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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Ach, ich bitte, mein Herr, dieser Titel gebührt vielleicht Personen Ihres hohen Geschlechtes, ich aber muß ihn bescheiden ablehnen.

Betroffen schwieg der Vice-Admiral, er war überrascht von dieser einfachen unbefangenen Antwort, denn er bildete sich ein, Anges kenne genau seine Familie und stichele auf die Abstammung seiner Vorfahren aus ihrem Vaterlande, die leider eben so wenig Pfalzgrafen gewesen waren, wie Anges eine Pfalz-Gräfin war. Indem er sich so für abgefertigt hielt, gewann Anges in seinen Augen, doch mochte er sich nicht wieder blosstellen, sondern wendete sich zum alten Herrn und sagte diesem im scherzhaften Tone: Werthester Herr Adrianus van der Valck, wer hat Ihnen denn das Märchen aufgebunden, daß jenes junge Frauenzimmer unsere Verwandte sei? Wir kennen sie gar nicht, haben sie nie gesehen! -- Diese Worte machten Herrn Adrianus ganz verwirrt und bestürzt. -- Nicht? nicht? nicht? stammelte er. Ei, wenn ich nicht irre, so sagte mir doch der junge Herr Graf selbst: eine nahe Verwandte, Gemahlin eines meiner Herren Vettern, wie konnt' ich zweifeln? -- Gewiß, lachte fast laut der zu Scherz und Spott stark geneigte Vice-Admiral: wie konnten Sie zweifeln? Die Verwandtschaft des jungen Herrn ist erstaunlich groß, er hat ganz sicher sehr viele Vettern und auch Mühmlein. Er ist ein Luft-, ein Windbeutel, dem es Spaß macht, die Haarbeutel zu vexiren! Lassen Sie auf Ihre goldenen Theelöffel Acht haben, Herr Adrianus, ich glaube, die Dame ist eine feine Spitzbübin, und daß sie des Goldes bedürftig, sehen Sie ja an ihrer übernatürlich einfachen Tracht.

Es fiel dem Vice-Admiral nicht im Entferntesten ein, diese seine Scherzworte ernst zu meinen, aber Herr Adrianus, dem als Kaufmann nichts lieber war als baare Münze, nahm auch diese Worte für solche, und sein Zorn regte sich auf gegen Leonardus, der ihm den luftigen Springinsfeld, wie er nun Ludwig schon in Gedanken nannte, in das Haus gebracht mit der -- Landläuferin. Eben im Begriff, sich an Leonardus mit strenger Frage zu wenden, den schon sein blitzender Blick suchte, und den er, zur Steigerung seines Aergers, so eben mit Anges im vertraulich flüsternden Gespräch erblickte, während der Vice-Admiral auf seinen Vetter zuschritt und der Erbprinz sich in ein Gespräch mit der würdigen Familie von Swammerdam eingelassen hatte, trat ihm seine alte gutmüthige Frau in den Weg und fragte: Nun Vater?

Ach, ich bitte, mein Herr, dieser Titel gebührt vielleicht Personen Ihres hohen Geschlechtes, ich aber muß ihn bescheiden ablehnen.

Betroffen schwieg der Vice-Admiral, er war überrascht von dieser einfachen unbefangenen Antwort, denn er bildete sich ein, Angés kenne genau seine Familie und stichele auf die Abstammung seiner Vorfahren aus ihrem Vaterlande, die leider eben so wenig Pfalzgrafen gewesen waren, wie Angés eine Pfalz-Gräfin war. Indem er sich so für abgefertigt hielt, gewann Angés in seinen Augen, doch mochte er sich nicht wieder blosstellen, sondern wendete sich zum alten Herrn und sagte diesem im scherzhaften Tone: Werthester Herr Adrianus van der Valck, wer hat Ihnen denn das Märchen aufgebunden, daß jenes junge Frauenzimmer unsere Verwandte sei? Wir kennen sie gar nicht, haben sie nie gesehen! — Diese Worte machten Herrn Adrianus ganz verwirrt und bestürzt. — Nicht? nicht? nicht? stammelte er. Ei, wenn ich nicht irre, so sagte mir doch der junge Herr Graf selbst: eine nahe Verwandte, Gemahlin eines meiner Herren Vettern, wie konnt’ ich zweifeln? — Gewiß, lachte fast laut der zu Scherz und Spott stark geneigte Vice-Admiral: wie konnten Sie zweifeln? Die Verwandtschaft des jungen Herrn ist erstaunlich groß, er hat ganz sicher sehr viele Vettern und auch Mühmlein. Er ist ein Luft-, ein Windbeutel, dem es Spaß macht, die Haarbeutel zu vexiren! Lassen Sie auf Ihre goldenen Theelöffel Acht haben, Herr Adrianus, ich glaube, die Dame ist eine feine Spitzbübin, und daß sie des Goldes bedürftig, sehen Sie ja an ihrer übernatürlich einfachen Tracht.

