Gesandte den Sprechenden. Sie legten eine gute Grundlage in den alten Sprachen. Sie sprechen und schreiben viele der neueren: niederländisch, französisch, englisch, deutsch, das ist schon viel. Selbststudium durch gediegene Schriften wird in der höhern diplomatischen Geschichte der europäischen Länder und Höfe Sie bald befestigen; die Grundzüge des europäischen Staats- und Völkerrechts werden Sie sich bald aneignen; es bleibt Ihnen unverwehrt, in Paris einen Cursus dieser Wissenschaften an der Universität zu hören; vertrauen Sie mir nur, ich werde Sie gut und sicher und mit Wohlwollen führen.</p> <p>Ludwig verbeugte sich verbindlich dankend, dann aber ward er nachsinnend und sprach endlich zu seinem Verwandten: Aber Leonardus?</p> <p>Herr Leonardus van der Valck, Kaufmann aus Amsterdam, wandte der Erbherr seine Rede erläuternd an den Gesandten: derselbe Mann, der mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen und Herrn Commandant Windt vorhin zum Recognosciren ausritt, ist der Freund meines Vetters und wird gewiß nicht derjenige sein wollen, der dessen künftigem Glück hemmend in den Weg tritt.</p> <p>Er ist ein Freund, ein Freund im schönsten und edelsten Sinne </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [212/0216]
mit dorthin nehmen zu wollen. Bei wenig Mühe wirst du leicht und sicher die Pflichten und Dienstleistungen, die dir dann obliegen werden, das Abfassen mancher Correspondenzen und dergleichen, dir aneignen, und hauptsächlich jene gesellige Gewandtheit, die ebenso fern von unwürdiger Kriecherei als lächerlichem Hochmuth den gebildeten Mann befähigt, sich mit Anstand und sittlicher Haltung in allen Kreisen des Lebens zu bewegen.
Sie sind sehr gnädig, Herr Graf, richtete Ludwig sein Wort an den Gesandten, daß Sie sich eines so jungen und noch so unbedeutenden Menschen, wie ich bin, annehmen wollen. Es ist wahr und ich gestehe ein, daß mein Herr Vetter Recht hat; der Kriegsdienst ist nicht meine Sphäre, es lebt kein Verlangen in mir, auf die Länge hin Soldat zu sein, wie ehrenvoll dieser Stand auch ist, aber ich fürchte sehr, daß ich Ihnen eine Last sein werde; jedenfalls glaube ich zu wenig unterrichtet zu sein, um die schwierige Bahn eines Diplomaten —
Man wird nicht über Nacht ein Diplomat, mein junger Herr Graf, unterbrach der Gesandte den Sprechenden. Sie legten eine gute Grundlage in den alten Sprachen. Sie sprechen und schreiben viele der neueren: niederländisch, französisch, englisch, deutsch, das ist schon viel. Selbststudium durch gediegene Schriften wird in der höhern diplomatischen Geschichte der europäischen Länder und Höfe Sie bald befestigen; die Grundzüge des europäischen Staats- und Völkerrechts werden Sie sich bald aneignen; es bleibt Ihnen unverwehrt, in Paris einen Cursus dieser Wissenschaften an der Universität zu hören; vertrauen Sie mir nur, ich werde Sie gut und sicher und mit Wohlwollen führen.
Ludwig verbeugte sich verbindlich dankend, dann aber ward er nachsinnend und sprach endlich zu seinem Verwandten: Aber Leonardus?
Herr Leonardus van der Valck, Kaufmann aus Amsterdam, wandte der Erbherr seine Rede erläuternd an den Gesandten: derselbe Mann, der mit Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen und Herrn Commandant Windt vorhin zum Recognosciren ausritt, ist der Freund meines Vetters und wird gewiß nicht derjenige sein wollen, der dessen künftigem Glück hemmend in den Weg tritt.
Er ist ein Freund, ein Freund im schönsten und edelsten Sinne
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Zitationshilfe: | Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/216>, abgerufen am 22.07.2024. |