Es fiel dem Vice-Admiral nicht im Entferntesten ein, diese seine Scherzworte ernst zu meinen, aber Herr Adrianus, dem als Kaufmann nichts lieber war als baare Münze, nahm auch diese Worte für solche, und sein Zorn regte sich auf gegen Leonardus, der ihm den luftigen Springinsfeld, wie er nun Ludwig schon in Gedanken nannte, in das Haus gebracht mit der — Landläuferin. Eben im Begriff, sich an Leonardus mit strenger Frage zu wenden, den schon sein blitzender Blick suchte, und den er, zur Steigerung seines Aergers, so eben mit Angés im vertraulich flüsternden Gespräch erblickte, während der Vice-Admiral auf seinen Vetter zuschritt und der Erbprinz sich in ein Gespräch mit der würdigen Familie von Swammerdam eingelassen hatte, trat ihm seine alte gutmüthige Frau in den Weg und fragte: Nun Vater?

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[121/0125] Ach, ich bitte, mein Herr, dieser Titel gebührt vielleicht Personen Ihres hohen Geschlechtes, ich aber muß ihn bescheiden ablehnen. Betroffen schwieg der Vice-Admiral, er war überrascht von dieser einfachen unbefangenen Antwort, denn er bildete sich ein, Angés kenne genau seine Familie und stichele auf die Abstammung seiner Vorfahren aus ihrem Vaterlande, die leider eben so wenig Pfalzgrafen gewesen waren, wie Angés eine Pfalz-Gräfin war. Indem er sich so für abgefertigt hielt, gewann Angés in seinen Augen, doch mochte er sich nicht wieder blosstellen, sondern wendete sich zum alten Herrn und sagte diesem im scherzhaften Tone: Werthester Herr Adrianus van der Valck, wer hat Ihnen denn das Märchen aufgebunden, daß jenes junge Frauenzimmer unsere Verwandte sei? Wir kennen sie gar nicht, haben sie nie gesehen! — Diese Worte machten Herrn Adrianus ganz verwirrt und bestürzt. — Nicht? nicht? nicht? stammelte er. Ei, wenn ich nicht irre, so sagte mir doch der junge Herr Graf selbst: eine nahe Verwandte, Gemahlin eines meiner Herren Vettern, wie konnt’ ich zweifeln? — Gewiß, lachte fast laut der zu Scherz und Spott stark geneigte Vice-Admiral: wie konnten Sie zweifeln? Die Verwandtschaft des jungen Herrn ist erstaunlich groß, er hat ganz sicher sehr viele Vettern und auch Mühmlein. Er ist ein Luft-, ein Windbeutel, dem es Spaß macht, die Haarbeutel zu vexiren! Lassen Sie auf Ihre goldenen Theelöffel Acht haben, Herr Adrianus, ich glaube, die Dame ist eine feine Spitzbübin, und daß sie des Goldes bedürftig, sehen Sie ja an ihrer übernatürlich einfachen Tracht. Es fiel dem Vice-Admiral nicht im Entferntesten ein, diese seine Scherzworte ernst zu meinen, aber Herr Adrianus, dem als Kaufmann nichts lieber war als baare Münze, nahm auch diese Worte für solche, und sein Zorn regte sich auf gegen Leonardus, der ihm den luftigen Springinsfeld, wie er nun Ludwig schon in Gedanken nannte, in das Haus gebracht mit der — Landläuferin. Eben im Begriff, sich an Leonardus mit strenger Frage zu wenden, den schon sein blitzender Blick suchte, und den er, zur Steigerung seines Aergers, so eben mit Angés im vertraulich flüsternden Gespräch erblickte, während der Vice-Admiral auf seinen Vetter zuschritt und der Erbprinz sich in ein Gespräch mit der würdigen Familie von Swammerdam eingelassen hatte, trat ihm seine alte gutmüthige Frau in den Weg und fragte: Nun Vater?

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/125>, abgerufen am 24.11.2024.